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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.07.2004
Aktenzeichen: VI ZB 12/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 117 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 13. Juli 2004
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Rechtsbeschwerdeführerin stellte in einem an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine auf Zahlung von Schmerzensgeld, Feststellung und Widerruf einer im Internet verbreiteten Äußerung gerichteten Klage. Der Schmerzensgeldantrag war nicht beziffert. Vorgerichtlich hatte die Antragstellerin von dem Antragsgegner Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 € gefordert. Der Amtsrichter bat um Erläuterung dieses Betrages und um Mitteilung, ob Verweisung an das Landgericht beantragt werde. Die Antragstellerin bat daraufhin um Verweisung. Der Beklagte erklärte sich mit der Verweisung einverstanden. Das Amtsgericht erklärte sich daraufhin für unzuständig und verwies die Sache an das Landgericht. Der Antragsgegner teilte mit, sich im Prozeßkostenhilfeverfahren nicht äußern zu wollen. Das Landgericht erteilte der Antragstellerin verschiedene Hinweise zur Schlüssigkeit des Klagevortrags. Nach seiner Ansicht kam ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 500 € in Betracht; die weitergehende Klage hielt es für unbegründet. Es wies darauf hin, für den begründeten Teil der Klage sei das Landgericht nicht zuständig, so daß Prozeßkostenhilfe insgesamt verweigert werden müsse; die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses beziehe sich nicht auf das Hauptsacheverfahren. Zugleich regte das Landgericht den Abschluß eines Vergleichs an. Die Antragstellerin nahm zu den Hinweisen Stellung, u.a. dahin, ein Schmerzensgeld von 500 € sei nach der Sachlage unangemessen, der Antragsgegner habe geäußert, er sei bereit, 2.500 € zu zahlen. Alsdann wies das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurück. Zur Begründung führte es aus, die beabsichtigte Klage könne allenfalls wegen des begehrten Schmerzensgeldes Erfolg haben, welches jedoch nur erheblich unter 5.000 € liegen könne; für eine solche Klage sei das Landgericht nicht zuständig, so daß die Prozeßkostenhilfe insgesamt zu verweigern sei. Der Antragstellerin sei es unbenommen, beim Landgericht Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € einzuklagen; doch erhalte sie dafür keine Prozeßkostenhilfe. Sie könne andererseits beim Amtsgericht Prozeßkostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage in geringerer Höhe beantragen.
Der dagegen erhobenen Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat sie zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte, aber im Hinblick auf das Begründungserfordernis des § 575 Abs. 2 und 3 ZPO erheblichen Bedenken unterliegende Rechtsmittel ist jedenfalls unbegründet.
1. Unter den Umständen des Falles ist das Landgericht hinsichtlich des Prozeßkostenhilfeverfahrens - nicht indes hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens - an den Verweisungsbeschluß gebunden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. April 1991 - I ARZ 748/90 - NJW-RR 1992, 59 f.; vom 9. März 1994 - XII ARZ 2/94 und XII ARZ 8/94 - NJW-RR 1994, 706; BAG, NJW 1993, 751 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rn. 22a; Zöller/Greger, aaO, § 281 Rn. 2, 16b). Es hat, wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, zu prüfen, ob Prozeßkostenhilfe bewilligt werden kann, weil eine bei dem Landgericht erhobene Klage ganz oder teilweise hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Zur Prüfung der Erfolgsaussicht gehört auch die Prüfung, ob das angerufene Gericht zuständig, die Klage also zulässig ist (vgl. MünchKomm-ZPO/Wax, 2. Aufl., § 114 Rn. 98; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rn. 24). Ist dies nicht der Fall, ist die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (insgesamt) zu verweigern; denn eine unzulässige Klage bietet ersichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
2. Insoweit ist allerdings zwischen unterschiedlichen Fallgestaltungen zu differenzieren.
a) Ist die Klage von dem Antragsteller mit einem die Zuständigkeit der Landgerichte begründenden Wert bereits erhoben, so steht die Zuständigkeit des Landgerichts nicht in Frage (vgl. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG). Die beantragte Prozeßkostenhilfe ist dann insoweit zu bewilligen, wie das Landgericht die Klage als aussichtsreich beurteilt (vgl. Stein/Jonas/Bork, aaO, § 117 Rn. 10; Zöller/Philippi, aaO, Rn. 23).
b) Ist nach einem - wie im vorliegenden Fall erfolgten - Hinweis des Gerichts an den Antragsteller auf die beabsichtigte Verweigerung der Prozeßkostenhilfe dessen Stellungnahme ein Hinweis darauf zu entnehmen, daß der vom Gericht nicht als erfolgversprechend angesehene Teil der Klage auf eigene Kosten durchgeführt werden soll, es also letztlich bei der Zuständigkeit des Landgerichts verbleiben wird, ist unter Umständen ebenso zu verfahren (vgl. OLG Köln, OLGR 1999, 336). Dabei kann hier dahinstehen, ob das Landgericht abwarten darf, ob die Klage wie angekündigt tatsächlich erhoben wird, und welche Maßnahmen möglich sind, wenn die Prozeßkostenhilfe teilweise bewilligt, die Klage aber ankündungswidrig nicht in einem die Zuständigkeit des Landgerichts begründenden Umfang erhoben wird (vgl. § 124 Nr. 1 ZPO).
c) Stets zu prüfen ist, ob der Antragsteller in Anbetracht der Rechtsauffassung des Gerichts eine Verweisung des Prozeßkostenhilfeverfahrens entsprechend § 281 ZPO an das zuständige Gericht beantragen will (vgl. etwa OLG Köln, aaO). Dies dürfte allerdings in Fällen der vorliegenden Art nicht in Betracht kommen, weil das Amtsgericht dieses Verfahren bereits mit bindender Wirkung an das Landgericht verwiesen hat.
d) Fehlen - wie im vorliegenden Fall - Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die Klage ungeachtet der Rechtsauffassung des Landgerichts in einem für dessen Zuständigkeit ausreichenden Umfang auf eigene Kosten betreiben wird, und ist eine Verweisung des Prozeßkostenhilfeverfahrens an das Amtsgericht nicht beantragt oder nicht möglich, ist die Prozeßkostenhilfe insgesamt zu verweigern. Diese Folge ist wegen der Unzulässigkeit einer beim Landgericht erhobenen Klage und der sich daraus ergebenden Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung zwingend. Sie wird auch überwiegend bejaht (vgl. OLG Brandenburg, MDR 2001, 769; OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 899; OLG Hamm, MDR 1995, 1065 f.; OLG Köln, aaO und VersR 1999, 115, 117; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1990, 575; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 62. Aufl., § 114 Rn. 105; Stein/Jonas/Bork, aaO, § 117 Rn. 8 - unklar Rn. 10; Thomas/Putzo/Reichold, 25. Aufl., § 114 Rn. 3; Zöller/Philippi, aaO, Rn. 23).
Die von der abweichenden Auffassung (vgl. OLG Dresden, NJW-RR 1995, 382, 383) dagegen vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Die hier vertretene Ansicht führt nicht zu einer unzumutbaren verfahrensverzögernden Zuständigkeitsspaltung. Das vorliegende Prozeßkostenhilfeverfahren ist beim Landgericht anhängig geworden, weil sich die Klägerin eines Anspruchs von 25.000 € berühmt hat. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Prozeßkostenhilfeantrag sogleich bei dem Landgericht gestellt oder vom Amtsgericht auf Antrag der Klägerin im Hinblick auf die Höhe der vorgestellten Klagesumme verwiesen wurde. Gelangt das Landgericht in einem solchen Fall zu dem Ergebnis, daß eine seine Zuständigkeit begründende Klageforderung nicht besteht, so verbleibt dem Antragsteller die Möglichkeit, gleichwohl in der vorgestellten Höhe (zum Teil auf eigene Kosten) Klage zu erheben oder beim Amtsgericht einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für eine reduzierte Klageforderung zu stellen. Es ist keinerlei Grund oder gar Bedürfnis dafür erkennbar, daß ein erstinstanzliches unzuständiges Landgericht verbindlich positiv über den Umfang der Prozeßkostenhilfebewilligung für einen erstinstanzlich beim Amtsgericht durchzuführenden Rechtsstreit entscheidet. Dies widerspricht auch dem jetzt in das Gesetz (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) aufgenommenen Grundsatz, daß die sachlichen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfebewilligung nur von solchen Gerichten zu prüfen sind, an die die Sache im Rechtszug der Hauptsache gelangen kann (vgl. dazu Zöller/Philippi, aaO, § 127 Rn. 47).
3. Gegen die Ausführungen des Beschwerdegerichts zum Zuständigkeitsstreitwert bringt die Antragstellerin keine im Rechtsbeschwerdeverfahren durchgreifenden Einwände vor (vgl. auch BGH, Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - NJW 2003, 1126 f.).
Ende der Entscheidung
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