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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: VII ZR 191/06
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 26. Februar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka,

den Richter Dr. Kuffer,

die Richterin Safari Chabestari,

den Richter Halfmeier und

den Richter Leupertz

beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde des Beklagten wird teilweise stattgegeben.

Das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 16. August 2006 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von 30.677,51 EUR verurteilt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Streitwert: 62.173,09 EUR; stattgebender Teil: 30.677,51 EUR

Klageantrag 1 (Werklohn): 30.677,51 EUR; Klageantrag 2 (Herausgabe Anerkenntnis): 2.863,24 EUR (10 % des anerkannten Betrages wegen Insolvenz); Klageantrag 3 und Widerklage (Grundschuld): 28.632,34 EUR (schlüssig vorgetragener gesicherter Anspruch)

Gründe:

I.

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH (künftig: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten im Wege der Teilklage auf Zahlung von Werklohn in Anspruch und verlangt außerdem die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines notariellen Schuldanerkenntnisses und eines Grundschuldbriefes sowie die Abtretung der dazugehörigen Gesamtgrundschuld. Widerklagend begehrt der Beklagte die Bewilligung einer Eintragung im Grundbuch, dass die Grundschuld an ihn abgetreten ist.

Die Schuldnerin errichtete für den Beklagten ein Haus auf dessen Grundstück. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte den vereinbarten Festpreis vollständig bezahlt hat. Der Beklagte hat behauptet, mit der Schuldnerin und seinem Vater sei vereinbart worden, dass eine spätere Zahlung der Eheleute Ha. an die Schuldnerin in Höhe von 92.400 DM auf den Werklohn angerechnet werde. Über diese Zahlung habe der Vater verfügen können, weil das Geld letztlich ihm aus einer Grundstücksveräußerung zugestanden habe. Der Kläger hält es für möglich, dass die Zahlung der Eheleute Ha. teilweise auf Verbindlichkeiten des Vaters angerechnet worden sind, die dieser gegenüber der Schuldnerin aus dem Erwerb von Eigentumswohnungen hatte.

Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 30.677,51 EUR nebst Zinsen, zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldanerkenntnisses vom 5. April 2000 und des Grundschuldbriefs über 500.000 DM sowie zur Abtretung der dazugehörigen Gesamtgrundschuld verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist zurückgewiesen worden. Der Beklagte will mit der Revision, deren Zulassung er begehrt, seinen Klageabweisungsantrag und seinen Widerklageantrag weiterverfolgen.

II.

Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Rechts des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, soweit das Berufungsgericht ihn zur Zahlung von Werklohn in Höhe von 30.677,51 EUR verurteilt hat.

1.

Das Berufungsgericht hat Werklohnzahlungen des Beklagten nur in Höhe von 90.718,77 DM als bewiesen angesehen. Eine Verrechnung der Zahlungen der Eheleute Ha. auf die Schuld des Beklagten in Höhe von 92.400 DM könne nicht festgestellt werden. Zwar seien am 29. Juli und 11. August 1998 Zahlungen der Eheleute Ha. auf dem Konto der Schuldnerin eingegangen. Dafür, dass von diesen Beträgen, wie vom Beklagten behauptet, ein Teil tatsächlich auf die Werklohnforderung der Schuldnerin gegen den Beklagten verrechnet worden sei, fehle es jedoch an geeignetem Tatsachenvortrag. Die Tatsache der Verrechnung könne nicht durch die Aussage der Zeugen B. und F. bewiesen werden, dass eine Verbuchung stattgefunden habe. Ob eine Verbuchung tatsächlich erfolgt sei, lasse sich aus deren Zeugnis von vornherein nicht mit Sicherheit entnehmen. Zum Beweis einer tatsächlich durchgeführten Verrechnung hätte es der Vorlage schriftlicher Buchungsunterlagen bedurft.

2.

Der Beklagte hat ein Schreiben der Schuldnerin vom 14. Februar 2000 vorgelegt, in dem diese dem Beklagten bestätigt hat, dass sein Haus vollständig bezahlt und der "Werklieferungsvertrag" abgerechnet sei. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Schreiben nicht befasst.

Darin liegt, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, entscheidungserhebliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das muss angenommen werden, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (BVerfG, NJW-RR 1995, 1033).

So liegt der Fall hier. Die Bestätigung kann belegen, dass die behauptete Verbuchung stattgefunden hat und der verbleibende Werklohn vollständig durch Zahlung getilgt ist.

Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht die vollständige Zahlung des Werklohns als erwiesen angesehen hätte, wenn es das Schreiben vom 14. Februar 2000 in seine Beweiswürdigung einbezogen hätte. Das Berufungsurteil war daher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zurückzuverweisen.

III.

Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1.

Dem Berufungsurteil liegt die Ansicht zugrunde, die Zahlung der Eheleute Ha. habe nur dann zur teilweisen Erfüllung der Schuld des Beklagten geführt, wenn die Schuldnerin die vereinbarte Verrechnung auch buchhalterisch vollzogen habe. Diesen Buchungsvorgang sieht es als durch die Aussagen der Zeugen F. und B. nicht bewiesen an, weil diese mit der Buchhaltung der Schuldnerin nicht befasst waren.

2.

Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist unzutreffend. Vereinbaren die Vertragsparteien, dass die Zahlung eines Dritten an den Gläubiger die Forderung gegenüber dem Schuldner erfüllen soll, hängt die Erfüllungswirkung nicht davon ab, dass der Gläubiger die eingegangene Zahlung formell auf die Forderung verbucht und nicht abredewidrig auf eine andere Schuld verrechnet. Ist die Schuld erst nach der Zahlung entstanden, so dass eine Vorauszahlung vorliegt, führt die Anrechnungsvereinbarung im Moment der Entstehung der Forderung zu deren Erlöschen (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 362 Rdn. 13). Ob die Schuldnerin die Zahlung der Eheleute Ha. in ihrer Buchhaltung entsprechend verbucht hat, ist ohne Bedeutung.

IV.

Von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der weiteren Nichtzulassungsbeschwerde wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO).

Ende der Entscheidung

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