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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: VII ZR 210/06
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 9 Abs. 1 Bf
AGBG § 9 Abs. 1 Cf
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, der durch Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann, ist auch dann unwirksam, wenn dem Auftragnehmer die Befugnis eingeräumt wird, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZR 210/06

vom 24. Mai 2007

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka, Bauner und Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. September 2006 - I U 1946/06 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin zu 2 wird, nachdem sie die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Die Klägerinnen tragen ihre außergerichtlichen Kosten und 50 v.H. der Gerichtskosten als Gesamtschuldner. 50 v.H. der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt allein die Klägerin zu 1.

Streitwert: 108.922,66 €.

Gründe:

I.

Die Klägerinnen haben die Beklagte aus insgesamt siebzehn Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern auf Zahlung von 108.922,66 € in Anspruch genommen. Diese Bürgschaften hat die Beklagte für Auftragnehmer der Klägerin zu 1 gestellt. In den Werkverträgen zwischen der Klägerin zu 1 und ihren Auftragnehmern war eine von der Klägerin zu 1 vorgegebene Klausel enthalten, nach der eine Sicherheit für die Gewährleistung in Höhe 5 v.H. der Abrechnungssumme mit der Schlussrechnung in Ansatz gebracht wird und diese durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann. Dem Auftragnehmer sollte das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B zustehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen habe beide Klägerinnen Beschwerde eingelegt. Die Klägerin zu 2 hat die Beschwerde zurückgenommen.

II.

Die Beschwerde der Klägerin zu 1 hat keinen Erfolg. Ein die Zulassung der Revision erfordernder Grund, § 543 Abs. 2 ZPO, liegt nicht vor.

1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die in den Verträgen zwischen der Klägerin zu 1 und ihren Auftragnehmern verwendete Sicherungsklausel sei wegen unangemessener Benachteiligung der Auftragnehmer unwirksam. Das folge aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255). Davon abweichende Entscheidungen des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts Hamm seien durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt. Die Zulassung der Revision sei deshalb nicht veranlasst.

2. Dagegen wendet sich die Beschwerde ohne Erfolg. Zutreffend ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass die von ihm zu beurteilende Rechtsfrage durch die Entscheidungen des Senats geklärt ist.

Eine in einem Bauvertrag enthaltene Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftraggebers, wonach dieser für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vornehmen darf, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, wenn ihm kein angemessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27; Urteil vom 2. März 2000 - VII ZR 475/98, BauR 2000, 1052 = NZBau 2000, 285 = ZfBR 2000, 332; Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = NZBau 2002, 151 = ZfBR 2002, 249; Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 494/00, BauR 2002, 1392 = NZBau 2002, 493 = ZfBR 2002, 677; Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02, BGHZ 157, 29; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539 = NZBau 2005, 219 = ZfBR 2005, 255; Urteil vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, BauR 2005, 1154 = NZBau 2005, 460 = ZfBR 2005, 557; Urteil vom 20. Oktober 2005 - VII ZR 153/04, BauR 2006, 374 = NZBau 2006, 107 = ZfBR 2006, 145).

Ein angemessener Ausgleich wird dem Auftragnehmer nicht gewährt, wenn er die Liquidität nur dadurch erlangen kann, dass er den Sicherheitseinbehalt durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ablöst. Denn diese Bürgschaft kann ohne weiteres in Anspruch genommen und dadurch dem Auftragnehmer die Liquidität auch dann wieder für längere Zeit entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass ein Sicherungsfall nicht vorliegt (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02, aaO; Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, aaO.). An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn der Sicherheitseinbehalt auf ein Verwahrgeldkonto des öffentlichen Auftraggebers genommen wird (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - VII ZR 153/04, aaO). Daraus folgt ohne weiteres, dass ein angemessener Ausgleich auch nicht dadurch geschaffen werden kann, dass dem Auftragnehmer die Möglichkeit eröffnet wird, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehalts zu verlangen. Denn dadurch erhält er nicht die Möglichkeit, den ihm nach der Gesetzeslage zustehenden Werklohn dauerhaft liquide an sich zu ziehen.

Den von der Beschwerde vorgebrachten Gesichtspunkten, der hinterlegte Sicherheitseinbehalt werde verzinst und der private Auftraggeber könne im Gegensatz zum öffentlichen Auftraggeber im Rückforderungsprozess nicht gerichtskostenfrei auftreten, kommt bei der Interessenabwägung kein entscheidendes Gewicht zu.

Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Entscheidungen des Kammergerichts (BauR 2004, 1016) und des Oberlandesgerichts Hamm (BauR 1998, 135) durch die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes überholt sind. Eine weitere Klärung durch den Senat ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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