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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.03.1998
Aktenzeichen: VII ZR 123/96
Rechtsgebiete: ALB/RGW J.1968/88, EinigVtr, EinigVtr Anlage II


Vorschriften:

ALB/RGW § 104 J. 1968/88
EinigVtr Artikel 9 Abs. 2
EinigVtr Anlage II Sachgebiet E Abschnitt II Nr. 2
a) ALB/RGW § 104 J. 1968/88

Die für Lieferverträge zwischen den Organisationen des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe angeordnete Zwangsarbitrage ist jedenfalls für solche Verfahren, die erst nach der Wiedervereinigung anhängig wurden, kein Prozeßhindernis (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 -III ZR 37/94, BGHZ 128, 380).

b) EinigVtr Artikel 9 Abs. 2; EinigVtr Anlage II Sachgebiet E Abschnitt II Nr. 2

Der Beschluß des DDR-Ministerrates vom 27. Juni 1990 zur "Finanzierung und Verrechnung des Handels mit RGW-Ländern" enthält keine Regelung, die es Vertragsparteien verbietet, die in Importverträgen vereinbarte Abrechnung der Vergütung nach dem Transferrubelverfahren in eine Vergütung in konvertierbare Währung umzuwandeln oder bei Neuabschlüssen von Importverträgen eine Vergütung in konvertierbarer Währung zu vereinbaren.

BGH, Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 123/96 - LG Berlin KG Berlin


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 123/96

Verkündet am: 26. März 1998

Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Lang sowie die Richter Prof. Quack, Prof. Dr. Thode, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Februar 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn (Auszahlung von Sicherheitseinbehalten) für die Restaurierung von Baudenkmälern in der ehemaligen DDR. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Bezahlung in DM statt in transferablen Rubeln (XTR) verlangen kann und gegebenenfalls nach welchem Umrechnungskurs. Die Klägerin leitet ihre Ansprüche aus diversen, mit der Tochtergesellschaft der Beklagten abgeschlossenen Verträgen ab. Die Beklagte ist der Ansicht, hieraus nicht verpflichtet worden zu sein.

Die Klägerin ist eine GmbH nach polnischem Recht, die aus einem polnischen Außenhandelsbetrieb hervorgegangen ist. Die Beklagte ist seit dem 1. Juli 1990 Rechtsnachfolgerin des ehemaligen DDR-Außenhandelsbetriebs L. -Bau-Export-Import-Volkseigener Außenhandelsbetrieb (im folgenden: L. AHB).

Die Rechtsvorgängerinnen der Parteien hatten seit 1984 Werkverträge über Restaurierungsarbeiten an den Baudenkmälern "Neues Palais" in P. , "Fleischhof" und "Schmale Straße " in Qu. sowie "Alter Markt " und "Mühlenstraße " in S. abgeschlossen. Der Umfang der zu erbringenden Leistungen und deren Bezahlung ist teilweise durch als "Nachträge" zu den Ursprungsverträgen bezeichnete Zusatzaufträge sukzessive erweitert und geregelt worden.

Nach diesen Verträgen sollte die Bezahlung des jeweiligen Festpreises durch Verrechnung in transferablen Rubeln (XTR) erfolgen; 90 % der jeweils erbrachten Leistungen sollten monatlich abgerechnet werden, die restlichen 10 % waren erst gegen Endabnahmeprotokoll fällig. Dieser Sicherheitseinbehalt belief sich für die bis zum 30. Juni 1990 (Währungsunion) erbrachten Leistungen auf insgesamt 645.077 XTR.

II.

Am 25. Juli 1990 unterzeichneten die E.- -Bau- und Handelsgesellschaft mbH i.G. (im folgenden: E.), eine Tochtergesellschaft der Beklagten, und die Klägerin eine Vereinbarung, derzufolge die im zweiten Halbjahr 1990 für das Vorhaben "Alter Markt " in S. zu erbringenden Leistungen in Abänderung der bestehenden Verträge statt mit 122.000 XTR mit 256.200 DM vergütet werden sollten. Am 2. und 10. August 1990 kam es zu entsprechenden Verträgen betreffend die Vorhaben "Neues Palais" in P. (1.404.000 DM statt 600.000 XTR) und "Fleischhof Qu. (166.140 DM statt 71.000 XTR). Offen ist aus diesen drei Verträgen noch der 10 %ige Sicherheitseinbehalt von insgesamt 182.634 DM.

Mit Schreiben vom 13. August 1990 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie die Rechtsnachfolge des L. AHB angetreten habe und daß in ihrem Auftrage künftig die E. mit dem Abschluß und der Abwicklung der bestehenden Verträge auf dem Gebiet der Denkmalpflege beauftragt werde. Ob hierin eine Bevollmächtigung der E. zu sehen ist und welchen Umfang diese gegebenenfalls hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 12. Dezember 1990 und zu einem nicht aktenkundigen Zeitpunkt davor sowie am 27. Mai 1991 kam es zwischen der Klägerin und der Firma E. zu drei weiteren als "Nachtrag" bezeichneten Verträgen betreffend das Projekt "Alter Markt " in S., in denen weitere, in den Ursprungsverträgen nicht enthaltene Restaurierungsarbeiten zu einem Gesamtpreis von insgesamt 320.164 DM vergeben wurden, der bei der Abnahme dann um 16.696,74 DM gekürzt wurde. Ein entsprechender "Nachtrag" vom 19. Oktober 1990 über 173.500 DM betrifft das Vorhaben "Fleischhof Qu. ". Noch offen und Bestandteil der Klageforderung ist auch aus diesen vier Verträgen der 10 %ige Sicherheitseinbehalt von insgesamt 47.696,73 DM.

Mit Übergabe/Übernahmeprotokoll vom 2. Januar 1991 "leitete" die Beklagte die Verbindlichkeiten aus den fünf o.g. Ursprungsverträgen über insgesamt 645.077 XTR auf die Firma E. über. Dort ist für die "Umsetzung" der Verbindlichkeiten ein Preis von 1.509.480,18 DM vorgesehen, der nach Vorlage einer entsprechenden Bestätigung der Klägerin zu zahlen war.

Am 17. Januar 1991 trafen die Firma E. und die Klägerin eine Vereinbarung, durch die diese Verbindlichkeiten in 1.491.336,18 DM umgewandelt wurden (Umrechnungskurs 1:2,34 DM bzw. 1:2,10 DM).

In der Folgezeit zahlte die Firma E. mit ihr von der Beklagten überlassenen Mitteln an die Klägerin 1.084.356 DM. Getilgt werden sollte damit die Forderung der Klägerin aus der Umwandlungsvereinbarung vom 17. Januar 1991, soweit diese das "Neue Palais" in P. betraf (463.400 XTR).

Aus der Vereinbarung vom 17. Januar 1991 ist noch ein Restbetrag von über 400.000 DM offen.

Die Firma E. und die Beklagte vereinbarten am 13. Juni 1991, daß die der Firma E. "übertragene Verantwortung" aus vor dem 30. Juni 1990 abgeschlossenen Verträgen auf die Beklagte zurückübertragen werden solle.

Mit Schreiben vom 21. Januar 1992 verlangte die Klägerin von der Firma E. Bezahlung der noch offenen Sicherheitseinbehalte.

III.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin nunmehr die sich seit dem 12. Februar 1992 in Liquidation befindliche Beklagte auf Zahlung von Sicherheitseinbehalten von insgesamt 637.309,73 DM in Anspruch. Außerdem tritt sie mit ihrer negativen Feststellungsklage einem Rückforderungsverlangen der Beklagten in Höhe von 761.817,50 DM entgegen. Dieses beruht auf der Annahme, die Zahlung der 1.084.356 DM durch die Firma E. sei in dieser Höhe rechtsgrundlos erfolgt.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage in Höhe von 196.366,73 DM nebst Zinsen sowie der Feststellungsklage stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung in Höhe von 84.082,27 DM sowie hinsichtlich des Feststellungsantrages aufrechterhalten und die Klage im übrigen abgewiesen.

Es hat alle "Nachträge" mit Ausnahme desjenigen vom 27. Mai 1991 für unwirksam gehalten, die in diesen Vereinbarungen enthaltenen DM-Beträge auf XTR zurückgerechnet (Kurs 2,34:1) und hat dann die Verträge unter Zugrundelegung eines Kurses von 1:1,56 DM "angepaßt".

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die sämtliche "Nachträge" für wirksam hält und die dort vereinbarten DM-Beträge bezahlt verlangt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt in dem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin entschieden hat.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als zulässig angesehen.

1. a) Das Berufungsgericht hält die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages (§ 1027 a ZPO) für nicht gerechtfertigt, weil der Schiedsvertrag mit dem Wegfall der vorgesehenen Schiedsstelle bei der Kammer für Außenhandel der ehemaligen DDR entsprechend § 1033 Nr. 1 ZPO außer Kraft getreten sei.

b) Das Berufungsgericht verkennt damit den rechtlichen Charakter der in den Ursprungsverträgen enthaltenen Schiedsgerichtsklauseln. Diese Verträge unterstanden aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften der RGW-Staaten (vgl. § 104 ALB/RGW 1968/88, DDR-GBl. II 1989, 41; § 90 ALB/RGW 1968/1975, DDR-GBl. II 1979, 81 und Moskauer Konvention vom 26. Mai 1972, DDR-GBl. I 1972, 220) der für den Handel zwischen diesen Staaten eingeführten Zwangsarbitrage. Da die in diesen Verträgen enthaltenen Schiedsgerichtsvereinbarungen diese aus damaliger Sicht zwingende Gesetzeslage (vgl. Kemper/Rüster, Rechtliche Regelung der sozialistischen ökonomischen Integration, 1983, S. 103) nur wiedergaben, kann ihnen keine konstitutive Wirkung beigemessen werden (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - III ZR 37/94, BGHZ 128, 380, 383).

Die Vorschriften über die Zwangsarbitrage, die für die Gerichte der ehemaligen DDR als Prozeßhindernis von Amts wegen zu berücksichtigen waren (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über das schiedsgerichtliche Verfahren vom 18. Dezember 1975, DDR-GBl. I 1976, 8; vgl. auch Strohbach, Handbuch der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1990 Rdn. 86) hat das Berufungsgericht allerdings zu Recht nicht berücksichtigt. Eine Fortgeltung dieser Vorschriften, die dem Prozeßrecht zuzuordnen sind, auch für zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung noch nicht begonnene Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren ist im Einigungsvertrag nicht angeordnet. Die Fortgeltung der diesen Vorschriften zugrundeliegenden völkerrechtlichen Verträge der ehemaligen DDR wurde auch nicht gemäß Artikel 12 Abs. 1 Einigungsvertrag festgestellt. Soweit den nicht tragenden Erwägungen des Urteils des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 1995 (aaO, S. 393) zu entnehmen sein sollte, aus Artikel 232 § 1 EGBGB folge die weitere Anwendbarkeit dieser zwingenden gesetzlichen Bestimmungen, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Artikel 232 § 1 EGBGB bezieht sich nicht auf Vorschriften der ehemaligen DDR, die dem Prozeßrecht zuzuordnen sind.

2. Der Klage steht auch nicht Artikel VIII Abs. 2 (b) des IWF-Abkommens entgegen. Das polnische Devisenrecht gebietet es inländischen Unternehmen, für im Ausland erbrachte Dienstleistungen Bezahlung in fremder Valuta zu vereinbaren (vgl. Artikel 11 Abs. 1 und 12 Abs. 1 des polnischen Gesetzes über das Devisenrecht vom 15. Februar 1989 in der Fassung vom 28. Dezember 1989, in Übersetzung abgedruckt in WiRO 1993, 49).

II.

1. Das Berufungsgericht bejaht oder unterstellt eine Verpflichtung der Beklagten aus den von der Firma E. abgeschlossenen Verträgen (hierzu unten IV.). Es hält diese Verträge mit Ausnahme desjenigen vom 27. Mai 1991 aber für unwirksam, weil sie gegen den Beschluß des Ministerrates der ehemaligen DDR vom 27. Juni 1990 zur "Finanzierung und Verrechnung des Handels mit RGW-Ländern" (im folgenden: Ministerratsbeschluß vom 27. Juni 1990) verstießen. Nach diesem Ministerratsbeschluß sei die Umwandlung von Importverträgen, die in transferablen Rubeln abgeschlossen worden seien, in eine konvertierbare Währung und der Neuabschluß von Importverträgen in konvertierbarer Währung mit Ländern, mit denen in transferablen Rubeln verrechnet worden sei, nicht gestattet gewesen. Dieser Ministerratsbeschluß sei trotz seiner Nichtveröffentlichung für die Außenhandelsbetriebe der ehemaligen DDR, denen er bekannt gewesen sei, bindend gewesen. Dem Ministerratsbeschluß entgegenstehende Vereinbarungen seien ungeachtet der in Artikel 13 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (BGBl. II 537, im folgenden Staatsvertrag vom 18. Mai 1990) vereinbarten Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs unwirksam.

Dies gelte auch für die Zeit vom 3. Oktober 1990 (Wiedervereinigung) bis zum 31. März 1991, da in Anhang II Kapitel V Sachgebiet E Abschnitt II Nr. 2 des Einigungsvertrags die Fortgeltung des Ministerratsbeschlusses bis zu diesem Zeitpunkt bestimmt sei. Diese Regelung im Einigungsvertrag sei als Verbotsgesetz anzusehen. Verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Nichtveröffentlichung des Ministerratsbeschlusses bestünden nicht.

2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Weder der Ministerratsbeschluß vom 27. Juni 1990 (a) noch andere Eingriffsnormen (b bis e) enthalten ein Verbot, das der Wirksamkeit der hier in Rede stehenden Verträge entgegenstehen könnte.

a) Der Ministerratsbeschluß vom 27. Juni 1990 enthält kein normatives Verbot mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Inhalt. Der Beschluß ist aus Sicht des Normengefüges der ehemaligen DDR vielmehr eine aufgabenstellende Entscheidung (ebenso Brandt, WM 1992, 1745, 1746) ohne verbindliche Rechtswirkung nach außen (zu den unterschiedlichen Arten von Beschlüssen vgl. Autorenkollektiv, Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1988, S. 122).

Der Ministerrat der ehemaligen DDR hat durch seinen Beschluß vom 27. Juni 1990 zur "Finanzierung und Verrechnung des Handels mit RGW-Ländern" eine Reihe von "Entscheidungsvorschlägen" bestätigt, in denen im wesentlichen Aufgaben an Ministerien und andere Stellen zugewiesen werden. Diejenige Passage, aus der das Berufungsgericht ein normatives Verbot herleitet (im Wortlaut zitiert bei Budde/Flüh, ZIP 1992, 369, 372), ist nicht Bestandteil dieser "Entscheidungsvorschläge". Sie befindet sich vielmehr in der durch den Beschluß ebenfalls bestätigten "Information und Grundlinie zur Finanzierung und Verrechnung des Handels mit RGW-Ländern". In diesem Abschnitt wird zunächst die aktuelle Situation des Außenhandels der ehemaligen DDR analysiert. Sodann wird zur Schließung der zuvor aufgezeigten Finanzierungslücke "vorgeschlagen", in einer bestimmten Richtung "zu arbeiten". Dabei sei von einer "Grundlinie auszugehen", nach der unter anderem die Umwandlung von Importverträgen, die in transferablen Rubeln abgeschlossen sind, in eine konvertierbare Währung und der Neuabschluß von Importverträgen in konvertierbarer Währung mit Ländern, mit denen in transferablen Rubeln verrechnet wird, nicht gestattet sein solle. Die fragliche Passage endet damit, daß insbesondere alle Bedingungen "zu schaffen" seien, um im maximalen Umfang Importe aus den RGW-Ländern durchzuführen, damit die Voraussetzungen für die weitere Realisierung von Exporten bestehen bleiben.

Daß der DDR-Ministerrat demnach mit seinem Beschluß vom 27. Juni 1990 noch keine endgültige, normative Entscheidung über die Zulässigkeit bestimmter Geschäfte im Außenhandel getroffen hat, belegt auch das damalige Gesetzgebungsverfahren: Das Gesetz über den Außenwirtschafts-, Kapital- und Zahlungsverkehr - GAW - vom 28. Juni 1990 (DDR-GBl. I 515) enthielt in § 8 Satz 2 einen Vorbehalt, den grundsätzlich freien Außenhandelsverkehr (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GAW) zur Sicherung der gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse aus bestehenden Verrechnungsabkommen durch Rechtsvorschriften des Ministerrates (§ 32 Satz 1 GAW) zu beschränken. Wenn am 27. Juni 1990 bereits eine endgültige Entscheidung des Ministerrates mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Inhalt ergangen wäre, so hätte es nahegelegen, diese zum Gegenstand der am nächsten Tag ergangenen Verordnung über die Außenwirtschaft (VAW) vom 28. Juni 1990 (DDR-GBl. I 600) zu machen. Der Ministerrat hat, was die Einfuhr aus RGW-Staaten anbelangt, von seiner Ermächtigung durch das GAW aber erst mit § 8 der ersten Verordnung zur Änderung der VAW vom 8. August 1990 (DDR-GBl. I 1143) Gebrauch gemacht (hierzu unten b bb). Daß diese Verordnung des Ministerrates für gewisse Außenhandelsgeschäfte mit RGW-Staaten einen Genehmigungsvorbehalt vorsieht, macht gleichzeitig deutlich, daß solche Geschäfte nicht aufgrund des Ministerratsbeschlusses vom 27. Juni 1990 generell verboten sein konnten. Schließlich zeigt auch das vom Berufungsgericht angesprochene Protokoll über die zwischen dem 30. Mai und dem 29. Juni 1990 stattgefundenen Beratungen der bevollmächtigten Vertreter der Ministerien der Finanzen der Republik Polen und der DDR, daß ein generelles Verbot der Umstellung von XTR-Verbindlichkeiten in DM nicht beschlossen worden ist. In dem Protokoll ist als Beratungsergebnis festgehalten, daß die Verrechnung der Bau-, Montage- und Werkstattleistungen ab 1. Juli 1990 auf der Grundlage neu verhandelter Verträge in DM erfolgen werde.

Da der Ministerratsbeschluß vom 27. Juni 1990 nicht das vom Berufungsgericht festgestellte normative Verbot enthält, kommt es auf die von der Revision im Hinblick auf seine Nichtveröffentlichung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht an.

Unerheblich ist auch, daß in Anlage II Sachgebiet E Abschnitt II Nr. 2 des Einigungsvertrages die zeitlich befristete Fortgeltung dieses Ministerratsbeschlusses angeordnet ist. Durch die Anordnung ihrer Fortgeltung sollten Ministerratsbeschlüsse, deren Rechtsnatur nicht eindeutig geklärt werden konnte, nicht zu Recht im Sinne von Artikel 8 oder 9 des Einigungsvertrages erhoben werden, soweit sie dies nicht schon zuvor gewesen waren (vgl. Denkschrift zum Einigungsvertrag, BT-Drucks. 11/7760, S. 355, 361).

b) Seit dem 1. Juli 1990 standen auch sonstige Vorschriften des DDR-Rechts der Wirksamkeit der zu beurteilenden Verträge nicht entgegen.

aa) Das DDR-Devisengesetz vom 19. Dezember 1973 (DDR-GBl. I 574), nach dem ungenehmigte Devisenumlaufgeschäfte der Betriebe unwirksam waren (§ 11 Abs. 1 und 4 des Devisengesetzes), ist durch § 46 Abs. 2 Nr. 3 GAW mit Wirkung vom 1. Juli 1990 (§ 51 GAW) aufgehoben worden.

bb) Der durch § 8 der ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Außenwirtschaft (VAW) vom 8. August 1990 (aaO) in die VAW eingefügte § 36 a ist nicht einschlägig. Diese Vorschrift, deren bis zum 31. März 1991 befristete Fortgeltung in Artikel 3 Nr. 21 der Vereinbarung zum Einigungsvertrag vom 18. September 1990 (BGBl. II 1239, 1241) angeordnet worden ist, betrifft nur die Einfuhr von Waren; Restaurierungsarbeiten an Gebäuden sind nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 2 Nr. 2 GAW keine Waren im Sinne dieser Vorschrift.

cc) Die Unwirksamkeit der Verträge folgt nicht aus dem in der sogenannten Clearing-Verordnung vom 4. Juli 1990 (DDR-GBl. I 662) für die volkseigenen Außenhandelsbetriebe vorgeschriebenen Abwicklungsverfahren. Diese Verordnung, die bis zum 27. Juni 1991 fortgalt (vgl. Anlage II Kapitel IV Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages und Artikel 24 des Steuerrechtsänderungsgesetzes vom 24. Juni 1991, BGBl. I 1322, 1341), schreibt die Abwicklung der Außenhandelsbetriebe nur mit denjenigen Forderungen und Verbindlichkeiten vor, die per 30. Juni 1990 in westlichen Währungen und Deutschen Mark lauteten (§§ 1, 2 Abs. 1 Clearing-Verordnung). Im Streit sind Verbindlichkeiten, die entweder vor dem 30. Juni 1990 auf XTR lauteten oder erst nach diesem Stichtag in DM begründet wurden.

c) Das polnische Devisenrecht steht den zu beurteilenden Zahlungsvereinbarungen nicht entgegen (vgl. oben I 2). Sonstige polnische Verbotsnormen sind nicht ersichtlich.

d) Auch aus dem System der Transferrubelverrechnung und dem diesem Verrechnungsverfahren zugrundeliegenden Einheitsrecht der RGW-Staaten läßt sich für den Zeitraum ab dem 1. Juli 1990 weder die Unzulässigkeit des Neuabschlusses von Werkverträgen mit Betrieben aus anderen RGW-Mitgliedsstaaten in DM noch diejenige der Umwandlung von bestehenden Verträgen von transferablen Rubeln in DM herleiten.

e) Auch bundesdeutsche Gesetze stehen der Wirksamkeit der zu beurteilenden Verträge nicht entgegen.

aa) Eingriffsnormen des DDR-Rechts, deren Fortgeltung im Einigungsvertrag bzw. im Staatsvertrag vom 18. September 1990 angeordnet wurden, sind nicht einschlägig (vgl. b).

bb) Beschränkungen des bundesdeutschen Gesetz- oder Verordnungsgebers, wie sie in dem durch Anlage II Sachgebiet E Abschnitt II Nr. 1 a des Einigungsvertrages neu gefaßten § 8 GAW für vor dem 1. Juli 1990 eingegangene Verpflichtungen vorgesehen waren, sind nicht angeordnet worden.

cc) Auch Artikel 24 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages, demzufolge die Abwicklung unter anderem der bis zum 1. Juli 1990 im Rahmen des Außenhandels- und Valutamonopols begründeten Verbindlichkeiten "auf Weisung und unter Aufsicht des Bundesministers der Finanzen erfolgt", steht der Wirksamkeit insbesondere der Umwandlungsvereinbarung vom 17. Juni 1991 nicht entgegen. Bei dieser Regelung im Einigungsvertrag handelt es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts weder um ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB noch um eine "die Vollmacht hinsichtlich der vor dem 1. Juli 1990 begründeten Verbindlichkeiten" beschränkende Regelung. Artikel 24 Abs. 1 Satz 3 des Einigungsvertrages spricht nur von Forderungen, die der treuhänderischen Verwaltung des Bundesministers der Finanzen unterliegen sollten. Aus Artikel 24 Abs. 3 des Einigungsvertrages ergibt sich, daß gesonderte Regelungen, die unter anderem die Transferrubelverbindlichkeiten der ehemaligen DDR betreffen sollten, erst noch zu schaffen waren. Entsprechende Regelungen sind bislang nicht ergangen.

III.

1. Das Berufungsgericht sieht in der Vereinbarung vom 17. Januar 1991, durch die die bis zum 30. Juni 1990 aufgelaufenen Sicherheitseinbehalte von XTR in DM umgewandelt wurden, einen sittenwidrigen und deshalb unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter. Der Vertrag verstoße gegen den Grundsatz, daß durch Abreden der Vertragspartner ein Dritter nicht belastet oder geschädigt werden dürfe. Dieser Grundsatz gelte auch für Verträge, auf die die ALB/RGW anwendbar seien, und allgemein für internationale Verträge. Eine unzulässige Schädigung der Bundesrepublik Deutschland, die wirtschaftlich gesehen Trägerin der Beklagten sei, liege darin, daß sie infolge der Umstellung auf DM nicht mehr ihren Bestand an transferablen Rubeln abbauen könne und statt dessen zusätzliche DM an die Klägerin zahlen müsse.

2. Auch diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, welche Rechtsordnung hier kollisionsrechtlich berufen ist. Unabhängig davon fehlen im Berufungsurteil Feststellungen, die die Annahme eines Vertrages zu Lasten Dritter rechtfertigen würden.

Das Berufungsgericht verkennt die Folgen des unterstellt wirksamen Vertrages vom 17. Januar 1991 für die Bundesrepublik Deutschland. Die vom Berufungsgericht angenommene Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, zusätzliche DM an die Klägerin zu zahlen, folgt aus dem Vertrag weder unmittelbar noch mittelbar.

Die wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland werden nach den derzeitigen Feststellungen durch den Vertrag vom 17. Januar 1991 allenfalls tatsächlich und nicht rechtlich berührt. Bei Inanspruchnahme des zwischen den Rechtsvorgängerinnen der Parteien vereinbarten Transferrubel-Abrechnungsverfahrens hätte die Bundesrepublik Deutschland über die Deutsche Außenhandelsbank ihren Transferrubelüberschuß (vgl. hierzu Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, 2. Aufl., § 7 Rdn. 34) abbauen und hierfür DM von der Beklagten erlangen können. Diese Möglichkeit des "Umtausches" von transferablen Rubeln bei der Beklagten kann ihr durch den Vertrag vom 17. Januar 1991 genommen worden sein. Das jedenfalls wäre nur eine tatsächliche Auswirkung des Vertrages.

b) Sollte polnisches Recht anwendbar sein, wäre die Frage zu prüfen, ob der deutsche ordre-public des Art. 6 EGBGB der Wirksamkeit des Vertrages vom 17. Januar 1991 entgegensteht. Die Überprüfung eines Vertrages anhand des ordre-public erfordert zunächst die Ermittlung und Anwendung des maßgeblichen ausländischen Rechts auf diesen Vertrag (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96 - NJW 1997, 1697, 1700). Erst dann kann in einem zweiten Schritt beurteilt werden, ob dieses Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. 6 S. 1 EGBGB).

Hierzu fehlt es an tragfähigen Feststellungen. Insbesondere prüft das Berufungsgericht nicht, in welchem Umfang der Klägerin durch die Vereinbarung vom 17. Januar 1991 ein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen, der Beklagten ein entsprechender Nachteil entstanden ist. Das Berufungsurteil läßt ferner nicht erkennen, in welchem Grade die Klägerin mit dem polnischen Staat verflochten ist und die Beklagte mit der Bundesrepublik Deutschland. Auch fehlen Feststellungen zum Zweck der Vereinbarung und den Beweggründen der Parteien.

IV.

Das Berufungsurteil ist, soweit die Klage abgewiesen worden ist, auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO). Die Frage, ob die von der Firma E. abgeschlossenen Verträge die Beklagte verpflichten, läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beantworten.

Das Berufungsgericht läßt offen, ob die Beklagte bei Abschluß des Vertrages vom 17. Januar 1991 von der Firma E. wirksam vertreten wurde. Bei den übrigen Verträgen hat es eine wirksame Stellvertretung angenommen.

Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben keine Beurteilung, ob Eigengeschäfte oder Vertretergeschäfte vorlagen und ob im Falle von Vertretergeschäften die E. wirksam bevollmächtigt war. Der Umfang der erforderlichen Feststellungen richtet sich nach den insoweit kollisionsrechtlich berufenen Rechtsordnungen, die das Berufungsgericht nicht ermittelt hat.

V.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil, soweit es von der Revision angegriffen ist, keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien, die erforderlichen Feststellungen zu treffen und gegebenenfalls das polnische Recht entsprechend den vom Bundesgerichtshof zu § 293 ZPO entwickelten Grundsätzen (BGH, Urteile vom 30. April 1992 - IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151, 162ff m.w.N.; vom 13. Mai 1997 - IX ZR 292/96, WM 1997, 1245, 1246 = NJW-RR 1997, 1154) zu ermitteln.

Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, daß die Beklagte nicht aus den von der Firma E. abgeschlossenen Verträgen verpflichtet ist, so wird im weiteren zu klären sein, ob die Beklagte noch Schuldnerin der Transferrubelverbindlichkeiten aus den vor der Währungs- und Wirtschaftsunion abgeschlossenen Verträgen ist. Eine Vertragsanpassung wegen der Beendigung der Transferrubelverrechnung hätte auf der Grundlage des auf diese Verträge anwendbaren Rechts zu erfolgen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts käme selbst bei Anwendbarkeit deutschen Rechts eine Währungsumstellung gemäß Anlage I 2. Abschnitt Artikel 6 Abs. 3 des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 nicht in Betracht, weil die Forderungen der Klägerin nicht auf Mark der DDR gelautet haben.

Ende der Entscheidung

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