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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.02.2001
Aktenzeichen: VI ZB 34/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233 Fb
ZPO § 233 Fb

a) Teilt der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte dem Korrespondenzanwalt den Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils als Grundlage für dessen Rechtsmittelfristberechnung mit, muß er die Richtigkeit dieser Angabe eigenverantwortlich überprüfen und darf sich insoweit nicht auf eine Bürokraft verlassen.

b) Ebenso hat der Korrespondenzanwalt die Rechtsmittelfrist in eigener Verantwortung zu überprüfen, bevor er dem zweitinstanzlichen Rechtsanwalt einen Rechtsmittelauftrag erteilt.

BGH, Beschluß vom 13. Februar 2001 - VI ZB 34/00 - OLG Köln LG Aachen


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 34/00

vom

13. Februar 2001

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter Dr. Lepa, Dr. Dressler und Dr. Greiner sowie die Richterin Diederichsen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Oktober 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 450.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger hat gegen das ihn beschwerende Urteil des Landgerichts A. vom 31. Januar 2000, das seinem Prozeßbevollmächtigten am 3. Februar 2000 zugestellt worden ist, am 8. März 2000 Berufung eingelegt. Die Berufung ist am 13. Juni 2000 nach entsprechender Fristverlängerung begründet worden. Am 26. Juni 2000 hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist beantragt, nachdem ein gerichtlicher Hinweis auf die mögliche Verfristung in der Ladungsverfügung vom 16. Juni 2000 an seine Prozeßbevollmächtigten ergangen war. Zur Begründung hat er vorgetragen, im Büro des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, der mit einem Korrespondenzanwalt zusammengearbeitet habe, habe die Anwaltsgehilfin K. nach ordnungsgemäßer Fristberechnung und Eintragung des Fristablaufs im Fristenkalender versehentlich einen auf den 8. Februar 2000 eingestellten Eingangsstempel auf das Urteil gesetzt. Hieran habe sich die Sekretärin B. bei der Vorbereitung des Schreibens an die Korrespondenzanwälte des Klägers orientiert und deshalb diesen Tag als Zugangsdatum des Urteils angegeben. Der Sachbearbeiter, Rechtsanwalt D., habe ohne eigene Überprüfung des Zustellungsdatums das Schreiben unterzeichnet. Deshalb hätten die von den Korrespondenzanwälten des Klägers beauftragten zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erst am 8. März 2000 Berufung eingelegt.

Das Berufungsgericht hat mit Beschluß vom 9. Oktober 2000 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen hat der Kläger form- und fristgerecht am 19. Oktober 2000 sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO steht entgegen, daß die Fristversäumnis vom erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten und den Korrespondenzanwälten des Klägers verschuldet wurde, was dem Kläger zuzurechnen ist, § 85 Abs. 2 ZPO.

1. Mit Recht sieht das Berufungsgericht in der Unterzeichnung des Schreibens an die Korrespondenzanwälte des Klägers vom 9. Februar 2000 ohne weitere Überprüfung auf dessen inhaltliche Richtigkeit einen Sorgfaltsverstoß durch Rechtsanwalt D., der ursächlich wurde für die Versäumung der Berufungsfrist. Von einem ordentlichen Rechtsanwalt muß verlangt werden, daß er eine Datumsmitteilung an Korrespondenzanwälte seines Mandanten auf ihre Richtigkeit überprüft, wenn diese einer Fristberechnung zugrunde gelegt werden soll. Es handelt sich dabei nicht um eine unzumutbare Sorgfaltsanforderung. Nach ständiger Rechtsprechung trifft den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten bei Erteilung eines schriftlichen Rechtsmittelauftrages die Pflicht zur eigenverantwortlichen Überprüfung des Zustellungszeitpunktes des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidend hierfür ist, daß sich der Rechtsmittelanwalt hinsichtlich des Ablaufs der Rechtsmittelfrist auf die Angaben verlassen muß, weil ihm - solange keine Handakten vorliegen - die notwendige anwaltliche Überprüfung der Frist nicht möglich ist (vgl. Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968 m.w.N.). Diese Sorgfalt muß auch bei Mitteilungen der zur Fristenkontrolle notwendigen Daten an Korrespondenzanwälte der Partei verlangt werden. Sonst käme es im Fall des Zusammenwirkens zweier Anwälte nicht zu der Kontrolle, die bei einer fristgebundenen Prozeßhandlung erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluß vom 26. November 1986 - IVb ZB 115/86 - NJW 1987, 1334).

Rechtsanwalt D. hätte bei Zuhilfenahme seiner Handakten bemerkt, daß die Sekretärin B. das Datum des Eingangsstempels, das von dem des Fristenstempels differierte, in die Mitteilung an die Korrespondenzanwälte übertragen hatte. Er hätte den Fehler korrigieren und hierdurch die Fristversäumnis verhindern müssen. Da entscheidend für die Fristberechnung nur das Datum des Empfangsbekenntnisses und nicht des Eingangsstempels eines Urteils ist (Senatsentscheidung vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968), war die Mitteilung als Grundlage für die Berechnung der Berufungseinlegungsfrist für jeden Rechtskundigen erkennbar unrichtig. Auf dieser unrichtigen Grundlage berechneten aber die Korrespondenzanwälte des Klägers das Fristende unzutreffend und beauftragten deshalb die Berufungsanwälte mit der Rechtsmitteleinlegung erst nach Ablauf der Berufungsfrist, so daß der Sorgfaltsverstoß von Rechtsanwalt D. für die Versäumung der Frist ursächlich war.

2. Dem Kläger ist auch zuzurechnen, daß den Korrespondenzanwälten ein eigenes Verschulden an der Fristversäumnis deshalb anzulasten ist, weil diese sich trotz der unjuristischen Diktion im Mitteilungsschreiben vom 9. Februar 2000 - wonach das anzufechtende Urteil am 8. Februar 2000 "eingegangen sei" - und eines fehlenden Zustellungsnachweises für das in der Anlage lediglich als Ablichtung übersandte Urteil nicht selbständig um eine Feststellung des Fristbeginns bemüht haben. Die Sorgfaltspflicht bei Erteilung eines Rechtsmittelauftrages trifft nicht nur den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, sondern in gleicher Weise den Korrespondenzanwalt, der es übernommen hat, den zweitinstanzlichen Rechtsanwalt zu beauftragen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - NJW-RR 1995, 825; vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968; sowie BGH, Beschlüsse vom 26. September 1990 - VIII ZB 24/90 - NJW-RR 1991, 91 und vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Fehlen ihm Nachweise für die Urteilszustellung, wie z.B. eine Fotokopie des Empfangsbekenntnisses, so muß er sich in geeigneter Weise eigenverantwortlich über das Zustelldatum vergewissern, weil hiervon die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels abhängt.

Daß im Streitfall das Verschulden der Korrespondenzanwälte ebenfalls ursächlich für die Versäumung der Berufungsfrist war, bedarf keiner weiteren Darlegung und steht ebenfalls der beantragten Wiedereinsetzung entgegen.

Ende der Entscheidung

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