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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: VI ZR 114/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 844 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 25. April 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Mai 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung rückständigen Unterhalts und einer Geldrente in Anspruch. Ihre Mutter wurde am 3. März 1999 bei einem Verkehrsunfall mit dem vom Beklagten zu 1) gesteuerten Fahrzeug getötet, dessen Halterin die Beklagte zu 2) und deren Haftpflichtversicherer die Beklagte zu 3) ist. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.
Die am 18. September 1979 geborene Klägerin leidet u.a. an einer fortschreitenden FriedreichŽschen Ataxie und ist in steigendem Umfang pflegebedürftig. Ihre am 21. August 1947 geborene Mutter pflegte sie bis zu ihrem Unfalltod persönlich. Am 18. September 2000 heiratete die Klägerin. Ihr Ehemann gab mit der Heirat seinen Beruf auf; er übernahm ihre Pflege und nach der am 17. April 2001 erfolgten Geburt des gemeinsamen Kindes auch dessen Versorgung. Der Vater der Klägerin hat ihr eine behindertengerecht ausgebaute Wohnung mit einem Mietwert von 1.500 DM zur Verfügung gestellt und hilft bei der täglichen Versorgung der Klägerin und des Kindes aus. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und zwei gemeinsamen Kindern, die in den Jahren 2000 und 2001 geboren wurden, zusammen. Die Klägerin erhält Pflegegeld und eine Halbwaisenrente. Sie begehrt die Kosten für die Pflege, die ihre Mutter geleistet hätte.
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten der Klage in weit geringerem Umfang stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 844 Abs. 2 BGB in dem Umfang zu, in dem sie nach §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1, 1610, 1612 BGB von ihrer Mutter Barunterhalt hätte verlangen können. Dieser sei anhand der von der Mutter der Klägerin zu erzielenden fiktiven monatlichen Einkünfte als Pflegehelferin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden unter Berücksichtigung einer Aufwandspauschale und des Selbstbehalts zu ermitteln. Auf dieser Grundlage stehe der Klägerin für den Zeitraum vom 3. März 1999 bis 31. Dezember 2001 kein weiterer Schadensersatz zu, weil der für diesen Zeitraum für den Unterhalt der Klägerin noch verfügbare Differenzbetrag von 460,16 € durch die von den Beklagten gezahlten und anerkannten monatlichen Beträge überschritten worden sei. Für den nachfolgenden Zeitraum ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch von 413 €. Davon ausgehend sei hinsichtlich des Unterhaltsrückstands Schadensersatz zu leisten und für die Zukunft eine monatliche Rente zu zahlen, jedoch nur bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres der Mutter im August 2012. Dann hätte diese in Rente gehen müssen, so dass bei verminderten Einkünften kein verfügbarer Differenzbetrag mehr zur Verfügung gestanden hätte.
Ihren monatlichen Bedarf von 1.191,35 € (ab dem 1. Mai 2004 1.661 €) müsse die Klägerin in Höhe von 664,68 € aus dem erhaltenen Pflegegeld Stufe III abdecken. Vorrangige Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann aus § 1608 BGB über dessen Beitrag zur Haushaltsführung und Versorgung des gemeinsamen Kindes hinaus bestünden nicht. Der weitere Bedarf könne auch nicht gegenüber dem Vater der Klägerin erfolgreich geltend gemacht werden, weil von diesem angesichts seiner Einkommensverhältnisse und anderweitigen Unterhaltsverpflichtungen kein Barunterhalt verlangt werden könne und bereits die Überlassung der Wohnung eine überobligationsmäßige Leistung darstelle.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei nicht auf die tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistung ihrer Mutter abzustellen, denn für die Höhe des Schadensersatzanspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB komme es allein auf den gesetzlich geschuldeten und nicht auf einen tatsächlich gewährten Unterhalt an. Selbst wenn die Klägerin und ihre Eltern eine lebenslange Pflege und Versorgung der Klägerin im Wege des Naturalunterhalts vereinbart hätten, fehle es an einer entsprechenden gesetzlich geschuldeten Unterhaltsverpflichtung der Mutter als Grundlage für einen Anspruch nach § 844 Abs. 2 BGB. Es handele sich dann nämlich um eine erhebliche Erweiterung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung, nach der beim volljährigen Kind regelmäßig der Barunterhalt geschuldet sei.
II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Das Berufungsgericht stellt zutreffend darauf ab, dass nach § 844 Abs. 2 BGB bei der Tötung eines gesetzlich zum Unterhalt Verpflichteten die unterhaltsberechtigte Person Anspruch auf Ersatz des Schadens hat, der ihr durch Entzug des Unterhaltsrechts entsteht (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Aufl., Rn. 319). Der Ersatz ist grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Dabei hat nach §§ 823 Abs. 1, 844 Abs. 2 BGB der Schädiger dem Geschädigten bei Vorliegen der vom Berufungsgericht festgestellten weiteren Voraussetzungen insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts nach dem Gesetz verpflichtet gewesen wäre. Dies zwingt den Richter zu einer Prognose, wie sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen bei Unterstellung seines Fortlebens nach dem Unfall entwickelt hätten. Er muss daher gemäß § 287 ZPO eine vorausschauende Betrachtung vornehmen, in die er alle voraussehbaren Veränderungen der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten und der (hypothetischen) Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, wäre er noch am Leben, einzubeziehen hat. Dabei hat der Tatrichter bei der Festsetzung der Unterhaltsrente für die Zukunft sämtliche für die Bemessung dieser Rente im Bezugszeitraum zukünftig maßgebend werdenden Faktoren zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 24. April 1990 - VI ZR 183/89 - VersR 1990, 907; vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02 - VersR 2004, 75, 77 m.w.N.; vom 27. Januar 2004 - VI ZR 342/02 - VersR 2004, 653).
2. Der Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht bestimmt sich nicht nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern nach den unterhaltsrechtlichen Vorschriften. Den nach diesen Normen geschuldeten Unterhalt setzt § 844 Abs. 2 BGB voraus (vgl. Senatsurteil vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02 - aaO, 76). Deshalb richtet sich hier im Verhältnis zwischen der zum Unfallzeitpunkt bereits volljährigen Tochter und ihrer getöteten Mutter der Umfang des fiktiven gesetzlichen Unterhalts nach dem Bedarf der Klägerin und nach der persönlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Getöteten, wobei der Unterhalt grundsätzlich durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren ist (vgl. §§ 1601, 1602, 1603, 1610, 1612 BGB).
3. Unterhaltsbedürftig ist die Klägerin nur, soweit sie außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB). Soweit ihre eigenen Einkünfte ausreichen, um den Bedarf zu decken, besteht ein Unterhaltsbedarf nicht.
Zwar ist die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung unstreitig nicht in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen und sich durch Arbeitseinkommen selbst zu unterhalten. Jedoch hat sie eigene Einkünfte durch das ihr gezahlte Pflegegeld. Entgegen der Ansicht der Revision begegnet die vom Berufungsgericht vorgenommene Anrechnung dieser Einkünfte auf den Bedarf der Klägerin keinen rechtlichen Bedenken.
Das nach § 37 SGB XI geleistete Pflegegeld kommt der Klägerin unfallunabhängig wegen ihrer bereits vorher bestehenden schweren Erkrankung zugute. Es dient zum Ausgleich ihrer behinderungsbedingten Mehraufwendungen und vermindert demzufolge ihren nach § 1602 BGB zu bestimmenden Unterhaltsbedarf (vgl. BGH Urteile vom 7. Juli 2004 - XII ZR 272/02 - NJW-RR 2004, 1300, 1301; vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - NJW-RR 2003, 1441, 1442 sowie vom 25. November 1992 - XII ZR 164/91 - NJW-RR 1993, 322 zur bedarfsdeckenden Anrechnung von Landespflegegeldern; Soergel-Beater, Kommentar zum BGB, Stand 2005, § 844 Rn. 39). Ob es - wie die Revision meint - Bedenken begegnet, den Bedarf eines erwachsenen behinderten Kindes nach Tabellen und Leitlinien zu bestimmen, die von ihrer Zielsetzung her auf Minderjährige und noch in der Ausbildung befindliche junge Erwachsene zugeschnitten sind (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 71/83 - VersR 1985, 365, 367; vom 1. Oktober 1985 - VI ZR 36/84 - VersR 1986, 39, 40; vom 31. Mai 1988 - VI ZR 116/87 - NJW 1988, 2365, 2366; OLG Hamm FamRZ 2004, 1061, 1062), ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Auf den konkret zu bestimmenden (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5.A., § 2 Rn. 44; Staudinger-Röthel, BGB-Kommentar, § 844 Rn. 167) Bedarf der Klägerin ist jedenfalls das Pflegegeld als Einkommen in Anrechnung zu bringen, was zu einer Bedarfsdeckung in Höhe des Pflegegeldes und damit einem Erlöschen des Unterhaltsanspruchs insoweit führt.
4. Als unzutreffend erweist sich jedoch unter den besonderen Umständen des Streitfalls die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin als volljähriges Kind lediglich Anspruch auf Barunterhalt als gesetzlichen Unterhalt hat.
a) Soweit das Berufungsgericht erwägt, die von ihm unterstellte Vereinbarung der Eltern der Klägerin zur Gewährung von Naturalunterhalt durch die Mutter im Wege der aufopfernden Pflege stelle keine gesetzliche Konkretisierung des Unterhalts auf Naturalleistungen dar, sondern überlagere nur eine gesetzlich geschuldete Barunterhaltsverpflichtung, verkennt es die Bedeutung der Formulierung "kraft Gesetzes unterhaltspflichtig" im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB. "Gesetzlicher Unterhalt" im Sinne dieser Vorschrift ist, was im konkreten Fall das Ergebnis eines Unterhaltsprozesses der Klägerin gegen ihre Mutter wäre (Staudinger-Röthel, BGB, Bearbeitung 2002, § 844 Rn. 104, 167; Soergel-Beater, BGB, 13. Aufl., § 844 Rn. 23).
Für die Höhe eines Anspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB kommt es allein auf den gesetzlich geschuldeten und nicht auf den Unterhalt an, den die Getötete möglicherweise tatsächlich gewährt hätte (vgl. Senatsurteile vom 5. Juli 1988 - VI ZR 299/87 - VersR 1988, 1166, 1168 und vom 6. Oktober 1992 - VI ZR 305/91 - VersR 1993, 56, 57, jeweils m.w.N.). Eine über die gesetzlich geschuldete Unterhaltspflicht hinausgehende ("überobligationsmäßig") tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistung ist im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB nicht zu ersetzen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1992 - VI ZR 305/91 - aaO). Demgemäß genügt eine nur auf Vertrag beruhende Unterhaltspflicht nicht den Anforderungen, die § 844 Abs. 2 BGB an die Schadensersatzpflicht des Schädigers gegenüber mittelbar Geschädigten stellt (vgl. Senatsurteile vom 24. Juni 1969 - VI ZR 66/67 - VersR 1969, 998, 999; vom 6. Dezember 1983 - VI ZR 2/82 - VersR 1984, 189, 190; OLG München VersR 1979, 1066 mit Nichtannahme-beschluss des BGH vom 10. Juli 1979 - VI ZR 228/78 -; Küppersbusch, aaO, Rn. 323; Soergel-Beater, aaO, § 844 Rn. 15). Eine solche Fallgestaltung liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts indes hier nicht vor. Insoweit gilt Folgendes:
b) Für den Zeitraum bis zur Heirat der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass Eltern, die einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren haben, nach § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmen können, in welcher Art der Unterhalt gewährt werden soll. Dies gilt auch für Unterhaltspflichten gegenüber volljährigen Kindern (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1980 - IV b ZR 537/80 - NJW 1981, 574, 575; vgl. BayObLG, FamRZ 1977, 263, 264; OLG Bremen, FamRZ 1976, 642, 643; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrb. d. FamR, 4. Aufl., § 46 III 2). Das Gesetz schränkt das elterliche Bestimmungsrecht nur dadurch ein, dass das Familiengericht aus besonderen Gründen auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern kann (§ 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine Bestimmung, die von einem hierzu Berechtigten vorbehaltlos getroffen wird, inhaltlich bestimmt ist und den ganzen Lebensbedarf des Kindes umfasst, ist daher grundsätzlich verbindlich, solange sie nicht auf Antrag des Kindes durch das Familiengericht geändert wird (vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, aaO; Göppinger/Wax-Kodal, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn. 168).
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe mit ihren Eltern vereinbart, diese würden sie bis an ihr Lebensende pflegen, macht sie geltend, der Unterhalt habe seitens der Mutter entsprechend der bis zum Unfalltod praktizierten Handhabung als Naturalunterhalt geleistet werden sollen. Insoweit ist von einer entsprechenden Bestimmung der Eltern nach § 1612 Abs. 2 BGB auszugehen, die ihre Grundlage in der Krankheit der Klägerin einerseits und der tatsächlichen Möglichkeit zur Pflege durch die nicht erwerbstätige Mutter andererseits hatte. Bei dieser Sachlage hätte die zum Unfallzeitpunkt volljährige unverheiratete Klägerin demnach im Rahmen eines Unterhaltsprozesses von ihrer Mutter keinen Barunterhalt, sondern deren Pflegeleistungen als gesetzlich geschuldeten Naturalunterhalt verlangen können (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 1988, 204, 205; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 539, 540; Göppinger/Wax-Kodal, aaO, Rn. 181; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 2 Rn. 35). Unter diesen Umständen sind die von der Mutter erbrachten Dienstleistungen bei der Klägerin als einem volljährigen, unverheirateten Kind konkret zu bewerten (vgl. MünchKommBGB/Köhler, 3. Aufl., § 1606 Rn. 7; Staudinger/Engler, BGB, Bearbeitung 2000, § 1606 Rn. 25; Staudinger/Röthel, BGB, Bearbeitung 2002, § 844 Rn. 167). Insoweit besteht nämlich wegen der Konkretisierung des Unterhaltsanspruchs durch die Bestimmung der Eltern ein gesetzlicher Anspruch auf Naturalunterhalt, solange die getroffene Bestimmung gilt. Demgemäß wäre auch die Klägerin als unverheiratete, volljährige mittelbar Geschädigte nach § 844 Abs. 2 BGB schadensrechtlich so zu stellen, wie sie bei Weitergewährung des Naturalunterhalts gestanden hätte.
d) Der Anspruch auf Gewährung von Naturalunterhalt durch die Mutter wäre unter den besonderen Umständen des Streitfalls auch nicht durch die Heirat der Klägerin erloschen. Zwar geht der Anspruch gegen den Ehegatten auf Unterhalt dem Elternunterhalt vor, § 1608 BGB, und spricht § 1612 Abs. 2 BGB nur von einem Bestimmungsrecht gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern. Dem liegt zugrunde, dass der mit der Ehe des Kindes gebildete neue Lebenskreis Vorrang vor dem alten, dem Bestimmungsrecht der Eltern unterliegenden, haben muss (Gernhuber/Coester-Waltjen, aaO, § 46 III 1). Daher besteht ein Bestimmungsrecht der Eltern nach § 1612 Abs. 2 BGB gegenüber dem verheirateten Kind nach allgemeiner Meinung nicht (Göppinger/Wax-Kodal, aaO, Rn. 141; Köhler/Luthin, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl., Rn. 3091; MünchKommBGB/Born, 4. Aufl., § 1612 Rn. 8; OLG Köln, FamRZ 1983, 643 m.w.N.).
Jedoch ist der Ehegatte der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts über die von ihm geleistete Hausarbeit und Versorgung des gemeinsamen Kindes hinaus nicht leistungsfähig, so dass ein Unterhaltsanspruch der verheirateten Klägerin gegen ihre Eltern weiter besteht. Auf diesen Unterhaltsanspruch ist § 1612 Abs. 1 BGB anzuwenden (MünchKommBGB/Born, aaO, Rn. 8, 11). Nach dieser Vorschrift bedarf ein Übergang zum Naturalunterhalt als anstelle von Barunterhalt gesetzlich geschuldetem Unterhalt (MünchKommBGB/Born, aaO, § 1612 Rn. 2) besonderer Gründe zu seiner Rechtfertigung und einer grundsätzlich dem Tatrichter überlassenen Abwägung der Interessen des Unterhaltspflichtigen gegenüber denen des Unterhaltsberechtigten. Diese Voraussetzungen liegen bei revisionsrechtlicher Betrachtungsweise vor.
Nach dem vom Berufungsgericht als richtig unterstellten Klägervortrag wäre hier von einem Ausnahmefall nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen. Nach der Rechtsprechung wird eine Unterhaltsbestimmung nach § 1612 Abs. 2 BGB durch den Eintritt der Volljährigkeit des Kindes nicht wirkungslos, wenn und soweit die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Beteiligten davon unberührt bleiben (BGH, Urteil vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 365/81 - NJW 1983, 2200, 2202). Das muss entsprechend für den vorliegenden Fall gelten, in dem der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihre Eltern trotz der Heirat nicht weggefallen ist und die Mutter angesichts der besonderen Lebensumstände den Unterhaltsanspruch weiterhin durch Naturalleistungen hätte erfüllen dürfen.
e) Damit hat die Klägerin nach § 844 Abs. 2 BGB - unter Anrechnung der Pflegegelder - Anspruch auf Geldersatz für die von ihrer Mutter konkret erbrachten Dienst-/Pflegeleistungen, soweit diese den tatsächlichen Bedarf der Klägerin abdecken und die Mutter leistungsfähig gewesen wäre. Anders als bei einer Schadensersatzrente auf der Grundlage des zuletzt erzielten Nettoeinkommens des Getöteten, bei der zu berücksichtigen ist, dass sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs mit dem voraussichtlichen Ausscheiden des Getöteten aus dem Erwerbsleben verändert und der Schadensersatzrente ab diesem Zeitpunkt nicht mehr das zuletzt erzielte Nettoeinkommen des Getöteten zugrunde gelegt werden kann (Senatsurteil vom 27. Januar 2004 - VI ZR 342/02 - VersR 2004, 653 m.w.N.), ist bei Ersatz für Naturalleistungen die Geldrente auf die Zeit zu begrenzen, in der der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens leistungsfähig gewesen wäre. Das ist gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen, wobei insbesondere die allgemeine Lebenserwartung der durch das Lebensalter gekennzeichneten Personengruppe, der der Betroffene angehört, und dessen besondere Lebens- und Gesundheitsverhältnisse zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 2004 - VI ZR 342/02 - aaO und vom 25. April 1972 - VI ZR 134/71 - VersR 1972, 834 f.).
III.
Da das Berufungsgericht die von der Klägerin vorgetragene Vereinbarung mit ihren Eltern nur unterstellt hat und bei ihrem Vorliegen die Höhe des Schadensersatzes neu festzusetzen ist, war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen, §§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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