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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 27.04.1999
Aktenzeichen: VI ZR 174/97
Rechtsgebiete: StGB, ZPO, BGB
Vorschriften:
StGB § 334 | |
ZPO § 552 | |
ZPO § 565 a | |
BGB § 823 | |
BGB § 1004 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 27. April 1999
Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter Groß und die Richter Bischoff, Dr. von Gerlach, Dr. Müller und Dr. Dressler
für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des erkennenden Senats vom 8. Dezember 1998 wird aufrecht erhalten.
Die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger zu 3 und 4 (im folgenden: Kläger) begannen 1993 in H. mit der Errichtung eines Geschäftshauses für den Betrieb eines Bekleidungsgeschäfts durch die früheren Kläger zu 1 und 2. Wegen der Erteilung der Baugenehmigung kam es zwischen dem Beklagten, einem Nachbarn, und dem Stadtdirektor der Stadt H. zu verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zu denen die Kläger zu 3 und 4 beigeladen waren. Mit Schreiben vom 31. Januar 1995, gerichtet an Frau K. vom Rechtsamt der Stadt H. und an den Kläger zu 4, führte der Beklagte u.a. aus: "Es hat den Anschein, daß seitens Stadt / W. die Angelegenheit bei Gericht vorbesprochen ist. Das würde ich nicht beanstanden, wenn ich hinzugezogen wäre. An meiner Stelle dürfte aber Korruption mitgespielt haben. Ich werde also demnächst Befangenheit und Bestechung in mehreren Variationen geltend machen, was ich hiermit auch ankündigen möchte". Hierzu nahm Rechtsanwalt H. als ständiger anwaltlicher Vertreter der Klägerseite mit Schreiben vom 2. Februar 1995 Stellung. Der Beklagte beantwortete dies schriftlich am 6. Februar 1995 und fügte diese drei Schriftstücke einem Schreiben vom 28. Februar 1995 an die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk N. bei, mit welchem er das Schreiben von Rechtsanwalt H. vom 2. Februar 1995 als standesrechtlich nicht korrekt beanstandete. Mit Schreiben vom 1. März 1995 an die Rechtsanwaltskammer N. ergänzte er sein Vorbringen und fragte u.a. an, ob Rechtsanwalt H. auch "in der Bestechungsfrage" seine Partei vertrete und nicht abgeraten habe.
Die Kläger haben geltend gemacht, der Beklagte habe in seinen Schreiben gemäß deren Kontext alle Kläger der Bestechung bezichtigt. Dieser außerhalb entsprechender Gerichts- oder Verwaltungsverfahren erhobene Bestechungsvorwurf enthalte neben einer unrichtigen Tatsachenbehauptung eine gravierende Beleidigung, die ihr Persönlichkeitsrecht schwer verletze. Sie haben deshalb beantragt, den Beklagten zur Unterlassung dieser Äußerung sowie zur Auskunft darüber zu verurteilen, wem gegenüber er die Kläger der Bestechung bezichtigt habe, ferner zum Widerruf gegenüber den mit der Auskunft zu benennenden Adressaten. Daneben haben sie die Feststellung begehrt, daß der Beklagte verpflichtet sei, den Klägern zu 1 und 2 denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Verbreitung der beanstandeten Behauptung entstanden sei und künftig entstehen werde, sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger zu 3 und 4 zum Ausgleich des durch die Verbreitung der Behauptung entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde.
Das Landgericht hat unter Klagabweisung im übrigen den Beklagten verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, die Kläger der Bestechung zu bezichtigen, sowie die Bezichtigung der Bestechung schriftlich gegenüber Frau K. vom Rechtsamt H. und dem Kläger zu 4 zu widerrufen. Auf die Berufungen der Kläger und des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel die Klage der Kläger zu 1 und 2 abgewiesen und dem Unterlassungsbegehren der Kläger zu 3 und 4 in eingeschränkter Form - nämlich außerhalb von Gerichts- und Verwaltungsverfahren - sowie in diesem Umfang auch dem Auskunftsanspruch stattgegeben. Wegen der übrigen, im Weg der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche hat es die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er völlige Klagabweisung erstrebt, ist durch Versäumnisurteil des erkennenden Senats vom 8. Dezember 1998 zurückgewiesen worden. Hiergegen hat der Beklagte mit am 21. Dezember 1998 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt und beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die vom Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Rügen nicht ordnungsgemäßer Unterzeichnung der Berufungsschrift wie auch der Klageschrift für unbegründet. Die Klageerhebung sei auch dann ordnungsgemäß, wenn die Faxvorlage entsprechend der Behauptung des Beklagten nur ein Faksimile der Unterschrift des Klägervertreters getragen haben sollte. Zwar habe die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher verlangt, daß die Telefaxvorlage von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt eigenhändig unterzeichnet und diese Unterschrift auf der Kopie wiedergegeben sein müsse. Abgesehen davon, daß dies regelmäßig mangels Verpflichtung zur Einreichung der Faxvorlage zu den Akten nicht nachprüfbar sein dürfte, stoße das Gebot eigenhändiger Unterschrift schon wegen zahlreicher Durchbrechungen durch die moderne Technologie auf zunehmende Kritik im Schrifttum. Auch das Bundessozialgericht (WRP 1997, 329 = MDR 1997, 374) verlange etwa bei einer mittels PC-Modem als Datei an das Telefax-Empfangsgerät des Landessozialgerichts geleiteten Berufung keine Ausfertigung in Papierform mehr mit Originalunterschrift, sondern begnüge sich mit dem Hinweis auf die maschinelle Erstellung sowie der Angabe des Absenders, seiner Anschrift und seiner Fax-Nummer. Würden jedoch derartige Angaben für ausreichend erachtet, um den Urheber eines Schriftstücks und seinen Willen festzustellen, die niedergeschriebene Erklärung in den Verkehr zu bringen, so bestehe kein Anlaß, im vorliegenden Fall bei Verwendung einer Faxvorlage in Papierform die faksimilierte Unterschrift nicht genügen zu lassen, zumal an der Urheberschaft des Rechtsanwalts und seinem Willen, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, in der gesamten ersten Instanz kein Zweifel bestanden habe. Wegen entgegenstehender Entscheidungen des BGH werde jedoch die Revision zugelassen.
Zur Sache hat das Berufungsgericht ausgeführt, während die Klage der Kläger zu 1 und 2 unbegründet sei, erweise sich der Unterlassungsantrag der Kläger zu 3 und 4 mit der vorgenommenen Einschränkung als begründet. Das Berufungsgericht hat sich den Ausführungen des Landgerichts insoweit angeschlossen, als dieses den Bestechungsvorwurf als unrichtige Tatsachenbehauptung bewertet hat. Da die Unterlassungsklage gegen Vorbringen im Rahmen von Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit entsprechendem Bezug ausgeschlossen sei, bedürfe es entgegen der Auffassung des Landgerichts einer Einschränkung des Unterlassungsanspruchs, die allerdings nicht für die Eingaben des Beklagten an die Rechtsanwaltskammer gelte. Für die Klärung der standesrechtlichen Beanstandung sei es nämlich absolut unnötig gewesen, unaufgefordert die Schreiben vom 31. Januar und 6. Februar 1995 mit dem Bestechungsvorwurf gegenüber den Klägern zu 3 und 4 vorzulegen oder im Telefax vom 1. März 1995 zusammenhanglos die "Bestechungsfrage" aufzuwerfen und damit das angestrengte standesrechtliche Verfahren als Vehikel zur Verbreitung des Bestechungsvorwurfs gegen die Kläger zu 3 und 4 zu mißbrauchen. Hinzu komme, daß der Beklagte als Rechtsanwalt wissen müsse (wenn nicht sogar gewußt habe), daß die einzige in diesem Rechtsstreit von ihm einigermaßen konkret vorgebrachte Bestechungsbezichtigung gegen die Kläger zu 3 und 4 darauf gegründet gewesen sei, daß diese angeblich für eine rechtswidrige Baugenehmigung der Stadt H. einen überhöhten Kaufpreis für die erworbenen Grundstücke sowie erhebliche Stellplatzablösegebühren gezahlt hätten, also auf einem Vorgang, der den Bestechungsvorwurf des § 334 StGB gerade nicht trage, weil nicht einem Amtsträger ein Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt worden sei. Der Auskunftsanspruch der Beklagten zu 3 und 4 sei zur Vorbereitung eines dem Grunde nach bestehenden Widerrufsanspruchs ebenso wie zur Ermöglichung der den Klägern zu 3 und 4 obliegenden Substantiierung des geltend gemachten immateriellen Schadensersatzanspruchs begründet und dem Beklagten auch zumutbar.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so daß das Versäumnisurteil des erkennenden Senats vom 8. Dezember 1998 aufrechtzuerhalten war (§ 343 Satz 1 ZPO).
1. Die vom Beklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Die Berufung der Kläger war zulässig. Die Revisionsbegründung greift insoweit das Vorbringen des Beklagten auf, daß die Berufungsschrift nach dem Schriftbild nicht von Rechtsanwalt H. unterzeichnet worden sei, der die Kläger auch im Berufungsverfahren vertreten hat. Hieraus kann indessen nicht die Folgerung gezogen werden, daß die Berufungsschrift nicht von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterschrieben worden sei. Vielmehr hat das Berufungsgericht erkannt und zutreffend ausgeführt, daß die Berufungsschrift von Rechtsanwältin L. als der gerichtlich bestellten Vertreterin des Rechtsanwalt H. unterzeichnet worden ist. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die Rechtswirksamkeit der Berufungseinlegung in Zweifel gezogen hat, weil bei der Unterschrift von Rechtsanwältin L. der Hinweis auf ihre amtliche Bestellung als Vertreterin gefehlt habe, war dieser Zusatz entbehrlich, weil Rechtsanwalt H. im Briefkopf der Berufungsschrift aufgeführt und deshalb aus den die Prozeßhandlung begleitenden Umständen erkennbar war, daß Rechtsanwältin L. für den postulationsfähigen Rechtsanwalt H. tätig wurde. Der Sachverhalt ist deshalb anders gelagert als der dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 1998 (VII ZB 15/98, NJW 1999, 365) zugrundeliegende Fall, auf den sich der Beklagte berufen will.
b) Keine Bedenken bestehen im Ergebnis auch gegen die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung. Zwar weist die Revision mit Recht darauf hin, daß der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 29. September 1998 - XI ZR 367/97 - WM 1998, 2301, 2302 f. gegenüber dem in MDR 1997, 374 abgedruckten Beschluß des 14. Senats des Bundessozialgerichts vom 15. Oktober 1996 an der Auffassung festgehalten hat, daß bei mit Telefax eingereichten bestimmenden Schriftsätzen die Kopiervorlage von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterschrieben sein und diese Unterschrift auf der bei Gericht eingehenden Kopie wiedergegeben sein müsse, um dem Gebot der eigenhändigen Unterzeichnung der Kopiervorlage zu genügen. Deshalb hat er mit dem genannten Beschluß dem gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übermittlung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten (sog. Computerfax) eingereicht werden können. Auch wenn sich diese Vorlagefrage im Streitfall nicht stellt, weil es hier nicht um die Einreichung eines derartigen Computerfax geht, sondern um die Frage, ob die Faksimileunterschrift auf der Papiervorlage einer durch Telefax übermittelten Klageschrift ausreicht, könnte gleichwohl die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung zweifelhaft sein, weil der Bundesgerichtshof bisher auch bei der hier gewählten Methode der Faxübermittlung die eigenhändige Unterschrift des postulationsfähigen Rechtsanwalts für erforderlich gehalten hat (BGHZ 111, 339, 347 m.w.N. sowie Beschluß vom 4. Mai 1995 - XII ZB 21/94 - NJW 1994, 2097; ebenso BAG NJW 1986, 1778).
Indessen nötigt der vorliegende Fall nicht zu grundsätzlichen Überlegungen, ob angesichts der vom Berufungsgericht erwähnten Durchbrechungen des Gebots zu eigenhändiger Unterschrift bei Telegramm, Telex und BTX-Mitteilung eine Ausnahme auch bei der Übermittlung eines bestimmenden Schriftsatzes in Papierform durch Telefax gemacht werden kann. Selbst wenn an der oben dargestellten strengen Auffassung, wie sie insbesondere im Vorlagebeschluß des XI. Zivilsenats vom 29. September 1998 (aaO) vertreten wird, festzuhalten und deshalb die Faksimile-Unterschrift auf der Faxvorlage wie das Fehlen einer Unterschrift zu behandeln wäre, so daß es bei der revisionsrechtlich gebotenen Unterstellung des Beklagtenvortrags zu diesem Punkt an einer ordnungsgemäßen Klageschrift gefehlt hätte, wäre dieser Formmangel jedenfalls durch rügelose Einlassung des Beklagten gemäß § 295 ZPO geheilt worden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 65, 46, 47 f.; 92, 251, 254; Urteile vom 27. September 1995 - I ZR 156/93 - BGHR ZPO § 295 Abs. 1 Klageschrift 1 und vom 8. Februar 1996 - IX ZR 107/95 - NJW 1996, 1351), der sich auch das Bundesarbeitsgericht unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung angeschlossen hat (NJW 1986, 3224, 3225). Im Streitfall haben die Parteien bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30. November 1995 die Anträge aus Klageschrift und Klageerwiderung gestellt, wie sich aus dem berichtigten Protokoll ergibt, und streitig verhandelt, ohne daß die Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung unter dem in Rede stehenden Blickpunkt gerügt worden ist. Der Mangel der eigenhändigen Unterzeichnung der Klageschrift ist erstmals in der Berufungsbegründung geltend gemacht worden. Dies war unbeachtlich, weil der Beklagte hierbei nicht, wie es zur Erhaltung seines Rügerechts erforderlich gewesen wäre (vgl. MünchKomm ZPO-Prütting, § 295 Rdn. 40), dargetan hat, daß er den angeblichen Mangel nicht gekannt und dessen Unkenntnis nicht verschuldet hat, den Mangel also nicht früher hätte erkennen können (§ 276 BGB). Insbesondere hat er mit der Rüge nicht geltend gemacht, daß er die Faksimileunterschrift aus der ihm übersandten Ablichtung der Klageschrift nicht als solche habe erkennen können. Deshalb reicht sein Vorbringen, daß er erst nach Abschluß der ersten Instanz Einsicht in die Akten erhalten habe, insoweit nicht aus.
c) Mit der Einspruchsbegründung gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 8. Dezember 1998 rügt die Revision einen weiteren Verfahrensverstoß, der sich daraus ergeben soll, daß zwischen der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 11. Juli 1996 und der Verkündung des angefochtenen Urteils am 22. April 1997 ein längerer Zeitraum als die in § 552 ZPO festgelegte Frist von fünf Monaten verstrichen sei.
Soweit der Beklagte hieraus folgern will, das angefochtene Urteil sei infolge des langen Zeitraums zwischen der letzten mündlichen Verhandlung und dem Verkündungstermin wie ein Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe zu behandeln, hat der Senat diese Rüge geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 565 a ZPO abgesehen. Dies gilt auch für die Rüge, das Berufungsgericht sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen.
2. Auch in der Sache kann die Revision keinen Erfolg haben.
a) Die Bewertung der beanstandeten Äußerung als Behauptung einer (unwahren) Tatsache hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so daß den Klägern insoweit entsprechend §§ 823, 1004 BGB der vom Berufungsgericht zuerkannte Unterlassungsanspruch zusteht.
Das Berufungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung, daß es sich um eine Tatsachenbehauptung handele, auf die Ausführungen des Landgerichts bezogen. Dort heißt es, der Beklagte habe auch eine Tatsache behauptet und nicht nur eine Meinung geäußert. Tatsachenbehauptungen seien Äußerungen, deren Richtigkeit mit den Mitteln der Beweiserhebung geklärt werden könne. Mit der Behauptung der Bestechung behaupte der Beklagte, daß die Beteiligten, also die Kläger und die Stadt H., unrechtmäßige Absprachen gegen die Bezahlung oder Gewährung von Vorteilen getroffen hätten. Dabei werde der Äußerung der Charakter als Tatsachenbehauptung auch nicht dadurch genommen, daß sie schlagwortartig verkürzt sei. Ein verständiger Leser entnehme den Äußerungen des Beklagten, daß dieser von einer illegalen Handlung der Vorteilsgewährung und unrechtmäßigen Absprachen zwischen den Klägern und der Stadt H. ausgehe.
Entgegen der Auffassung der Revision ist es nicht zu beanstanden, daß die Vorinstanzen mit dieser Begründung die beanstandete Äußerung als Tatsachenbehauptung eingestuft haben (zur revisionsgerichtlichen Nachprüfung des Äußerungsgehalts vgl. Senatsurteil vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - NJW 1994, 2614, 2615 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hängt die Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung einzustufen ist, entscheidend davon ab, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. z. B. Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 (aaO), jeweils m.w.N.).
Dies verkennt auch die Revision nicht, meint jedoch, die beanstandete Äußerung sei nicht hinreichend konkret. Dabei findet ihre Auffassung, die im Schreiben des Beklagten an die Stadt H. vom 31. Januar 1995 verwendeten Begriffe der Korruption, Befangenheit und Bestechung seien angesichts der äußerst dürftigen Substanz plakativ und ohne das Bewußtsein des exakten Bedeutungsinhalts gewählt, in dem von ihr herangezogenen Senatsurteil vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - VersR 1994, 1123 keine Stütze. Insbesondere vermag nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung die Auffassung der Revision, der Begriff der Bestechung sei vom Beklagten ohne das Bewußtsein des exakten Bedeutungsinhalts gewählt worden, nicht zu überzeugen. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die Einstufung eines Vorgangs als strafrechtlich relevanter Tatbestand eine Rechtsauffassung darstellen kann, die als solche dem Widerruf nicht zugänglich ist (Senatsurteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 255/80 - NJW 1982, 2248, 2249). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung jedoch dann zu qualifizieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Vorwurf erhoben wird (Senatsurteil vom 22. Juni 1982 aaO). Insoweit hat der Beklagte mit dem Schreiben vom 31. Januar 1995, wonach er wegen vorangegangener Absprachen zwischen der Stadt H. und der Klägerseite demnächst "Bestechung in mehreren Variationen geltend machen" werde, sowie mit der Anfrage in dem direkt an die Rechtsanwaltskammer N. gerichteten Telefax vom 1. März 1995, ob der Klägervertreter auch "in der Bestechungsfrage seine Partei vertreten und nicht abgeraten" habe, Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierbei kann auch nicht außer Betracht bleiben, daß der Beklagte in der Klageerwiderung des vorliegenden Verfahrens selbst den Bestechungsvorwurf für beweisbar erklärt hat, indem er sich auf "ca. 100 Zeugen" sowie urkundliche Belege berufen hat.
Wenn die Revision den Ausführungen des Berufungsgerichts entnehmen will, der vom Beklagten erhobene Bestechungsvorwurf sei nicht hinreichend konkret, um eine Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zu ermöglichen, dürfte dem ein Mißverständnis des angefochtenen Urteils zugrunde liegen. Dieses ist nicht etwa dahin zu verstehen, daß der vom Beklagten konkret erhobene Bestechungsvorwurf nicht für die Annahme einer Tatsachenbehauptung ausreiche, sondern besagt vielmehr, daß die vom Beklagten aufgestellte Behauptung den strafrechtlichen Bestechungsvorwurf nach § 334 StGB nicht trage und deshalb die Behauptung eines Bestechungsvorgangs unwahr sei, was der Beklagte als Rechtsanwalt habe wissen müssen oder sogar gewußt habe.
b) Soweit die Revision zur Überprüfung stellt, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung des Unterlassungsanspruchs nicht auch für die Äußerungen des Beklagten gegenüber der Rechtsanwaltskammer N. Anwendung finden müsse, ist diese Frage zu verneinen. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 17. Dezember 1991 (VI ZR 196/91 - NJW 1992, 1314, 1315) unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung näher dargelegt hat, können zwar ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden, weil das sog. Ausgangsverfahren nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden soll (ebenso Senatsurteil vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98). Dies gilt, wie der erkennende Senat im Urteil vom 17. Dezember 1991 (aaO) näher dargelegt hat, auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die dargestellte Ausnahmeregel mit Recht nicht für die gegenüber der Rechtsanwaltskammer N. erhobenen bzw. ihr zur Kenntnis gebrachten Äußerungen durchgreifen lassen. Nach der vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung stellt sich nämlich der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines oder im Hinblick auf ein bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Demgegenüber hat der Beklagte im Streitfall bei der Rechtsanwaltskammer N. das Verhalten des gegnerischen Rechtsanwalts als standeswidrig beanstandet. Hierbei lag es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, erkennbar völlig außerhalb des für die Klärung der standesrechtlichen Beanstandung erforderlichen Vorbringens, unaufgefordert das den Bestechungsvorwurf an die Kläger zu 3 und 4 enthaltende Schreiben vom 31. Januar 1995 vorzulegen sowie im Telefax vom 1. März 1995 ohne sachlichen Grund zusätzlich nochmals die "Bestechungsfrage" aufzuwerfen. Handelt es sich mithin bei den Eingaben des Beklagten an die Rechtsanwaltskammer N. vom Gegenstand her nicht um ein Verfahren mit Sachbezug zu dem die Kläger betreffenden Ausgangsverfahren, so kann eine Einschränkung des Ehrenschutzes nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht stattfinden.
c) Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht zu Recht in eingeschränkter Form dem Unterlassungsanspruch der Kläger stattgegeben, da der Beklagte die im Hinblick auf die begangene Rechtsgutsverletzung zu vermutende Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt hat. Gegen die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs erhebt die Revision keine Einwendungen. Hiergegen ist auch aus Rechtsgründen nichts zu erinnern (vgl. Senatsurteil vom 28. November 1989 - VI ZR 63/89 - NJW 1990, 1358 sowie OLG Düsseldorf NJWE-MietR 97, 181).
Ende der Entscheidung
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