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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.11.2000
Aktenzeichen: VI ZR 231/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Ad
BGB § 823 Hc
BGB § 844
BGB § 823 Ad, Hc; § 844

a) Zur Abgrenzung des bei einem Anspruch aus unerlaubter Handlung zu ersetzenden Schadens des Verletzten von nicht ersatzfähigen mittelbaren Schäden und Drittschäden.

b) Die Tötung des Schuldners eines Leibgedings stellt keinen Eingriff i.S. des § 823 Abs. 1 BGB in die auf der Leibgedingsvereinbarung beruhenden, im Grundbuch eingetragenen beschränkt dinglichen Rechte des Berechtigten (Reallast, beschränkt persönliche Dienstbarkeit) dar.

BGH, Urteil vom 21. November 2000 - VI ZR 231/99 - OLG Bamberg LG Coburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 231/99

Verkündet am: 21. November 2000

Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2000 durch die Richter Dr. Lepa, Dr. von Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler und Wellner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden die Urteile des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 7. Mai 1999 und des Landgerichts Coburg vom 7. April 1998 teilweise dahin abgeändert, daß die Klage - unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Kläger - auch insoweit abgewiesen wird, als die Kläger Zahlung von 340.487,79 DM nebst Zinsen an sich sowie die Feststellung der Pflicht des Beklagten zum Ersatz künftiger materieller Schäden der Klägerin zu 1) begehrt haben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Kosten 1. Instanz:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger 94% als Gesamtschuldner, darüber hinaus der Kläger zu 2) weitere 2%.

Der Beklagte trägt 4% der Gerichtskosten und 3% der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2).

Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Kosten 2. Instanz:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger 91% als Gesamtschuldner, darüber hinaus der Kläger zu 2) weitere 3%.

Der Beklagte trägt 6% der Gerichtskosten und 12% der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2).

Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Kosten 3. Instanz:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger 87% als Gesamtschuldner, darüber hinaus die Klägerin zu 1) 1%.

Der Beklagte trägt 12% der Gerichtskosten und 22% der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2).

Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz wegen eines Unfalls in Anspruch, der sich am 4. Dezember 1990 im Rahmen von Arbeiten zur Errichtung eines Stallgebäudes ereignet hat.

Die Kläger hatten im Jahre 1987 ihr landwirtschaftliches Anwesen an ihren Sohn übergeben, der ihnen im Gegenzug Versorgungsleistungen zugesagt hatte, die durch ein im Grundbuch eingetragenes Leibgeding gesichert wurden. Ab Dezember 1989 betrieben die Kläger und ihr Sohn die Landwirtschaft im Rahmen einer zwischen dem Kläger zu 2) und seinem Sohn errichteten Gesellschaft des bürgerlichen Rechts; dem Kläger zu 2) stand insoweit eine Gewinnbeteiligung von 30% zu.

Im Jahre 1990 beauftragte die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die S. GmbH (frühere Beklagte zu 2) mit der Lieferung und Errichtung eines Fertigstalls. Die S. GmbH ihrerseits erteilte dem Beklagten, der ein selbständiges Unternehmen für "Vertretungen mit Montagen" führte, den Auftrag, als Richtmeister die Montage einschließlich Bauleitung durchzuführen. Entsprechend der Vereinbarung mit der S. GmbH arbeiteten der Kläger zu 2) und sein Sohn bei der Errichtung des Stalles mit. Am Unfalltag stürzten während der Bauarbeiten Fertigwandteile, die auf dem Stallboden in Paketen gelagert waren, um und begruben den Kläger zu 2) und seinen Sohn unter sich. Letzterer verstarb; er wurde von den Klägern beerbt. Der Kläger zu 2) erlitt schwere Verletzungen, unter denen er weiterhin leidet.

Die Kläger sind der Auffassung, den Beklagten treffe die haftungsrechtliche Verantwortung für das Unfallgeschehen, da er die Fertigwandteile entgegen bestehender Unfallverhütungsvorschriften nicht hinreichend gesichert habe. Sie haben - neben einem Anspruch auf Schmerzensgeld und auf Ersatz von Heilungskosten für den Kläger zu 2) - vor allem Verluste und Aufwendungen geltend gemacht, die ihnen entstandenen seien, weil es ihnen nach dem Tode ihres Sohnes nicht mehr möglich gewesen sei, den landwirtschaftlichen Betrieb weiterzuführen, unter anderem lebendes und totes Inventar unter Wert habe verkauft werden müssen und investierte Kosten nutzlos geworden seien; darüber hinaus hätten sie die Leistungen ihres Sohnes auf das Leibgeding verloren.

Das Landgericht hat dem Kläger zu 2) ein Schmerzensgeld von 30.000 DM, eine Schmerzensgeldrente von monatlich 700 DM sowie einen Betrag von 2.422,74 DM für Heilungskosten zugesprochen. Ferner hat es den Beklagten verurteilt, an die Kläger 307.499,46 DM wegen der aus der Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebes resultierenden Schäden und Kosten und wegen des Verlusts des Leibgedings zu bezahlen. Darüber hinaus hat es die Pflicht des Beklagten festgestellt, den Klägern allen künftigen materiellen, dem Kläger zu 2) auch allen künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben; auf die Anschlußberufung der Kläger hat das Oberlandesgericht den im Hinblick auf die Abwicklung des landwirtschaftlichen Betriebes und den Verlust des Leibgedings zu leistenden Ersatzbetrag auf 340.487,79 DM erhöht. Die auf vollständige Klageabweisung gerichtete Revision des Beklagten hat der Senat nur insoweit angenommen, als sie sich dagegen richtet, daß der Beklagte zur Zahlung von 340.487,79 DM nebst Zinsen an die Kläger verurteilt und die Verpflichtung des Beklagten festgestellt worden ist, der Klägerin zu 1) sämtlichen künftigen materiellen Schaden aus dem Unfallereignis zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß der Beklagte wegen der schuldhaften Verletzung seiner ihm als verantwortlichem Bauleiter obliegenden Aufgaben verpflichtet sei, den Klägern gemäß § 823 Abs. 1 BGB in vollem Umfang Schadensersatz zu leisten. Hierzu gehören nach der Meinung des Berufungsgerichts - in Bestätigung des Urteils des Landgerichts - auch die finanziellen Beeinträchtigungen, die auf den Verlust der Leistungen aus dem Leibgeding infolge des Todes des Sohnes der Kläger und darauf zurückzuführen seien, daß der landwirtschaftliche Betrieb nach dem Unfall habe aufgegeben werden müssen, dabei Verkaufsverluste und Abwicklungsaufwendungen aufgetreten seien und geleistete Investitionen sich als nutzlos erwiesen hätten. Über die bereits im ersten Rechtszug zugesprochenen Beträge (Wert des verlorenen Leibgedinges 220.243 DM, Verluste beim Tierverkauf 7.747 DM und bei der Stallveräußerung 78.962,14 DM, Aufwendungen für Annoncen 547,32 DM) hinaus hat das Berufungsgericht noch Anwaltskosten im Rahmen der Verkaufsabwicklung (5.199,54 DM), nutzlos entstandene Montagekosten (4.302,13 DM) und den Wert vergeblich erbrachter Eigenleistungen (23.486,86 DM) für ersatzfähig erachtet. Für die Zukunft hält das Berufungsgericht den Beklagten für verpflichtet, den Klägern eine eventuelle "Beeinträchtigung der Versorgungsleistungen" auszugleichen.

II.

Das Berufungsurteil ist, soweit es um die noch im Streit befindlichen Teile des Rechtsstreits geht, nicht frei von Rechtsfehlern. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es insoweit an einer tragfähigen Anspruchsgrundlage für die den Klägern zugesprochenen Forderungen. Hinsichtlich der finanziellen Beeinträchtigungen durch die Betriebsaufgabe und den Verlust der Leistungen ihres Sohnes aus dem zugesagten Leibgeding stehen ihnen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten nicht zu, weder auf deliktsrechtlicher noch auf vertragsrechtlicher Grundlage, weder aus eigenem noch aus ererbtem Recht.

1. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs der Kläger aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung eines eigenen deliktsrechtlich geschützten Rechtsgutes sind hinsichtlich keiner der noch streitigen Schadenspositionen erfüllt.

a) Soweit das Berufungsgericht den Klägern Ersatz von Verlusten und Aufwendungen im Hinblick auf die Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes in der Gesamthöhe von 120.244,99 DM zugesprochen hat, rechtfertigt sich die Verurteilung nicht aus der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Beklagten für eine gegenüber den Klägern begangene unerlaubte Handlung.

aa) Zwar geht das Berufungsgericht - wie der Senat bereits durch die teilweise Nichtannahme der Revision entschieden hat - rechtlich beanstandungsfrei davon aus, daß der Beklagte dem Kläger zu 2) deliktsrechtlich für die Schadensfolgen einzustehen hat, die auf seinen durch den Unfall hervorgerufenen schweren körperlichen Verletzungen beruhen. Indessen gehören die vorliegend geltend gemachten, im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe stehenden vermögensrechtlichen Beeinträchtigungen nicht zu dem insoweit ersatzfähigen Schaden:

Zum einen beruhte die Notwendigkeit der Betriebsaufgabe, wie den tatrichterlichen Feststellungen zu entnehmen ist, auf dem Unfalltod des Sohnes der Kläger. Mittelbare vermögensrechtliche Nachteile, die aus der Verletzung absoluter Rechtsgüter eines Dritten resultieren, können jedoch deliktsrechtlich - abgesehen von den in §§ 844, 845 BGB geregelten Ausnahmefällen - grundsätzlich nicht haftungsrechtlich geltend gemacht werden.

Vor allem aber waren die Kläger nicht (Allein-) Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes und Eigentümer der ihm zuzurechnenden Vermögensgegenstände. Vielmehr hatten sie den Hof nebst Inventar an ihren Sohn übertragen. Die Landwirtschaft wurde im Unfallzeitpunkt im Rahmen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts geführt, an welcher der Kläger zu 2) mit einem Gewinnanteil von 30% beteiligt war. Der Kläger zu 2) konnte - aus eigenem Recht - auf der Grundlage des § 823 Abs. 1 BGB daher nur solche (Folge-) Schäden ersetzt verlangen, die auf der Beeinträchtigung seines Gesellschaftsanteils durch die unfallbedingte Verletzung seines Körpers und seiner Gesundheit beruhten, etwa eine Minderung des ihm zustehenden Gewinnanteils aus der Gesellschaft infolge des Ausfalls seiner Arbeitskraft (vgl. dazu z.B. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 152/92 - VersR 1994, 316, 318 m.w.N.) oder gegebenenfalls eine Beeinträchtigung seines - nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zu bestimmenden - Auseinandersetzungsguthabens bei einer auf seiner eigenen gesundheitlichen Schädigung beruhenden Notwendigkeit des Ausscheidens aus der Gesellschaft oder ihrer Liquidierung. Derartige Ansprüche werden im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht geltend gemacht und sind nicht Gegenstand des mit der Revision nunmehr noch angefochtenen Urteilsausspruchs; hinsichtlich einer Beeinträchtigung der gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligung wurde die zunächst auch in dieser Richtung erhobene Klage vielmehr im ersten Rechtszug sogar ausdrücklich zurückgenommen.

bb) Ein Anspruch des Klägers zu 2) auf Ersatz der in Rede stehenden Schadensposition aus einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Hinblick auf den unfallbedingten Tod des Sohnes, von dessen Einsatz der Bestand des landwirtschaftlichen Unternehmens entscheidend abhing, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil in der Verletzung oder der Tötung des Inhabers oder Mitarbeiters eines Unternehmens kein deliktsrechtlich relevanter Eingriff in den Gewerbebetrieb gesehen werden kann (vgl. dazu BGHZ 7, 30, 35 f.).

cc) Ein auf eigenem Recht beruhender deliktischer Schadensersatzanspruch der Klägerin zu 1) wegen der durch die Betriebsaufgabe eingetretenen Vermögensnachteile scheitert bereits daran, daß sie bei dem Unfall selbst ihrerseits nicht verletzt worden ist und ein Eingriff in ein ihr sonst insoweit zustehendes absolutes Recht nicht ersichtlich ist.

b) Soweit die Kläger den Ersatz eines aus dem "Verlust des Leibgedings" resultierenden Schadens begehren (im Berufungsurteil mit 220.243 DM zugesprochen), steht ihnen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ebenfalls kein deliktsrechtlicher Anspruch zu.

aa) Insbesondere geht es hier nicht um einen Folgeschaden aus den gemäß § 823 Abs. 1 BGB ersatzpflichtigen Unfallverletzungen des Klägers zu 2). Wenn die Kläger nunmehr von ihrem Sohn im Rahmen der Altenteilsvereinbarung vertraglich zugesagte Versorgungsleistungen (etwa die Instandhaltung der Wohnung, Bereitstellung von Tischkost, Pflege bei Alter und Gebrechlichkeit etc.) nicht mehr erhalten können, beruht dies darauf, daß der Sohn (als Schuldner dieses Leibgedings) unfallbedingt verstorben ist, also auf der unerlaubten Handlung des Beklagten gegenüber einem Dritten. Hieraus können die Kläger jedoch (außerhalb der Regelungen der §§ 844 Abs. 2, 845 BGB) keine eigenen deliktsrechtlichen Ansprüche herleiten.

bb) Das Leibgeding (vgl. dazu Art. 96 EGBGB) war allerdings im Grundbuch durch eine beschränkte dingliche Belastung am Hofgrundstück abgesichert, und zwar in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit und einer Reallast. Der von den Klägern geltend gemachte Schadensersatzanspruch rechtfertigt sich jedoch auch nicht aus einer deliktsrechtlich relevanten Beeinträchtigung dieser dinglichen Rechtsposition.

Zwar können auch beschränkte dingliche Rechte (Hypothek, Grundschuld, Dienstbarkeit, Reallast) als "sonstige Rechte" im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB geschützt sein (vgl. dazu z.B. BGHZ 65, 211, 212; 92, 280, 292; Senatsurteile vom 25. September 1964 - VI ZR 140/63 - VersR 1964, 1201 und vom 6. November 1990 - VI ZR 99/90 - NJW 1991, 695, 696). Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung dieser Rechte setzt aber einen "grundstücksbezogenen" Eingriff voraus, der sich dahin auswirkt, daß die Verwirklichung des jeweiligen Rechts am Grundstück als solches durch rechtliche oder tatsächliche Maßnahmen beeinträchtigt wird (z.B. durch die Verschlechterung des Grundstücks, vgl. BGHZ 65, 211, 212, die Veräußerung und Entfernung von Zubehörstücken, vgl. BGHZ 92, 280, 292 oder die Grundstücksverpachtung entgegen der eine solche verbietenden Grunddienstbarkeit, vgl. Senatsurteil vom 25. September 1964 - VI ZR 140/63 - aaO). Ein solcher Eingriff liegt hingegen nicht bereits allein in der Tötung des persönlichen Schuldners der dinglich gesicherten Forderung, also vorliegend nicht in dem auf der unerlaubten Handlung des Beklagten beruhenden Tod des Sohnes.

Darüber hinaus hätte ein Schadensersatzanspruch wegen Eingriffs in die grundstücksrechtliche Position der Kläger zur Voraussetzung, daß sich das Verschulden des Beklagten auf diese Rechtsverletzung erstreckte, letzterer also mit einer entsprechenden Grundstücksbelastung rechnen mußte (vgl. dazu BGHZ 65, 211, 216). Hierfür sind dem festgestellten Sachverhalt jedoch keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen.

c) Die vorliegend streitigen Schadenspositionen können den Klägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Unterhaltsschadens nach § 844 Abs. 2 BGB oder entgangener Dienstleistungen des "Hauskindes" gemäß § 845 BGB zugesprochen werden.

aa) Für die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 844 Abs. 2 BGB, der das Bestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Sohnes der Kläger gegenüber seinen Eltern vorausgesetzt hätte, ist in diesem Verfahren nichts festgestellt oder vorgetragen. Ein Verlust vertraglich vereinbarter Unterhaltsleistungen, wie sie im Leibgeding enthalten waren, reicht im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB nicht aus.

bb) Ein Ersatzanspruch gemäß § 845 BGB scheidet hier schon deswegen aus, weil der getötete Sohn der Kläger nicht aufgrund familienrechtlicher Dienstleistungspflicht in deren landwirtschaftlichem Anwesen mitarbeitete (vgl. hierzu z.B. BGHZ 137, 1, 4 ff.; Senatsurteil vom 6. November 1990 - VI ZR 37/90 - NJW 1991, 1226, 1227), sondern ihm der Hof zuvor übertragen worden war und die gemeinsame Arbeit nunmehr auf gesellschaftsrechtlicher Ebene durchgeführt wurde.

2. Den Klägern stehen auch keine hier relevanten deliktsrechtlichen Ansprüche auf Schadensersatz als Erben ihres beim Unfall getöteten Sohnes zu.

Derartige Ansprüche kämen von vornherein höchstens insoweit in Betracht, als auf die Kläger im Erbgang übergegangene Vermögensrechte ihres Sohnes, etwa im Hinblick auf dessen Berechtigung am landwirtschaftlichen Anwesen und den zugehörigen Vermögenswerten, unfallbedingt beeinträchtigt wurden. Insoweit ist dem getöteten Sohn aber kein ersatzfähiger Schaden entstanden, der nunmehr vom Beklagten gegenüber den Klägern auszugleichen wäre. Insbesondere rechnen hierzu nicht Verluste, die erst nach dem Tode des Sohnes durch die Betriebsaufgabe verursacht worden sind.

Die Kläger, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtstellung ihres Sohnes eingerückt sind, sind auf diejenigen Ersatzansprüche gegen den Schädiger beschränkt, die auch der Erblasser schon zu seinen Lebzeiten hätte geltend machen können, selbst wenn die Folgen des Schadensereignisses noch über den Erbfall hinauswirken und das Vermögen des Erblassers nach seinem Tod nunmehr in der Person der Erben schädigen (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 1962 - VI ZR 65/61 - VersR 1962, 337, 338; BGH, Urteil vom 8. Januar 1968 - III ZR 32/67 - FamRZ 1968, 308). Der Erbe muß den Nachlaß so hinnehmen, wie er ihn im Augenblick des Erbfalls erwirbt, also mit den Wertverlusten, die die einzelnen Vermögensstücke des Erblassers häufig mit seinem Ableben erfahren. Der Erbe hat daher keinen Ersatzanspruch gegen den für den Todesfall verantwortlichen Schädiger, wenn er das vom Erblasser betriebene Erwerbsgeschäft nicht fortführen kann und aufgeben muß und bei der Verwertung Mindererlöse erzielt oder sonstige Vermögensnachteile erleidet (vgl. Senatsurteile vom 21. September 1965 - VI ZR 78/64 - VersR 1965, 1077, 1078 und vom 25. Januar 1972 - VI ZR 75/71 - VersR 1972, 460, 461).

3. Vertragliche Ansprüche der Kläger gegenüber dem Beklagten bestehen hinsichtlich der vorliegend geltend gemachten Schäden ebenfalls nicht.

Der Beklagte stand nicht in vertraglichen Beziehungen zu den Klägern oder der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, durch welche die Landwirtschaft betrieben wurde. Er war vielmehr aufgrund Werkvertrags mit der S. GmbH deren Subunternehmer. Ob es hier denkbar wäre, den Kläger zu 2) im Hinblick auf die vertraglich mit der S. GmbH vereinbarte Mitarbeit bei der Stallmontage als in den Schutzbereich des Werkvertrags zwischen der S. GmbH und dem Beklagten einbezogenen Dritten zu erachten, kann offenbleiben (vgl. hierzu z.B. BGHZ 133, 168, 171 f.; OLG Braunschweig, NJW-RR 1986, 1314). Denn ein eventuell hieraus resultierender Ersatzanspruch des Klägers zu 2) könnte nur die Schäden erfassen, die auf der Verletzung dieses Klägers selbst (als möglicherweise in den Schutzbereich einbezogener Person) beruhen. Das ist aber - wie bereits im Zusammenhang mit den deliktsrechtlichen Ansprüchen erörtert - bei den hier noch streitigen Schadenspositionen gerade nicht der Fall.

4. Mangels einer Anspruchsgrundlage für die Klägerin zu 1) auf Ersatz ihr künftig entstehender materieller Schäden kann auch der dahingehende Feststellungsausspruch im Berufungsurteil keinen Bestand haben.

III.

Da weitere Feststellungen nicht mehr zu treffen sind, hat der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst entschieden. Der Kostenausspruch beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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