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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.12.2006
Aktenzeichen: VI ZR 114/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 41 Nr. 6
ZPO § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZR 114/06

vom 4. Dezember 2006

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. Mai 2006 wird zurückgewiesen, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt erfolglos einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Recht auf den gesetzlichen Richter soll der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorbeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte (vgl. BVerfGE 95, 322, 327 und 89, 28, 36). Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters liegt jedenfalls dann vor, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286, 299 und BVerfG, NJW 2005, 3410, 3411). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf Willkür, also auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat, kann nur anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden.

Danach hat das Berufungsgericht das Recht der Beklagten auf den gesetzlichen Richter weder bei Annahme seiner Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan noch durch die Entscheidungen in den Ablehnungsverfahren verletzt. Auch wenn es seine Zuständigkeit aufgrund eines fehlerhaften Verständnisses der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplanes angenommen hätte, waren hierfür nicht willkürliche Erwägungen entscheidend. Das Berufungsgericht hat seine Zuständigkeit wegen des Sachzusammenhangs des Rechtsstreits mit dem vorhergehenden Verfahren auf einstweilige Verfügung angenommen. In dieser Auffassung ist es vom 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln bestätigt worden, der aus den gleichen Gründen seine Zuständigkeit für nicht gegeben erachtet hat. Von unverständlichen oder offensichtlich unhaltbaren Entscheidungen kann danach nicht die Rede sein.

Die Richter Dr. S. und von H. sind auch nicht kraft Gesetzes oder wegen Befangenheit ausgeschlossen. § 41 Nr. 6 ZPO, auf den sich die Nichtzulassungsbeschwerde beruft, greift nicht ein, weil das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren kein "früherer Rechtszug" ist. Das Hauptsacheverfahren dient nicht der Überprüfung des vorausgegangenen Verfahrens zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Auch das Beschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren gegen eine einstweilige Verfügung stellt im Verhältnis zum späteren Berufungsverfahren keinen "früheren Rechtszug" dar (vgl. Musielak/Heinrich ZPO 4. Aufl. § 41 Rn. 13). Die Richter Dr. S. und von H. sind auch nicht wegen einer die Besorgnis der Befangenheit begründeten Selbstbetroffenheit durch den Artikel der Beklagten ausgeschlossen. Die Nichtzulassungsbeschwerde verkennt zum einen, dass das eigene Verhalten der ablehnenden Partei als solches einen Ablehnungsgrund nicht begründet (vgl. Musielak/Heinrich aaO § 42 Rn. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. § 42 Rn. 29). Zum anderen stellt die von der Verfahrensordnung grundsätzlich vorgesehene Vorbefassung des Richters, wie bei dem vorherigen Erlass der einstweiligen Verfügung, nicht ohne weiteres einen Ablehnungsgrund dar (vgl. OLG Saarbrücken, OLGZ 1976, 468).

Die übrigen gegen die Sachentscheidung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat geprüft. Die Zulassung der Revision rechtfertigende Rechtsfehler, denen eine über den Einzelfall hinausgehende Wirkung beigemessen werden könnte, sind ersichtlich nicht gegeben. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 101.326,20 €

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