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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.11.1998
Aktenzeichen: VII ZR 160/96
Rechtsgebiete: HOAI
Vorschriften:
HOAI § 10 |
VII ZR 160/96
Verkündet am: 17. September 1998
Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
HOAI § 10
a) Die Beurteilung der Prüffähigkeit einer Architektenschlußrechnung setzt voraus, daß das Gericht hinreichende Feststellungen zu den Grundlagen der rechtlichen Prüffähigkeit getroffen hat. Die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Rechnung können von der Anspruchsgrundlage abhängen, auf die der Architekt seine Forderung stützen kann.
b) Ist die Architektenschlußrechnung nur hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen nicht prüffähig, kann die auf die erbrachten Leistungen gestützte Honorarklage nicht als derzeit unbegründet abgewiesen werden.
BGH, Urteil vom 17. September 1998 - VII ZR 160/96 - OLG Naumburg LG Dessau
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 1998 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. April 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Resthonorar für erbrachte und nicht erbrachte Architekten- und Ingenieurleistungen.
Zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten wurde am 30. August/2. Dezember 1991 ein schriftlicher Vertrag über Architekten- und Ingenieurleistungen geschlossen. Im Sommer 1993 stellte die Klägerin ihre Arbeiten ein, nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten der Parteien gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin Leistungen (§ 15 HOAI) gemäß Leistungsphasen 1 bis 6 erbracht, die der Leistungsphase 7 nur teilweise. Beide Parteien kündigten das Vertragsverhältnis aus jeweils von der Gegenseite zu vertretendem wichtigen Grund. Die Wirksamkeit dieser Kündigungen ist streitig. Ein anderes Büro setzte die Planung fort; das Bauvorhaben wurde ausgeführt. Der Honorarschlußrechnung legte die Klägerin für die Leistungsphasen 5 bis 9 die Kostenberechnung zugrunde.
Die Beklagte hält die Rechnung der Klägerin für nicht prüffähig und die Leistungen der Klägerin für mangelhaft.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 525.463,97 DM und Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei "zumindest derzeit unbegründet", weil die Rechnung der Klägerin nicht prüffähig sei. Da die Parteien den Vertrag aufgrund der von ihnen jeweils erklärten fristlosen Kündigung "beiderseits als erledigt ansehen", sei die Klägerin verpflichtet, ihr Honorar insgesamt mit einer Schlußrechnung abzurechnen. Es komme nicht darauf an, wer das Scheitern des Vertrages zu vertreten habe. Die Klägerin hätte der Berechnung ihres Honorars für die Leistungsphasen 5-9 die Kostenfeststellung zugrunde legen müssen. Die Kostenfeststellung liege vermutlich vor, weil das Gebäude fertiggestellt sei. Notfalls hätte die Klägerin sich die Kenntnis der Kosten durch eine Auskunftsklage beschaffen müssen.
II.
Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Anwendbarkeit der HOAI bejaht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist die HOAI auf alle Anbieter anwendbar, die Architekten- oder Ingenieurleistungen erbringen, die in der HOAI beschrieben sind (Senat, Urteil vom 22. Mai 1997 - VII ZR 290/95 = BGHZ 136, 1). Diese Voraussetzungen sind erfüllt; die Klägerin hat sich ausschließlich zu Leistungen verpflichtet, die in der HOAI beschrieben sind.
2. Ob die Schlußrechnung der Klägerin prüffähig ist, läßt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.
a) Die Schlußrechnung muß entsprechend den Bestimmungen der HOAI in der Weise aufgeschlüsselt sein, daß der Auftraggeber sie auf ihre rechtliche und rechnerische Richtigkeit überprüfen kann (Senat, Urteil vom 18. Juni 1998 - VII ZR 189/97 = NJW 1998, 3123). Die Beurteilung der Prüffähigkeit setzt daher voraus, daß das Gericht hinreichende Feststellungen zu den Grundlagen der rechtlichen Prüffähigkeit getroffen hat. Die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Rechnung können von der Anspruchsgrundlage abhängen, auf die der Architekt seine Forderung stützen kann. Falls die Rechnung der Klägerin nur hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen nicht prüffähig sein sollte, kann die Klage hinsichtlich des Honorars für die erbrachten Leistungen nicht als derzeit unbegründet abgewiesen werden.
Wenn ein Architektenvertrag vorzeitig beendet und das Bauvorhaben mit einem anderen Architekten fertiggestellt worden ist, kann es für die Frage, welche Kostenermittlungsart der Architekt seiner Berechnung zugrunde legen muß, darauf ankommen, ob es dem Architekten nach Treu und Glauben zumutbar ist, die bis zur Beendigung des Vertrages noch nicht vorliegenden Kostenermittlungsgrundlagen nachträglich zu ermitteln (Senat, Urteil vom 12. Oktober 1989 - VII ZR 98/88 = ZfBR 1990, 19 = BauR 1990, 97).
Sollte die Klägerin für eine ihr noch mögliche und zumutbare nachträgliche Kostenfeststellung Angaben der Beklagten über die Kosten benötigen, ist sie nicht in jedem Falle dazu verpflichtet, eine Auskunftsklage zu erheben. Sie kann vielmehr die Kosten für die Kostenfeststellung unter den Voraussetzungen schätzen, die der Senat in seinem Urteil vom 27. Oktober 1994 (VII ZR 217/93 = BGHZ 127, 254, 261 f) entwickelt hat.
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die möglichen Anspruchsgrundlagen der Klageforderung ungeklärt, weil das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob der Vertrag durch eine der außerordentlichen Kündigungen beendet war oder ob die Beklagte das Bauvorhaben mit einem anderen Architekten hat fertigstellen lassen, obwohl der Vertrag noch nicht beendet war, weil keine Partei wirksam gekündigt hat.
III.
Das Berufungsurteil kann daher nicht bestehenbleiben, es ist aufzuheben. Da weitere Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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