Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.05.2004
Aktenzeichen: VI ZB 12/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 139 Abs. 2
ZPO § 139 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 12/03

vom 18. Mai 2004

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 27. Dezember 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 1.613,81 €

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Rechtsbeschwerde dagegen, daß das Berufungsgericht ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen hat. Die Klägerin hat die fristgerechte Einlegung der Berufung gegen ein klagabweisendes Urteil des Amtsgerichts deshalb versäumt, weil die Berufungsschrift per Telefax am letzten Tage vor Fristablauf versehentlich an das Amtsgericht O. und nicht an das zuständige Landgericht O. gesendet worden ist. Dazu ist es nach Darstellung des instanzgerichtlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in seinem Wiedereinsetzungsgesuch deshalb gekommen, weil die von ihm mit dem Absenden der Berufungsschrift beauftragte - langjährige und zuverlässige - Büroangestellte bei der Bedienung des Faxgerätes versehentlich die Kurzwahltaste 4 gedrückt hat, unter der die Fax-Nr. des Amtsgerichts O. programmiert ist, anstelle der darunterliegenden Kurzwahltaste 7, die für die Fax-Nr. des Landgerichts steht.

Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen mit der Begründung, der Rechtsanwalt habe sein Büropersonal anzuweisen, den Sendebericht auf die richtige Empfängernummer zu kontrollieren. Die Erteilung einer solchen Anweisung - generell oder für den vorliegenden Einzelfall - habe der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin jedoch nicht vorgetragen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, womit sie ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist weiterverfolgt.

II.

Die an sich nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

1. Es entspricht - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht nur der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW 1995, 668) und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1995, 2742, 2743), sondern auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß ein Anwalt grundsätzlich verpflichtet ist, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden Empfängernummer hin gewährleistet. Dabei muß zur erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und entsprechend überprüft werden (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1995 - XII ZB 123/95 - VersR 1996, 778; Beschluß vom 20. Dezember 1999 - II ZB 7/99 - NJW 2000, 1043, 1044; Beschluß vom 10. Januar 2000 - II ZB 14/99 - NJW 2000, 1043; Beschluß vom 12. März 2002 - IX ZR 220/01 - VersR 2002, 1577; Beschluß vom 24. April 2002 - AnwZ 7/01 - BRAK-Mitt. 2002, 171). Deshalb besteht weder eine Divergenz noch ein Bedürfnis dafür, diese Rechtsprechung erneut zu bestätigen.

2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist ihre Zulassung auch nicht wegen der Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs geboten, weil - wie sie meint - das Berufungsgericht es pflichtwidrig unterlassen habe, nach § 139 Abs. 2 ZPO auf den von ihm für maßgeblich erachteten rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen und von seinem Fragerecht im Sinne des § 139 Abs. 1 ZPO Gebrauch zu machen. Ging es bei der Prüfung eines der Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Prozeßbevollmächtigten (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO) unter Berücksichtigung der hierzu bestehenden Rechtsprechung maßgebend um die Frage, welche organisatorischen Vorkehrungen hinsichtlich der Ausgangskontrolle eines durch Telefax übermittelten Schriftsatzes in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bestanden, so durfte das Berufungsgericht ohne Verletzung von Verfahrens(grund)rechten davon ausgehen, daß dieser hierzu umfassend vorgetragen hatte, zumal es nicht von einer gefestigten Rechtsprechung abgewichen ist. Hätten tatsächlich - wie der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nunmehr in seiner der Rechtsbeschwerdebegründung als Anlage beigefügten anwaltlichen Versicherung vorträgt - ausführliche schriftliche "Fax-Anweisungen" bestanden, wonach u.a. die Empfängernummer auf dem Sendebericht durch einen Abgleich mit dem neben dem Faxgerät ausgehängten Faxnummern bzw. der aufgeschriebenen Faxnummer zu prüfen sind, so hätte nichts nähergelegen, als dies - zumindest zur Sicherheit - bereits in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages vor dem Berufungsgericht vorzutragen.



Ende der Entscheidung

Zurück