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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: VII ZB 28/06
Rechtsgebiete: BRAGO
Vorschriften:
BRAGO § 22 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 11. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Haß, Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Februar 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 516,20 €
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit einer Hebegebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach § 22 BRAGO.
Der Rechtsstreit zwischen den Parteien wurde vor dem Landgericht mit einem Vergleich beendet, in welchem sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin 385.357,50 € zuzüglich 133.642,50 € Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe einer Bauhandwerkersicherungsbürgschaft zu zahlen und ihrerseits eine Vertragserfüllungsbürgschaft herauszugeben. In § 1 c des Vergleichs wurde bestimmt, dass die Zahlung der Vergleichssumme spätestens zum 15. Februar 2005 auf das Anderkonto des Beklagtenvertreters zu erfolgen habe. Auch die Bürgschaften sollten nach § 1 d des Vergleichs an den Vertreter der Beklagten zu treuen Händen übergeben werden. Von den Kosten des Rechtsstreits haben nach § 3 des Vergleichs die Klägerin ein Drittel, die Beklagte zwei Drittel zu tragen. In § 4 wurde bestimmt, dass dieser Vergleich gegenstandslos werde, wenn nicht die Zahlung der Vergleichssumme innerhalb der Frist des § 1 c erfolge.
In ihren Kostenausgleichsantrag stellte die Beklagte eine Hebegebühr ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.335 € zuzüglich Mehrwertsteuer = 1.548,60 € brutto ein. Das Landgericht setzte die von der Klägerin zu erstattenden Kosten unter Berücksichtigung dieser Hebegebühr fest. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Berücksichtigung der Hebegebühr.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Hebegebühr für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gehört zu den Kosten des Rechtsstreits und ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO erstattungsfähig.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Hebegebühr sei gemäß § 22 BRAGO dadurch entstanden, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Vergleichssumme auftragsgemäß von der Beklagten in Empfang genommen und diese nach Vorliegen der Vergleichsvoraussetzungen an die Klägerin weitergeleitet habe.
Sie sei im vorliegenden Fall auch im Umfang der von der Klägerin nach dem Vergleich zu tragenden Kostenquote von einem Drittel erstattungsfähig. Zwar begründe nicht allein die Tatsache der Vergleichsregelung als solche die Notwendigkeit der Einschaltung des Anwalts in den Zahlungsvorgang. Die Erstattungsfähigkeit sei dann zu verneinen, wenn es keinen besonderen Grund dafür gebe, bei der Zahlungsabwicklung die vergütungspflichtigen Dienste eines Anwalts in Anspruch zu nehmen, so dass die dennoch im Vergleich erfolgte Regelung nur auf Wunsch und im Interesse des Auftraggebers des Anwalts erfolge. Es lägen hier jedoch nach dem Vergleichsinhalt besondere Gründe vor, welche die Erhebung des Geldbetrages durch einen Rechtsanwalt rechtfertigen würden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Vergleich unter der aufschiebenden Bedingung der fristgerechten Zahlung der Vergleichssumme gestanden habe und daher die Überwachung bzw. verbindliche Feststellung des rechtzeitigen Eingangs durch eine treuhänderisch tätige Person habe gewährleistet werden müssen.
Weiter ist das Beschwerdegericht der Auffassung, dass bei einer vergleichsweisen Regelung im Anwaltsprozess auf die Entstehung der Hebegebühr nicht besonders hingewiesen werden müsse.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Anspruch auf die Hebegebühr zusteht.
Der Gebührentatbestand des § 22 Abs. 1 BRAGO ist erfüllt. Hierfür ist ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den an ihn geleisteten Betrag an die Klägerin ausgezahlt hat. Eine reine Botentätigkeit, die nicht zum Anfallen der Gebühr führen würde (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 22 BRAGO Rdn. 8), liegt schon deswegen nicht vor, weil die Zahlung nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Bauhandwerkersicherungsbürgschaft zu erfolgen hatte und der Rechtsanwalt dies bei der Weitergabe des Geldes beachten musste.
Unerheblich ist, dass der Prozessbevollmächtigte nicht an seinen Auftraggeber, sondern an die gegnerische Partei auszahlte (vgl. Hartmann aaO Rdn. 3).
Ob der Prozessbevollmächtigte der Beklagten diese vor Abschluss des Vergleichs darauf hätte hinweisen müssen, dass die Hebegebühr anfällt, bedarf keiner Entscheidung. Eine Hinweispflicht hätte nämlich allenfalls bestanden, wenn und soweit die Hebegebühr nicht erstattungsfähig ist (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., "Hebegebühr" 6; AnwKomm-BRAGO-Schneider § 22 Rdn. 56). Davon ist hier, wie sogleich auszuführen ist, nicht auszugehen.
b) Die streitige Gebühr betrifft auch notwendige Kosten im Sinne von § 91 ZPO und ist daher im Kostensetzungsverfahren zu berücksichtigen.
aa) Allerdings ergibt sich die Notwendigkeit nicht schon daraus, dass die Zahlung an den Prozessbevollmächtigten im Prozessvergleich vereinbart war (so aber KG JurBüro 1981, 1349; OLG Nürnberg JurBüro 1962, 342, 343; OLG Nürnberg Rpfleger 1963, 137; Wieczorek/Schütze/Steiner, 3. Aufl., § 91 ZPO Rdn. 59; AnwKomm-BRAGO-Schneider § 22 Rdn. 62; Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 22 BRAGO Rdn. 26; Riedel/Sußbauer/Frauenholz, BRAGO, 8. Aufl., § 22 Rdn. 15; anderer Ansicht OLG Hamburg MDR 1991, 679; OLG München NJW-RR 1998, 1452, 1453; offen lassend OLG Nürnberg JurBüro 1968, 398, 399; OLG Schleswig JurBüro 1999, 137, 138; Göttlich/Mümmler, aaO 7.1). Einer solchen Regelung können vielfältige Gründe zugrunde liegen, die nicht ohne weiteres mit einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Zusammenhang stehen müssen. Dann aber erscheint es nicht gerechtfertigt, die Hebegebühr ohne weitere Prüfung der Notwendigkeit als erstattungsfähig anzusehen.
bb) Das Beschwerdegericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass aus besonderen Gründen die Einschaltung des Prozessbevollmächtigten in den Zahlungsvorgang erforderlich war. Der Umstand, dass die Wirksamkeit des Vergleichs von der rechtzeitigen Zahlung der Beklagten abhing, begründete für beide Parteien ein besonderes Bedürfnis, den Eingang der Zahlung durch einen der Prozessbevollmächtigten überwachen zu lassen. Soweit die Rechtsbeschwerde auf die Möglichkeit verweist, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu zahlen, ist ihr entgegenzuhalten, dass dann für diesen die Hebegebühr angefallen wäre. Die direkte Zahlung an die Klägerin hätte nicht sicherstellen können, dass die Klägerin die Leistung nur erhält, wenn sie die ihr obliegende Gegenleistung erbringt, und der vereinbarte Zahlungstermin auch dann eingehalten werden kann, wenn die Klägerin die Bürgschaft noch nicht herausgegeben hat. Schließlich hätte auch die Zahlung auf ein Bankkonto, über das die Parteien nur gemeinschaftlich hätten verfügen können, nicht dem Bedürfnis Rechnung getragen, dass der rechtzeitige Zahlungseingang und damit das Wirksamwerden des Vergleichs von einem Organ der Rechtspflege überwacht werden. Ohne Bedeutung ist demgegenüber, dass die Beklagte an ihren Prozessbevollmächtigten gezahlt hat, nicht an den des Gegners. Dies ändert nichts daran, dass die Einschaltung des Rechtsanwalts im Interesse beider Parteien lag, die den Rechtsstreit durch den Vergleich beenden wollten.
cc) Die Erstattungsfähigkeit wird auch nicht dadurch gehindert, dass die Klägerin auf die Entstehung der Hebegebühr nicht hingewiesen wurde (so aber OLG München JurBüro 1992, 178; NJW-RR 1998, 1452, 1453). Jedenfalls gegenüber einer anwaltlich vertretenen Partei besteht kein Anlass, eine Hinweispflicht des Gegners anzunehmen (OLG Schleswig JurBüro 1999, 137, 138; KG JurBüro 1981, 1349, 1350).
Ende der Entscheidung
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