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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: VII ZR 210/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 139 Abs. 2 | |
ZPO § 139 Abs. 4 Satz 2 | |
ZPO § 544 Abs. 7 | |
ZPO § 563 Abs. 1 Satz 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 10. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Prof. Dr. Kniffka, Bauner, Dr. Eick und Halfmeier
beschlossen:
Tenor:
Der Beschwerde der Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.
Das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2007 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Beschwerdewert: 172.825,12 €
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Mängeln einer Jalousienanlage eines Bürohauses, das die Beklagten als Generalunternehmer errichtet hatten.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Mechanik für die Bewegung der Jalousien sei schwergängig gewesen. Es habe ein Konstruktions- oder Ausführungsfehler vorgelegen. Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, die Montage sei mangelhaft erfolgt, weil sich durch bei der Bedienung auftretende Kräfte Schrauben gelockert hätten, so dass die Mechanik schwergängig sei. Das Landgericht hat die Beklagte zu 2 durch Teilurteil zur Zahlung von 217.813,80 € verurteilt.
Die Berufung der Beklagten zu 2 hatte nur insoweit Erfolg, als der als Schadensersatz ausgeurteilte Betrag auf 172.825,12 € ermäßigt worden ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
II.
Die Beschwerde der Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat gegen den Anspruch der Beklagten zu 2 auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, verstoßen.
1. Das Berufungsgericht führt aus, die eingebauten manuellen Jalousienantriebe seien teilweise mit einem Mangel behaftet, der ihre Tauglichkeit zu ihrem gewöhnlichen Gebrauch mindere. Allerdings sei die Kurbelgetriebekonstruktion selbst fehlerfrei. Es stehe auch nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Montage der Kurbelgetriebe mangelhaft gewesen sei. Der Sachverständige habe in seiner mündlichen Anhörung angegeben, die Montage sei an und für sich ordnungsgemäß; sie verstoße nicht gegen Regeln. Er habe zwar nicht plausibel erläutert, aus welchen Gründen er seine Feststellungen im schriftlichen Gutachten, die mit seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung nicht übereinstimmten, getroffen habe. Er habe vielmehr durchweg ausweichend geantwortet und kaum präzise Angaben zu den ihm gestellten Fragen gegeben. Ein Mangel sei jedoch unter Würdigung der Gesamtumstände nicht erwiesen.
Die Mangelhaftigkeit eines Teils der Werkleistung ergebe sich aber daraus, dass die Beklagten den erforderlichen Hinweis auf die notwendige schonende Art der Bedienung der Jalousien unterlassen hätten und es infolgedessen bei einem Teil der Jalousien zur Schwergängigkeit bis hin zum Blockieren des Antriebs gekommen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen führe ein Ansatz der Jalousienstange in einem schrägen Winkel zu einem vermehrten Widerstand beim Drehen der Stange, was wiederum dazu führen könne, dass sich die entstehenden Kräfte auf die Befestigungsplatten auswirkten und sich im Laufe der Zeit die Gesamtkonstruktion verschiebe. Die Beklagten hätten die Klägerin über die Problematik der Konstruktion und die Gefahren einer unsachgemäßen Bedienung informieren und sie in eine sachgerechte Bedienung einweisen müssen. Dies hätten sie unterlassen.
Die Anzahl der schwergängigen Jalousien werde auf zwei Drittel aller installierten Jalousien geschätzt. Die Beklagte zu 2 schulde deshalb Schadensersatz für die Reparatur der Befestigung von 549 Jalousienantrieben. Insgesamt habe die Beklagte 172.825,12 € Schadensersatz zu leisten.
2. Dagegen erhebt die Beklagte zu 2 mit Erfolg die Rüge eines Verstoßes gegen ihr Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Das Berufungsgericht hat sein Urteil ohne den gebotenen richterlichen Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO auf einen Gesichtspunkt gestützt, der nicht Gegenstand des Vortrags der Parteien gewesen ist.
Die Klägerin hat die Schadensersatzklage mit der Behauptung erhoben, die Leistung der Beklagten sei deshalb mangelhaft, weil die Mechanik der Jalousie einen Konstruktions- oder Ausführungsmangel enthalte. Diese Frage war bis zur mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts allein Gegenstand des schriftsätzlichen Vortrags beider Parteien und ausweislich des Protokolls der letzten mündlichen Verhandlung auch Gegenstand der Beweisaufnahme. Es mag sein, dass sich erst während der letzten mündlichen Verhandlung und in der Beweisaufnahme Anhaltspunkte dafür ergeben haben, es liege eine Verletzung einer Verpflichtung der Beklagten vor, über die Risiken einer unsachgemäßen Bedienung der Jalousienstange aufzuklären. Es ist, abhängig vom Inhalt des Generalunternehmervertrages, auch denkbar, in dem Unterlassen einer solchen Aufklärung einen Werkmangel zu sehen, der von dem Klagegegenstand bereits erfasst ist. Wenn das Berufungsgericht deshalb eine Verurteilung auf eine unterlassene Aufklärung stützen wollte, musste es zuvor die Beklagte zu 2 gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinweisen, dass die Klage aus diesem Gesichtspunkt Erfolg haben könnte und ihr ausreichende Gelegenheit einräumen, dazu Stellung zu nehmen.
Ein solcher Hinweis ist in den Akten nicht dokumentiert, vgl. § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Der aus der Stellungnahme der Beklagten zu 2 im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Oktober 2007 ersichtliche Umstand, dass die Aufklärungspflichtverletzung in der mündlichen Verhandlung in irgendeiner Weise zur Sprache gebracht worden ist, ist kein ausreichender Beleg dafür, dass ein Hinweis mit der erforderlichen Deutlichkeit erteilt worden wäre. Jedenfalls ist der Beklagten zu 2 keine ausreichende Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - VII ZR 204/06, BauR 2008, 1029 = NZBau 2008, 445 = ZfBR 2008, 472).
b) Das Berufungsgericht hat gegen den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, verstoßen. Dieser Verfahrensverstoß kann erheblich sein. Die Beklagte zu 2 hatte keine Gelegenheit, zu verschiedenen entscheidungserheblichen Gesichtspunkten vorzutragen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Nichtzulassungsbeschwerde anders entschieden hätte.
Ende der Entscheidung
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