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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.05.2000
Aktenzeichen: V ZR 417/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 463
BGB §§ 459 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 417/98

Verkündet am: 12. Mai 2000

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2000 durch die Richter Dr. Vogt, Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Oktober 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 17. März 1994 kauften die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Ehemann von den Beklagten ein Hausgrundstück (Mehrfamilienhaus) in F. -D. zum Preis von 875.000 DM. Der Vertrag enthält einen Gewährleistungsausschluß für offene und versteckte Mängel zusammen mit der Erklärung der Verkäufer, versteckte Mängel seien ihnen nicht bekannt. Zwei Wohnungen des Mehrfamilienhauses waren vermietet, die Wohnung im Kellergeschoß mit Vertrag vom 21. August 1993 ab 1. September 1993.

Die Kellergeschoßnutzung zu Wohnzwecken war nicht genehmigt. Die Beklagten waren mit Schreiben des W. kreises vom 19. Mai 1992 auf diesen Umstand hingewiesen und aufgefordert worden, bis zum 30. Juni 1992 Genehmigungsunterlagen einzureichen. Dieser Aufforderung kamen sie am 17. November 1993 nach. Eine Entscheidung über die Nutzungsänderung war bis zum Vertragsabschluß mit den Käufern noch nicht ergangen.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagten hätten bei Vertragsschluß arglistig verschwiegen, daß die Nutzung des Kellergeschosses zu Wohnzwecken nicht genehmigt war. Sie hat Schadensersatz in Höhe von 360.000 DM verlangt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 170.100 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre Revision. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht läßt offen, ob der Vertrag zur Zulässigkeit der Wohnnutzung im Kellergeschoß eine Zusicherung enthält, und bejaht einen Schadensersatzanspruch nach § 463 BGB, weil die Beklagten den Mangel der notwendigen Baugenehmigung zur Wohnnutzung der Kellergeschoßräume arglistig verschwiegen hätten. Die Beklagten könnten sich nicht darauf berufen, daß sie dem Makler alle Unterlagen übergeben und die insoweit notwendigen Informationen erteilt hätten. Nach den eigenen Darlegungen der Beklagten sei der Makler nicht ihr Erfüllungsgehilfe bei Vertragsabschluß gewesen, sondern habe "eher" als Erfüllungsgehilfe der Käufer gehandelt. Sie müßten sich das Handeln des Maklers nicht zurechnen lassen, könnten sich aber auch nicht darauf berufen, sie seien von einer Aufklärung der Käufer durch den Makler ausgegangen.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis nicht stand.

1. Die Revision nimmt hin, daß das Berufungsgericht in dem Fehlen der notwendigen Baugenehmigung zur Wohnnutzung der Kellergeschoßräume einen Sachmangel des Hausgrundstücks im Sinne der §§ 459 ff BGB sieht und davon ausgeht, daß die Beklagten als Verkäufer grundsätzlich verpflichtet waren, die Erwerber über diesen für die Kaufentscheidung maßgeblichen Umstand aufzuklären.

2. Nicht zu folgen ist der Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten auf der Grundlage des unterstellten Sachverhalts arglistig gehandelt. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungspflicht kann ihnen nur vorgeworfen werden, wenn sie gewußt oder zumindest damit gerechnet und billigend in Kauf genommen haben, daß die Käufer von den aufklärungspflichtigen Umständen keine Kenntnis hatten. Arglist scheidet mithin aus, wenn die Verkäufer davon ausgehen durften, die Erwerber hätten über einen für sie handelnden Dritten davon Kenntnis (vgl. Senatsurt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/96, NJW-RR 1996, 690).

Die Beklagten haben vorgetragen, auf ihr entsprechendes Verkaufsinserat habe sich ein Makler gemeldet. Er habe für die Käufer den Vertrag allein ausgehandelt, die Beklagte zu 1 sei mit den Käufern erstmals bei der notariellen Beurkundung zusammengetroffen. Bei einer Besprechung Anfang März 1994 seien dem Makler sämtliche Unterlagen über das Kaufgrundstück einschließlich der Zwischenverfügung des W. kreises übergeben und ihm auch mitgeteilt worden, daß über die beantragte Nutzungsänderung für das Kellergeschoß noch nicht entschieden sei.

Das Berufungsgericht unterstellt diesen Vortrag als richtig, hält ihn aber rechtsfehlerhaft nicht für erheblich. Die Klägerin ist dafür vortrags- und beweispflichtig, daß die Beklagten arglistig gehandelt haben. Es ist deshalb verfehlt, von diesen zu verlangen (so das Berufungsgericht), sie müßten Tatsachen vortragen, aus denen sie entnommen hätten, der Makler habe sein Wissen tatsächlich an die Käufer weitergegeben. Entscheidend ist nicht, ob die Käufer tatsächlich Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hatten (vgl. Senatsurt. v. 26. Januar 1996, aaO) oder ob ihnen das entsprechende Wissen eines Dritten zugerechnet werden kann. Es genügt, daß die Verkäufer davon ausgehen durften, der nach ihrer Vorstellung für die Erwerber handelnde Makler habe hiervon Kenntnis (vgl. Senatsurt. v. 26. Januar 1996, aaO). Dann durften sie auch davon ausgehen, der Makler werde seinen Vertragspflichten gegenüber den Erwerbern nachkommen und diesen die entscheidungsrelevanten Tatsachen mitteilen.

Anders wäre der Fall dann zu beurteilen, wenn sich Tatsachen feststellen ließen, aus denen sich ergab, daß die Verkäufer mit direktem oder bedingtem Vorsatz doch annahmen, der Makler habe die Käufer - entgegen seiner Verpflichtung aus dem mit ihnen bestehenden Maklervertrag - nicht über die fehlende Nutzungsgenehmigung aufgeklärt. Dies vorzutragen und zu beweisen wäre aber Sache der Klägerin gewesen. Nicht ausreichend ist - wovon das Berufungsgericht ausgeht - daß die Käufer die Vertragsklausel über die Tatsache der Kellergeschoßvermietung "kommentar- und widerspruchslos" hingenommen haben. Daraus allein läßt sich nicht auf einen mindestens bedingten Arglistvorsatz der Verkäufer schließen. Ob die Beklagte zu 1 bei der Vertragsbeurkundung das Verhalten der Käufer fahrlässig oder auch grobfahrlässig nicht zum Anlaß nahm, insoweit für Klarheit zu sorgen, kann einen Arglistvorwurf nicht begründen.

III.

Auch hinsichtlich der Höhe des zugesprochenen Anspruchs hält das Berufungsurteil den Revisionsrügen nicht stand. Der Verkehrswert richtet sich nach den Mieteinnahmen, die nach den jeweiligen Umständen nachhaltig erzielbar sind. Die Beurteilung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit sich eine vorübergehend bezahlte überhöhte Miete aus einem nur für zwei Jahre fest geschlossenen Mietvertrag auf den Verkehrswert des Objekts auswirkt, ist dem mit der Wertermittlung befaßten Sachverständigen vorbehalten. Es handelt sich insoweit nicht um eine Rechtsfrage. Von den Ergebnissen des Sachverständigen, der zu Recht nicht die zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung, sondern die am 17. März 1994, also bei Vertragsschluß erzielbaren Mieten angesetzt hat, darf abgewichen werden, wenn das Gericht selbst die zur Beurteilung dieser Frage notwendige Fachkunde besitzt. Eine solche Feststellung ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.

Ende der Entscheidung

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