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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.10.2007
Aktenzeichen: V ZR 42/07 (1)
Rechtsgebiete: EGBGB, GG


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4
EGBGB Art. 233 § 2b Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 2b Abs. 3
GG Art. 19 Abs. 4
a) Der Anspruch aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB ist auch dann gegen die (in Liquidation fortbestehende) LPG zu richten, wenn diese in ihrem Eigentum stehende Gebäude im Rahmen einer gescheiterten Umwandlung an das neu gegründete Unternehmen übergeben hat und nicht mehr selbst nutzt.

b) In einem Rechtsstreit über diesen Anspruch ist das Zivilgericht jedenfalls dann nicht an eine behördliche Feststellung des Gebäudeeigentümers (Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB) gebunden, wenn im Zeitpunkt der Feststellung der Anspruch bereits verjährt war.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 42/07

Verkündet am: 19. Oktober 2007

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 23. Februar 2007 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Kamenz vom 21. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren und die Streithelferin die durch die Streithilfe verursachten Kosten.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft, der ein Grundstück in S. gehört. Auf diesem hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten, wie diese eine LPG, im Jahre 1972 in Ausübung ihres gesetzlichen Bodennutzungsrechts Stallanlagen errichtet.

Mit notariellem Vertrag vom 14. Juli 1992 vereinbarten die Beklagte und zwei weitere LPGen mit der Streithelferin, dass die LPGen ihr gesamtes Betriebsvermögen rückwirkend zum 31. Dezember 1991 als Sacheinlage in die Streithelferin einbringen und dafür Aktien erhalten sollten.

Das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen stellte auf Antrag der Streithelferin mit Bescheid vom 8. März 2004 fest, dass selbständiges Gebäudeeigentum an den Stallgebäuden entstanden und dass die Streithelferin Eigentümerin dieser Gebäude sei.

Die Klägerin hat von der Beklagten die Zahlung eines Moratoriumsentgelts von 2.284,45 € für die Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 an die Erbengemeinschaft verlangt.

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.370,67 € zzgl. Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und der Streithelferin hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, dass der Grundstückseigentümer ein Moratoriumsentgelt nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB nur von dem Nutzer verlangen könne, der ihm gegenüber zur Nutzung berechtigt gewesen sei.

Zum Besitz berechtigt sei nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EGBGB jedoch nur derjenige, der am Tage des Inkrafttretens des Moratoriums (22. Juli 1992) das Grundstück genutzt habe. Das Eigentum an den Stallgebäuden begründe dagegen keine Nutzungsberechtigung. Die Begriffsbestimmung des Nutzers in § 9 Abs. 1 SachenRBerG gelte nur für die dort begründeten Ansprüche und sei auf das durch Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EGBGB begründete Recht zum Besitz nicht übertragbar.

Die Beklagte sei am 22. Juli 1992 jedoch nicht mehr Besitzerin der Stallgebäude gewesen, da sie - wie sich aus dem notariellen Vertrag vom 14. Juli 1992 ergebe - im Rahmen der Gründung der Streithelferin ihr gesamtes Betriebsvermögen auf diese übertragen gehabt habe. Da der Beklagten auch kein mittelbarer Besitz an den Stallgebäuden verblieben sei, könne dahinstehen, ob die Übertragung wirksam oder unwirksam gewesen sei.

Es bestehe auch kein Anlass, in analoger Anwendung des Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Beklagte wie einen Nutzer zu behandeln. Sollte die Übertragung wirksam gewesen sein, wäre die Streithelferin berechtigte Besitzerin und zur Zahlung des Moratoriumsentgelts verpflichtet; andernfalls wäre die Streithelferin gegenüber der Erbengemeinschaft rechtsgrundlose Besitzerin und hätte nach § 988 BGB die gezogenen Nutzungen an diese herauszugeben.

II.

Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

Die Klägerin kann für die Erbengemeinschaft nach § 2039 Satz 1 BGB den dieser zustehenden Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Moratoriumsentgelts nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB geltend machen.

1. Der Senat hat - allerdings erst nach Verkündung des angefochtenen Berufungsurteils - für den Fall einer gescheiterten Umwandlung entschieden (Urt. v. 20. April 2007, V ZR 45/06, RdL 2007, 214, 215), dass der Gebäudeeigentümer gegenüber dem Grundstückseigentümer zum Besitz berechtigt und Schuldner des nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB zu entrichtenden Entgelts ist. Diese Vorschrift gibt dem Grundstückseigentümer gegen den Nutzer für die Zeit vom 1. Januar 1995 an bis zur sachrechtlichen Bereinigung unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf ein Entgelt.

2. Das gilt auch für den hier geltend gemachten Moratoriumszins für den Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB. Das Recht der Beklagten zum Besitz ergab sich aus ihrem Eigentum an den Stallgebäuden.

a) Mit dem Moratorium sollte eine vorläufige Sicherung der Rechtsverhältnisse erreicht werden, die für eine Bereinigung durch sachenrechtliche Teilhabe des Nutzers an Grund und Boden infrage kamen (Senat, Urt. v. 2. Juni 1995, V ZR 304/93, DtZ 1995, 328, 329; Urt. v. 13. Oktober 1995, V ZR 254/94, DtZ 1996, 19, 20). Das selbständige Eigentum an einem Gebäude auf einem fremden Grundstück, das auf Grund des vom Bürgerlichen Gesetzbuch abweichenden DDR-Rechts entstanden war, war der Grundfall des in Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 2 EGBGB bezeichneten künftigen Gesetzes zur sachenrechtlichen Bereinigung. Das selbständige Gebäudeeigentum der LPGen, das kraft Gesetzes (§ 13 Abs. 2 LPGG 1959, § 27 Satz 1 LPGG 1982) entstand, wenn diese die von ihnen genutzten Grundstücke bebauten, war nach der Aufhebung des gesetzlichen Bodennutzungsrecht der LPGen zum 30. Juni 1990 einer der zu bereinigenden Sachverhalte, der durch das gesetzliche Besitzrecht nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b EGBGB abgesichert werden sollte (BT-Drucks. 12/2480, S. 77).

Dass das in der DDR entstandene selbständige Gebäudeeigentum grundsätzlich auch ein Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB begründet, ergibt sich zudem aus dem Zusammenhang zwischen dem Besitzrecht und der ebenfalls am 22. Juli 1992 in Kraft getretenen Bestimmung für das Gebäudeeigentum ohne ein Nutzungsrecht am Grundstück in Art. 233 § 2b EGBGB. Ziel dieser Norm war es, schon vor der Durchführung der Sachenrechtsbereinigung die Beleihbarkeit des Gebäudeeigentums herzustellen. Ein Nutzungsrecht am Grund und Boden sollte damit zwar nicht geschaffen werden, eine vorläufige Grundlage für die Nutzbarkeit des Gebäudeeigentums jedoch mit dem gesetzlichen Besitzrecht aus Art. 233 § 2a EGBGB begründet sein (BT-Drucks. 12/2480, S. 79). Diese Sicherung des Gebäudeeigentums setzt voraus, dass der Gebäudeeigentümer gegenüber dem Grundstückseigentümer grundsätzlich auch zum Besitz berechtigt ist.

b) Ob die Beklagte oder die Streithelferin in dem Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 Eigentümerin der Stallgebäude war, ist mithin eine Vorfrage für die Entscheidung über den Zinsanspruch nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB. Diese von dem Berufungsgericht offen gelassene Frage hat der Senat selbst zu entscheiden. Dem Feststellungsbescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, das nach Art. 233 § 2b Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Streithelferin als Gebäudeeigentümerin festgestellt hat, kommt dabei - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - keine Tatbestandswirkung zu.

aa) Gegenstand des Bescheids vom 8. März 2004 ist allerdings auch die Feststellung, dass die Streithelferin Eigentümerin der Stallgebäude ist. Das ist ein Gegenstand der in dem Verwaltungsakt ausgesprochenen Rechtsfolge. Diese entfaltet in einem Zivilprozess grundsätzlich Tatbestandswirkung mit der Folge, dass nicht nur der Erlass des Bescheids als solcher, sondern auch sein Ausspruch von den Zivilgerichten hinzunehmen und ihren Entscheidungen zugrunde zu legen ist (vgl. Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 43/97, NJW 1998, 3055, 3056; Urt. v. 12. Januar 2007, V ZR 268/05, NJW-RR 2007, 523, 524).

Die Tatbestandswirkung kommt auch den Feststellungsbescheiden nach § 2 Abs. 1 VZOG zu, weil diese dazu bestimmt sind, die Rechtslage zwischen den am Verwaltungsverfahren Beteiligten auch zivilrechtlich abschließend zu klären (st. Rspr. BGHZ 144, 100, 108; Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, V ZR 39/94, VIZ 1995, 592, 593; Urt. v. 20. Sept. 1996, V ZR 283/94, VIZ 1997, 47; BGH, Beschl. v. 29. Juli 1999, III ZR 238/98, NJW 1999, 3331; Senat, Urt. v. 18. Januar 2002, V ZR 104/01, VIZ 2002, 422, 423).

Für die Feststellungsbescheide über das Bestehen des Gebäudeeigentums und dessen Eigentümer nach Art. 233 § 2b Abs. 3 EGBGB ist das allerdings streitig. Ein Teil des Schrifttums geht davon aus, dass diese Feststellungen wegen der in Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 2 EGBGB bestimmten Anwendung des Vermögenszuordnungsgesetzes zwar den vereinfachten Nachweis des Gebäudeeigentums und des Eigentümers ermöglichen und damit die Verkehrsfähigkeit durch Eintragung in das Grundbuch fördern, aber nicht Rechte in der Hand von Scheinberechtigten begründen sollten. Ob derjenige, der in dem Feststellungsbescheid der Behörde als Gebäudeeigentümer bezeichnet, auch tatsächlich der Berechtigte ist, sei daher in einem Zivilrechtsstreit in vollem Umfange nachzuprüfen (Eickmann/Böhringer, SachenRBerG, Okt. 2006, Art. 233 § 2b EGBGB Rdn. 13a; Suppliet, NotBZ 2003, 1, 7). In der Rechtssprechung wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die bestandskräftige Entscheidung der Behörde auch in den Verfahren zur Feststellung des Gebäudeeigentums nach Art. 233 § 2b Abs. 3 EGBGB jedenfalls dann Tatbestandswirkung in dem Sinne entfaltet, dass sie die Zivilgerichte bindet und abweichende Entscheidungen ausschließt, wenn - wie hier - auch der Grundstückseigentümer nach § 2 Abs. 3 VZOG am behördlichen Verfahren beteiligt war (OLG Jena, OLG-NL 1998, 174, 175; NL-BzAR 2000, 86, 87; OLG Brandenburg NJ 2005, 37, 38).

bb) In einem Rechtsstreit über den Anspruch auf den Moratoriumszins für den Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 GG muss die Tatbestandswirkung eines Feststellungsbescheids aus dem Jahre 2004 jedoch vereint werden. Andernfalls würde ein Grundstückseigentümer im Falle einer fehlerhaften Entscheidung einer Behörde einen Rechtsverlust erleiden, den er durch ein Rechtsmittel nicht abwenden könnte.

(1) Zwar steht dem Grundstückseigentümer auch gegen einen Feststellungsbescheid nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB nach § 6 VZOG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen. Er kann in einem solchen Rechtsstreit indes nicht geltend machen, dass nicht die im Bescheid ausgewiesene Person, sondern ein Dritter Eigentümer des Gebäudes ist. Das Bundesverwaltungsgericht verneint in ständiger Rechtsprechung die Klagebefugnis des Grundstückseigentümers (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegen die Entscheidung, wem das Eigentum an dem Gebäude zusteht, weil dessen Rechte nicht dadurch verletzt seien, dass das Eigentum am Gebäude einem anderen als dem kraft Gesetzes Berechtigten zugewiesen werde (BVerwG, Urt. v. 5. April 2001, 3 C 24/00, VIZ 2001, 676, 677; Beschl. v. 15. September 2004, 3 B 28/04, Rdn. 2 u. 4).

(2) Das schließt eine Bindung der Zivilgerichte an den Feststellungsbescheid insoweit aus. Der Grundstückseigentümer hätte andernfalls einen Rechtsverlust durch eine fehlerhafte, für ihn jedoch nicht anfechtbare Entscheidung der Behörde hinzunehmen, was mit der Rechtsweggarantie in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar wäre. Diese ist nämlich nicht gewährleistet, wenn eine behördliche Entscheidung den Richter in einem Zivilprozess bindet, obwohl die bei deren Zugrundelegung nachteilig betroffene Partei keine Möglichkeit hatte, in einem Verfahren vor den Verwaltungsgerichten eine der wahren Rechtslage entsprechende Entscheidung zu erstreiten (BVerfG, Beschl. v. 7. Juni 1993, 1 BvR 68/89, Rdn. 4, veröffentlicht in Juris).

So wäre es hier. Eine Bindung des Zivilgerichts an eine fehlerhafte behördliche Feststellung nach Art. 233 § 2b Abs. 3 Satz 1 EGBGB hätte in einem Rechtsstreit über den Moratoriumszins nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB jedenfalls dann für den Grundstückseigentümer einen unabwendbaren Rechtsverlust zur Folge, wenn die Feststellung - wie hier - erst erfolgt, nachdem der Anspruch bereits verjährt ist (Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 7 EGBGB). Denn dann kann er gegenüber dem nunmehr festgestellten Gebäudeeigentümer seinen Anspruch nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg durchsetzen.

c) Die gebotene Prüfung ergibt, dass die Beklagte jedenfalls in dem Zeitraum vom 22. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1994 Eigentümerin der Stallgebäude war. Das Gebäudeeigentum entstand hier nach § 13 Abs. 2 LPGG 1959 mit der Bebauung des Grundstücks durch eine LPG im Jahre 1972. Die Beklagte blieb Gebäudeeigentümerin, da die beabsichtigte Umwandlung fehlschlug und auch keine Veräußerung aus der Liquidation erfolgte.

Die Streithelferin ist nicht durch Umwandlung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz kraft Gesetzes (§§ 20, 34 LwAnpG) Inhaberin des Vermögens von drei sich zusammenschließenden LPGen geworden. Der notarielle Einbringungsvertrag vom 14. Juli 1992 führte nicht zu einem Übergang des Vermögens der Beklagten auf die Streithelferin. Nach der vorgelegten notariellen Urkunde wurde eine Vermögensübertragung zur Vorbereitung der Auflösung vereinbart. Dieser Vorgang hat im Landwirtschaftsanpassungsgesetz, das eine für die Strukturänderung der LPGen abschließende Regelung bereitstellt, keine Grundlage. Derartige Übertragungen des Vermögens der LPGen sind wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig (ständige Rechtsprechung des Landwirtschaftssenats des BGH, Beschl. v. 7. November 1997, BLw 26/97, VIZ 1998, 474, 475; Beschl. v. 8. Mai 1998, BLw 39/97, VIZ 1998, 472, 473; Beschl. v. 5. März 1999, BLw 57/98, VIZ 1999, 368, 369).

Der notarielle Einbringungsvertrag lässt sich nicht als grundsätzlich zulässiger Verkauf der gesamten Unternehmen der LPGen aus ihrer Liquidation (dazu BGH, Beschl. v. 8. Mai 1998, BLw 39/97, VIZ 1998, 472, 473; Urt. v. 20. September 2004, II ZR 334/02, WM 2004, 2207, 2208) auslegen, wie die Revisionserwiderung meint. Ein solcher Vertragswille wird nicht erklärt, wenn die LPGen nicht als in Liquidation befindliche Gesellschaften auftreten, sie (und nicht ihre Mitglieder) selbst Gesellschafter des neu gegründeten Unternehmens werden sollen, ihre Aktivitäten unter dem nunmehr einheitlichen Dach abwickeln wollen und die Ausgabe von Aktien dazu dienen soll, die erwünschte Auflösung der LPGen vorzubereiten (zu einer gleichartigen Vertragsgestaltung: BGH, Beschl. v. 7. November 1997, BLw 26/97, VIZ 1998, 474, 475). Der Einbringungsvertrag lässt sich auch nicht in einen wirksamen Vertrag über den Verkauf des Vermögens der drei LPGen aus der Liquidation gem. § 140 BGB umdeuten, da es hierfür eines das Vorgehen der Vorstände legitimierenden Beschlusses der Mitgliederversammlungen für die vom gesetzlichen Leitbild der Veräußerung der Vermögensgegenstände gegen Entgelt und einer Verteilung eines Liquidationsüberschusses (§ 42 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit §§ 88 Satz 1, 91 Abs. 1 Satz 1 GenG) bedurft hätte (BGH, Urt. v. 20. September 2004, II ZR 334/02, WM 2004, 2207, 2208). Der den Einbringungsvertrag bestätigende schriftliche Vertrag vom 30. Mai 1997 zwischen den als Liquidatoren handelnden Vorstandsmitgliedern kann die erforderlichen Beschlüsse der Mitgliederversammlungen nicht ersetzen.

3. Da die Beklagte Eigentümerin der Stallgebäude war, stand ihr auch ein Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu. Das Berufungsgericht hat demgegenüber rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte - auch wenn sie Gebäudeeigentümerin war - deshalb nicht nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zum Besitz berechtigt gewesen sei, weil sie am 22. Juli 1992 das Grundstück nicht genutzt habe.

a) Für die Auffassung des Berufungsgerichts spricht zwar der Wortlaut der Norm. Nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB entsteht das Recht des Nutzers, der ein fremdes Grundstück in der DDR auf Grund einer Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften der DDR mit Billigung staatlicher Stellen oder gesellschaftlicher Organe bebaut hat, (nur) dann, wenn er das Grundstück bei Inkrafttreten der Vorschrift selbst nutzte. Auch Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b EGBGB knüpft an die Nutzung durch die Genossenschaften oder deren Rechtsnachfolger an. Daran fehlte es hier. Die Beklagte zog am 22. Juli 1992 keine Nutzungen im Sinne des § 100 BGB aus diesem Grundstück mehr. Besitzerin der Stallgebäude war auf Grund einer Einigung mit der Beklagten (§ 854 Abs. 2 BGB) die Streithelferin geworden, welche die Gebäude für ihre Zwecke bewirtschaftete.

b) Nach den mit dem gesetzlichen Besitzrecht verfolgten Zwecken ist jedoch die entsprechende Anwendung der Norm in den Fällen geboten, in denen der Gebäudeeigentümer am 22. Juli 1992 infolge eines nicht wirksamen Vertrages zwar den Besitz, aber nicht das Eigentum auf einen Dritten übertragen hatte, auch wenn zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem Dritten kein Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB) bestand. Der Normzweck des Besitzrechts besteht darin, den Rechtsfrieden zu sichern und die Nutzbarkeit, die Verkehrsfähigkeit sowie die Beleihbarkeit des Gebäudeeigentums herzustellen (siehe oben 2 a). Er darf nicht dadurch vereitelt werden, dass man dem Gebäudeeigentümer das Recht zum Besitz abspricht, weil er den Besitz an diesem Tage nicht selbst ausgeübt hat.

aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Eigentümer des Gebäudes das Grundstück auch dann selbst nutzte, wenn er es am 22. Juli 1992 vermietet oder verpachtet hatte, da eine einschränkende Auslegung des Merkmales "selbst" in Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB dem Zweck der Regelung nicht gerecht würde (Senat, Urt. v. 2. Juni 1995, V ZR 304/93, DtZ 1995, 328, 329; Urt v. 13. Oktober 1995, V ZR 254/94, DtZ 1996, 19, 20).

bb) Darüber hinausgehend ist die entsprechende Anwendung der Norm in den Fällen geboten, in denen der Gebäudeeigentümer an dem Gebäude an dem im Gesetz genannten Stichtag keinen Besitz mehr hatte, weil er ihn auf Grund eines nicht wirksamen Übereignungsgeschäfts an einen Dritten übertragen hatte. Nach dem Normzweck steht dieser Fall der Nutzung des Grundstücks durch den Gebäudeeigentümer selbst gleich. Anderenfalls entstünden in der vom Gesetz beabsichtigten Sicherung des Rechtsfriedens durch die einstweilige Aufrechterhaltung der Besitzverhältnisse erhebliche Lücken (vgl. Senat, BGHZ 125, 125, 134; 136, 212, 215). Verneint man nämlich bei den unwirksamen Übertragungsgeschäften (wie insbesondere den gescheiterten Umwandlungen) ein Besitzrecht des Gebäudeeigentümers, weil er nicht der tatsächliche Nutzer ist, so könnte der Anspruch aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB weder gegen ihn, noch gegen den Besitzer gerichtet werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass das auf Grund unwirksamer Umwandlung besitzende Unternehmen den Besitz an die LPG zurückübertragen muss. Denn bei der auf den Stichtag bezogenen Betrachtung des Berufungsgerichts lebte das Besitzrecht der LPG dadurch nicht wieder auf. Der Sicherungszweck des Moratoriums wäre nicht mehr zu erreichen, wenn der Besitzer weiterhin nach § 985 BGB zur Herausgabe an den Grundstückseigentümer verpflichtet und einer entsprechenden Klage ausgesetzt gewesen wäre.

cc) Die entsprechende Anwendung des Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB hat auch nicht zur Folge, dass das Tatbestandsmerkmal, dass das Gebäude am 22. Juli 1992 selbst genutzt worden sein muss, leer liefe. Ausgeschlossen vom Besitzrecht bleiben die Fälle, in denen das Gebäude am Stichtag das Grundstück bereits an den Grundstückseigentümer herausgegeben oder jede Nutzung des Gebäudes aufgegeben worden war.

4. Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte das Entgelt nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB schon deshalb nicht schulden könne, weil sie das Grundstück nicht tatsächlich genutzt habe.

Auch das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Zahlungsverpflichtung nach Satz 4 denjenigen trifft, der nach Satz 1 gegenüber dem Grundstückseigentümer zum Besitz berechtigt ist. Nach dem Wortlaut des Satzes 4 hat der jeweilige Nutzer das Entgelt zu zahlen. Das Besitzrecht und die Zahlungsverpflichtung sind miteinander verbunden worden (BT-Drucks. 14/3824, S. 12). Das Berufungsgericht verkennt dies, wenn es meint, dass nur derjenige Gebäudeeigentümer zur Zahlung verpflichtet sei, der den Besitz auch ausgeübt habe. Der Moratoriumszins ist kein Ersatz für gezogene (oder schuldhaft nicht gezogene) Nutzungen, sondern ein Ausgleich in Geld für die Beschränkungen der Rechte des Grundstückseigentümers, der das gesetzliche Besitzrecht bis zur Durchführung der Sachenrechtsbereinigung dulden muss und deswegen sein Grundstück nach Art. 233 § 2a Abs. 3 Satz 2 EGBGB nicht belasten darf (Senat, Urt. v. 25. Juli 2003, V ZR 2/03, VIZ 2004, 38, 39). Solange der Grundstückseigentümer wegen des Gebäudeeigentums sein Grundstück nicht nutzen kann und er Beschränkungen bei dessen Belastung unterworfen ist, ist ihm gegenüber der zum Besitz berechtigte Gebäudeeigentümer zur Zahlung des Moratoriumszinses verpflichtet.

III.

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Weitere Feststellungen zur Höhe des Anspruchs sind nach der von dem Amtsgericht vorgenommenen Schätzung (§ 287 ZPO) nicht erforderlich. Die gegen diese Schätzung erhobenen Angriffe greifen nicht durch.

a) Die Voraussetzungen für eine Ermittlung des Moratoriumsentgelts auf der Grundlage einer Schätzung des Grundstückswertes nach § 287 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 ZPO liegen vor. Die Feststellung des Grundstückswerts durch Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre im vorliegenden Fall mit Schwierigkeiten und Kosten verbunden, die zu der Höhe des geltend gemachten Moratoriumsentgelts von 2.284,45 € unter Berücksichtigung der als Schätzgrundlagen vorhandenen Orientierungshilfen über die aus Kaufpreissammlungen ermittelten Bodenrichtwerte (§§ 195, 196 BauGB) außer Verhältnis steht (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2005, VIII ZR 110/04, NJW 2005, 2074 - zur Heranziehung von Mietspiegeln). Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn sich der Tatrichter die für eine Schätzung erforderlichen Kenntnisse über Bodenwerte durch Einholung einer amtlichen Auskunft verschafft (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 1990, VI ZR 291/89, NJW 1991, 1412).

b) Unbegründet ist der Einwand, das Gericht habe zu Unrecht den Wert der Bebauung berücksichtigt, wenn es seiner Schätzung einen über den mitgeteilten Wert für Ackerland bestimmten Wert angesetzt habe. Der Bodenwert im Außenbereich belegener Flächen für Stallgebäude ist nach dem Verkehrswert der nur für die nach § 35 Abs. 1 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen (also insbesondere für landwirtschaftliche Gebäude) vorgesehenen Flächen zu bestimmen, deren Erschließung nicht gesichert ist (BGH, Urt. v. 26. Oktober 1999, LwZR 9/99, VIZ 2000, 112, 113). Dieser Wert schwankt zwar, liegt aber meist deutlich über dem Wert der als Acker- oder Grünland genutzten Flächen (vgl. Kleiber/Simon, WertV 98, 6. Aufl., § 4 Rdn. 250).

c) Die tatsächliche Grundlage und ihre Auswertung sind - wie erforderlich - in den Urteilsgründen dargelegt worden (BGHZ 6, 62, 63). Allerdings hat das Amtsgericht den Parteien vor seiner Entscheidung keine Gelegenheit gegeben, zu den von ihm ermittelten Grundlagen seiner Schätzung Stellung zu nehmen (vgl. BVerfG WuM 1988, 141, 142). Dieser Mangel ist im Verlauf des Verfahrens indes behoben worden, weil die Beklagte und die Streithelferin sich in ihren Berufungsbegründungen auf die Rüge des Verfahrensfehlers beschränkt, jedoch nichts Ergänzendes vorgetragen, insbesondere keine Angaben zur Höhe des Bodenwertes gemacht haben, obwohl nach § 196 Abs. 3 Satz 2 BauGB jedermann von den Gutachterausschüssen Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen kann.

2. Da die in der Berufungsinstanz erhobenen Einwände gegen die vom Amtsgericht durch Schätzung ermittelte Höhe des Anspruchs nicht durchgreifen, besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit zu weiterem Vorbringen zur Höhe des Moratoriumszinses an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es ist vielmehr im Revisionsverfahren die Entscheidung zu treffen, die schon in der Berufungsinstanz richtigerweise hätte ergehen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 10. Oktober 1991, IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 437). Danach ist unter Aufhebung des Berufungsurteils die Berufung der Beklagten und der Streithelferin gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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