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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.2002
Aktenzeichen: VI ZR 147/01
(1)
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 826 A | |
BGB § 826 Gf | |
BGB § 1191 | |
BGB § 1192 | |
BGB § 1142 | |
BGB § 1143 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. April 2002 wird aufgehoben.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. März 2001 teilweise dahin abgeändert, daß der Beklagte verurteilt wird, den Betrag von 159.653,79 DM (= 81.629,69 €) nebst 15 % Zinsen seit dem 8. Oktober 1997 an die Bausparkasse S. , Bausparkasse der V. in S. , zu zahlen. Der Antrag der Kläger auf Zahlung an sich selbst wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen die Bewilligung ihrer Eintragung als Eigentümer eines Grundstückes, das sie am 24. Februar 1997 an den Beklagten verkauft haben. Sie begehren daneben die Zahlung des Differenzbetrages zwischen der Forderung, zu deren Sicherung der Beklagte das Grundstück mit einer Grundschuld belastet hat, und den früheren, inzwischen gelöschten Belastungen an sich selbst, hilfsweise an die Grundschuldgläubigerin, oder ihre Freistellung von einer Inanspruchnahme.
Die Kläger beabsichtigten im Jahre 1996, auf ihrem Grundstück einen Fleischereibetrieb einzurichten. Nachdem sie von den Banken keine Finanzierungszusage erhalten hatten, wandten sie sich aufgrund einer Zeitungsannonce an den Zeugen K.. Dieser erklärte ihnen, daß der Beklagte mit dem sale-and- lease-back-Verfahren die notwendigen Kreditmittel beschaffen könne. Hierfür müßten sie das Grundstück an den Beklagten verkaufen, der einen Kredit für sie aufnehme. Von dem bezahlten Kaufpreis könne die Einrichtung des Betriebes finanziert werden. Die Belastungen könnten die Kläger durch monatliche Pachtzahlungen bei weiterer Nutzung des Grundstückes tilgen. Außerdem würde eine Option für den Rückerwerb des Grundstücks durch sie vertraglich abgesichert werden. Demgemäß verkauften die Kläger im Jahr 1997 ihren Grundbesitz an den Beklagten für 395.000 DM und erklärten die Auflassung an ihn. Sie schlossen außerdem einen Pachtvertrag mit einem monatlichen Pachtzins von 2.500 DM. Der Beklagte gab ein notariell beurkundetes Angebot zum Rückkauf des Grundstücks gegenüber den Klägern ab und bewilligte dafür die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Der Kaufpreis sollte teilweise auf ein Notaranderkonto fließen und im übrigen direkt an die Kläger ausbezahlt werden. Von der Bausparkasse S. erhielt der Beklagte ein Darlehen in Höhe von 296.000 DM, das auf das Notaranderkonto überwiesen wurde. Damit tilgte er vereinbarungsgemäß Forderungen in Höhe von 136.346,21 DM, für die auf dem Grundstück Grundpfandrechte lasteten. Diese wurden gelöscht. An ihrer Stelle wurde eine Grundschuld in Höhe von 296.000 DM zuzüglich 15 % Zinsen seit 8. Dezember 1998 zugunsten der Bausparkasse S. eingetragen. Aufgrund einer Zahlungsanweisung, die die Unterschrift der Kläger trägt, kamen über das Notaranderkonto insgesamt 292.544,03 DM zur Auszahlung. Davon wurden an den Zeugen K. 130.000 DM überwiesen. An die Kläger selbst gelangten aus dem Guthaben auf dem Notaranderkonto keine Geldbeträge. Diese fochten daraufhin im Jahr 1998 das Rechtsgeschäft wegen arglistiger Täuschung an.
Sie behaupten, der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, den nach Ablösung der bereits eingetragenen Grundpfandrechte verbleibenden Betrag an sie auszuzahlen. Das von ihm vorgelegte Schriftstück vom 9. September 1997, in dem sie den Erhalt von 99.000 DM bestätigten, hätten sie blanko unterzeichnet. Der Beklagte habe den Pachtvertrag zum Schein abgeschlossen. Auch sein Angebot zum Rückkauf des Grundstücks sei nicht ernsthaft gemeint gewesen.
Der Beklagte tritt dem entgegen und behauptet, den Kaufpreis vollständig durch die Einzahlung von 296.000 DM auf das Notaranderkonto und eine Barzahlung an die Kläger in Höhe von 99.000 DM beglichen zu haben. Die Zahlungsanweisung an den Notar sei ebenso von den Klägern unterzeichnet worden wie auch die Quittung vom 9. September 1997 über den persönlichen Erhalt des Geldes.
Das Landgericht hat den Antrag der Kläger abgewiesen, den Beklagten zu verurteilen, die Eintragung der Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstückes Zug um Zug gegen Zahlung von 136.346,21 DM zu bewilligen. Mit der Berufung haben die Kläger neben der Bewilligung ihrer Eintragung ins Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks die Zahlung von 159.653,79 DM nebst Zinsen an sich selbst verlangt, hilfsweise die Zahlung des Betrages an die Bausparkasse S. oder die Freistellung von einer Inanspruchnahme aus der Grundschuld. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Hauptanträge zugesprochen. Die auf Klageabweisung gerichtete Revision des Beklagten hat der Senat nur insoweit angenommen, als sie sich gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 159.653,79 DM nebst Zinsen an die Kläger selbst richtet. Im Termin zur mündlichen Verhandlung war der Beklagte nicht vertreten. Auf Antrag der Kläger hat der Senat die Revision durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Dieser hat dagegen Einspruch eingelegt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte habe im Zusammenwirken mit dem Zeugen K. die Kläger nach einem vorgefaßten Plan über seine Bereitschaft und Fähigkeit zur Bezahlung des Kaufpreises getäuscht. Das von ihm vorgelegte Schriftstück vom 9. September 1997, in dem die Kläger den Erhalt von 99.000 DM in bar bestätigten, sei auf Veranlassung des Beklagten von den Klägern blanko zur Vorlage bei der Bank unterschrieben worden. Mit Ausnahme der Ablösung der bereits bestehenden Grundpfandrechte hätten diese keine Gegenleistung für den Verlust ihres Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück erhalten. Gegen eine Täuschung der Kläger durch den Beklagten über seine Bereitschaft bei Vertragsschluß, den Vertrag zu erfüllen, spreche nicht, daß jener die bereits bestehenden Grundpfandrechte abgelöst habe. Die Löschung der vorrangigen Belastungen sei erforderlich gewesen, um eine erstrangige Grundschuld für das Darlehen der Bausparkasse eintragen lassen zu können. Auch der Beklagte habe von dem an den Zeugen K. ausbezahlten Betrag nach einer "internen Abrechnung" Zahlungen erhalten. Es sei deshalb davon auszugehen, daß er sich nach einem von vornherein gefaßten Plan zusammen mit dem Zeugen K. mindestens 130.000 DM ohne Gegenleistung beschaffen wollte.
Der Beklagte schulde den Klägern Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung und sei neben der Rückübertragung des Eigentums am Grundstück zur Zahlung eines Betrages von 159.653,79 DM an diese verpflichtet. Zwar sei für die Naturalrestitution die Freistellung von der Inanspruchnahme durch die Grundschuldgläubigerin ausreichend. Da der Beklagte nicht nur seine Zahlungsverpflichtung, sondern überhaupt seine Einstandspflicht bestreite, habe sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung vermindere sich dieser Anspruch der Kläger hinsichtlich der Belastungen von 296.000 DM allerdings um die Altbelastungen des Grundstücks in Höhe von 136.346,21 DM.
II.
Das die Revision des Beklagten zurückweisende Versäumnisurteil vom 23. April 2002 ist aufzuheben, weil der Beklagte dagegen zulässig Einspruch eingelegt hat und die Revision im Umfang ihrer Annahme erfolgreich ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger zur Beseitigung der unrechtmäßigen Belastung ihres Grundstücks durch den Beklagten nicht Zahlung an sich selbst verlangen, sondern nur an die Bausparkasse S. als Darlehensgläubigerin.
1. Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der Beklagte den Klägern deliktsrechtlich für die Folgen einzustehen hat, die auf der von ihm im Zusammenwirken mit dem Zeugen K. verübten Täuschung beruhen. Er ist deshalb verpflichtet, in der erforderlichen Weise daran mitzuwirken, daß die Kläger als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch wieder eingetragen werden können. Dies hat der erkennende Senat durch seinen Beschluß vom 5. Februar 2002 ebenso gebilligt wie die Auffassung des Berufungsgerichts, daß sich der Freistellungsanspruch der Kläger unter den Umständen des Streitfalles in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.
2. Die Revision wendet sich aber zu Recht dagegen, daß das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung an die Kläger selbst verurteilt hat. Es hat dabei außer Acht gelassen, daß neben der Grundstückshaftung der Kläger die Haftung des Beklagten als persönlicher Schuldner besteht. Die Revision macht zutreffend geltend, daß bei einer Zahlung an die Kläger selbst keine Gewähr für die Erfüllung der Darlehensforderung der Bausparkasse S. durch die Kläger gegeben ist und dem Beklagten eine weitere Inanspruchnahme droht. Die Schadenswiedergutmachung erfordert aber auch nicht die Leistung des Beklagten an die Kläger selbst. Vielmehr kann ein hinreichender Schadensausgleich dadurch erreicht werden, daß der Beklagte die Darlehensforderung der Bausparkasse S. in dem von den Klägern beantragten Umfang als persönlicher Schuldner erfüllt.
Der Senat verkennt dabei nicht, daß die Grundschuld nur auf die Kläger übergeht und zur Eigentümergrundschuld wird, wenn sie als Eigentümer auf das dingliche Recht leisten und die Grundschuld damit ablösen, §§ 1191, 1192, 1142, 1143 BGB (MünchKomm/Eickmann, BGB, 3. Aufl., § 1191 Rdn. 65; BGH, Urteile vom 28. Mai 1976 - V ZR 203/75 - NJW 1976, 2340 ff. und vom 25. März 1986 - IX ZR 104/85 - NJW 1986, 2108, 2111, 2112). Bei der Leistung des persönlichen Schuldners auf die Forderung erlischt diese zwar nach § 362 BGB, doch bleibt die sie sichernde Grundschuld aufgrund der fehlenden Akzessorietät zur Forderung unberührt. In diesem Fall hat aber der Grundstückseigentümer gegen den Grundschuldgläubiger regelmäßig einen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld aus dem der Grundschuldbestellung zugrundeliegenden Sicherungsvertrag, weil der Sicherungszweck mit der Forderung weggefallen ist. Einem weiteren Begehren des Grundschuldgläubigers kann u.U. auch der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegenstehen, wenn die Grundschuld keine Ansprüche mehr sichert (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1994 - XI ZR 97/93 - NJW-RR 1994, 847, 848).
Bei dieser Sachlage entlastet die Tilgung der Darlehensforderung durch die Zahlung des Beklagten an die Bausparkasse S. in ausreichender Weise die Kläger. Sie beseitigt auch die persönliche Haftung des Beklagten und schützt ihn vor einem weiteren Zugriff der Bausparkasse.
III.
Das Berufungsurteil war in Ziff. 3 abzuändern. Da weitere Feststellungen nicht mehr zu treffen sind, konnte der Senat gemäß § 565 Abs. 1 ZPO a.F. in der Sache selbst entscheiden.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 344 ZPO.
Ende der Entscheidung
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