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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.03.2007
Aktenzeichen: V ZR 89/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 675
a) Dass die wirtschaftlichen Folgen eines Kaufs der Erwartung des Käufers nicht entsprechen, führt allein nicht zu einem Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrags.

b) Ein Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten oder wegen Verletzung von Pflichten aus einem selbständigen Beratungsvertrag kann auf die Freistellung von den Pflichten aus dem Kaufvertrag gegen Rückübertragung des Kaufgegenstands gerichtet werden, wenn dem Käufer durch die Pflichtverletzung ein Vermögensschaden entstanden ist.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 89/06

Verkündet am: 30. März 2007

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 14. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit Notarvertrag vom 29. September 1998 kaufte der Kläger von der Beklagten eine Eigentumswohnung in L. . Er macht geltend, die Beklagte habe sich zum Vertrieb der Wohnung der Firma C. bedient, die wiederum die Herren W. und H. mit dem Vertrieb beauftragt habe. W. und H. hätten ihn dadurch zum Vertragsabschluss veranlasst, dass sie ihm eine Modellrechnung vorgelegt hätten, nach welcher er ohne Einsatz von Eigenkapital die Wohnung nach Steuern mit einer monatlichen Belastung von weniger als 50 DM erwerben könne. Tatsächlich sei seine laufende Belastung weit höher.

Der Kläger verlangt von der Beklagten nach näherer Maßgabe Ersatz seiner Aufwendungen für den Kauf der Wohnung gegen deren Rückübertragung. Das Landgericht hat die Behauptung einer fehlerhaften Darstellung der monatlichen Belastung des Klägers durch den Erwerb der Wohnung für nicht erwiesen angesehen und die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im Wesentlichen stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für im Wesentlichen begründet. Es meint, der Kläger habe die Wohnung in der Erwartung erworben, hierfür weniger als 50 DM pro Monat aus seinem laufenden Einkommen aufwenden zu müssen. Diese Erwartung sei unzutreffend gewesen; der für den Erwerb der Wohnung monatliche Aufwand sei erheblich höher. Dass ein Betrag von weniger als 50 DM pro Monat nicht ausreichte, die Wohnung zu erwerben, hätten W. und H. gewusst. Ihr Wissen und Handeln habe sich die Beklagte zurechnen zu lassen.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.

Es fehlt schon an Festsstellungen zu einem Haftungstatbestand, den das Berufungsgericht zudem noch nicht einmal konkret benennt.

Dass die wirtschaftlichen Folgen eines Kaufs der Erwartung des Käufers nicht entsprechen, führt allein nicht zu einem Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrags (MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl. § 433 Rdn. 62; Staudinger/Köhler, BGB [1995] Rdn. 134).

Werden Eigentumswohnungen aufgrund einer Beratung über die wirtschaftlichen Folgen des Erwerbs, insbesondere unter Einsatz von Berechnungsbeispielen, die die Auswirkungen des Erwerbs auf das von dem Käufer zur Verfügung bleibende Einkommen unter Berücksichtigung steuerlicher Umstände zum Gegenstand haben, vertrieben, kann eine Verantwortlichkeit des Verkäufers gegenüber dem Käufer nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen in Betracht kommen, wenn die Angaben des Verkäufers oder eines für diesen tätigen Verhandlungsgehilfen unrichtig sind (vgl. Senat, BGHZ 114, 263, 266; Urt. v. 26. November 1997, V ZR 29/96, WM 1997, 2309). Darüber hinaus kann neben dem Kaufvertrag ein Beratungsvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Käufer zustande kommen (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 140, 111, 115; 156, 371, 374; Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, WM 1987, 95, 96; v. 6. April 2001, V ZR 402/99, NJW 2001, 2021; v. 14. März 2003, V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1813; v. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 821; v. 15. Oktober 2004, V ZR 223/03, WM 2005, 69, 70).

Ist dem Verkäufer die Unrichtigkeit seiner Angaben vorzuwerfen und erleidet der Käufer hierdurch einen Schaden, kann der Käufer wegen der Verletzung der vorvertraglichen Pflichten des Verkäufers oder der Verletzung dessen Pflichten als Berater als Ersatz die Freistellung von den Pflichten aus dem Kaufvertrag gegen Rückübertragung der verkauften Wohnung verlangen (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 308/02, WM 2003, 1686, 1687; v. 8. Oktober 2004, V ZR 223/03, WM 2004, 2349, 2350). Ob dem Kläger ein Schaden entstanden ist, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Der Umstand, dass er bei vollständiger Information über die erforderlichen Aufwendung den Vertrag nicht geschlossen hätte, begründet einen allein von § 123 BGB sanktionierten Angriff auf die Entschließungsfreiheit, belegt aber nicht die Entstehung eines für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Vermögensschadens (Senat, Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302; v. 6. April 2001, V ZR 402/99, NJW 2001, 2021; v. 19. Dezember 1997, V ZR 112/96, NJW 1998, 898; v. 22. Dezember 1999, VIII ZR 111/99, NJW 2000, 1254; Krüger, Festschrift Kohlhosser, 2004, S. 239 ff.). Der Schaden des Käufers muss dabei nicht in einem Minderwert der Wohnung liegen. Für die Feststellung eines Schadens reicht es vielmehr aus, dass der Käufer durch den Abschluss des Kaufvertrags in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit nachhaltig beeinträchtigt wird (vgl. Senat, aaO).

Dass der Kläger im Hinblick auf die Höhe seiner monatlichen Belastungen bei einem Kauf der Wohnung eine unzutreffende Erwartung hegte, wie es das Berufungsgericht als unstreitig ansieht, bedeutet kein der Beklagten zurechenbares Fehlverhalten ihrer Vertriebsbeauftragten oder die Verletzung eines Beratungsvertrags zwischen den Parteien. So verhält es sich nur, wenn die Erwartung des Klägers Folge einer unvollständigen oder fehlerhaften Beratung war oder W. und H. die unzutreffende Erwartung des Klägers erkannt haben oder erkennen mussten und es vorwerfbar unterlassen haben, den Irrtum des Beklagten zu korrigieren. Dass es sich so verhält, ist nicht festgestellt.

III.

Soweit die nachzuholenden Feststellungen nach den dargestellten Grundsätzen dazu führen, die Voraussetzungen einer Verantwortlichkeit der Beklagten gegenüber dem Kläger zu bejahen, gibt das angefochtene Urteil Anlass darauf hinzuweisen, dass die Beklagte den Vortrag des Klägers bestritten hat, der Kläger habe für seine "Finanzberatung" an die C. Zahlungen geleistet. Fehlt es hieran, kann ein zum Ersatz verpflichtender Fehler bei der Beratung des Klägers nicht daraus folgen, dass die Belastung des Klägers durch den Kauf der Wohnung aus diesem Grund höher ist, als der Kläger erwartet hat. Den Beweis der von der Beklagten bestrittenen Behauptung hat der Kläger zu führen.

Der Beklagten obliegt es auch nicht, Überweisungsbelege vorzulegen aus denen sich die Verwendung von der Firma C. vereinnahmter Zahlungen des Klägers ergibt. Die Beklagte hat behauptet, Zahlungen des Klägers an die C. seien zur Ablösung von dem Kläger anderweit aufgenommener Darlehen verwendet worden, auf die er nach seiner Selbstauskunft monatlich 480 DM zu zahlen gehabt habe. Hierzu hat das Berufungsgericht dem Kläger aufgegeben, darzustellen, was aus den Darlehen geworden sei. Dies hat der Kläger bisher unterlassen. Damit fehlt jeder Anlass, von der Beklagten zur weiteren Substantiierung ihres Vortrags die Vorlage von Belegen zu verlangen.

IV.

Das Verfahren des Berufungsgerichts und das angefochtene Urteil geben Anlass, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch zu machen.

Ende der Entscheidung

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