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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: VII ZR 180/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 544 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZR 180/05

vom 7. Dezember 2006

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde der Klägerin wird stattgegeben.

Das Urteil des 4.Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 28. Juni 2005 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 30.612,92 €

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz von Nachbesserungskosten zum Zweck der Beseitigung von Baumängeln. Die Instanzgerichte haben sich bislang nur mit der Zulässigkeit der Klage, insbesondere der Partei- bzw. Prozessfähigkeit der Beklagten befasst.

Die Beklagte ist als S.A.R.L. eine juristische Person nach französischem Recht. Am 20. Dezember 1994 wurde bezüglich der Beklagten ein Beschluss über den Abschluss der Liquidation mit Wirkung zum 31. Dezember 1994 gefasst und die Gesellschaft wurde mit Wirkung zum 31. Dezember 1994 im französischen Handelsregister gelöscht.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 30.612,92 € gerichtete Klage abgewiesen, weil die Beklagte nach ihrer Liquidation über keine Vermögenswerte mehr verfüge und deshalb nicht parteifähig sei. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zulassung die Klägerin begehrt, verfolgt diese ihren Klageantrag weiter.

II.

Das Berufungsgericht führt aus, die Beklagte sei nach französischem Recht, das vorliegend für die Beurteilung der Partei- und Prozessfähigkeit heranzuziehen sei, zwar noch parteifähig, doch mangele es ihr an der Prozessfähigkeit. Nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. habe der Liquidator durch den Beschluss über die Beendigung der Liquidation gemäß Art. L. 237-2 Abs. 3 C. com. mit der Eintragung in das Handels- und Gesellschaftsregister auch im Verhältnis zu Dritten seine gesetzliche Vertretungsmacht in Bezug auf die aufgelöste Gesellschaft verloren. Die Gesellschaft könne nunmehr nur durch einen gerichtlich bestellten ad-hoc-Vertreter (mandataire ad hoc) vertreten werden, dessen gerichtliche Bestellung von jedem, der ein berechtigtes Interesse daran habe, erwirkt werden könne. Die Klägerin habe bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die Bestellung eines mandataire ad hoc nicht erwirkt, weshalb ihre Klage als unzulässig abzuweisen sei. Eine weitere Vertagung, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, einen mandataire ad hoc bestellen zu lassen, sei nicht veranlasst. Die Klägerin habe zwischen der Terminsaufhebung mit Verfügung vom 22. Februar 2005 und dem Verhandlungstermin vom 24. Mai 2005 drei Monate Zeit gehabt, die Bestellung eines mandataire ad hoc herbeizuführen, was jedoch nicht geschehen sei. Sie habe nur in allgemeiner Weise ihrer subjektiven Erwartung Ausdruck verliehen, eine Bestellung werde bald erfolgen.

III.

Mit der auf die dargestellten Ausführungen gestützten Zurückweisung der Berufung und Abweisung der Klage als unzulässig, hat das Berufungsgericht das Grundrecht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.

Nachdem das Berufungsgericht die Klägerin im Januar 2005 darauf hingewiesen hatte, dass es die Beklagte mangels der Bestellung eines "mandataire ad hoc" als nicht prozessfähig ansehe, hat die Klägerin im Februar 2005 um ausreichende Gelegenheit dazu gebeten, den Mangel durch Einleitung des erforderlichen Verfahrens in Frankreich beheben zu können. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 24. Mai 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin laut Protokoll erklärt, das Verfahren zur Bestellung eines "mandataire ad hoc" in Frankreich sei noch nicht beendet; im März sei ein dortiger Kollege mit der Stellung eines Antrags beauftragt worden, über den bisher noch nicht entschieden sei.

Wenn das Berufungsgericht diese Erklärung nicht für ausreichend erachtete, sondern zur Sicherung eines zügigen Prozessablaufs konkretere Angaben über den Verlauf des in Frankreich anhängigen Verfahrens und, soweit möglich, über dessen voraussichtlichen zeitlichen Abschluss für erforderlich hielt, hätte es, was die Beschwerde zu Recht rügt, die Klägerin hierauf hinweisen müssen. In der Beschwerdebegründung wird im Einzelnen dargelegt, was die Klägerin sodann zum Stand des Verfahrens vor dem zuständigen Gericht in Metz dargelegt hätte.

Angesichts dessen, dass die Klägerin auf den zeitlichen Ablauf des französischen Verfahrens nur in beschränktem Umfang Einfluss nehmen konnte und im Mai 2005 von einer unangemessenen, der Klägerin anzulastenden Verzögerung des vorliegenden Rechtsstreits durch die Problematik der "mandataire" - Bestellung nicht die Rede sein konnte, stellt es einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, dass das Berufungsgericht ohne weiteren Hinweis die Klage als endgültig unzulässig behandelt, die laufenden Bemühungen der Klägerin und ihre Darlegungen zur Behebung des Mangels abgeschnitten und folglich ihren gesamten Vortrag zur Sache unberücksichtigt gelassen hat.

Auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht das Berufungsurteil, da eine Behebung des Zulässigkeitsmangels durch die nach Vortrag der Beschwerde am 11. August 2005 erfolgte Bestellung eines "mandataire ad hoc" herbeigeführt worden sein kann.

Ende der Entscheidung

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