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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: VI ZB 20/08
Rechtsgebiete: GVG, ZPO
Vorschriften:
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b | |
ZPO § 574 Abs. 2 |
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 17. März 2009
durch
die Vizepräsidentin Dr. Müller,
den Richter Zoll,
die Richterin Diederichsen,
den Richter Pauge und
die Richterin von Pentz
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hof vom 20. Februar 2008 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 1.185,97 EUR
Gründe:
I.
Die Klägerin hat mit der beim Amtsgericht H. erhobenen Klage wegen ihres Schadens aus einem Verkehrsunfall Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Das Fahrzeug der Klägerin wurde bei dem Unfall durch einen in Polen zugelassenen LKW beschädigt. Beklagte sind das Deutsche Büro Grüne Karte und der in Polen wohnhafte Halter und Fahrer des LKW. Das Amtsgericht hat beide Beklagte teilweise als Gesamtschuldner verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Oktober 2007 zugestellt worden. Diese haben dagegen mit einem am 22. November 2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung zum Landgericht H. eingelegt. Die in der Akte befindliche Berufungsbegründungsschrift trägt den Eingangsstempel vom 27. Dezember 2007. Die Klägerin hat geltend gemacht, entgegen dem Datum des Eingangsstempels sei die Berufungsbegründung rechtzeitig am 24. Dezember 2007 zwischen 13 und 14 Uhr in den Nachtbriefkasten des Justizgebäudes eingeworfen worden. Hilfsweise hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die Beweiskraft des Eingangsstempels angesichts der dienstlichen Äußerungen des zuständigen Justizpersonals durch die von der Klägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht zerstört sei. Den Wiedereinsetzungsantrag hat es zurückgewiesen, weil lediglich ein nicht ordnungsgemäßes Einwerfen der Briefsendung in den Nachtbriefkasten in Betracht komme und darin ein Verschulden des Parteivertreters zu sehen sei.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Das Berufungsgericht hat die Berufung im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen. Auf die Frage, wann die Berufungsbegründungsschrift beim Landgericht H. eingegangen ist, kommt es dafür ebenso wenig an wie darauf, ob Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen und glaubhaft gemacht sind. Denn die Berufung ist mit Ablauf des 26. November 2007 (Montag) unheilbar unzulässig geworden.
Mit Recht verweist die Rechtsbeschwerdeerwiderung darauf, dass die Berufung beim Oberlandesgericht B. hätte eingelegt werden müssen. Denn gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG sind die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte. Diese Vorschrift gilt auch in den Fällen einfacher Streitgenossenschaft (Senatsurteil BGHZ 155, 46, 48 f.).
Danach war im vorliegenden Fall das Landgericht H. , bei dem die Berufung eingelegt worden ist, nicht zuständig. Ausweislich der Klageerweiterungsschrift vom 26. Februar 2007 und der in der Sache ergangenen Urteile wohnte der Beklagte zu 2 im Zeitpunkt der Klageerhebung gegen ihn in Polen. Gegen den entsprechenden Vortrag in der Rechtsbeschwerdeerwiderung hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben, nachdem die Rechtsbeschwerdeerwiderung ihren Verfahrensbevollmächtigten übersandt worden ist.
Die Unzuständigkeit des Landgerichts H. ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zu berücksichtigen, obwohl erst in der Rechtsbeschwerdeerwiderung auf die maßgebliche Rechtslage hingewiesen worden ist. Die Zulässigkeit der Berufung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen, weil ein Verfahren vor dem Revisionsgericht nur möglich ist, solange der Rechtsstreit noch nicht rechtskräftig beendet ist, was neben der Zulässigkeit der Revision voraussetzt, dass das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige Berufung angegriffen worden und die Rechtskraft dieses Urteils damit zunächst in der Schwebe gehalten worden ist (BGHZ 6, 369, 370; 7, 280, 284; 102, 37, 38; BGH, Beschluss vom 4. Juni 1992 - IX ZB 10/92 - NJW-RR 1992, 1338, 1339; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 557 Rn. 8). Dies gilt ersichtlich auch, sofern das Berufungsurteil mit der Rechtsbeschwerde angegriffen wird.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind danach zu verneinen. Die in der Rechtsbeschwerdeschrift gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts haben sich, sofern die Rügen gerechtfertigt sein sollten, nicht ausgewirkt. Die Berufung war unabhängig davon als unzulässig zu verwerfen. Dass verfahrensrechtliche Möglichkeiten bestanden hätten, die Verwerfung zu vermeiden, macht die Rechtsbeschwerde nach Kenntnisnahme vom Vorbringen in der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht geltend.
Ende der Entscheidung
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