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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: VII ZR 214/06
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B
Vorschriften:
BGB § 633 Abs. 2 Satz 3 a.F. | |
VOB/B § 13 Nr. 6 C |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 10. April 2008
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer, Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Halfmeier
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Nachbesserung, hilfsweise Minderung, Rückzahlung überzahlten Werklohns sowie Schadensersatzzahlung und Feststellung der Verpflichtung zu weiterer Schadensersatzleistung wegen mangelhafter Ausführung von Trockenbautrennwänden in Anspruch.
Die Beklagte wurde mit Vertrag vom 28. Januar 1998 von der Klägerin mit Trockenbauarbeiten beauftragt. Die Geltung der VOB/B war vereinbart. Nach Nr. 1.19 des Leistungsverzeichnisses waren die WC-Trennwände aus beidseitig doppelt beplankten imprägnierten Gipskartonplatten herzustellen.
Als es nach Abnahme zu einem Wasserschaden kam, stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte die Trennwände mit einer imprägnierten und einer unimprägnierten Gipskartonplatte je Wandseite beplankt hatte. Die Klägerin forderte die Beklagte ohne Erfolg zur Mängelbeseitigung auf.
Das Landgericht hat den auf Nachbesserung gerichteten Hauptantrag der Klägerin abgewiesen und den Hilfsanträgen der Klägerin stattgegeben.
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin, mit der diese den Antrag auf Nachbesserung weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Hauptantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
1. Das Berufungsgericht hält die Leistung der Beklagten für mangelhaft.
Das Bausoll ergebe sich aus Nr. 1.19 des Leistungsverzeichnisses. Dort heiße es: "beidseitig doppelt beplankt mit imprägnierten Gipskartonplatten". Aus Position 1.22 lasse sich nichts Abweichendes ableiten. Die ausgeführte Leistung weiche von der geschuldeten Leistung ab. Dies begründe einen Mangel auch dann, wenn an sich nach den Bekundungen des Sachverständigen die Ausführung mit nicht imprägnierten Platten auch den anerkannten Regeln der Technik entspräche.
Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler liegen insoweit nicht vor.
2. Das Berufungsgericht lehnt einen Anspruch der Klägerin auf Mängelbeseitigung ab, weil dies unverhältnismäßig sei und daher von der Beklagten zu Recht verweigert werde.
Hauptgesichtspunkt dabei sei die Abwägung des Interesses des Auftraggebers an einer vertragsgemäßen Leistung mit den dadurch entstehenden Kosten. Bei einem berechtigten Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages könne regelmäßig die Nachbesserung nicht verweigert werden. Anders als bei dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377 = NZBau 2006, 110 = ZfBR 2006, 154), in dem die ausgeführte Abdichtung nach den Bekundungen des Sachverständigen keine dauerhafte Lösung gewesen sei, entspreche hier die Ausführung an sich den allgemeinen Regeln der Technik und gehe es nur darum, dass in einem außergewöhnlichen Schadensfall, dem unvorhergesehenen Wassereintritt in die Wand durch eine Undichtigkeit im Rohrsystem oder durch Löschwasser bei einem Brand, der Reparaturaufwand wegen Schädigung der Gipskartonplatten bei kurzzeitiger Wassereinwirkung geringer sein könne als bei vertragsgemäßer Ausführung. Da bei längerer Wassereinwirkung auch die imprägnierten Platten beschädigt werden könnten, wirke sich die Abweichung vom vertraglich Geschuldeten nur unter besonderen Umständen und mit einem geringeren Reparaturaufwand aus. Bei einer derart geringen Auswirkung des Mangels und den gegenüberstehenden Mängelbeseitigungskosten von 61.850,00 € zzgl. Mehrwertsteuer erscheine es sachgerecht, von einer Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung auszugehen. Dabei sei in die Gesamtabwägung auch einzubeziehen, dass es dem Unternehmer nicht gestattet sein könne, sich seiner vertraglichen Leistungspflicht unter Berufung auf die Höhe der Nachbesserungskosten zu entziehen. Berücksichtigt seien auch das Ausmaß der Pflichtverletzung und der Verschuldensgrad. Dabei sei davon auszugehen, dass ein bewusst vertragswidriges Handeln bei Ausführung der Arbeiten nicht mit Sicherheit angenommen werden könne. Aus dem Prozessverhalten der Beklagten, welche die weitergehende Verwendung nicht imprägnierter Platten zunächst bestritten habe, lasse sich darauf nicht sicher schließen.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht, es liege eine Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung gemäß § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB, § 13 Nr. 6 VOB/B vor.
1. Unverhältnismäßigkeit ist in aller Regel nur dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von Bedeutung bei der gebotenen Abwägung ist auch, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (BGH, Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377 = ZfBR 2006, 154 = NZBau 2006, 110 m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen für eine Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung nicht gegeben.
a) Das Berufungsgericht stellt bei der Beurteilung des objektiv berechtigten Interesses der Klägerin an einer mangelfreien Vertragsleistung in erster Linie darauf ab, dass die ausgeführte Leistung nach den Bekundungen des Sachverständigen als solche den anerkannten Regeln der Technik entspreche und die Gebrauchstauglichkeit nur in einem außergewöhnlichen Schadensfall beeinträchtigt sei. Darauf lässt sich jedoch die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung nicht gründen, weil das Interesse der Klägerin nicht zutreffend gewichtet ist. Maßgebend ist vielmehr, dass die Klägerin durch die Wahl der vertraglich geschuldeten Leistung ihr Interesse an einer höherwertigen Ausführung zum Ausdruck gebracht hat. Nach den weiteren Feststellungen des insofern sachverständig beratenen Berufungsgerichts sind die imprägnierten Platten funktionell höherwertig. So kommt es etwa bei einer senkrecht im Wasser stehenden Platte nach 24-stündiger Eintauchzeit bei einer normalen Platte zu einer kapillaren Steighöhe von 210 mm, bei einer imprägnierten Platte zu einer solchen von 20 mm. Dieses Interesse der Klägerin an der teureren und zugleich risikoärmeren Art der Ausführung darf nicht deshalb als gering bewertet werden, weil die tatsächlich erbrachte Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Vielmehr stellt sich dieses durch Vereinbarung der teureren Ausführung bekundete Interesse der Klägerin an einer höherwertigen Leistung als objektiv berechtigt dar und schließt eine Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung aus.
b) Zudem kann, wie das Berufungsgericht ebenfalls sieht, im Rahmen der Gesamtabwägung dem Verschuldensgrad des Unternehmers Bedeutung zukommen. Soweit sich das Berufungsgericht mit dem Ausmaß des Pflichtenverstoßes und dem Verschuldensgrad der Beklagten befasst, stellt es in seine Erwägungen jedoch nur ein, dass ein bewusst vertragswidriges Handeln im Zeitpunkt der Ausführung der Arbeit nicht mit Sicherheit angenommen werden könne. Damit berücksichtigt es nicht hinreichend, dass bei der Abwägung aller Umstände auch ein nicht auf Vorsatz beruhendes grobes Verschulden, nämlich ein grob fahrlässiges Verhalten entscheidend ins Gewicht fallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 - VII ZR 235/93, BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197). Ein grobes Verschulden kann hier angenommen werden. Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Beklagte im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoss Wandseite jeweils die innere (also bei Undichtigkeit der Installation stärker gefährdete) Schicht aus nicht imprägnierten Platten, die äußere (Sichtseite) dagegen mit imprägnierten Platten hergestellt. Bei den Arbeiten an den WC-Anlagen in den darüber liegenden Stockwerken, denen die Bauleitung aus Zeitgründen keine größere Aufmerksamkeit gewidmet hat, wurden überhaupt keine imprägnierten Platten verwendet. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht ausdrücklich entgegengetreten, sondern hat nur ausgeführt, die Art der Ausführung sei erkennbar gewesen und vom Architekten nicht beanstandet worden. Auf die Erkennbarkeit für den Architekten des Auftraggebers kommt es bei der Beurteilung des Verschuldens des Auftragnehmers nicht an.
Ende der Entscheidung
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