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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 03.04.1998
Aktenzeichen: V ZR 6/97
Rechtsgebiete: AGBG
Vorschriften:
AGBG § 9 Abs. 1 Ch |
a) Hat sich die Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in einem Grundstückskaufvertrag von dem Erwerber versprechen lassen, bestimmte Investitionen zu tätigen und eine bestimmte Anzahl von Arbeitsplätzen zu schaffen, so verstößt eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsstrafenregelung, die beide Verpflichtungen nebeneinander durch Vertragsstrafen sichert, dann nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG, wenn die Strafen in ihrer Höhe in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu den Folgen für den Vertragspartner stehen.
b) Unter Berücksichtigung des von der Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben zu ihrer Aufgabenerfüllung verfolgten Zwecks ist es nicht unverhältnismäßig, wenn die Höhe der Strafe an den Umfang der geschuldeten Leistung, deren Erfüllung sie sichern soll, anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird.
c) Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich grundsätzlich auch nicht aus dem "Summierungseffekt", daß die Vertragsstrafen für die Nichteinhaltung von Investitionszusagen und für die Unterlassung, die zugesagten Arbeitsplätze zu schaffen, nebeneinander verwirkt sein können, soweit die Höhe auch dann an das Gewicht der jeweiligen Vertragsverstöße anknüpft und nicht über das hinausgeht, was der Investor bei gehöriger Erfüllung des Vertrages hätte aufwenden müssen.
BGH, Urt. v. 3. April 1998 - V ZR 6/97 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 3. April 1998
Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Prof. Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. November 1996 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte war Geschäftsführer der B. 0. GmbH (im folgenden: GmbH), über deren Vermögen Anfang 1994 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Sie betrieb ihr Unternehmen in Räumen, die sie von einer Gesellschaft der Treuhandanstalt, der Namensvorgängerin der Klägerin, gemietet hatte. Die Treuhandanstalt bot das Gebäudegrundstück Mitte 1992 der GmbH zum Kauf an. Im September 1992 wurde auf die Geschäftsräume ein Brandanschlag verübt, der erheblichen Schaden anrichtete.
Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 1992 kaufte der Beklagte das Grundstück für 489.048 DM. Sowohl die GmbH als auch er persönlich verpflichteten sich in dem Vertrag gesamtschuldnerisch, in das Sachanlagevermögen der GmbH bis zum 31. Dezember 1995 insgesamt mindestens 1.500.000 DM, davon wenigstens 600.000 DM innerhalb von zwei Jahren, zu investieren. In § 8 des Vertrages heißt es:
"(2) Werden die Investitionen in der bezeichneten Frist nicht oder nur teilweise durchgeführt, verwirken der Käufer und der Betreiber - gesamtschuldnerisch - wegen nicht fristgerechter durchgeführter Investitionen eine Vertragsstrafe in Höhe der Differenz zwischen zugesagter und tatsächlicher Investition. ...
(3) Die Vertragsstrafe wird nicht verwirkt, wenn das Nichterreichen der Investitionshöhe auf zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht vorhersehbaren dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht. ..."
Außerdem verpflichteten sich die GmbH und der Beklagte gesamtschuldnerisch, auf dem Kaufgrundstück ab dem 1. Januar 1993 mindestens 34 und ab dem 1. Januar 1994 mindestens 52 Vollarbeitsplätze zu besetzen und mindestens bis zum 31. Dezember 1997 ständig besetzt zu halten. Weiterhin heißt es in dem dies regelnden § 9 des Vertrages:
"(3) Kommen der Käufer und der Betreiber ihren Verpflichtungen gemäß Abs. 1 nicht nach, verwirken sie - gesamtschuldnerisch - pro Jahr pro nicht besetztem Arbeitsplatz eine Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 DM. ...
(4) ...
(5) § 8 Abs. 3 gilt entsprechend."
Die Geschäftsentwicklung der GmbH verlief negativ. Der Brandschaden wurde erst im Sommer 1993 - auf der Basis eines Vergleichs - reguliert. Die Investitions- und Arbeitsplatzzusagen wurden nicht eingehalten.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten im Wege der Teilklage 150.000 DM nebst Zinsen wegen Verletzung der Investitionszusage und 150.000 DM nebst Zinsen wegen Nichteinhaltung der Arbeitsplatzzusage im Jahre 1993.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, die vertraglich übernommenen Verpflichtungen, Investitionen zu tätigen und Arbeitsplätze zu schaffen, stellten keine der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG unterliegende Klauseln dar, da sie Teil der für den Erwerb des Grundstücks zu erbringenden Gegenleistungen und als solche ausgehandelt seien (§ 1 Abs. 2 AGBG). Hingegen seien die jeweiligen Vertragsstrafeversprechen vorformulierte Vertragsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG und hielten der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht stand. Ihnen sei nämlich ein "Summierungseffekt" eigen, der eine Vertragsstrafe zur Folge haben könne, die in ihrer Höhe völlig außer Verhältnis zu dem Wert des erworbenen Grundstücks stehe und die Existenz des Beklagten gefährde.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1. Die Revision nimmt als ihr günstig hin, daß die Investitions- und Arbeitsplatzzusagen nach Auffassung des Berufungsgerichts wirksam sind. Dies begegnet im Ergebnis auch keinen rechtlichen Bedenken.
2. Ohne Erfolg wendet sie sich gegen die Annahme, die die Zusagen sichernden Vertragsstrafeversprechen seien vorformulierte Vertragsbestimmungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG.
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen vor, wenn für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen, die von einer Vertragspartei gestellt worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG). Vorformuliert sind die Bedingungen schon dann, wenn sie für eine mehrfache Verwendung aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 30. September 1987, IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 20 f). Sie sind für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt, wenn sie entweder für eine unbestimmte Zahl künftiger Verwendungen bestimmt sind (Ulmer aaO Rdn. 24 m.w.N.) oder für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen zur Anwendung kommen, die von einer Vertragspartei gestellt worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG). Vorformuliert sind die Bedingungen schon dann, wenn sie für eine mehrfache Verwendung aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 30. September 1987, IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 20 f). Sie sind für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt, wenn sie entweder für eine unbestimmte Zahl künftiger Verwendungen bestimmt sind (Ulmer aaO Rdn. 24 m.w.N.) oder für eine nicht ganz unbedeutende Zahl bestimmter Fälle (vgl. Ulmer aaO Rdn. 25). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Die Revision räumt selbst ein, daß die Treuhandanstalt wegen des immer wiederkehrenden gleichen Regelungsinteresses - schon im Hinblick auf die begrenzten sprachlichen Variationsmöglichkeiten - gehalten war, vorformulierte Vertragsbestimmungen zu verwenden. Das führte zwangsläufig zu gewissen Standardisierungen. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob das hier verwendete Vertragsmuster als Ganzes den Anforderungen des § 1 Abs. 1 AGBG genügt. Entscheidend ist vielmehr, ob die einzelnen Vertragsklauseln, hier also die Vertragsstrafeversprechen, die Voraussetzungen dieser Norm erfüllen. Davon ist das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen.
Bis Ende 1993 hat man etwa 11.700 Verträge mit Arbeitsplatzzusagen und 11.500 Verträge mit Investitionszusagen gezählt. Überwiegend wurden diese Zusagen durch Vertragsstrafeversprechen abgesichert (Preu, DStR 1994, 1265, 1266). Dabei mögen zwar Abweichungen in der Formulierung aufgetreten sein, inhaltlich besteht aber - und darauf kommt es an (Schäfer, in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, AGB der Treuhandanstalt, Stand Mai 1994, Rdn. 7; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 15; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 24) - im wesentlichen eine Gleichartigkeit, wie die aus der Rechtsprechung bekannten und in der Literatur wiedergegebenen Beispielsfälle zeigen (vgl. OLG Dresden, OLG-Report 1997, 97; OLG Hamm, DtZ 1996, 351 f; OLG Brandenburg, VIZ 1996, 735; OLG Hamburg, OLG-Report 1997, 187; Schäfer aaO Rdn. 7 und Rdn. 29; Weimar, Nachprivatisierungsprobleme, 1992, S. 32; Kiethe, Nachverhandlungen mit der Treuhandanstalt, 1994, Rdn. 277 ff; ders., VIZ 1993, 382, 383; Ebbing, Die Verkaufspraxis der Treuhandanstalt, 1995, S. 276; Drygalski, in: Immobilienhandbuch Ost, 2. Aufl., S. 31; Scheifele, BB 1991, 557, 561; Wächter/Kaiser/Krause, WM 1992, 293, 300; Zeuner, ZIP 1993, 1365, 1367; Wächter, ZAP-Ost, Fach 15, S. 181, 184). Typischer Regelungsgehalt ist, daß den Käufer für den Fall der Nichteinhaltung zugesicherter Investitionen ausgleichende Zahlungspflichten in Höhe von 10 % bis 100 % der nicht erbrachten Leistungen treffen (Ebbing, Die Verkaufspraxis der Treuhandanstalt, 1995, S. 368). Im Rahmen von Arbeitsplatzzusagen versprochene Vertragsstrafen betragen für jeden zu wenig beschäftigten Arbeitnehmer 2.000 DM bis 3.000 DM pro Monat (OLG Köln, VIZ 1995, 546; Ebbing aaO) oder 10.000 DM bis 35.000 DM pro Jahr (OLG Dresden, OLG-Report 1997, 97; OLG Hamm, DtZ 1996, 351, 352; Weimar, DStR 1993, 63, 65; Messerschmidt, WiB 1994, 377, 378). Zuweilen wurde auch ein bestimmter Prozentsatz der durchschnittlichen Lohnkosten zugrunde gelegt (OLG Hamburg, OLG-Report 1997, 187). Inhaltlich sind diese Regelungen, auch was die Höhe der versprochenen Strafen anbelangt, den im Streitfall vereinbarten Vertragsstrafeversprechen gleichartig.
b) Allgemeine Gechäftsbedingungen liegen gen gleichwohl nicht vor, soweit Vertragsbestimmungen zwischen den Vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt worden sind (§ 1 Abs. 2 AGBG). Das setzt voraus, daß der Verwender, hier also die Klägerin, den Kerngehalt seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt. Dieser muß die reale Möglichkeit erhalten, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGHZ 85, 305, 308; BGH, Urt. v. 3. Juli 1985, IVa ZR 246/83, NJW-RR 1986, 54 f; vgl. auch BGHZ 104, 232, 236). In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Zwingend ist das indes nicht. Bleibt es nach gründlicher Erörterung bei dem vorformulierten Text, weil der Betroffene nunmehr von der sachlichen Notwendigkeit überzeugt ist, so kann der Vertrag als das Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden. Voraussetzung dafür ist aber, daß der Verwender grundsätzlich zu einer Abänderung der Klausel bereit war und daß dies dem Geschäftspartner bei Abschluß des Vertrages bewußt war (BGH, Urt. v. 15. Dezember 1976, IV ZR 197/75, NJW 1977, 624, 625; Urt. v. 9. Oktober 1986, VII ZR 245/85, ZIP 1986, 1466; Urt. v. 30. September 1987, IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410).
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß im konkreten Fall ein Aushandeln der an sich vorvormulierten Bedingungen stattgefunden hat, obliegt dem Verwender (BGHZ 83, 54, 58; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 62 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Revision läßt der Sachvortrag der Klägerin nicht darauf schließen, daß die Klauseln über die Vertragsstrafe, gemessen an den dargestellten Voraussetzungen, ausgehandelt worden sind. Sie hat zwar - worauf die Revision hinweist - Verhandlungsbereitschaft behauptet und unter Beweis gestellt, nicht jedoch, daß dies dem Beklagten bewußt war. Auch die Umstände lassen darauf nicht schließen. Im Gegenteil, die Klägerin selbst hat vorgetragen, daß in Fällen, in denen der Käufer - wie hier - nicht anwaltlich vertreten war, "die Wahrscheinlichkeit von Änderungen" sich "logischerweise reduzierte". Ein Aushandeln der Vertragsstrafebestimmungen wird entgegen der Meinung der Revision auch nicht dadurch belegt, daß über den Kaufpreis und über die Modalitäten der Investitionen verhandelt worden ist. Zwar besteht zwischen den zugesagten Investitionen und der Vertragsstrafe insoweit ein Zusammenhang, als sich die Strafe an dem vorgesehenen Investitionsvolumen ausrichtet. Ein Verhandeln über die Modalitäten der Investitionen hat jedoch nicht automatisch zur Folge, daß auch die Vertragsstraferegelung zur Disposition steht. Allenfalls hinsichtlich der Höhe kommt eine Wechselwirkung in Betracht. Der Kerngehalt der Klausel bleibt davon aber unberührt. Das genügt nicht für ein Aushandeln im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG (vgl. BGH, Urt. v. 27. März 1991, IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678, 1679).
3. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Vertragsstrafeklauseln unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam erachtet.
Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der Verwender der Klausel mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (BGHZ 90, 280, 284; Urt. v. 10. Februar 1993, XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133, 1134; Senatsurt. v. 4. Juli 1997, V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023). Dabei ist ein genereller Prüfungsmaßstab, eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste, typisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen (BGHZ 105, 24, 31; BGH, Urt. v. 9. Mai 1996, VII ZR 259/94, NJW 1996, 2155, 2156). Die hier getroffenen Vertragsstraferegelungen halten einer an den vorgenannten Kriterien ausgerichteten Überprüfung stand.
a) Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Das kommt in Betracht, weil nach der gesetzlichen Regelung (§ 339 BGB) die Verwirkung einer Vertragsstrafe an ein Verschulden des Verpflichteten geknüpft ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. Januar 1973, VIII ZR 147/71, WM 1973, 388; BGHZ 72, 174, 178). Die hier vereinbarten Klauseln erwähnen dieses Erfordernis nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe weicht von dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Sie kann daher durch allgemeine Geschäftsbedingungen - auch im kaufmännischen Verkehr - nur dann wirksam vereinbart werden, wenn gewichtige Umstände vorliegen, welche die Regelung trotz der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht mit Recht und Billigkeit noch vereinbar erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 18. April 1984, VIII ZR 50/83, NJW 1985, 57 m.w.N.). Ob solche Umstände hier gegeben wären, kann dahinstehen, da eine Auslegung der Klauseln ergibt, daß das Verschuldenserfordernis nicht abbedungen werden sollte.
Dem Schweigen der Klausel kommt dabei - entgegen einer im Schrifttum geäußerten Meinung (Schäfer, in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, AGB der Treuhandanstalt, Stand Mai 1994, Rdn 47; Kiethe, Nachverhandlungen mit der Treuhandanstalt, 1994, Rdn. 385; Kiethe/Imbeck, ZIP 1994, 1250, 1252) - keine entscheidende Bedeutung zu. Ebensogut kommt in Betracht, daß die Klausel stillschweigend das gesetzliche Leitbild - als selbstverständlich - voraussetzt (vgl. Ebbing, Die Verkaufspraxis der Treuhandanstalt, 1995, S. 366). Von letzterem ist hier schon deswegen auszugehen, weil die Vertragsstrafeklauseln eine Modifizierung des allgemeinen Verschuldensmaßstabs enthalten. Die Strafe soll nämlich nicht verwirkt sein, wenn die Nichterfüllung der Investitions- und Arbeitsplatzzusagen auf nicht vorhersehbaren dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht (§§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 5 des Vertrages). Eine solche Regelung setzt eine grundsätzlich verschuldensabhängige Haftung voraus. Sie begegnet auch inhaltlich keinen Bedenken, da sie der gesetzlichen Wertung in § 14 Abs. 2 Satz 2 InVorG entspricht. Die Beweislastverteilung weicht ebenfalls nicht von der gesetzlichen Konzeption ab (§§ 339 Satz 1, 285 BGB; vgl. BGHZ 33, 163, 165; BGH, Urt. v. 29. Juni 1972, II ZR 101/70, NJW 1972, 1893, 1895; MünchKomm-BGB/Gottwald, 3. Aufl., § 339 Rdn. 16, 17).
b) Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG ergibt sich nicht aus der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafen. Von einer unangemessen hoch angesetzten Strafe, die die Unwirksamkeit zur Folge hat, ist auszugehen, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, Urt. v. 12. Januar 1994, VIII ZR 165/92, WM 1994, 1121, 1127; Urt. v. 7. Mai 1997, VIII ZR 349/96, JZ 1997, 1122). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Der Gesetzgeber hat die Vertragsstrafe mit einer doppelten Zielrichtung geschaffen (BGHZ 85, 305, 312). Zum einen soll sie als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten (BGHZ 33, 236, 237; 49, 84, 89; 63, 256, 259; 85, 305, 313). Zum anderen eröffnet sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis (BGHZ 63, 256, 259 f; 72, 222, 228; 85, 305, 313). Bei den von der Treuhandanstalt vorgenommenen Verkäufen geht es allein um das Ziel, die Erfüllung sicherzustellen (Kiethe, Nachverhandlungen mit der Treuhandanstalt, 1994, Rdn. 389). Zur Verfolgung dieses Zwecks ist es sachgerecht und nicht unverhältnismäßig, wenn die Höhe der Strafe an den Umfang der geschuldeten Leistung anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird, Das ist hier der Fall. Der Beklagte schuldete bei Verwirkung der Vertragsstrafen wirtschaftlich nicht mehr, als er bei gehöriger Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen an Leistungen zu erbringen gehabt hätte. Hinsichtlich der Investitionszusage bedarf das keiner näheren Begründung. Hinsichtlich der Arbeitsplatzzusage ist davon nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, ebenfalls auszugehen.
c) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG tritt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht durch den "Summierungseffekt" ein.
aa) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß die Vertragsstrafen zur Sicherung der Investitionszusage und der Verpflichtung zur Schaffung von Arbeitsplätzen nebeneinander vereinbart sind. Daran ist der Senat gebunden. Führt die Unterlassung von Investitionen dazu, daß zugleich die Arbeitsplatzzusage nicht erfüllt wird, so werden folglich zwei Strafen verwirkt. Eine solche Vereinbarung steht nicht im Widerspruch zu Grundgedanken gesetzlicher Regelungen. Daß dadurch die Zahlungsverpflichtung des Beklagten in der Summe einen sehr hohen Betrag erreichen kann, führt nicht dazu, daß die Sanktion unverhältnismäßig ist. Denn die Strafen knüpfen, auch wenn sie nebeneinander verwirkt werden, an das Gewicht der jeweiligen Vertragsverstöße an. Sie gehen auch dann nicht über das hinaus, was der Beklagte bei gehöriger Erfüllung des Vertrages hätte aufwenden müssen. Wenn - wie hier - ein Nebeneinander der Primärleistungsversprechen unbedenklich ist, stellen die über das Erfüllungsinteresse nicht hinausgehenden Vertragsstrafen keine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. Ebbing, Die Verkaufspraxis der Treuhandanstalt, 1995, S. 368 f; Messerschmidt, WiB 1994, 377, 380; a.A. Kiethe, Nachverhandlungen mit der Treuhandanstalt, 1994, Rdn. 393; ders. BB 1994, 7, 13; Kiethe/Imbeck, ZIP 1994, 1250, 1252).
bb) Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich auch nicht dadurch, daß der Treuhandanstalt zusätzlich ein Rücktrittsrecht eingeräumt ist. Diese Koppelung war für die der Treuhandanstalt übertragene Aufgabe zweckdienlich und sachgerecht (vgl. Ebbing aaO S. 369). Wäre nur ein Rücktrittsrecht vereinbart worden, hätte sich das wirtschaftliche Unternehmerrisiko auf die Treuhandanstalt verlagert: Im Falle des Scheiterns müßte sie nicht nur das Grundstück zurücknehmen, sondern auch den Kaufpreis zurückzahlen; das Unternehmen wäre wirtschaftlich nicht betroffen. Eine Vertragsstrafenregelung ohne hinzutretende Rücktrittsmöglichkeit beeinträchtigte die Interessen möglicher Restitutionsberechtigter (vgl. § 12 des Kaufvertrages), an die das Grundstück bei einem Scheitern des Investitionsvorhabens rückübertragen werden müßte (vgl. auch § 11 Abs. 2 Satz 2 InVorG).
d) Für die Haftung des Beklagten spielt es keine Rolle, daß nicht er, sondern die GmbH Betreiber des Unternehmens war. Denn er hat das Geschäftsgrundstück erworben und sich als Vertragspartner der Treuhandanstalt - gesamtschuldnerisch mit der GmbH - zur Vornahme der Investitionen und zur Schaffung der Arbeitsplätze verpflichtet, wozu ihm aufgrund seiner Stellung in der GmbH auch die Möglichkeiten gegeben waren. Die Vereinbarung der Vertragsstrafen begegnet unter diesen Umständen keinen Bedenken.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Nach §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 5 des Vertrages ist die Strafe nicht verwirkt, wenn die Nichterfüllung der Verpflichtungen auf zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht vorhersehbaren dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Von dem Ausschlußtatbestand sind bei verständiger Würdigung nicht die typischen Risiken des Investors erfaßt. Wenn sich somit - wie der Beklagte geltend macht - die wirtschaftliche Entwicklung in der Region nicht wie erwartet gestaltet hat, so verwirklicht sich das unternehmerische Risiko, von dem der Beklagte und die GmbH nicht befreit werden sollten. Auch die - nach Vortrag des Beklagten - zögerliche und nicht vollständige Regulierung des Brandschadens stellt keinen unvorhersehbaren, auf betrieblichen Erfordernissen beruhenden Umstand dar. Der Brandschaden war bei Abschluß des Vertrages bekannt. Seine versicherungsrechtliche Abwicklung lag im Risikobereich der GmbH und des Beklagten.
Die Zuordnung zum Risikobereich des Beklagten und der GmbH hindert auch die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. auch Horn, DB 1995, 359, 363).
2. Da die Klägerin nur einen - in jedem Fall begründeten - Teilanspruch geltend macht, bedarf es keiner Prüfung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Herabsetzung der Strafe in Betracht kommt (§ 343 BGB).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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