Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.10.1998
Aktenzeichen: VII ZR 167/97
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 398
VOB/B § 14
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 167/97

Verkündet am: 22. Oktober 1998

Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

BGB § 398; VOB/B § 14

Aktivpositionen einer Schlußrechnung können als solche nicht abgetreten werden.

BGH, Urteil vom 22. Oktober 1998 - VII ZR 167/97 - KG Berlin LG Berlin


Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Quack, Prof. Dr. Thode, Hausmann und Dr. Wiebel

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. März 1997 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht zwei Positionen aus zwei Schlußrechnungen der Firma R. geltend. Diese Rechnungen hat die Firma R. der Beklagten für die Ausführung von Leitungsarbeiten gestellt. Es handelt sich um je eine Teilposition der Schlußrechnung vom 13. Januar 1993 für Arbeiten am S-Bahnhof We. im Betrag von 122.731,61 DM und einer undatierten Schlußrechnung für den S-Bahnhof Wi. im Betrag von 223.229,32 DM.

Bei den genannten Positionen handelt es sich um Beträge, die die Firma R. für Baustellengemeinkosten wegen längerer Ausführungszeiten berechnet hat. Die Schlußrechnungen enthalten im übrigen zahlreiche andere Leistungspositionen für die zu erbringenden Leitungsarbeiten sowie die von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen. Die Firma R. hat Einzelpositionen der genannten Rechnungen an zahlreiche andere Zessionare abgetreten. Für die Beziehungen zwischen der Firma R. und der Beklagten war die VOB/B Vertragsgrundlage.

Das Landgericht hat der zuletzt auf Zahlung von 345.960,93 DM zuzüglich Zinsen gerichteten Klage teilweise stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie insgesamt abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin derzeit keinen Anspruch auf Ausgleich der berechneten Baustellengemeinkosten. Zwar seien die fraglichen Positionen für eine Abtretung hinreichend konkret bezeichnet. Indessen seien die Forderungen nicht fällig. Die Klägerin sei gehindert, herausgelöste Einzelpositionen aus den Schlußrechnungen gegen die Beklagte geltend zu machen. Das ergebe sich aus der Senatsentscheidung vom 9. Januar 1997 - VII ZR 69/96 (= BauR 1997, 468 = ZfBR 1997, 186 = NJW 1997, 1444). Prüfbar berechnete und sachlich begründete Einzelpositionen einer Schlußrechnung könnten danach nur dann isoliert zugesprochen werden, wenn die Gesamtabrechnung des Vertrages ein unstreitiges oder ein prüfbar berechnetes und sachlich begründetes Guthaben ergebe. Ein solches habe die Klägerin nicht dargetan. Vielmehr habe die Firma R. eine Fülle von anderen Positionen der besagten Schlußrechnungen an andere Zessionare abgetreten, über die an anderer Stelle Prozesse geführt würden. Es sei deshalb ein streitiges oder sachlich berechtigtes Guthaben und aus den Schlußrechnungen nicht feststellbar.

II.

Hiergegen wendet sich die Revision der Klägerin im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Allerdings folgt dies nicht unmittelbar aus der Senatsentscheidung vom 9. Januar 1997, die das Berufungsgericht für sein Ergebnis anführt. In dieser Entscheidung wird ausgeführt, daß der Auftragnehmer aus sachlich begründeten oder unstreitigen Einzelpositionen Zahlung dann verlangen kann, wenn die Gesamtabrechnung des Vertrages ein Guthaben ergibt, das die Forderung deckt. Darum geht es im Streitfall nicht. Die Klägerin macht als Zessionarin vermeintliche Ansprüche geltend, die sie aus einzelnen Rechnungsposten der beiden Schlußrechnungen herleitet. Die Klägerin macht nicht einen prüfbaren Teil der Schlußrechnungssalden der fraglichen Schlußrechnungen geltend. Sie verlangt vielmehr die isolierte Bezahlung unselbständiger Rechnungspositionen aus diesen Schlußrechnungen. Die Begründung des Berufungsgerichts träfe nur zu, wenn die Klägerin einen mit den fraglichen Beträgen bezifferten Teil der Schlußrechnungssalden geltend machen würde. Das tut sie aber nicht. Sie verlangt vielmehr Bezahlung je einer unselbständigen Einzelposition der Schlußrechnungen. Damit vermeidet sie die Prüfung der Salden und die dafür erforderlichen Prüfungen der gesamten Abrechnungen.

2. Im Ergebnis erweist sich das Berufungsurteil aber als zutreffend, wobei die Klageabweisung als unbegründet und nicht lediglich als zur Zeit unbegründet auszusprechen ist (BGHZ 104, 212, 218).

Aus den ihr "abgetretenen" Teilpositionen der Schlußrechnungen kann die Klägerin keine Zahlungsansprüche herleiten. Es handelt sich insoweit weder um Forderungen noch um Forderungsteile, die einen Zahlungsanspruch begründen könnten. Sie stellen vielmehr lediglich unselbständige Aktivpositionen einer saldierten Abrechnung dar.

a) Bei den "abgetretenen" Positionen der Schlußrechnungen handelt es sich nicht um Forderungen im Sinne von §§ 398 ff BGB. Forderungen (Restforderungen) in diesem Sinne sind bei dem vorliegenden VOB/B-Vertrag lediglich die Schlußrechnungssalden der beiden Schlußrechnungen, also die Ansprüche auf restliche Vergütung aus den beiden Verträgen. Beim VOB/B-Vertrag ist der gemäß der Schlußrechnung offene Betrag ein Saldo, in der Terminologie der VOB/B ein "Guthaben" (§ 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 VOB/B). Dieser Saldo ergibt sich bei dem hier vorliegenden Einheitspreisvertrag aus der Summe der nach Einheitspreisen berechneten Leistungspositionen (Aktivposten) abzüglich der Summe der Abschlagszahlungen. Dabei sind die Abschlagszahlungen lediglich Rechnungsposten, können also nicht auf die einzelnen Leistungspositionen des Vertrages bezogen werden, für die sie ursprünglich als Abschlag angefordert worden sind (Senatsentscheidung vom 9. Januar 1997 aaO). In bezug auf den Schlußrechnungssaldo sind auch die Leistungspositionen des Einheitspreisvertrags lediglich Rechnungsposten. Der Saldo hat demgemäß keinen inhaltlichen Bezug zu den einzelnen Leistungspositionen, er ist nicht die Vergütung für Einzelpositionen. Deren Bedeutung für den Saldo ist nicht bestimmt und auch nicht bestimmbar, eben weil sie lediglich Rechnungspositionen darstellen. Demgemäß ist der als Einzelposition geltend gemachte Betrag für die Baustelleneinrichtung kein Forderungsteil, der isoliert abgetreten werden könnte. Das ergibt sich im wesentlichen daraus, daß der "abgetretene" Betrag nicht so festgelegt werden kann, daß er von dem nicht abgetretenen zweifelsfrei unterscheidbar und zudem vom Schicksal der übrigen Forderungsteile unabhängig ist. In welcher Höhe sich etwa die auf die Gesamtsumme der Aktivpositionen zu verrechnenden Abschlagszahlungen auf die "abgetretene" Rechnungsposition auswirken, hängt von der Berechtigung sämtlicher anderer Aktivpositionen nach Grund und Höhe ab. Sie kann deshalb nicht Gegenstand eines Verfügungsgeschäftes sein.

b) Unbenommen bleibt es der Klägerin, unter Regelung der Rangverhältnisse zu den nicht abgetretenen Teilen die Salden im Betrag der hier einschlägigen Aktivpositionen abzutreten. Von dieser Möglichkeit haben die Beteiligten aber ersichtlich keinen Gebrauch gemacht. Das ergibt sich aus dem Inhalt der Abtretungsvereinbarung. Hier wird nur die Einzelposition der Schlußrechnung für eine selbständige Geltendmachung "übertragen".

Ende der Entscheidung

Zurück