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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.04.2003
Aktenzeichen: VI ZB 67/02
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 568 S. 2 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2
GKG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 67/02

vom

8. April 2003

in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 8. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Zwickau vom 10. September 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt bis 300,00 €.

Gründe:

I.

Der Kläger hat die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf restlichen Schadensersatz in Höhe von 1.611,33 DM (823,86 €) in Anspruch genommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, in dem der Kläger durch einen Assessor aus der Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten vertreten worden ist, haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Danach haben der Kläger 1/3 und die Beklagten 2/3 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

In dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger an Rechtsanwaltsgebühren neben der 10/10 Prozeßgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auch eine 10/10 Verhandlungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO und eine 10/10 Vergleichsgebühr gem. § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO angemeldet. Diese Gebühren hat der Rechtspfleger bei der Kostenausgleichung berücksichtigt und die von den Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 16. April 2002 demgemäß auf 56,40 € festgesetzt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten mit Beschluß des Einzelrichters vom 10. September 2002 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser beantragen die Beklagten, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts insoweit abzuändern, als bei der Kostenausgleichung zugunsten des Klägers mehr als 79,80 €, nämlich die Prozeßgebühr von 59,82 € zuzüglich 8,97 € Auslagenpauschale und 11,01 € Mehrwertsteuer berücksichtigt worden sind, hilfsweise die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) ergangen. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß in einem Fall, in dem der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt, über eine Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, diese Zulassung wirksam ist, die Entscheidung jedoch auf die Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen unterliegt (BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Dem hat sich der Senat bereits angeschlossen (Beschluß vom 1. April 2003 - VI ZB 54/02 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Vorliegend hat der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde "wegen allgemeiner Bedeutung" zugelassen. Diese Entscheidung durfte er nicht selbst treffen. Er hätte das Verfahren vielmehr gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung umfaßt neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne auch die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genannten Fälle der Rechtsfortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 99 zu § 526 Abs. 2 ZPO). Der Einzelrichter verfügt bei Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimißt, über kein Handlungsermessen. In diesen Fällen ist ihm eine eigene Entscheidung schlechthin versagt. Bringt er durch Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Ausdruck, daß die Rechtssache nach seiner Auffassung von grundsätzlicher Bedeutung ist, so hat er sich seine Entscheidungszuständigkeit objektiv willkürlich angemaßt. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters kann der Senat von Amts wegen berücksichtigen (BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, Umdruck S. 5 f.).

III.

Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.

Ende der Entscheidung

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