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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.07.2008
Aktenzeichen: VII ZB 69/07
Rechtsgebiete: ZPO, GVG
Vorschriften:
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 851 Abs. 1 | |
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 8. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer und Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. August 2007 (26 W 37/07) aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Gläubigers vom 15. März 2006 auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Der Gläubiger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Gründe:
I.
Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin, die Republik A., die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Landgerichts F. , durch das die Schuldnerin zur Zahlung von 112.995,51 €, zur Zahlung von 10.481,48 € und zur Zahlung von 6.495,96 € (insgesamt 129.972,95 €) an den Gläubiger, der Staatsanleihen der Schuldnerin gezeichnet hat, jeweils nebst Zinsen und Zug um Zug gegen Aushändigung von Inhaberschuldverschreibungen bzw. Zinsscheinen, verurteilt wurde. Das Landgericht berichtigte später den Tenor dieses Urteils hinsichtlich der Zahlung von 6.495,96 € dahingehend, dass statt der Zinsscheine Nummer 6 solche mit der Nummer 7 vom Gläubiger herauszugeben sind.
Der Gläubiger bot durch einen Gerichtsvollzieher die im Urteil aufgeführten Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine am 23. Mai 2005 dem Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin, am 29. Juni 2006 der in den Anleihebedingungen bezeichneten Hauptzahlstelle der Schuldnerin und am 10. März 2007 der Gesandten der Schuldnerin an. Alle Angebotsempfänger erklärten, dass die Forderung nicht bezahlt werden könne. Der Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin wies zusätzlich darauf hin, dass für die Entgegennahme nicht die Rechtsanwälte, sondern die jeweiligen Zahlstellen zuständig seien. Der Gerichtsvollzieher stellte in allen drei Fällen den Annahmeverzug der Schuldnerin fest.
Auf Antrag des Gläubigers hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am 22. März 2006 die Pfändung von angeblichen Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin wegen eines Teilbetrages in Höhe von 160.000 € zuzüglich der Vollstreckungskosten angeordnet und die Ansprüche an den Gläubiger überwiesen. In dem Beschluss heißt es unter anderem:
"12. Der Gläubiger begehrt ferner den Herausgabeanspruch auf streitgegenständliche Wertpapiere, die andere Kläger nach zuvor erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahmen entsprechend der Höhe der bei Gericht hinterlegten Gelder (oder ausgekehrten Gelder) "Zug-um-Zug" an den Beklagtenvertreter aushändigen. Diese durch andere Kläger an den Drittschuldner ausgehändigten Wertpapiere haben einen gewissen Börsenwert und sind deshalb zur Verwertung an den zuständigen Gerichtsvollzieher auszuhändigen."
Auf Erinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht diesen Beschluss aufgehoben, da sich die Schuldnerin nicht im Annahmeverzug befinde. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat zur Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts und zur Zurückweisung der Erinnerung der Schuldnerin geführt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weiter.
II.
Das Beschwerdegericht führt aus, die Schuldnerin sei zwar nicht durch das Angebot der Inhaberschuldverschreibungen an ihren Prozessbevollmächtigten, jedoch durch das nach Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgte Angebot an ihre Hauptzahlstelle und durch deren Zahlungsverweigerung in Annahmeverzug gekommen. Der zunächst vorhandene Mangel sei damit geheilt. Die vollstreckbare Forderung sei als Teilbetrag hinreichend bestimmt, eine ausreichende Forderungsaufstellung aufgeschlüsselt nach Hauptsache und Zinsen liege vor. Die Nichtaufnahme des Berichtigungsbeschlusses in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sei unschädlich, da nur der hiervon nicht betroffene Teil der titulierten Forderung Gegenstand der Vollstreckung sei. Schließlich sei die Pfändung des Herausgabeanspruchs hinsichtlich der Schuldverschreibungen nicht rechtsmissbräuchlich und der Anspruch nicht unpfändbar.
III.
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist zu unbestimmt und damit aufzuheben.
1. Zwar hätte über die in zulässiger Weise gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - eingelegte sofortige Beschwerde nicht das Oberlandesgericht, sondern das Landgericht zu entscheiden gehabt. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG ist hier nicht anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2006 - VII ZB 24/06, MDR 2007, 487). Dies unterliegt aber nicht der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 6/05, NJW-RR 2007, 1498).
2. Die Forderung, wegen derer der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, ist nicht hinreichend bestimmt.
Die Forderung des Gläubigers muss nach Hauptsache, Zinsen, Prozess- und Vollstreckungskosten zumindest bestimmbar dargestellt sein (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2003 - IXa ZB 119/03, NJW-RR 2003, 1437). Dem genügt der Gläubiger zwar mit der seinem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beiliegenden Forderungsaufstellung. Diese ist dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss jedoch nicht beigefügt. Nach dieser Forderungsaufstellung macht der Gläubiger einen Betrag in Höhe von 123.476,99 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 37.837,50 € (insgesamt 161.314,49 €) und der entstehenden Vollstreckungskosten geltend. Der Betrag setzt sich aus den zwei Hauptforderungen von 112.995,51 € und 10.481,48 € des der Vollstreckung zugrunde liegenden Urteils zusammen. Dabei ist unschädlich, dass der Gläubiger in seinem Antrag lediglich von mindestens 160.000 € spricht, da er hinsichtlich des genauen Betrages ausdrücklich auf die beigefügte Aufstellung verweist. Eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung ist nicht erforderlich. Eine Gesamtabrechung ist entbehrlich, weil der Anspruch tituliert ist und deshalb im titelschaffenden Verfahren bereits überprüft wurde (OLG Köln, MDR 1982, 943). Eine zu verrechnende Zahlung seitens der Schuldnerin ist bislang unstreitig nicht erfolgt.
Genügt damit der Antrag den für die Forderung des Gläubigers erforderlichen Bestimmtheitsanforderungen, ist der insoweit abweichende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht hinreichend bestimmt. Die Forderung wird dort mit einem Teilbetrag von 160.000 € beziffert, ohne auf eine Forderungsaufstellung Bezug zu nehmen. Auch ist eine solche dem Beschluss nicht beigefügt. Damit ist nicht erkennbar, wie sich der Teilbetrag von 160.000 € zusammensetzt, zumal es in dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Urteil drei Hauptforderungen gibt, von denen eine laut Antrag des Gläubigers gar nicht erfasst sein soll. Insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung nur gegen Aushändigung bestimmter Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine ist die Forderung zu unbestimmt.
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist somit aufzuheben. Bei der Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat es zu verbleiben. Allerdings hat dieses über den zulässigen und insbesondere hinreichend bestimmten Antrag des Gläubigers vom 15. März 2006 neu zu befinden, weshalb die Sache dorthin zurückzuverweisen ist.
3. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Vollstreckungsgericht Folgendes zu berücksichtigen haben:
Soweit nach Ziffer 12 des Antrags des Gläubigers unter anderem Herausgabeansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin auf durch Zahlung erfüllte Inhaberschuldverschreibungen gepfändet werden sollen, ist die Pfändung gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unzulässig.
Die Drittschuldnerin hat die durch Zahlung erfüllten Inhaberschuldverschreibungen aufgrund eines Herausgabeanspruchs der Schuldnerin erlangt, den sie als deren Vertreterin gemäß § 985 BGB (vgl. Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S. 127 f.; MünchKommBGB/Hüffer, BGB, 4. Aufl., § 797 Rdn. 5; Staudinger/Marburger, BGB, Bearb. 2002, § 797 Rdn. 8; Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, 2. Aufl., § 797 Rdn. 2) oder § 371 BGB (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 797 Rdn. 8; Staudinger/Gursky, BGB, Bearb. 2004, § 952 Rdn. 18 m.w.N.) geltend machen konnte.
Der Schuldnerin steht gegen die Drittschuldnerin aus dem mit ihr bestehenden Schuldverhältnis ein Anspruch auf Herausgabe der erlangten Inhaberpapiere zu. Dieser Anspruch ist unpfändbar, weil das Inhaberpapier mit der Einlösung den in ihm verkörperten Wert verloren hat und damit nur noch Quittungscharakter besitzt. Der Anspruch auf Erteilung einer Quittung ist nicht selbstständig übertragbar (Staudinger/Busche, BGB, Bearb. 2005, § 399 Rdn. 27; OLG Köln, OLGZ 1971, 151, 153). Gleiches gilt für den Anspruch des Schuldners auf Herausgabe einer seinem Vertreter bereits erteilten Quittung.
Ende der Entscheidung
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