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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.01.2007
Aktenzeichen: VII ZR 112/06
Rechtsgebiete: HOAI


Vorschriften:

HOAI § 8
Für den Projektsteuerungsvertrag gilt § 8 HOAI grundsätzlich nicht.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZR 112/06

vom 25. Januar 2007

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer, Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde der Klägerin wird stattgegeben.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2006 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf die Schlussrechnung vom 27. Dezember 2005 gestützte Klage in Höhe von 48.909,13 € zuzüglich Zinsen als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist.

Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt nach Kündigung durch die Beklagte restliches Honorar für Leistungen der Projektsteuerung. In der Nichtzulassungsbeschwerde wird nur noch ein Anspruch für erbrachte Leistungen in Höhe von 48.909,13 € geltend gemacht.

Die Beklagte beauftragte im Februar 2003 die Klägerin mit schriftlichem Projektsteuerungsvertrag mit der technischen und wirtschaftlichen Betreuung eines umfangreichen Bauvorhabens zu einem Pauschalhonorar von brutto 228.009,60 €. Als Grundhonorar für die Projektsteuerung waren 179.000 € netto vereinbart. Die Projektvorbereitungskosten waren "lt. § 204 AHO" mit insgesamt 26 Prozentpunkten, die Planungskosten mit 21 Prozentpunkten bewertet.

Nachdem die Klägerin Teile der vereinbarten Leistungen erbracht hatte, kündigte die Beklagte, weil sie das Projekt nicht mehr durchführen wollte.

Die Klägerin stellte am 20. November 2003 Schlussrechnung über erbrachte Leistungen und nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 140.981,54 € und verlangte Zahlung von 140.831,69 €.

Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung als derzeit unbegründet abgewiesen.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin für ihre Forderung eine neue Schlussrechnung vom 27. Dezember 2005 (BK 2) erstellt und hieraus nach teilweiser Berufungsrücknahme noch 64.265,55 € geltend gemacht.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auch den aus der neuen Schlussrechnung geltend gemachten Anspruch als derzeit unbegründet erachtet. Es hat die Revision nicht zugelassen.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin nur noch restliches Honorar für erbrachte Leistungen in Höhe von 48.909,13 € geltend.

II.

Das Berufungsgericht qualifiziert den Vertrag als Werkvertrag.

Es hält auch hinsichtlich des geltend gemachten Honorars für erbrachte Leistungen die im Berufungsrechtszug vorgelegte Schlussrechnung für nicht prüffähig.

Erforderlich sei, dass die Schlussrechnung dem Schuldner die rasche und sichere Möglichkeit gebe, die Rechnung auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen. Soweit die Leistungsphase der Projektvorbereitung (I.1 des Vertrags) als vollständig abgerechnet werde, möge dies insofern als prüffähig erachtet werden, als darin die Erklärung liege, dass alle auf diese Leistungsphase erbrachten Leistungen erbracht worden seien.

Für die zweite Leistungsphase (Planung) sei zwar dem Projektsteuerungsvertrag zu entnehmen, dass auf diese Leistungsphase 21 Prozentpunkte des Gesamthonorars entfielen. Die Schlussrechnung enthalte keinerlei Hinweis darauf, wodurch die Klägerin 17 von 21 Prozentpunkten erbracht habe. Die in der Schlussrechnung enthaltene Anmerkung "Ermittlung des Anteils der erbrachten Leistungen der Leistungsziffer 2. Planung: 17 Prozentpunkte von insgesamt 21 Prozentpunkten (Begründung: vgl. Schriftsätze)" genüge nicht ansatzweise, um der Beklagten eine Erkenntnis darüber zu verschaffen, welche Leistungen der Phase 2 die Klägerin als erbracht ansehe. Es obliege nicht der Beklagten, sich zu einer dürftigen Schlussrechnung aus Schriftwerk, das noch dazu zu einer inzwischen überholten alten Schlussrechnung angefertigt worden sei, zusammen zu suchen, welche Leistungen die Klägerin als erbracht in Rechnung stellen wolle.

Nach der letzten mündlichen Verhandlung von der Klägerin und entgegnend auch von der Beklagten vorgelegte Schriftsätze seien nicht nachgelassen gewesen und hätten auch keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündlichen Verhandlung gegeben.

III.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es fehle an der Prüffähigkeit der für die Entscheidung maßgeblichen Schlussrechnung vom 27. Dezember 2005, beruht, ausgehend von den Anforderungen des Berufungsgerichts an die Prüffähigkeit, auf einer Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör.

Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe, wenn es Zweifel an der Prüffähigkeit dieser Schlussrechnung gehabt habe, die Klägerin darauf hinweisen müssen, zu welchen Punkten eine Erläuterung der in der Schlussrechnung dargelegten Positionen erforderlich sei. Der Klägerin wäre sodann, um dem Hinweis nachkommen zu können, Schriftsatznachlass zu gewähren gewesen. Wenn das Berufungsgericht einerseits diesen prozessualen Pflichten nicht nachgekommen ist und andererseits den nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz der Klägerin vom 3. April 2006, in dem sie von sich aus weitere Erläuterungen zur Schlussrechnung mitgeteilt hat, unter Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in die Beurteilung einbezogen hat, so stellt dies einen Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG dar (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 370 f.). Es ist nicht ausgeschlossen, sondern sogar nahe liegend, dass das Berufungsgericht die Prüffähigkeit der Schlussrechnung vom 27. Dezember 2005 für die Klägerin günstiger beurteilt hätte, wenn es das rechtliche Gehör nicht verletzt, sondern den Inhalt des genannten Schriftsatzes berücksichtigt hätte. Das Berufungsurteil war daher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zurückzuverweisen.

IV.

Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass auf den Projektsteuerungsvertrag der Parteien im Hinblick auf die in diesem Vertrag übernommenen erfolgsbezogenen Leistungspflichten Werkvertragsrecht anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 - VII ZR 215/98, NJW 1999, 3118 = BauR 1999, 1317 = ZfBR 1999, 336).

2. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht des Berufungsgerichts, das Honorar des Projektsteuerers sei wie das des Architekten gemäß § 8 HOAI erst fällig, wenn er seine Leistungen vertragsgemäß erbracht und seinem Auftraggeber eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht habe (so allerdings Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl. Rdn. 1430; Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, Rdn. 329 m.w.N.). Für den Projektsteuerungsvertrag gilt § 8 HOAI grundsätzlich nicht (vgl. Budde in Thode/Wirth/Kuffer, Praxishandbuch Architektenrecht, § 21 Rdn. 8); denn die Preisvorschriften der HOAI sind nur auf natürliche und juristische Personen anwendbar, die Architekten- oder Ingenieuraufgaben erbringen, die in der HOAI beschrieben sind (BGH, Urteile vom 4. Dezember 1997 - VII ZR 177/96, BauR 1998, 193 = ZfBR 1998, 94 = NJW 1998, 1228; vom 22. Mai 1997 - VII ZR 290/95, BGHZ 136, 1, 6). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

3. Auch wenn daher die Prüffähigkeit der Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung für die Honorarforderung des Projektsteuerers ist, muss dennoch der Auftraggeber in die Lage versetzt werden, die in der Schlussrechnung vorgenommene Berechnung zu überprüfen. Ohne eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung kann eine Honorarforderung grundsätzlich nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht werden. Insoweit wird das Berufungsgericht nochmals zu prüfen haben, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen bereits hinreichend substantiiert abgerechnet waren, ohne dass es weiterer Erläuterungen bedurfte.

Da die Parteien ein Pauschalhonorar vereinbart haben, richtet sich die Abrechnung nach den Abrechnungsgrundsätzen eines gekündigten Pauschalpreisvertrages (BGH, Urteil vom 29. Juni 1995 - VII ZR 184/94, BauR 1995, 691 = ZfBR 1995, 297; und vom 6. März 1997 - VII ZR 47/96, BauR 1997, 643 = ZfBR 1997, 242). Verlangt der Auftragnehmer Vergütung für die erbrachten Leistungen, muss er diese darlegen und vom nicht erbrachten Leistungsteil abgrenzen. Er muss sodann das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes zum Pauschalpreis darstellen. Es spricht viel dafür, dass die Ausführungen der Klägerin auch ohne Berücksichtigung des nicht nachgelassenen Schriftsatzes diesen Anforderungen entsprochen haben. Sie hat im Schriftsatz vom 28. Oktober 2004 unter Bezugnahme auf die Leistungsbilder des geschlossenen Vertrages dargelegt, dass die Grundleistungen der Projektvorbereitung vollständig erbracht wurden und welche Leistungen aus dem Leistungsbild der Phase 2 erbracht wurden. Dort hat sie 4 Prozentpunkte wegen nicht erbrachter Leistungen in Abzug gebracht. Sie hat unter Vorlage des Vertrags vom Februar 2003 erläutert, dass sich die Pauschalierung der Leistung an den vereinbarten Prozentpunkten orientiert und für die Phase 1 insgesamt 26 Prozentpunkte angesetzt wurden sowie für die Phase 2 insgesamt 21 Prozentpunkte. Bei letzterem hat sie 4 Prozentpunkte wegen nicht erbrachter Leistungsanteile in Abzug gebracht, und weiter ausgeführt, dass auf der Basis des geschlossenen Vertrages insgesamt 43 Prozentpunkte auf die ausgeführten Leistungen entfallen. Im weiteren Schriftsatz vom 20. Januar 2005 hat die Klägerin die erbrachten Leistungen (auf insgesamt 47 Seiten) detailliert ergänzt und erläutert. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte sich die Klägerin auch auf die bereits erfolgte schriftsätzliche Erläuterung beziehen, soweit diese auch Feststellungen zu der erst später vorgelegten weiteren Schlussrechnung zulässt. Denn schriftliche Erläuterungen der Honorarrechnung können auch aus dem Prozessvortrag hervorgehen (st. Rspr. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 - VII ZR 316/03, BauR 2006, 678 = ZfBR 2006, 335 = NZBau 2006, 231; Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 224/01, BauR 2003, 377 = ZfBR 2003, 146 = NZBau 2003, 151).

Ende der Entscheidung

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