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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2001
Aktenzeichen: VI ZA 6/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 233 D | |
ZPO § 234 | |
ZPO § 78 b |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
25. September 2001
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter Dr. v. Gerlach, Dr. Greiner, Wellner und die Richterin Diederichsen
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 3. Juli 2001 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf 32.380,62 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger hat gegen das seine Klage abweisende Urteil des Landgerichts N.-F. vom 21. Dezember 2000, das seinen Prozeßbevollmächtigten am 8. Januar 2001 zugestellt worden ist, am 8. Februar 2001 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels wurde bis 6. April 2001 verlängert. Am 26. März 2001 beantragte der Kläger mit eigenem Schreiben die Beiordnung eines Notanwaltes zur Begründung der Berufung unter Zugrundelegung einer von ihm vorformulierten Begründungsschrift. Seine Prozeßbevollmächtigten erklärten am 28. März 2001 ihr Mandat für erloschen. Das Oberlandesgericht wies den Antrag des Klägers mit Beschluß vom 27. April 2001 zurück. Dagegen wandte sich der Kläger am 9. Mai 2001 mit einer "Gegendarstellung". Am 14. Mai 2001 wurde die Gegenvorstellung zurückgewiesen und der Kläger auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hingewiesen. Außerdem wurde ihm die Verwerfung der unzulässigen Berufung angekündigt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen eingeräumt. In einem Schreiben vom 5. Juni 2001 rechtfertigte der Kläger sein bisheriges Vorgehen und erneuerte seinen Antrag auf Bestellung eines Notanwaltes. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluß vom 3. Juli 2001 als unzulässig verworfen. Der Beschluß wurde den bisherigen Prozeßbevollmächtigten am 10. Juli 2001 zugestellt. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einer weiteren Gegenvorstellung vom 17. Juli 2001. Unter Zurückweisung der Einwendungen des Klägers hat das Oberlandesgericht am 19. Juli 2001 den Hinweis gegeben, daß der Verwerfungsbeschluß mit sofortiger Beschwerde angegriffen werden könne. Dagegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 24. Juli 2001. Das Oberlandesgericht hat die Schreiben des Klägers vom 17. und 24. Juli 2001 dem Bundesgerichtshof als Rechtsmittel gegen den Beschluß vom 3. Juli 2001 vorgelegt.
II.
1. Die als sofortige Beschwerde aufzufassenden Schreiben des Klägers vom 17. und 24. Juli 2001 erfüllen nicht die erforderliche Form nach § 569 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 ZPO, da sie nicht von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Anwalt unterzeichnet worden sind (Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 569 Rdn. 13 m.w.N.).
2. Dem Kläger kann schon deshalb kein Notanwalt gemäß § 78 b ZPO zur Durchführung der sofortigen Beschwerde bestellt werden, weil seine Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint.
a) Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, nachdem eine Berufungsbegründung, die den Formerfordernissen der §§ 518 Abs. 4, 519 ZPO genügt hätte, bis zum 6. April 2001 nicht eingereicht worden ist.
b) Die Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger schuldhaft versäumt (§§ 233, 234 Abs. 1 ZPO). Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, daß er keinen Anwalt hatte, der einen Wiedereinsetzungsantrag hätte stellen können. Er war zwar an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist, und der Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag gehindert, solange über seinen Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes gemäß § 78 b ZPO noch nicht entschieden worden war. Mit der Ablehnung der Beiordnung gilt dieses Hindernis jedoch als behoben. Anknüpfungszeitpunkt für die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO ist die Bekanntgabe des Beschlusses, der den Antrag nach § 78 b ZPO zurückweist (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Juli 1996 - XII ZB 67/96 - NJW 1996, 2937, 2938 m.w.N.). Die hier zu beurteilende verfahrensrechtliche Lage ist vergleichbar mit dem Fall, in dem eine mittellose Partei vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozeßkostenhilfe beantragt, der Antrag aber nach Fristablauf mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abgelehnt wird. Es ist in diesem Fall anerkannt, daß trotz der bestehenden Mittellosigkeit die zweiwöchige Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an die Bekanntgabe der die Prozeßkostenhilfe verweigernden Entscheidung anknüpft. Allenfalls kann eine Zeitspanne von drei bis vier Tagen für die Überlegung eingeräumt werden, ob das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchgeführt werden soll. Das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis ist nicht nur die Mittellosigkeit der Partei, sondern auch die ausstehende Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch. Wird die Prozeßkostenhilfe verweigert, muß die Partei innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist entscheiden, ob sie auf eigene Kosten das Rechtsmittel durchführen will (vgl. Musielak/Grandel, ZPO, 2. Aufl., § 233 Rdn. 35; Senat, Beschluß vom 10. November 1998 - VI ZB 21/98 - VersR 99, 1123, 1124). Entsprechendes gilt, wenn das Hindernis für die Fristwahrung darin besteht, daß die Partei keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet. Das Mittel zur Behebung des Hindernisses ist der Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes gemäß § 78 b ZPO. Versagt dieses Mittel, gilt das Hindernis als behoben, da damit gerichtlich festgestellt worden ist, daß die Partei einen Prozeßvertreter finden konnte oder die Rechtsverteidigung bzw. Rechtsverfolgung mutwillig oder aussichtslos erscheint. Auch hier hat die Partei zu entscheiden, ob sie das Rechtsmittel durchführen will.
c) Im vorliegenden Fall hat der Kläger am 5. Mai 2001 Kenntnis davon erlangt, daß sein Antrag abgelehnt worden ist. Die Entscheidung war gemäß § 567 Abs. 4 in Verbindung mit § 78 b Abs. 2 ZPO unanfechtbar. Die Gegenvorstellungen des Klägers vom 9. Mai und 5. Juni 2001 konnten den Fristenlauf nicht beeinflussen. Bei Zubilligung einiger Tage Überlegungsfrist - wie oben ausgeführt - hatte der Kläger die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO jedenfalls am 25. Juni 2001 versäumt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts vom 3. Juli 2001 war damit rechtens.
Es ist unerheblich, ob dem Kläger die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Beschwerdefrist bekannt gewesen ist. Das Zivilprozeßrecht schreibt Rechtsmittelbelehrungen nicht vor. Im Parteienprozeß muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß die Partei sich selbst über die Möglichkeit einer Anfechtung und die dabei zu beachtenden Vorschriften erkundigt (vgl. BGH, Beschluß vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 105/90 - NJW 1991, 295, 296). Das Gericht trifft keine Rechtspflicht, durch Hinweise oder andere Maßnahmen eine Fristversäumnis zu vermeiden.
Ende der Entscheidung
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