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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.02.2005
Aktenzeichen: VII ZB 22/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 71 Abs. 2 | |
ZPO § 72 | |
ZPO § 74 | |
ZPO § 567 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 10. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Wiebel, Dr. Kuffer, Bauner und die Richterin Safari Chabestari
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde der Streitverkündeten gegen den Beschluß des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Juni 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 4.000 €.
Gründe:
I.
Die Streitverkündete wendet sich gegen die ihr gegenüber bewirkte Zustellung der Streitverkündungsschrift der Klägerin.
Die Streitverkündete ist in dem von der Klägerin beantragten selbständigen Beweisverfahren über die Ursache von Rißbildungen in Bodenplatten einer Eingangshalle zur Sachverständigen bestellt worden. Nach Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens hat die Klägerin beim Landgericht gegen den mit der Planung und Überwachung des Gewerks beauftragten Beklagten Klage auf Schadenersatz erhoben. Nachdem das Landgericht einen anderen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hatte, hat die Klägerin der Sachverständigen des selbständigen Beweisverfahrens den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten. Zur Begründung hat die Klägerin angeführt, möglicherweise bestehe ein Regreßanspruch gegen die Streitverkündete wegen Fehlerhaftigkeit ihres Gutachtens. Der Schriftsatz ist der Streitverkündeten zugestellt worden. Sie hat hiergegen Beschwerde erhoben und beantragt, die Zustellung rückgängig zu machen oder zu widerrufen, hilfsweise sie für unwirksam zu erklären.
Das Landgericht hat in der Hauptsache den Beklagten zur Zahlung von 48.900,- € verurteilt und dessen Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde nach und wegen des noch entstehenden Schadens festgestellt. Der Beklagte hat seine Berufung zurückgenommen.
Das Landgericht hat die Anträge der Streitverkündeten zurückgewiesen. Ihre sofortige Beschwerde wurde verworfen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Streitverkündete ihre ursprünglichen Anträge weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Beschwerde sei gemäß § 567 ZPO unstatthaft. Die Zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuchs im Sinne des § 567 ZPO liege nicht vor, weil die Streitverkündete nicht Partei des Verfahrens sei. Die Zustellung begründe als prozeßleitende Verfügung für die Streitverkündete keine Beschwerdebefugnis, weil sie nicht grob gesetzwidrig sei. Die Zustellung könne allenfalls in Fällen, in denen die Streitverkündung ersichtlich unzulässig sei, weil sie sich nicht gegen einen Dritten im Sinne des § 72 ZPO richte, wegen Rechtsmißbrauchs verweigert werden.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Die vom Beschwerdegericht vertretene Auffassung, ein das Verfahren betreffendes Gesuch im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO liege nicht vor, weil es nicht von einer Partei, sondern von einem am Prozeß nicht beteiligten Dritten ausgehe, ist rechtsfehlerhaft. Nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt, wenn es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Die Zustellung der Streitverkündungsschrift begründete gegenüber der Streitverkündeten die Wirkungen des § 74 ZPO, so daß sie nicht mehr als gänzlich außerhalb des Verfahrens stehende Dritte betrachtet werden kann.
b) Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die sofortige Beschwerde eines Streitverkündeten gegen die Zurückweisung des Antrags, die Zustellung der Streitverkündungsschrift "rückgängig zu machen oder zu widerrufen", bereits nach § 567 ZPO unstatthaft ist. Ferner braucht nicht entschieden zu werden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Streitverkündete die Entscheidung des Gerichts in analoger Anwendung des § 71 Abs. 2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechten kann, durch die sein Antrag, die Zustellung der Streitverkündungsschrift für unwirksam zu erklären, zurückgewiesen worden ist. Sowohl die sofortige Beschwerde der Streitverkündeten als auch das mit ihr weiter verfolgte Begehren aus den vor dem Landgericht gestellten Anträgen war bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung jedenfalls wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig. Das Rechtsschutzinteresse entfällt, wenn sich das laufende Verfahren vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts erledigt und eine spätere Beschwerdeentscheidung den Beschwerdeführer nicht mehr besser stellen könnte (OLG Köln, NJW-RR 1989, 1406; Zöller-Gummer, ZPO, 24. Aufl. § 567 Rn. 12 m. Nachw.).
aa) Das Interesse der Streitverkündeten an Rückgängigmachung oder Widerruf der Zustellung der Streitverkündungsschrift und daran, die Zustellung für unwirksam zu erklären, war jedenfalls nach rechtskräftigem Abschluß des Rechtsstreits in der Hauptsache im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung entfallen. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Streitverkündete nicht mehr die Gefahr, von der Klägerin im Wege des Regresses auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden. Das Landgericht hat in seinem Urteil die Schadenersatzverpflichtung des Beklagten dem Grunde nach uneingeschränkt festgestellt und den geltend gemachten Zahlungsanspruch lediglich zur Höhe teilweise abgewiesen. Das Urteil ist nach Zurücknahme der Berufung noch vor der Beschwerdeentscheidung rechtskräftig geworden. Da danach der Beklagte der Klägerin dem Grunde nach in vollem Umfang haftet, liegen die Voraussetzungen für einen Regreß der Klägerin gegen die Streitverkündete nicht vor.
bb) Die Streitverkündete kann zudem durch eine günstige Beschwerdeentscheidung eine Verbesserung ihrer Rechtsposition nicht mehr erreichen. Sie hat das Rechtsschutzinteresse damit begründet, daß auf sie als gerichtlich bestellte Sachverständige durch die Streitverkündung unangemessener Druck ausgeübt werde. Sie könne sich wegen der von ihr zu verlangenden Unparteilichkeit nicht dadurch schützen, daß sie im anhängigen Rechtsstreit einer Partei beitrete. Diesem Interesse kann jedoch nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache auch durch eine stattgebende Beschwerdeentscheidung nicht mehr Rechnung getragen werden. Mit rechtskräftiger Hauptsacheentscheidung entfallen auch die mit der gerichtlichen Bestellung verbundenen Pflichten des Sachverständigen. Eine weitere Befassung der Streitverkündeten als Sachverständige und damit auch eine Einflußnahme seitens der Parteien ist im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr zu besorgen gewesen.
c) Die Rechtsbeschwerde, mit der die Streitverkündete trotz dieses Wegfalls des Rechtsschutzinteresses ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgt, war daher kostenpflichtig als unbegründet zurückzuweisen. Ein gerichtlicher Hinweis auf die Unzulässigkeit war nicht erforderlich, da die Rechtsbeschwerde voraussichtlich auch in der Sache erfolglos geblieben wäre.
Ende der Entscheidung
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