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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: VI ZR 182/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 852 (Fassung bis 31. Dezember 2001) |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 6. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 2. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1 zurückgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt vom Beklagten zu 1 (künftig: Beklagter) Schadensersatz für den Verlust einer Geldanlage.
Sie schloss am 17. August 1998 durch Vermittlung des Johann K. mit der GVP Finance (Suisse) S.A. (künftig: GVP) einen "Vermögensverwaltungsvertrag und Treuhandauftrag", mit dem sie 55.000,00 DM bei der GVP anlegte. Die Überweisung des Anlagebetrages erfolgte auf das Konto des Beklagten zu 1 bei der Banque et Caisse d'Épargne de l'État in Luxemburg. Die Gewinne von 8,25 % Verzinsung jährlich nebst einem Jahresbonus von 2,75 % sollten durch Nutzung der Differenz zwischen den Kapitalmarktzinsen erwirtschaftet werden.
Mit Anwaltsschreiben vom 31. Januar 2001 kündigte die Klägerin die Verträge. Eine Rückzahlung der Anlage erfolgte nicht.
Der Beklagte war Treuhänder der GVP sowie einer GVP Vermögensberatung GmbH und Geschäftsführer einer GVP Service s.a.r.l. Er wurde mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004, rechtskräftig seit 31. Mai 2005, wegen Betrugs in neun Fällen sowie eines Betrugs in 432 tateinheitlich begangenen Fällen und wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegenstand der Verurteilungen waren keine Straftaten zu Lasten der Klägerin; soweit solche angeklagt waren, sind sie im Verlauf des Strafverfahrens gemäß § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt worden.
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe zusammen mit dem Geschäftsführer zahlreicher GVP-Unternehmen, G., ein Schneeballsystem aufgebaut, dessen Opfer sie geworden sei. Die Gelder der Anleger seien dabei gezielt zweckentfremdet, die Neuanlagen seien für die Zahlung von Renditen und Boni der alten Anleger, für Verluste der GVP-Unternehmensgruppe, Betriebsausgaben und für persönliche Zwecke u.a. des Beklagten verbraucht worden. Ihre Kündigung vom 31. Januar 2001 sei erfolgt, weil ihr gerüchteweise Machenschaften der GVP bekannt geworden seien.
Sie begehrt die Anlagesumme in Höhe von 28.121,05 €, nicht ausgeschüttete Zinsen und den jeweiligen Jahresbonus für die Zeit vom 15. September 1998 bis 31. Januar 2001, entgangene Erträge von der Kündigung bis zum 1. August 2004 (Zinsen und Jahresbonus) sowie Rechtsverfolgungskosten, insgesamt 51.611,53 €.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die behaupteten unerlaubten Handlungen des Beklagten nicht bewiesen habe. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil Ansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt seien. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, vertragliche Beziehungen hätten nur zwischen der Klägerin und der GVP bestanden. Ein Anspruch der Klägerin aus einem Treuhand-Vertrag des Beklagten mit der GVP könne zwar bestehen, wenn der Beklagte für die Klägerin erkennbar als Mittelverwendungstreuhänder eingeschaltet gewesen oder ihr gegenüber als solcher aufgetreten sei. Letztlich könne das jedoch dahinstehen, weil der Beklagte sich erfolgreich auf Verjährung berufe. Die Verjährungsfrist für etwaige vertragliche Ansprüche der Klägerin betrage seit dem 1. Januar 2002 drei Jahre. Am 1. Januar 2002 habe die Klägerin bereits Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners gehabt. Die Kenntnis vom Schaden (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) habe die Klägerin spätestens im Jahre 2001 erlangt, als eine Rückzahlung ihrer Anlagegelder nach der Kündigung vom 31. Januar 2001 nicht erfolgt sei. Kenntnis vom Schädiger habe sie bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Anlagebetrages auf das Konto des Beklagten gehabt; ihr sei aufgrund einer Mitteilung der GVP vom 27. August 1998 auch bekannt gewesen, dass dieses Konto ein Treuhandkonto gewesen sei. Mit Ablauf des 31. Dezember 2004 sei daher die Verjährungsfrist abgelaufen. Die am 17. Dezember 2004 eingereichte Klage habe die Verjährung nicht gehemmt. Sie sei erst am 16. Februar 2005, also nicht "demnächst" zugestellt worden.
Auch deliktische Ersatzansprüche der Klägerin wegen Beihilfe des Beklagten zur Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB) nach einer abredewidrigen Verwendung der eingezahlten Beträge seien verjährt. Es sei zwar unschädlich, dass das Strafurteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004 zum Geldfluss des von der Klägerin eingezahlten Betrages keine Feststellungen getroffen habe. Insoweit habe der Beklagte darlegen müssen, dass er das eingezahlte Geld der Klägerin entsprechend den Vereinbarungen der Klägerin mit der GVP verwendet habe. Mangels einer solchen Darlegung gehe das Berufungsgericht davon aus, dass auch das von der Klägerin gezahlte Geld veruntreut worden sei und der Beklagte hierzu jedenfalls Beihilfe geleistet habe. Die Klägerin habe bereits Anfang 2001 Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger gehabt, denn sie habe gewusst, dass sie das Geld auf das Konto des Beklagten eingezahlt habe und eine Rückzahlung trotz Kündigung nicht erfolgt sei. Auch müsse sie sich die Kenntnis ihrer im Dezember 2000 beauftragten Prozessbevollmächtigten in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Diesen sei im Zusammenhang mit anderen Mandatsverhältnissen bekannt geworden, dass der Beklagte das auf sein Konto geflossene Geld der Anleger nicht in der zugesagten Anlageform verwendet, sondern einem Schneeballsystem zugeführt habe. Das sei ausreichend für den Beginn der Verjährungsfrist spätestens im Frühjahr 2001 gewesen. Der Klägerin sei es zumutbar gewesen, zumindest eine Feststellungsklage zu erheben.
II.
Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, die Ansprüche der Klägerin seien verjährt.
1. Das Berufungsgericht nimmt an, deliktische Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB seien verjährt. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Frage des Verjährungsbeginns nach dem vor dem 1. Januar 2002 geltenden Recht zu beurteilen ist (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).
b) Die Revision wendet sich nicht gegen die ihr günstige Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz zustehe.
c) Mit Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass es für den Beginn der Verjährung gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat (vgl. Senat, Urteile vom 8. Januar 1963 - VI ZR 35/62 - VersR 1963, 285, 286; vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - VersR 2004, 123; RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 852 Rdn. 64).
§ 852 Abs. 1 BGB a. F. verlangt nicht die Kenntnis des Schadensvorgangs in allen Einzelheiten. Für den Verjährungsbeginn reicht im Allgemeinen eine solche Kenntnis aus, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben. Erforderlich ist, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - VersR 1995, 551, 552 m.w.N.).
aa) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Klägerin Kenntnis vom Schaden spätestens im Jahre 2001 erlangt, nachdem ihr der Vermittler K. mitgeteilt hatte, dass "bei der GVP nichts mehr zu holen" sei und auf ihre Kündigung vom 31. Januar 2001 eine Rückzahlung des Anlagebetrages nicht erfolgt war.
bb) Sie hatte damals aber keine Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen. Das Berufungsgericht bejaht diese Kenntnis zwar deshalb, weil die Klägerin gewusst habe, dass sie den Anlagebetrag auf das Konto des Beklagten eingezahlt habe, und auch deshalb, weil sie sich in Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis ihrer Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen müsse. Das hält rechtlicher Prüfung jedoch nicht stand.
(a) Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin Geld auf das Konto des Beklagten eingezahlt hat, ergibt sich nichts dafür, dass sie dessen Namen und Anschrift so genau kannte, dass ihr eine Klageerhebung möglich war (vgl. zu den Voraussetzungen Senat, BGHZ 145, 358, 362 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 345/99 - VersR 2001, 381, 382). Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
(b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, eine Kenntnis der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin von den wesentlichen Tatumständen einschließlich des Verschuldens des Schädigers sei deren Schreiben vom 16. August 2000 an das Amtsgericht Darmstadt nicht zu entnehmen. Die Würdigung des Schreibens der früheren Klägervertreter obliegt zwar in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann sie nur darauf überprüfen, ob sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 37/06 - VersR 2007, 1084). Diese Voraussetzungen liegen jedoch vor. Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung nicht beachtet, dass der Wortlaut des Schreibens der Klägervertreter seine Schlussfolgerung nicht trägt.
Das Schreiben enthält den Antrag des damaligen Antragstellers A. an das Insolvenzgericht, über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Dort schreibt der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin, "nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Darmstadt wurden die Gelder der Anleger jedoch nicht in der zugesagten Anlageform eingestellt bzw. die ausgezahlten Renditen und Boni sowie die Kapitalzahlungen von den Neuanlagen getätigt". Er teilt dann mit, dass der Beklagte "in diesem Zusammenhang" in Untersuchungshaft genommen worden sei und der Strafverteidiger erklärt habe, der Schuldner habe ihm gegenüber geäußert, er wisse nicht, wohin das Geld geflossen sei, er habe kein Geld und er wisse auch nicht, warum er in Untersuchungshaft genommen worden sei. Zahlungen könne er nicht leisten. Der Prozessbevollmächtigte vertritt dann die Ansicht, dass der Schuldner zahlungsunfähig sei; es hätten sich mehrere Geschädigte gemeldet, deren Forderungen zusammen mehrere Millionen DM ausmachten, und fährt fort: "Der Schuldner haftet den Gläubigern jedenfalls deliktisch wegen Betrugs und Veruntreuung". Diesem Wortlaut des Schreibens ist schon kein Anhaltspunkt für eine Kenntnis der ladungsfähigen Anschrift des Beklagten zu entnehmen; auch eine über eine Vermutung hinausgehende Kenntnis von Tatsachen, die einen Betrug oder eine Untreue des Beklagten zum Nachteil der Klägerin ergeben, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Allein der Umstand, dass der damalige Gläubiger sich so wie die Klägerin erfolglos um die Rückzahlung des Geldes bemüht hatte, vermag allenfalls das Tatbestandsmerkmal "Schaden" nahe zu legen.
Zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266, 27 StGB ist dem Schreiben ebenfalls nichts zu entnehmen, was auf eine Kenntnis der Klägerin oder ihres späteren Prozessbevollmächtigten hindeuten würde. Dass "nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Darmstadt die Gelder der Anleger ... nicht in der zugesagten Anlageform eingestellt bzw. die ausgezahlten Renditen und Boni sowie die Kapitalrückzahlungen von den Neuanlagen getätigt wurden", begründet keine für eine Feststellungsklage ausreichende Kenntnis der Klägerin von Handlungen des Beklagten, die eine vom Berufungsgericht bejahte Beihilfe zur Untreue aufzeigten. Welche Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft gemeint waren, blieb offen und ist nicht festgestellt. Dass der Beklagte die von den Anlegern eingezahlten Gelder nicht in der zugesagten Anlageform verwendet, sondern einem "Schneeballsystem" zugeführt habe, war lediglich eine Vermutung aufgrund "erster Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft" und ist einer Tatsachenkenntnis nicht gleichzusetzen.
Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass der Beklagte darlegungspflichtig dazu wäre, wie der Geldfluss des von der Klägerin eingezahlten Betrages im Einzelfall gewesen sei und dass der Beklagte das Geld der Klägerin entsprechend seiner Vereinbarung mit der GVP weitergeleitet habe, durfte das Berufungsgericht nicht zu Lasten der Klägerin deren Kenntnis hiervon unterstellen und durfte auch nicht den Beginn der Verjährung daran anknüpfen. § 852 Abs. 1 BGB a. F. verlangt positive Kenntnis des Geschädigten, damit der Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Der bloße Verdacht steht einer Kenntnis nicht gleich. Das ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senats seit langem anerkannt (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 1960 - VI ZR 2/59 - VersR 1960, 365, 366). Erforderlich ist stets, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - VersR 1995, 551, 552; BGH, BGHZ 102, 246, 248). Dafür genügt nicht die Kenntnis, dass der Beklagte Inhaber eines Kontos war, auf das ein Geschädigter anzulegende Gelder überwiesen hat, die er nicht zurückerhalten hat. Anders als in dem der Entscheidung des erkennenden Senats vom 15. Oktober 1991 (- VI ZR 280/90 - VersR 1992, 207 f.) zugrunde liegenden Sachverhalt, hatte hier die Klägerin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen keine positive Kenntnis davon, dass der Beklagte die vereinnahmten Kundengelder entgegen einer vertraglichen Vereinbarung der Kunden mit der GVP nicht angelegt, sondern mit diesem Geld die ausgezahlten Renditen anderer Anleger und Kapitalrückzahlungen von Neuanlagen getätigt hatte.
Reichen mithin die im Schreiben vom 16. August 2000 erwähnten Umstände für eine positive Kenntnis nicht aus, so kann dahinstehen, ob sich die Klägerin eine Kenntnis ihrer späteren Prozessbevollmächtigten überhaupt zurechnen lassen müsste (vgl. Senat, Urteile vom 9. Februar 1955 - VI ZR 40/54 - VersR 1955, 234; vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - VersR 1989, 914; vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 280/90 - VersR 1992, 207; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - VersR 1993, 1358, 1362).
2. Auch soweit das Berufungsgericht vertragliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten für verjährt hält, hält das einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte für möglich gehalten, diese Frage letztlich aber offen gelassen, weil es auch insoweit Verjährung angenommen hat. Das geht gleichfalls fehl.
a) Das Berufungsgericht erkennt, dass etwaige Ansprüche der Klägerin aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte am 1. Januar 2002 noch nicht verjährt waren (§§ 195, 198 BGB a. F.; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Die Frist für die Verjährung etwaiger vertraglicher Ansprüche beträgt hiernach drei Jahre (§ 195 BGB n. F.) und könnte frühestens vom 1. Januar 2002 an gerechnet werden (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB).
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begann der Lauf dieser Verjährungsfrist jedoch nicht mit dem 1. Januar 2002. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt zwar möglicherweise die erforderliche Kenntnis von der Person des Schuldners (wobei eine Kenntnis von dessen ladungsfähiger Anschrift bislang nicht festgestellt ist, vgl. Senat, BGHZ 145, 358, 362 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 345/99 - aaO), nicht aber die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen.
aa) Die Klägerin hat den Anlagebetrag nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auf das Treuhandkonto des Beklagten eingezahlt. Kenntnis vom Schaden hat die Klägerin erlangt, als sie ihr Geld trotz Kündigung der Anlage am 31. Januar 2001 in der Folgezeit nicht zurückerhalten hat.
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, aus welchem Grund bereits das Unterbleiben der Rückzahlung der Klägerin die Kenntnis davon verschafft haben soll, dass der Beklagte die ihm aus dem mit der GVP zugunsten der Klägerin abgeschlossenen Vertrag obliegenden Pflichten verletzt und dadurch den Schaden verursacht habe. Allein der Umstand, dass der Beklagte als Treuhänder für die GVP tätig war, reicht hierfür nicht aus, wenn der Beklagte nicht auch Treuhänder der Klägerin war. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Wenn die Klägerin hiernach aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte berechtigt gewesen sein sollte, müsste sie den Inhalt des Vertrages zwischen dem Beklagten und der GVP gekannt haben, um Kenntnis von der Verletzung derjenigen Vorschriften zu haben, die ihren - der Klägerin - Schutz bewirken sollten; zugleich hätte sie Kenntnis von der Verletzung dieser Pflichten haben müssen. Dazu fehlen Feststellungen. Deshalb vermag der Senat auf der Grundlage der derzeitigen Feststellungen nicht davon auszugehen, dass auch etwaige vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin verjährt sind.
3. Nach allem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Für den erneut eröffneten Berufungsrechtszug weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass es für die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte nicht darauf ankommt, was die Vertragsparteien letztlich beabsichtigt haben, sondern darauf, wie ihre auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsgehalt zu verstehen sind. Ob ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrags besteht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln. Er wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, ob ein treuwidrig entgegenstehender Wille der Vertragsparteien Beachtung finden kann.
Ende der Entscheidung
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