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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2007
Aktenzeichen: VI ZR 157/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 397 | |
ZPO § 402 | |
ZPO § 411 Abs. 3 | |
ZPO § 544 Abs. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 25. September 2007
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
beschlossen:
Tenor:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Juli 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 202.538,70 €
Gründe:
I.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft von einer mündlichen Befragung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. abgesehen hat.
a) Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (vgl. u.a. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - VersR 1997, 509; vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342, 343 und vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.). Dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - VersR 2005, 1555 m.w.N.). Es kann dabei von der Partei, die einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen stellt, nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welcher Richtung sie durch entscheidungserhebliche Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht (BGHZ 24, 9, 14 f.).
b) Im Hinblick darauf reichte die Begründung des Berufungsgerichts, die Feststellungen des Gutachters ließen eine klare Beurteilung zu, für eine Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen nicht aus. Aufgrund des Vorbringens der Klägerin war das Berufungsgericht vielmehr verpflichtet, diesen anzuhören. Die Klägerin hatte bereits im ersten Rechtszug die Anhörung des Sachverständigen beantragt. Darauf hatte sie in ihrer Berufungsbegründung hingewiesen. Zudem hat sie in der Berufungsbegründung und nochmals in der mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2006 erneut die Anhörung des Sachverständigen beantragt. Sie hat dabei konkrete Gegenstände der Anhörung, insbesondere auch die Anhörung des Sachverständigen zu der Frage "grober Behandlungsfehler" benannt. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht den Sachverständigen anhören müssen, um dem Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör zu genügen.
2. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Anhörung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, war das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dieses wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung auch das weitere Vorbringen der Klägerin im Revisionsrechtszug zu berücksichtigen haben. Dabei wird insbesondere nochmals zu prüfen sein, worin der konkrete Behandlungsfehler zu sehen ist, der den Anknüpfungspunkt für eine eventuelle Beweislastumkehr bildet. Das Berufungsgericht hat in seiner Begründung lediglich einen Diagnosefehler angenommen, der darin liege, dass die Fehllage des Spans anhand der am 8. Dezember 1999 vorgenommenen Röntgenaufnahme nicht rechtzeitig erkannt worden sei. Es hat jedoch zugleich ausgeführt, der gerichtliche Sachverständige habe es als "eindeutig" fehlerhaft bezeichnet, dass zwischen dem 4. und dem 8. Dezember 1999 keine weitere Diagnostik zum Ausschluss oder Nachweis einer "Raumforderung" erfolgt sei. Im Hinblick darauf wird das Berufungsgericht nochmals zu prüfen haben, ob tatsächlich nur ein Diagnosefehler vorliegt oder nicht vielmehr ein Befunderhebungsfehler, so dass für eine etwaige Beweislastumkehr auf die vom Senat entwickelten Grundsätze zu einer unterlassenen Befunderhebung abzustellen wäre und eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität bereits unterhalb der Schwelle zum groben Behandlungsfehler in Betracht kommt (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 52 ff.; vom 6. Oktober 1998 - VI ZR 239/97 - VersR 1999, 60, 61; vom 23. März 2004 - VI ZR 428/02 - VersR 2004, 790, 792). Das Berufungsgericht wird den Sachverständigen gegebenenfalls auch dazu anhören müssen. Soweit das Berufungsurteil zwischen bloßer Beweiserleichterung und einer Beweislastumkehr unterscheidet, wird auf das Senatsurteil BGHZ 159, 48 hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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