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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: V ZR 82/00
Rechtsgebiete: InVorG, VermG, BGB


Vorschriften:

InVorG § 16
VermG § 3a F. 22. März 1991
BGB § 133 C
a) Die Treuhandanstalt / BvS schuldet dem Berechtigten Zahlung in Höhe des Erlöses aus dem investiven Verkauf unabhängig davon, ob sie ihrerseits den Erlös vom Käufer empfangen hat; entsprechendes gilt für den ihr vorbehaltenen Mehrerlös aus der Weiterveräußerung des Vermögenswertes.

b) Die Einbringung des von dem investiven Käufer erworbenen Grundstücks in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbraucht den Anspruch der Treuhandanstalt / BvS auf den Mehrerlös aus einer Weiterveräußerung nicht.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 82/00

Verkündet am: 6. Juli 2001

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 10. Februar 2000 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 16. März 1999 wird zurückgewiesen. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerinnen sind Erbinnen nach K. W., der Eigentümer des Grundstücks Flur 42, Flurstück 58 der Gemarkung P. war. Das Grundstück war 1963 in Volkseigentum überführt worden, Rechtsträgerin war die LPG (T) P. Am 8. April 1991 erteilte der Landkreis P. auf Antrag der Stadt P. eine Bescheinigung, wonach ein Bauvorhaben einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts "B., T. & Partner" auf dem Grundstück einen besonderen Investitionszweck erfülle. T. war wegen Vermögensdelikten vorbestraft, nach dem Vorbringen der Klägerin hatte er wiederholt die eidesstattliche Versicherung geleistet und war zahlungsunfähig. Mit notariellem Vertrag vom 17. Juni 1992 verkaufte die Beklagte, damals unter der Bezeichnung Treuhandanstalt, das Grundstück Flurstück 58/1 (Teilfläche von 2.572 m² aus Flurstück 58) an T. für 205.760 DM (80 DM pro m²). In dem Vertrag war bestimmt:

"Mehrerlösabführung

Veräußert der Käufer den Kaufgegenstand ganz oder teilweise vor dem 30.05.1997, so hat er den über dem Kaufpreis liegenden Mehrerlös einschließlich aller anderen geldwerten Vorteile als weiteren Kaufpreisanteil an den Verkäufer abzuführen. Erzielt der Käufer bei einer Weiterveräußerung nicht den Verkehrswert, so hat er die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert als weiteren Kaufpreisanteil an den Verkäufer abzuführen.

Als Veräußerung gelten alle entgeltlichen oder unentgeltlichen Rechtsgeschäfte, die darauf gerichtet sind, einem Dritten unmittelbar oder mittelbar Eigentum oder Nutzungsrechte zu verschaffen, die dem Eigentum wirtschaftlich gleichstehen einschließlich der mehrheitlichen Übertragung von Geschäftsanteilen des Käufers auf einen Dritten."

Am 9. Dezember 1992 wurde T. zusammen mit E. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund Auflassungen vom 17. Juni und 18. August 1992 als Eigentümer des Grundstücks Flurstück 58/1 in das Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 5. April 1993 verkaufte T., als Gesellschafter für die "B., T. & Partner GbR" handelnd, das Grundstück Flurstück 58/1 und weitere Flächen an die "Tö., Tr. Objekt P. GbR" und übernahm die Verpflichtung, auf einem Teil dieses Grundstücks und den weiteren Flächen ein Geschäftshaus (erster Bauabschnitt) sowie auf dem Rest von Flurstück 58/1 ein weiteres Geschäftshaus zu errichten. Der Gesamtkaufpreis für sämtliche Grundflächen war mit 649.600 DM ausgewiesen, hiervon fielen 205.760 DM auf das Grundstück Flurstück 58/1; für die Herstellung des ersten Bauabschnitts waren zusätzlich 14.550.400 DM zu entrichten. Am 7. Juni 1993 änderten die Beteiligten den Vertrag dahin ab, daß die Pflicht zur Erstellung der Gebäude entfiel und der Kaufpreis für sämtliche Grundstücke auf 2.400.000 DM festgesetzt wurde. Mit Bescheid des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 19. Mai 1995 wurde der Antrag der Erbengemeinschaft nach K. W. auf Rückübertragung des Grundstücks Flurstück 58/1 abgelehnt und die Beklagte verpflichtet, den für das Grundstück erzielten Verkaufserlös an die Erben auszuzahlen. Die Beklagte entrichtete den Betrag von 205.760 DM.

Die Klägerinnen, die Klägerin zu Ziffer 1 zugleich aus abgetretenem Recht der weiteren Erben, erheben Anspruch auf den von T. erzielten Mehrerlös, der der Beklagten nach der Vereinbarung über die Mehrerlösabführung gebühre. Sie haben im Wege der Teilklage aus diesem, hilfsweise aus weiteren Rechtsgründen, Zahlung von 12.000 DM verlangt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, daß den Klägern kein über 12.000 DM hinausgehender Anspruch auf Auskehrung von Mehrerlös zustehe.

Mit der Revision erstreben die Klägerinnen die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts und die Abweisung der Widerklage. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerinnen aus § 3 a Abs. 5 VermG i.d.F. des Hemmnisbeseitigungsgesetzes vom 22. März 1992 (BGBl. I S. 766), § 3 a VermG a.F. ("Supervorfahrt"). Die von T. übernommene Verpflichtung, Mehrerlös abzuführen, diene zwar nicht der Erschwerung von Spekulationen, sondern sei Gegenleistung für die Veräußerung des Grundstücks, mithin Teil des Kaufpreises. Die Mehrerlösabführungsklausel sei indes dadurch verbraucht worden, daß T. das Grundstück in eine "T./E. GbR" eingebracht habe. Hierbei habe es sich um die Verschaffung von Nutzungsrechten im Sinne des Kaufvertrags der Beklagten mit T. gehandelt. Daß durch die Einbringung ein Mehrerlös erzielt worden sei, sei nicht dargetan. Die von den Klägerinnen gerügte Umgehung der Mehrerlösklausel sei in deren Fassung begründet. Da das Gesetz auch den Fall der Veräußerung ohne Erlös berücksichtige, habe für den Veräußerer keine Pflicht bestanden, überhaupt eine Mehrerlösklausel aufzunehmen. Auch die weiteren Klagegründe griffen nicht durch.

II.

Die Revision hat Erfolg.

Den Klägerinnen steht ein Zahlungsanspruch in Höhe des Mehrerlöses aus den Verträgen der "B., T. & Partner GbR" mit der "Tö., Tr. Objekt P. GbR" zu (§ 3a Abs. 5 Satz 1 VermG a.F. oder § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG, näher unten zu 5.). Die Widerklage bleibt ohne Erfolg.

1. Die Revision nimmt die Auslegung, der Mehrerlös sei Teil des Kaufpreises, als ihr günstig hin. Verstöße gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze (§§ 133, 157 BGB), die das Revisionsgericht auch ohne Rüge zu beachten hat (§ 559 Abs. 2 ZPO; Senatsurt. v. 8. Dezember 1989, V ZR 53/88, WM 1990, 423), sind nicht zu erkennen. Die Auslegung, die sich wesentlich auf den Wortlaut der Vertragsvorschrift und darauf stützt, daß die Nachzahlungspflicht den (künftigen) Verkehrswert des Grundstücks abgelten sollte, ist möglich, nach den Umständen sogar naheliegend. Eine Auslegungsregel, wonach die Mehrerlösabführung bei investiven Geschäften grundsätzlich Sanktionscharakter trage und nur im Ausnahmefall den Kaufpreis erhöhe, besteht, entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung, nicht. Der investive Zweck stand, anders als bei Privatisierungsverkäufen im allgemeinen, vielfach einer voll am Verkehrswert orientierten Kaufpreisbildung entgegen. Diese Beschränkung konnte bei der Weiterveräußerung entfallen. Aus dieser Sicht war das, innerhalb bestimmter Frist erfolgte, Zweitgeschäft Anlaß zur Kaufpreisanpassung. Die Überschrift der Vertragsbestimmung "Mehrerlösabführung" gibt deren Inhalt unvollständig wieder. Der Mehrerlös wird, wie der innere Zusammenhang der Vertragsbestimmung ergibt, als unwiderleglicher Mindestwert der Sache geschuldet. Eine Sanktionswirkung kommt ihm allenfalls als Reflex des Vereinbarten zu.

2. Dagegen hält die weitere Überlegung, die Vertragsbestimmung sei durch die Einbringung des Grundstücks in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit E. "verbraucht", den Anforderungen an eine interessengerechte Vertragsauslegung (Senat, Urt. v. 10. Juli 1998, V ZR 360/96, WM 1998, 1883, 1886; v. 12. Januar 2001, V ZR 372/99, WM 2001, 631, für BGHZ bestimmt) nicht stand. Die Einbringung des Grundstücks in eine Gesellschaft mit E. war zwar eine entgeltliche, nämlich auf die Beitragsschuld T. (§ 706 BGB) erfolgte Veräußerung. Sie war aber kein Veräußerungsgeschäft im Sinne der vereinbarten Kaufpreisergänzung um den Mehrerlös. Der aus der gesamthänderischen Bindung des eingebrachten Grundstücks (§ 719 BGB) vom Berufungsgericht gezogene Schluß, die Einbringung habe zum "Verbrauch" der Vertragsbestimmung geführt, geht am Sinn des Vereinbarten vorbei. Dies gilt auch für die Frage nach dem erzielten Mehrerlös. Das Gesellschaftsverhältnis ist nicht auf einen Austausch von Leistungen, sondern auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB) gerichtet. Der Einbringung des geschuldeten Grundstücks steht keine Gegenleistung der Mitgesellschafter gegenüber, ihr Äquivalent ergibt sich aus Erfolg oder Mißerfolg des Zusammenwirkens der Gesellschafter. Die Frage nach dem Mehrerlös gegenüber dem aufgewendeten Kaufpreis geht ins Leere. Allerdings kann, nach dem gesetzlichen Leitbild bei Auflösung der Gesellschaft (§§ 730 ff BGB), über die Zurückerstattung der Einlagen (§ 733 Abs. 2 BGB) hinaus ein Überschuß zur Verteilung kommen (§ 734 BGB). Er ist aber nicht "Mehrerlös" im Sinne des Kaufvertrags der Beklagten mit T. Denn das Interesse der Beklagten bestand darin, an der Wertentwicklung des verkauften Grundstücks innerhalb einer bestimmten Frist teilzuhaben, nicht dagegen sich an dem geschäftlichen Risiko des Käufers zu beteiligen. In dem Falle, daß der Weiterverkauf an einen Dritten zu einem zusätzlichen Erlös führen würde, sollte dieser der Beklagten unabhängig davon gebühren, ob die erlangten Mittel durch weitere Geschäfte T. aufgezehrt oder vermehrt würden. Die Übernahme partiarischer Risiken und Chancen war für die Beklagte mit dem investiven Verkauf nicht verbunden. Die Investitionszwecke beschränkten sich auf die Vorgaben des Gesetzes (§ 3 a Abs. 1 VermG a.F.; §§ 2, 3 InVorG). Allerdings kann die Einbringung der Kaufsache in eine Gesellschaft dazu führen, daß die Befugnis des Käufers, worauf das Berufungsgericht abhebt, über die Sache zu verfügen, Einschränkungen unterliegt oder entfällt. Dies ist indessen die Folge seines Entschlusses, sich ohne Erzielen einer Gegenleistung vom Alleineigentum zu trennen, und kann nicht zu Lasten des Verkäufers gehen, der sich die Abführung des Mehrerlöses aus einem Austauschgeschäft vorbehalten hat. Im Streitfalle ist überdies davon auszugehen, daß T. maßgeblich an der Verfügung über das zum Gesellschaftsvermögen gehörende Grundstück beteiligt war. Denn von den Regeln über die Geschäftsführung (§§ 709, 714 BGB) abweichende Feststellungen sind im Berufungsurteil nicht getroffen.

3. Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht nicht geprüft, ob der aus der Weiterveräußerung des Grundstücks an die "Tö., Tr. Objekt P. GbR" erzielte Mehrerlös der Beklagten insgesamt oder nur zu einem Anteil, etwa in Höhe der Beteiligung T. an einer Gesellschaft mit E. oder anderen, gebührt. Der Senat kann die Auslegung der Vertragsbestimmung in diesem Punkt nachholen, denn weitere tatsächliche Feststellungen hierzu sind nicht zu erwarten (Senatsurt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180 f; BGHZ 121, 284, 289). Sie führt zu dem Ergebnis, daß T. der Beklagten den Mehrerlös aus der Veräußerung des Grundstücks an die "Tö., Tr. ... GbR" in vollem Umfang schuldet. Dies ist die Konsequenz dessen, daß der Mehrerlös in der Gegenleistung für die Sachveräußerung, nicht dagegen im Ergebnis der Wirtschaftsführung der Gesellschafter mit der Sache besteht. Dem Käufer, der sich zur Einlage der Sache in eine Gesellschaft entschließt, verbleibt das mit dieser erwirtschaftete Geschäftsergebnis, auch wenn es den Mehrerlös, den die Gesellschaft aus dem Verkauf der Sache erzielt, übersteigt. Dem Verkäufer gegenüber ist er zur Zahlung in Höhe des Mehrerlöses unbeschadet des Umstands verpflichtet, daß dieser nicht seinem Eigenvermögen, sondern dem Geschäftsvermögen, an dem er sich beteiligt hat, zugeführt worden ist.

4. Der nach dem Kaufvertrag der Beklagten mit T. abzuführende Mehrerlös ist anhand des aus dem Verkauf der "B., T. & Partner GbR" an die "Tö., Tr. ... GbR" erzielten Kaufpreises zu errechnen.

a) Dazu, ob die "B., T. ... GbR" mit der Gesellschaft, in die T. das Grundstück Flurstück 58/1 eingebracht hat, identisch ist, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Solche sind auch nicht erforderlich, denn für weitere Einbringungsgeschäfte gälten keine Besonderheiten. Daß zwischen der Gesellschaft T. mit E. und der "B., T. ... GbR" ein Austauschgeschäft stattgefunden hätte, ist von keiner Seite behauptet.

b) Der Vertrag der "B., T. ... GbR" vom 5. April 1993 und dessen Abänderung am 7. Juni 1993 sind unter dem Gesichtspunkt des Mehrerlöses als ein Geschäft zu betrachten. Der Vertrag vom 5. April 1993 verschleierte den Mehrerlös dadurch, daß der Kaufpreis für die veräußerten Flächen teilweise dem Werklohn für Bauarbeiten unterschoben wurde. Dies ermöglichte es, für das Grundstück Flurstück 58/1 einen Einzelpreis von 205.760 DM auszuweisen und damit das Ausbleiben eines Mehrerlöses zu dokumentieren. Die Vertragsänderung, die die zuvor beurkundete Herstellungspflicht strich, deckte die tatsächlichen Grundstückspreise auf. Der Anteil des Preises für das Grundstück Flurstück 58/1 am wahren Gesamtpreis von 2.400.000 DM entspricht der Quote des am 5. April 1993 ausgewiesenen Einzelpreises von DM 205.760 an der damals beurkundeten Gesamtsumme von DM 649.600. Das sind 31,68 v.H.. Der Mehrerlös besteht mithin in der Differenz von DM 760.320 (31,68 v.H. aus DM 2.400.000) und DM 205.760. Er beträgt DM 554.560.

5. Dem Erfolg der Klage und der Rechtsverteidigung gegenüber der Widerklage steht es nicht entgegen, daß ein Bescheid, der die Höhe des Erlöses ausweist, nicht ergangen ist (zu a) und daß, wonach vom Parteivortrag auszugehen ist, die Beklagte einen Mehrerlös von T. nicht eingezogen hat (zu b).

a) Die vom Berufungsgericht als Anspruchsgrundlage herangezogene frühere Regelung über die "Supervorfahrt" (§ 3 Abs. 5 Satz 1 VermG a.F.) sah, anders als § 16 Abs. 1 InVorG, die Einschaltung einer Behörde in den Ausgleich zwischen Berechtigtem und Verfügungsberechtigtem nicht vor. Den seinerzeit bestehenden Unklarheiten, inwieweit der Ausgleichsanspruch gleichwohl im Wege des Verwaltungsverfahrens geltend zu machen war (zum Streitstand Rapp in RVI § 16 InVorG Rdn. 85), hat § 16 Abs. 1 Satz 2 InVorG dadurch Rechnung getragen, daß über den Zahlungsanspruch des Berechtigten auf der Grundlage des Erlöses (§ 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG) die Vermögensämter auf dessen Antrag zu entscheiden haben. Ob dies auch für das frühere Recht galt oder ob das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in seinem Bescheid vom 19. Mai 1995 zu Recht von einem Anspruch der Klägerinnen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG (vgl. § 28 Abs. 2 InVorG, Art. 14 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Zweites Vermögensrechtsänderungsgesetz) ausgegangen ist, kann indessen dahingestellt bleiben. Der Senat hat zu § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG bereits ausgesprochen, daß der Streit über die Höhe des auszukehrenden Erlöses von den Zivilgerichten zu entscheiden ist (BGHZ 142, 221). Hieran ist festzuhalten, wobei nicht ausgeschlossen werden muß, daß bestimmte Abzüge, vor allem soweit sie auf das Vermögensgesetz zurückgehen (Wertausgleich nach § 7, Gegenleistung gemäß § 7 a, Ablösebeträge nach § 18 etc.; vgl. Racky in Jesch/Ley/Racky/Winterstein/Kern, Investitionsvorranggesetz, 2. Aufl., §§ 16, 17 Rn. 8, 35 ff; Rapp aaO § 16 InVorG Rdn. 85), von der Behörde vorzunehmen sind. Die Ermittlung von Inhalt und Tragweite einer privatrechtlichen Bestimmung über die Teilhabe am Mehrerlös bleibt jedenfalls den Zivilgerichten überlassen. Sie würde die Möglichkeiten der Vermögensämter überfordern und die mit § 16 Abs. 1 Satz 2 InVorG beabsichtigte Erleichterung und Beschleunigung des Ausgleichs (vgl. BT-Drucks. 12/2480 S. 34 i.V.m. BT-Drucks. 12/2695) konterkarieren.

b) § 3 a Abs. 5 Satz 1 VermG a.F. beschränkt, sachlich übereinstimmend mit § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG, den Berechtigten nicht auf einen Herausgabeanspruch, der den vom Verfügungsberechtigten aus der investiven Veräußerung erzielten Erlös zum Gegenstand hat. Das Gesetz räumt ihm vielmehr einen Zahlungsanspruch ein, der sich lediglich der Höhe nach am Erlös ausrichtet. Der Berechtigte kann Zahlung eines Geldbetrages "in Höhe" aller Geldleistungen aus der Veräußerung (§ 3 a Abs. 5 Satz 1 VermG a.F.) bzw. aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG) verlangen. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift hat der Verfügungsberechtigte für die Geldsumme entsprechend § 279 BGB einzustehen (zur Einstandspflicht bei gesetzlich begründeten Geldschulden vgl. Senatsurt. v. 17.12.1998, V ZR 341/97, WM 1999, 453). Der Zahlungsanspruch in Höhe des Erlöses tritt an die Stelle der zufolge der investiven Veräußerung entfallenen (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 InVorG) Naturalrestitution. Er ist Erfüllungssurrogat des dem Grunde nach bestehenden, nach § 16 Abs. 1 Satz 1 VermG festzustellenden oder sonst nachzuweisenden Restitutionsanspruchs (zum Surrogatscharakter des Ausgleichsanspruchs vgl. Senat BGHZ 142, 111, 114). Der Anspruch auf Naturalrestitution, dessen Bestand durch das Verfügungsverbot nach § 3 Abs. 3 VermG und den Genehmigungsvorbehalt der Grundstücksverkehrsverordnung gesichert ist, weicht im öffentlichen Interesse (§ 3 a Abs. 1 VermG a.F.; §§ 2, 3 InVorG) dem investiven Geschäft. An die Stelle der zu restituierenden Sache tritt deren Verkehrswert. Denn nach der durch § 3 a Abs. 5 Sätze 1 und 2 VermG a.F., § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 3 InVorG begründeten Vermutung (Wegner in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 10 InVorG Rdn. 17; Rapp aaO § 16 InVorG Rn. 67; Racky aaO §§ 16, 17 InVorG Rdn. 20; vgl. auch OLG Dresden, VIZ 2000, 291, 293) entspricht die Gegenleistung aus dem investiven Geschäft dem Verkehrswert. Diese Vermutung kann zwar der Berechtigte, nicht aber der Verfügungsberechtigte widerlegen, denn § 3 a Abs. 5 Satz 2 VermG a.F., § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG geben nur dem Berechtigten alternativ zum Anspruch auf Zahlung in Höhe des Erlöses einen solchen auf Zahlung des (höheren) Verkehrswerts. Die Ausgleichsansprüche des Berechtigten wegen investiver Veräußerung des Vermögenswertes sind mithin Wertersatzansprüche, die aus dem vorhandenen Vermögen des Verfügungsberechtigten, ohne Rücksicht auf Zuflüsse aus dem investiven Geschäft, zu befriedigen sind. Mit dem Bonitätsrisiko aus dem investiven Geschäft sind sie nicht belastet. Dies gilt auch nicht in dem eingeschränkten Sinne, daß der Verfügungsberechtigte bei Ausbleiben eines Erlöses den Berechtigten auf den Verkehrswert verweisen könnte. Hierzu bieten § 3 a Abs. 5 Satz 2, § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG schon formell keine Grundlage. Inhaltlich regeln sie die Fälle, in denen als Folge der investiven Zielsetzung kein Erlös oder gar ein negativer Erlös erzielt wird, der Erlös hinter dem Verkehrswert zurückbleibt oder ein Erlösanspruch deshalb nicht entsteht, weil der Verfügungsberechtigte selbst investive Maßnahmen durchführt. Ein durch die Förderzwecke des Gesetzes bedingtes ungünstiges Austauschverhältnis soll nicht zu Lasten des Berechtigten gehen. Die Frage nach der Bonität des investiven Käufers liegt außerhalb dieser Zielsetzung. Bei Scheitern des investiven Geschäfts kommt der Wertersatzanspruch allerdings dann zum Erlöschen, wenn der Vermögenswert wieder an den Verfügungsberechtigten übertragen wird; dann lebt aber auch der Restitutionsanspruch wieder auf (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 InVorG).

Das von Rapp (aaO § 16 InVorG Rdn. 76), allerdings nur im Zusammenhang mit der Fälligkeit des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 Satz 1 VermG, verwendete Argument, der Berechtigte wäre auch im Falle des Weiterverkaufs der Sache nach erfolgter Restitution erst nach Zahlung in den Genuß des Erlöses gekommen, überzeugt nicht. Der Verkauf durch den Berechtigten hätte nicht unter den öffentlichen Vorgaben der Investitionszwecke gestanden. Der Berechtigte wäre, sowohl was den meistbietenden Interessenten als auch die größtmögliche Sicherheit des Geschäfts angeht, in seinen Entschlüssen frei gewesen. Die zur Begründung weiter herangezogene Rechtsprechung (OLG Dresden VIZ 1996, 596; vgl. auch OLG Rostock VIZ 1998, 92) befaßt sich, unter dem Gesichtspunkt der Verzinsung, mit der Fälligkeit des Anspruchs des Berechtigten; die Hauptsumme war jeweils getilgt. Zur Vorfinanzierung des Kaufpreises wird der Verfügungsberechtigte, was Wegner (aaO § 16 Rdn. 46) zu Recht ablehnt, nicht genötigt. Vor Fälligkeit des Entgeltanspruchs aus dem investiven Vertrag tritt auch die Fälligkeit des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 Satz 1 VermG grundsätzlich nicht ein (zutreffend LG Berlin VIZ 2000, 229, 231).



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