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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.12.1999
Aktenzeichen: V ZR 448/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 198 Satz 1
BGB § 198 Satz 1

Das in einem Bimsausbeute-Vertrag vereinbarte Recht des Pächters, seine schuldrechtlichen Ansprüche durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu sichern, begründet einen rechtlich selbständigen Anspruch gegen den Verpächter auf Zustimmung zur Grundbucheintragung. Auf diesen Anspruch findet § 198 Satz 1 BGB Anwendung.

BGH, Urt. v. 17. Dezember 1999 - V ZR 448/98 - OLG Koblenz LG Koblenz


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 448/98

Verkündet am: 17. Dezember 1999

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Lambert-Lang, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11. November 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagten sind die Erben ihres Vaters J. S. . Der Kläger behauptet, am 22. Februar 1952 mit dem Erblasser einen Bimsausbeute-Vertrag geschlossen zu haben, mit dem er das auf einem Grundstück des Erblassers vorhandene Bimsvorkommen zum sofort zahlbaren Preis von 1.350 DM erworben habe. Weiter heißt es in dem vom Kläger vorgelegten Vertrag u.a.:

"Herr Walter Krob erhält das Recht, den Verkauf der Ausbeute sowie das Vorkaufsrecht und das Recht der industriellen Nutzung grundbuchmäßig eintragen zu lassen."

Bisher hat der Kläger aus dem Vertrag keine Ansprüche geltend gemacht. Nunmehr verlangt er von den Beklagten die Zustimmung zur Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Bimsausbeuterecht) zu seinen Gunsten im Grundbuch. Die Beklagten bestreiten die Echtheit der Unterschrift ihres Vaters unter dem Vertrag und berufen sich zusätzlich auf Verjährung. Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat den vom Kläger vorgelegten Vertrag als Pachtvertrag angesehen. Nach seiner Auffassung unterliegt das sich daraus ergebende Ausbeuterecht nicht der Verjährungsfrist des § 195 BGB. Etwas anderes gelte jedoch für den Anspruch auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Dieser bestehe selbständig neben dem Anspruch auf Ausbeute und unterliege einer gesonderten rechtlichen Beurteilung. Seine Verjährung beginne gemäß § 198 BGB mit seiner Entstehung.

II.

Diese Auffassung hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Rechtsfehlerfrei - und von der Revision nicht angegriffen - qualifiziert das Berufungsgericht den vom Kläger vorgelegten Vertrag als Pachtvertrag. Vereinbarungen, durch die der Eigentümer eines Grundstücks die Ausbeute von Bodenbestandteilen einem anderen überläßt, sind regelmäßig Pachtverträge, wenn - wie hier - das Schwergewicht auf der Fruchtgewinnung durch den Berechtigten liegt (Senatsurt. v. 7. Dezember 1984, V ZR 189/83, NJW 1985, 1025; BGH, Urt. v. 26. April 1995, XII ZR 105/93, WM 1995, 1460, 1461 m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, daß das auf dem Grundstück des Erblassers vorhandene Bimsvorkommen nach dem Vertragswortlaut verkauft und das Entgelt als Kaufpreis bezeichnet wird; auch die Bezeichnung der Vertragschließenden als Verkäufer und Käufer ist unerheblich. Es sollte kein Vertrag über die Lieferung von Bims geschlossen werden. Dies ergibt sich aus den übrigen Vertragsbestimmungen. Sie sehen vor, daß dem Kläger die Bimsausbeute auf einem bestimmten Grundstück gestattet ist, er Gleisanlagen und "Fabrikationsgelände" (gemeint ist offensichtlich "Fabrikationsgebäude") errichten darf, bei Inanspruchnahme des Grundstücks und für die Dauer der Ausbeute den ortsüblichen Pachtzins entrichten sowie nach erfolgter Ausbeute das Grundstück in ackerbarem Zustand zurückgeben muß.

2. Im Ergebnis zu Recht hält das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auch für verjährt.

Nicht gefolgt werden kann allerdings der Auffassung, das vereinbarte Ausbeuterecht unterliege nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB). Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26. April 1995 (XII ZR 105/93, aaO), auf welche sich das Berufungsgericht bezieht, ergibt sich dies nicht. Sie geht vielmehr von einer Geltung der regelmäßigen Verjährungsfrist aus, hält aber auf deren Beginn nicht § 198 Satz 1 BGB, sondern § 198 Satz 2 BGB für anwendbar. Ob dies hier ebenfalls so zu beurteilen wäre, mag zweifelhaft sein. Gegenstand des Pachtvertrages ist nicht die dauernde, sondern die zeitlich beschränkte Gewährung des Gebrauchs und Fruchtgenusses des Grundstücks. Der Kläger sollte das Grundstück nur für die Dauer von zwei Jahren ausbeuten und für die hierzu erforderlichen Vorbereitungs- und Nacharbeiten nutzen dürfen. Im übrigen verblieb die Nutzungsbefugnis dem Eigentümer. Der Anspruch auf Gewährung des Gebrauchs und Fruchtgenusses ist damit ein "verhaltener" Anspruch, der zwar jederzeit, aber nur auf Verlangen des Klägers zu erfüllen war. Ein derartiger Anspruch entsteht im allgemeinen sofort und beginnt auch sofort zu verjähren (BGH, Urt. v. 14. Juli 1988, I ZR 155/86, WM 1988, 1707, 1709; MünchKomm-BGB/v. Feldmann, 3. Aufl., § 198 Rdn. 2). Ob dies auch hier der Fall ist, bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit um einen rechtlich selbständigen Anspruch handelt, auf den jedenfalls die Vorschrift des § 198 Satz 1 BGB Anwendung findet.

a) Als Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit kommt auch die Duldung der Benutzung des Grundstücks in einzelnen Beziehungen, die der Eigentümer kraft seines Eigentums (§ 903 BGB) sonst verbieten könnte, in Betracht. Danach bestehen keine Bedenken gegen die inhaltliche Zulässigkeit der vom Kläger begehrten Eintragung.

b) Die dem Kläger vertraglich eingeräumte Berechtigung, die ihm zuvor gewährten schuldrechtlichen Ansprüche durch Grundbucheintragung sichern zu lassen, ist rechtlich losgelöst von den übrigen Vereinbarungen zu sehen. Sie begründet neben der Pflicht zur Gewährung des Gebrauchs und Fruchtgenusses eine selbständige Verpflichtung des Grundstückseigentümers zur Zustimmung.

Die Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung könnte sich allenfalls dann als bloße Nebenpflicht aus dem Pachtvertrag ergeben, wenn darin kein Recht des Klägers zur dinglichen Sicherung vereinbart worden wäre. In einem solchen Fall wäre die Interessenlage zwischen den Parteien ähnlich zu beurteilen wie in den Fällen der Bestellung einer Baulast aufgrund des durch eine deckungsgleiche Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Schuldverhältnisses (vgl. dazu Senat, BGHZ 106, 348, 350; Senatsurteile v. 6. Oktober 1989, V ZR 127/88, WM 1990, 320, 321; 3. Juli 1992, V ZR 203/91, NJW-RR 1992, 1484; 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885, 2886). Denn nach § 4 Abs. 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen vom 21. Juli 1952 (GVBl. Rheinland-Pfalz, S. 117) ist die erforderliche Abbaugenehmigung, wenn - wie hier - der Abbau nicht durch den Eigentümer betrieben wird, unter der Bedingung zu erteilen, daß das Ausbeuterecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen wird. Bestehen aber zwischen den Parteien vertragliche Bindungen, muß aus ihrem Inhalt die Frage beantwortet werden, ob dem Kläger der Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung der Dienstbarkeit zusteht (vgl. Senatsurt. v. 18. März 1994, V ZR 159/92, NJW 1994, 2757, 2758). Da die Vertragsparteien hierzu eine ausdrückliche Bestimmung getroffen haben, kann eine bloße Nebenpflicht des Grundstückseigentümers zur Zustimmung nicht angenommen werden.

c) Der Anspruch auf Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist auf eine einmalige Leistung gerichtet. Mit der Begründung der Dienstbarkeit hat der Besteller seine Verpflichtungen erfüllt (Senatsurt. v. 20. September 1974, V ZR 44/73, NJW 1974, 2123). Die Verjährung dieses Anspruchs beginnt nach § 198 Satz 1 BGB im Zeitpunkt seiner erstmaligen Entstehung. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGHZ 55, 340, 341; 73, 363, 365; 79, 176, 177 f). In der Regel ist damit, sofern keine besonderen Absprachen getroffen sind, der Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebend (BGHZ 53, 222, 225; 55, aaO; 113, 188, 193). Fehlt dazu - wie hier - eine vertragliche Regelung, gilt die gesetzliche Leistungszeitbestimmung des § 271 Abs. 1 BGB. Danach konnte der Kläger die Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sofort nach Vertragsschluß verlangen.

Die von der Revision hervorgehobene wirtschaftliche Einheit zwischen dem Anspruch auf Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und dem Anspruch aus dem Pachtvertrag rechtfertigt keine Abweichung von § 198 Satz 1 BGB. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die Parteien kein Recht des Klägers zur dinglichen Sicherung vereinbart hätten, bedarf hier keiner Entscheidung.

d) Die von dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen vom 21. Juli 1952 (aaO) vorgetragene Auffassung zur Sachmängelhaftung des Grundstückseigentümers verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. Ob die fehlende Eintragung der Dienstbarkeit einen Sachmangel des Pachtgegenstandes darstellt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 2. März 1994, XII ZR 175/92, WM 1994, 1136, 1137), kann offenbleiben. Denn einen Anspruch gegen die Beklagten auf Eintragung der Dienstbarkeit begründet die Sachmängelhaftung nach § 581 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 537, 538 BGB nicht, so daß sich das Problem der Verjährung eines solchen Anspruchs nicht stellt.

e) Begann die Verjährung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs am 22. Februar 1952, war er nach § 195 BGB bei Klageerhebung im Juni 1997 verjährt. Die Klage muß deshalb abgewiesen werden.

Auf das Bestreiten der Echtheit der Unterschrift ihres Vaters durch die Beklagten und ihre Auffassung zur Verwirkung des Klageanspruchs kommt es nicht mehr an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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