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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.01.2004
Aktenzeichen: V ZR 92/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 157 Ge | |
BGB § 242 Bb |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 30. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2004 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25. August 1992 erwarb der Kläger von der Beklagten eine noch zu vermessende Teilfläche von "geschätzten" 4.000 qm eines 37.536 qm großen Grundstücks für "vorläufig" 150.000 DM. Die Fläche ist in einem Lageplan, welcher der Vertragsurkunde beigefügt ist, mit den Buchstaben A bis H bezeichnet. Die Vermessung sollte von beiden Parteien gemeinsam veranlaßt werden. Bei einer Abweichung der Größe der vermessenen Fläche von der geschätzten Größe sollte der Kaufpreis entsprechend angepaßt werden. Der Kläger unterwarf sich wegen einer Zahlungsverpflichtung von 150.000 DM zuzüglich Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
Nach der Vermessung entstand ein Grundstück von 5.606 qm. Das entsprechende Grenzprotokoll wurde von dem Kläger unterzeichnet.
Der Kläger zahlte den Kaufpreis nicht. Die Beklagte leitete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein.
Der Kläger meint, der Kaufvertrag sei unwirksam, weil die verkaufte Teilfläche nicht hinreichend bestimmt sei. Seiner Vollstreckungsabwehrklage hat das Landgericht lediglich hinsichtlich des 150.000 DM übersteigenden Kaufpreisteils stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde insgesamt für unzulässig erklärt.
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Bezeichnung der Teilfläche in dem Kaufvertrag genüge nicht den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit des Kaufgegenstands. Die tatsächliche Größe und die Lage der Fläche ließen sich nach den Einzeichnungen in dem Lageplan nicht zweifelsfrei ermitteln. Aus dem Vorbringen der Parteien ergebe sich nicht, daß sie sich dieses Umstands bewußt und deshalb einig gewesen seien, daß die konkreten Grenzen erst später bestimmt werden sollten. Auch gebe es in dem Vertrag keine Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien den Umfang der von der Beklagten geschuldeten Leistung bewußt offen gelassen und insoweit die Bestimmung ihr oder einem Dritten überlassen hätten. Eine nachträgliche Vereinbarung über den konkreten Vertragsgegenstand hätten die Parteien nicht getroffen. Der Unterschrift des Klägers unter dem Grenzprotokoll komme für die Entscheidung keine rechtliche Bedeutung zu.
Das hält einer revisionsrechtichen Nachprüfung nicht stand.
II.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kaufvertrag nicht unwirksam; die verkaufte Grundstücksteilfläche ist hinreichend bestimmt.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nach der Rechtsprechung des Senats ein Vertrag über den Verkauf einer noch zu vermessenden Teilfläche wirksam ist, wenn die Vertragsparteien Einigkeit über die Größe, die Lage und den Zuschnitt der Fläche entsprechend einer zeichnerischen - nicht notwendig maßstabsgerechten - Darstellung in einem der notariellen Kaufvertragsurkunde beigefügten Plan und über die spätere Konkretisierung der Fläche durch eine genaue Grenzziehung erzielt haben und dieser Wille in der Urkunde seinen Niederschlag gefunden hat (BGHZ 150, 334, 339 f.).
b) Jedoch meint es zu Unrecht, daß die Größe und Lage der verkauften Teilfläche in dem Kaufvertrag nicht ausreichend gekennzeichnet ist. Zwar haben die Parteien nichts zu dem Maßstab des Lageplans, der dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt ist, vorgetragen; aber aus den in dem Lageplan eingetragenen Maßen läßt sich der Maßstab ermitteln. Da revisionsrechtlich zu Gunsten der Beklagten von einem maßstabsgerechten Plan auszugehen ist, kann die Lage der Punkte A bis H anhand der Markierung des von den Parteien gewollten Grenzverlaufs in dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Plan (vgl. Abschrift der Kaufurkunde), ihrer Entfernung zueinander und ihres Abstands zu den eingezeichneten Gebäuden bestimmt werden. Damit und mit dem orangefarben eingezeichneten Grenzverlauf haben die Parteien den Vertragsgegenstand hinreichend beschrieben. Auch waren sie sich, wie die Bestimmung über die gemeinsam zu veranlassende Vermessung zeigt, darüber einig, daß die genaue Grenzziehung entsprechend der zeichnerischen Darstellung später erfolgen sollte. Eine Vollmacht zur Anerkennung des amtlichen Meßergebnisses hatten sie den Angestellten des beurkundenden Notars erteilt (unten 2 b).
c) Für ein von dem Berufungsgericht angesprochenes Leistungsbestimmungsrecht (§§ 315, 317 BGB) ist danach kein Raum.
2. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, daß die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der Vertragsurkunde zulässig ist.
a) Der Kläger hat mit seiner Rücktrittserklärung zu erkennen gegeben, daß er sich von dem Vertrag lösen will. Zwar begründet der Umstand, daß die Beklagte dem Kläger kein Wegerecht verschafft hat, kein Rücktrittsrecht für ihn. Nach Ziff. 7.3 des Vertrags ist die Beklagte lediglich verpflichtet, den Kläger bei der Einräumung eines Wegerechts nach besten Kräften zu unterstützen. Daß sie das nicht getan hat, behauptet der Kläger zwar in der Berufungsinstanz; Beweis dafür hat er jedoch nicht angetreten. Aber der Rücktritt könnte unter dem Gesichtspunkt des Fehlens der Geschäftsgrundlage zur Auflösung des Vertrags führen.
b) Die Annahme, daß dann, wenn bei dem Verkauf einer noch nicht vermessenen Grundstücksfläche der Kaufgegenstand in der notariellen Urkunde sowohl durch eine bestimmte Grenzziehung in einem maßstabsgerechten Plan als auch durch eine als ungefähr bezeichnete Flächenmaßangabe bestimmt wird, in der Regel der objektive Inhalt der Verkäufer- und der Käufererklärung dahin geht, daß bei Differenzen zwischen der angegebenen bezifferten und der der angegebenen Grenzziehung entsprechenden umgrenzten Flächengröße die Bezifferung ohne Bedeutung und die Umgrenzung allein maßgeblich ist (Senat, Urt. v. 13. Juni 1980, V ZR 119/79, WM 1980, 1013), hat Bedeutung für die Ermittlung des Vertragsinhalts. Sie führt jedoch nicht dazu, daß sich die Parteien in allen Fällen einer Abweichung zwischen der bezifferten und der zeichnerisch dargestellten Flächengröße an dem (unveränderten) Vertrag festhalten lassen müssen. Ergibt sich aus ihm, daß sie übereinstimmend von einer bestimmten Größe der in dem Plan eingezeichneten Fläche ausgehen und nur eine prozentual bezifferte Abweichung nach der Vermessung tolerieren wollen, dann haben sie diese Flächengröße zur beiderseitigen Geschäftsgrundlage gemacht. So ist es hier. In Ziff. 8.1 haben die Parteien zwei Notariatsangestellte bevollmächtigt, nach Vorliegen des amtlichen Vermessungsergebnisses dieses bis zu einer maximalen Abweichung von 5 % als vertragsgemäß anzuerkennen. Wie das Berufungsgericht zutreffend feststellt, wurde diese Vollmacht zwar zum Vollzug des Vertrags im Grundbuch erteilt. Aber darin erschöpft sich ihre Bedeutung nicht. Hinsichtlich des Vertragsinhalts spiegelt sie wider, welche Flächengröße die Beklagte verkaufen und der Kläger kaufen wollte. Die Beschränkung der Vollmacht hat zur Folge, daß die Parteien bei einer größeren Abweichung selbst zusammenwirken und weitere Erklärungen abgeben müssen, um den Kaufvertrag zu vollziehen. Das zeigt, daß ihre gemeinsame Geschäftsgrundlage eine Größe der verkauften Teilfläche von 4.000 qm plus/minus 5 % war. Ergibt die entsprechend der zeichnerischen Darstellung erfolgte Vermessung eine größere Abweichung, fehlt es an der Geschäftsgrundlage. Der Vertrag ist entweder anzupassen oder - aufgrund der Rücktrittserklärung des Klägers - aufzulösen.
3. Die dafür erforderlichen Feststellungen muß das Berufungsgericht nachholen. Es muß aufklären, wie groß die zeichnerisch dargestellte Fläche tatsächlich ist. Falls sie der herausgemessenen Flächengröße (5.606 qm) entspricht, haben sich die Parteien über einen für ihre Willensbildung wesentlichen Umstand geirrt. In einem solchen Fall sind die Grundsätze über das Fehlen der Geschäftsgrundlage anwendbar (BGH, Urt. v. 13. November 1975, III ZR 106/72, NJW 1976, 565, 566). Bleibt die Flächengröße hingegen innerhalb der Vorstellung der Parteien, hat die Rücktrittserklärung des Klägers keine rechtlichen Folgen. Für diesen Fall weist der Senat darauf hin, daß sämtliche Voraussetzungen für die Fälligkeit des Kaufpreises erfüllt sind. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde die Teilungsgenehmigung nach § 19 BauGB vom 4. Oktober 1994 weder unter einer Bedingung noch vorläufig erteilt. Sie enthält lediglich rechtliche Hinweise auf die zusätzliche Notwendigkeit einer Teilungsgenehmigung nach § 8 BbgBO.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
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