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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.10.2003
Aktenzeichen: VI ZR 334/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO a.F. § 519 Abs. 3 Nr. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 7. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen sowie die Richter Pauge und Zoll
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 18. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert: 86.919,62 €
Gründe:
I.
Die Kläger haben die Beklagten mit der vorliegenden Klage wegen einer Presseveröffentlichung auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift enthält auf S. 2 eine kurze Darstellung der beanstandeten Punkte in dem angefochtenen Urteil; S. 2 bis 19 enthalten eine wortwörtliche Wiederholung der Klageerwiderung (mit Ausnahme einer etwas abgewandelten Überschrift auf S. 17). Anschließend daran heißt es, im übrigen werde, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Klageerwiderung Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung durch das angegriffene Urteil als unzulässig verworfen, weil die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. nicht entspreche. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten; sie halten die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für geboten.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist statthaft und in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 544 Abs. 1, 2 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die Beklagten keinen Grund für die Zulassung der Revision dargelegt haben (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert entgegen der Ansicht der Beklagten keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
1. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts, abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Divergenz, dann erforderlich, wenn über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht. Dies ist der Fall, wenn vermieden werden soll, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, die nicht den Charakter einer Divergenz im herkömmlichen Sinn haben; darüber hinaus besteht ein maßgebliches Allgemeininteresse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts auch dann, wenn das Berufungsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - NJW 2003, 1943, 1945 f. m.w.N.). Die Revision ist deshalb bei einem Verstoß gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen, insbesondere gegen Verfahrensgrundrechte der Parteien zuzulassen (BGH, aaO, S. 1946 m.w.N.).
2. Einen solchen Verstoß des Berufungsgerichts, der im vorliegenden Einzelfall klar zu Tage treten müßte (vgl. BGHZ 151, 221, 226 ff. und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO, S. 1947), zeigt die Beschwerde nicht auf. Insbesondere wird durch das angegriffene Urteil der Zugang der Beklagten zur Berufungsinstanz nicht in einer verfahrens- und verfassungsrechtlich zu beanstandenden Weise verkürzt, die zu einer Korrektur durch das Revisionsgericht nötigt.
a) Die Auslegung und Anwendung des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. durch das Berufungsgericht sind im Ansatz nicht zu beanstanden. Es nimmt an, die Vorschrift solle eine ausreichende Vorbereitung des Rechtsstreits für die Berufungsinstanz gewährleisten, indem der Berufungsführer angehalten werde, die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten werde; es reiche daher nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senatsurteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - VersR 2002, 999, 1000; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 -III ZR 265/98 - NJW 1999, 3126, jeweils m.w.N.).
Danach ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die pauschale Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag und die in erster Instanz vorgelegten Unterlagen sowie die wörtliche Wiederholung der Klageerwiderung stellten keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung dar, nicht zu beanstanden. Da sich Ausführungen zu dem Schadensersatzanspruch nur in den die Klageerwiderung wiederholenden Ausführungen finden, nimmt das Berufungsgericht auch zutreffend an, daß zu diesem Punkt jegliche Begründung fehlt.
b) Fraglich kann nur sein, ob das Berufungsgericht die einleitenden Ausführungen auf Seite 2 der Berufungsbegründung als ausreichende Begründung ansehen mußte. Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht habe gegen die gefestigte Rechtsprechung verstoßen, wonach die angeführten Berufungsgründe weder schlüssig noch rechtlich haltbar sein müssen (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - aaO; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98 - aaO); eine Prüfung der Schlüssigkeit und Haltbarkeit der Berufungsgründe nehme das Berufungsgericht gerade vor.
Dem kann nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht greift die Ausführungen auf Seite 2 der Berufungsbegründung zwar argumentativ auf. Dies erfolgt aber offensichtlich, um darzustellen, daß die Vorbemerkungen inhaltlich lediglich auf den erstinstanzlichen Vortrag verweisen, aber in keiner Weise auf die Ausführungen des Landgerichts zu den einzelnen Punkten eingehen. Dieses Verständnis der Vorbemerkungen liegt nahe und ist zumindest vertretbar. Eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des Landgerichts fehlt, worauf die Kläger schon in der Berufungserwiderung zutreffend hingewiesen haben, völlig. Soweit eine Begründung vorhanden ist, erschöpft sie sich auch hier in einem Hinweis auf das bereits erstinstanzlich Vorgetragene, ohne auf die dagegen in dem Urteil des Landgerichts angeführten Gründe einzugehen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der vom Landgericht bejahten Prüfungspflicht der Beklagten. Das Landgericht hat im einzelnen ausgeführt, warum die Ermittlungen und der Strafbefehl die Berichterstattung der Beklagten nicht rechtfertigten; darauf geht - worauf das Berufungsgericht zutreffend abstellt - die Berufungsbegründung in keiner Weise ein.
Danach ist ein Fehler des Berufungsgerichts, der die Zulassung der Revision erfordert, nicht dargelegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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