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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.01.1998
Aktenzeichen: VII ZR 141/97
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 631 |
Es ist Aufgabe des Architekten, die Bauwünsche seines Auftraggebers zu ermitteln und dementsprechend zu planen.
Wünscht der Auftraggeber eine andere Art der Gestaltung (hier: Zugang zum Aufzug über das Haupttreppenhaus statt über das Nebentreppenhaus), ist der Architekt verpflichtet, den Auftraggeber über die technischen Möglichkeiten aufzuklären, mit denen dessen Zielvorstellungen verwirklicht werden können. Im Rahmen eines bestehenden Architektenvertrages ist es nicht erforderlich, den Architekten damit gesondert zu beauftragen.
BGH, Urteil vom 8. Januar 1998 - VII ZR 141/97 - KG Berlin LG Berlin
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 8. Januar 1998
Heinzelmann Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Lang und die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 24. Februar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Kammergericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen vom beklagten Architekten Schadensersatz in Höhe von 81.915 DM für die nachträgliche Änderung einer Fahrstuhlanlage.
Sie hatten den Beklagten mit Architektenleistungen zur Sanierung eines Mietshauses in B. beauftragt. Gegenstand des Vertrages war unter anderem der Einbau eines Personenaufzugs in einen vorhandenen Lichtschacht. Nach der ursprünglichen und so auch genehmigten Planung sollte der Fahrstuhl Zugänge vom Nebentreppenhaus beginnend im Erdgeschoß haben, während die Unterfahrt und die Antriebsmaschine im Kellergeschoß vorgesehen waren. Später wurde die Planung einvernehmlich dahin geändert, daß die Zugänge nicht vom Nebentreppenhaus, sondern vom Haupttreppenhaus her angeordnet wurden. Dies hatte bauwerksbedingt zur Folge, daß der erste Zugang zum Fahrstuhl im ersten Stockwerk (Beletage) lag. Einen Hinweis auf die technisch aufwendigere Möglichkeit, einen Fahrstuhlkorb mit zwei über Eck rechtwinklig angeordneten Türen zu bauen, die im Erdgeschoß einen Zugang vom Nebentreppenhaus und in den übrigen Geschossen vom Haupttreppenhaus her ermöglicht hätten, gab der Beklagte den Klägern nicht.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie ihren Schadensersatzanspruch weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, Planung und Ausführung des Fahrstuhles seien fehlerfrei erfolgt. Den Klägern stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung einer Nebenpflicht zu. Es sei nicht Verpflichtung des Beklagten gewesen, die Kläger darauf hinzuweisen, daß auch bei der geänderten Ausführung ein Zugang im Erdgeschoß über den Nebeneingang technisch möglich war. Wenn die Kläger entgegen den baulichen Gegebenheiten an dem Zugang vom Erdgeschoß hätten festhalten wollen, hätten sie den Beklagten mit dieser Planung ausdrücklich beauftragen müssen.
Selbst wenn den Beklagten eine Hinweispflicht getroffen hätte, scheide ein Ersatzanspruch aus; denn die Ansicht der Kläger, der Schaden bestehe in dem Aufwand der zur Umrüstung des Fahrstuhles erforderlichen Kosten, treffe nicht zu. Ein wirtschaftlich meßbarer Schaden sei ihnen nicht entstanden. Sie trügen nämlich nicht vor, daß aus dem Haus, einem Renditeobjekt, nur deswegen niedrigere Mieten erwirtschaftet würden, weil der Fahrstuhl erst im ersten Obergeschoß des Haupttreppenhauses einen Zugang habe.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht verkennt die einen Architekten aus dem Architektenvertrag treffenden Pflichten. Er muß zunächst die Bauwünsche seines Auftraggebers ermitteln und dementsprechend planen.
Der Beklagte hat diese Pflicht verletzt. Ihm war aufgrund der ursprünglichen Planung bekannt, daß die Kläger einen Zugang zum Fahrstuhl im Erdgeschoß wünschten. Die vom Beklagten erstellte Baubeschreibung vom 27. Februar 1990 sah deswegen den Einbau der erforderlichen technischen Anlage im Kellergeschoß und den Zugang zum Aufzug über das Nebentreppenhaus vor. Wenn die Kläger nachträglich einen Zugang über das Haupttreppenhaus verlangten, war der Beklagte verpflichtet, sie über die technischen Möglichkeiten, wie das verwirklicht werden konnte, aufzuklären. Dazu gehörte auch ein Hinweis, daß bei einem Zugang zum Aufzug über die Haupttreppe, der bauwerksbedingt nur ab dem ersten Stockwerk möglich war, weiterhin ein Zugang im Erdgeschoß über die Nebentreppe geschaffen werden konnte. Denn damit konnten beide Zielvorstellungen der Kläger verwirklicht werden. Es war Sache der Kläger und nicht die des Beklagten, sich dann für eine der Möglichkeiten zu entscheiden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war es im Rahmen des bestehenden Architektenvertrages nicht erforderlich, den Beklagten mit dieser Planung ausdrücklich zu beauftragen. Vielmehr begründet der unterlassene Hinweis eine Pflichtverletzung des Beklagten.
2. Mit Erfolg beanstandet die Revision auch die Annahme des Berufungsgerichts, es liege kein ersatzfähiger Schaden vor. Das Berufungsgericht verkennt, welcher Schaden von den Klägern geltend gemacht wird.
Die Kläger begehren nicht einen Minderwert, der aus niedrigeren Mieten entsteht, weil der Fahrstuhl erst im ersten Obergeschoß des Haupttreppenhauses, nicht aber schon im Erdgeschoß vom Nebentreppenhaus her einen Zugang hat. Sie verlangen vielmehr Ersatz der Kosten, die erforderlich sind, um nachträglich einen Zugang vom Erdgeschoß zu erreichen. Hierfür sind nach ihrem Vortrag Arbeiten am Aufzug in Höhe von 59.915 DM brutto sowie bauseitige Leistungen mit einem Kostenaufwand von 25.000 DM brutto erforderlich. Soweit es sich um zusätzliche Kosten handelt, die dadurch entstehen, daß nicht von vornherein der Zugang im Erdgeschoß über die Nebentreppe ausgeführt worden ist, liegt ein Schaden vor, der durch die Pflichtverletzung des Beklagten verursacht worden ist. Zugunsten der Kläger ist im Revisionsverfahren davon auszugehen, daß sie bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten diese Art der Ausführung gewählt hätten.
III.
Demnach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, so daß es aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Ende der Entscheidung
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