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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: VII ZB 93/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZB 93/07

vom 25. September 2008

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Kniffka, Bauner, Dr. Eick und Halfmeier

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 26. Oktober 2007 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Lübeck vom 26. Juni 2007 abgeändert. Die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten der ersten Instanz werden auf 1.053,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2006 festgesetzt. Der weitergehende Festsetzungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 219,70 €.

Gründe:

I.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für durchgeführte Elektroarbeiten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß auf Zahlung von 5.115,00 € nebst Zinsen verurteilt und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das Landgericht auf Antrag des vorsteuerabzugsberechtigten Klägers u.a. eine 1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3100 in Höhe von 439,40 € und damit insgesamt erstattungsfähige Kosten von 1.273,00 € festgesetzt. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Beklagte geltend gemacht, auf die genannte Gebühr sei eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 in Höhe von 219,70 € vorzunehmen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers - das ist unstreitig - in derselben Angelegenheit bereits außergerichtlich tätig gewesen sei. Deshalb habe die Verfahrensgebühr durch Anrechnung der hälftigen durch die vorgerichtliche Tätigkeit entstandenen Geschäftsgebühr gemindert werden müssen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von ihm zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten, die ihren Antrag weiterverfolgt.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 beziehe sich grundsätzlich nur auf das Innenverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Anwalt. Im Verhältnis zum Prozessgegner erlange die Anrechnung nur dann Bedeutung, wenn die Erstattung der Geschäftsgebühr ihm gegenüber ganz oder teilweise tituliert worden, die Gebühr von ihm unstreitig bereits ausgeglichen worden oder der Erstattungsanspruch durch Aufrechnung erloschen sei. Nur dann habe die Anrechnung Einfluss auf das Kostenfestsetzungsverfahren, weil der Kostenerstattungsschuldner nicht mehr erstatten müssen solle, als insgesamt an Gebühren angefallen seien. Dagegen sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten haben solle, weil der Rechtsanwalt der Gegenseite bereits vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben habe.

2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 anteilig auf die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen (BGH, Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 und vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500; Beschluss vom 30. April 2008 - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095). An dieser Rechtsprechung hat der VIII. Zivilsenat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses trotz Kritik ausdrücklich festgehalten und zudem entschieden, dass es für die Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 mit Nachweisen zur Gegenauffassung; Beschluss vom 3. Juni 2008 - VIII ZB 3/08). Dem haben sich inzwischen der III., der VI. und der IV. Zivilsenat angeschlossen (Beschlüsse vom 30. April 2008 - III ZB 8/08, aaO, vom 3. Juni 2008 - VI ZB 55/07, IBR 2008, 543 und vom 16. Juli 2008 - IV ZB 242/07). Auch der erkennende Senat tritt dieser Rechtsprechung bei.

3. Die sofortige Beschwerde und die Rechtsbeschwerde rügen hiernach zu Recht, dass im Kostenfestsetzungsbeschluss die angemeldete Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 ungekürzt in Höhe von 439,40 € angesetzt worden ist. Sie ist um 219,70 €, das ist die Hälfte der für die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2300, zu kürzen. Entsprechend war der Kostenfestsetzungsbeschluss vom Senat, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO), abzuändern.

Ende der Entscheidung

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