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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.03.1999
Aktenzeichen: VII ZR 253/97
Rechtsgebiete: VertragsG DVO2, VertragsG


Vorschriften:

VertragsG DVO2 § 22 Abs. 3
VertragsG § 81 Abs. 2 Satz 2
VertragsG DVO2 § 22 Abs. 3; VertragsG § 81 Abs. 2 Satz 2

a) Die Garantieforderungen für Mängel, die erst nach der Abnahme der Leistung festgestellt werden, gehen bereits mit der Abnahme der Leistung auf den Investitionsauftraggeber über (im Anschluß an BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, BauR 1998, 391 = ZfBR 1998, 150, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b) Ein Eintritt in diese Garantieforderungen kann wirksam nur mit Zustimmung des Investitionsauftraggebers erfolgen.

BGH, Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 253/97 - KG Berlin LG Berlin


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 253/97

Verkündet am: 25. März 1999

Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. Juni 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klageanträge 1 bis 13 und 16 bis 22 gegenüber der Beklagten zu 1 hinsichtlich der Wohngebäude mit Abnahmedatum vor und gegenüber der Beklagten zu 2 mit Abnahmedatum nach dem 10. Juli 1989 abgewiesen worden sind.

In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, nimmt die Beklagten aus Garantieforderungen wegen nicht qualitätsgerechter Leistung bei der Errichtung einer Neubausiedlung in Berlin-H. in Anspruch.

I.

Die Klägerin ist durch Umwandlung des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung Berlin-H. (im folgenden: KWV H. ) entstanden. Die Beklagte zu 1 ist Rechtsnachfolgerin des Kombinatsbetriebes 3, die Beklagte zu 2 ist Rechtsnachfolgerin des Kombinatsbetriebes 2 des VEB Wohnbau Kombinat Berlin. Der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1 schloß mit dem Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau, Aufbauabteilung II (im folgenden: HAG Berlin), einer rechtlich verselbständigten Einrichtung des Magistrats von Berlin, einen Wirtschaftsvertrag (Investitionsleistungsvertrag) vom 22./29. April 1986, wonach der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1 als Generalauftragnehmer (GAN) die Durchführung des Investitionsvorhabens "Wohnkomplex 1 Berlin-H. " übernahm. Durch Überleitungsvertrag vom 10. Juli 1989 übernahm der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 mit Zustimmung des HAG Berlin die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers der Beklagten zu 1 aus dem besagten Wirtschaftsvertrag, womit jener aus dem Vertrag ausschied. Die Wohnblöcke, die noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, wurden von 1987 bis März 1990 fertiggestellt, abgenommen und von der KWV H. in Rechtsträgerschaft übernommen.

Am 9./31. Januar 1991 trafen der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2 und die Senatsverwaltung Bau- und Wohnungswesen Berlin eine Vereinbarung, wonach "in Anwendung und Umsetzung des geltenden Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Einigungsvertrages" für den Wirtschaftsvertrag vom 22./29. April 1986 nunmehr die Anwendung der "Verdingungsordnung für Bauleistungen durch öffentliche Auftraggeber - VOB -" sowie die HOAI als vereinbart gelte.

Die Klägerin macht gegen beide Beklagte aus übergegangenem Recht Garantieansprüche wegen von ihr behaupteter erheblicher Baumängel geltend. Sie hat vorgetragen, bei einer Reihe von Wohngebäuden seien die Brüstungsplatten der Balkone nicht standsicher. Außerdem seien bei einer Reihe von Gebäuden die Kelleraußenwände nicht ausreichend gegen Feuchtigkeit isoliert und die Drainage nicht funktionsfähig. Wegen dieser Mängel hat die Klägerin in erster Linie Kostenvorschuß und zu einem kleineren Teil Aufwendungsersatz, hilfsweise Mangelbeseitigung und äußerst hilfsweise Leistung an das Land Berlin gefordert.

II.

Das Landgericht und das Kammergericht haben die Klage, abgesehen von einem Teilanerkenntnis der Beklagten zu 2 hinsichtlich eines am 22. Januar 1992 abgenommenen Gebäudes, abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche, soweit sie nicht dieses Gebäude betreffen, weiter. Der Senat hat die Revision der Klägerin angenommen, soweit sich ihre Klage hinsichtlich der Gebäude mit Abnahmedatum vor dem 10. Juli 1989 gegen die Beklagte zu 1 und hinsichtlich der Gebäude mit Abnahmedatum nach dem 10. Juli 1989 und vor dem 7. März 1990 gegen die Beklagte zu 2 richtet.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Das Berufungsgericht läßt im Ergebnis offen, ob der Klägerin die geltend gemachten Garantieansprüche zustehen, denn die Klage scheitere jedenfalls an einer Verfristung dieser Ansprüche (vgl. hierzu unten II., III. 2.). Zur Anspruchsberechtigung führt das Berufungsgericht folgendes aus:

Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien nach dem Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft - Vertragsgesetz - vom 25. März 1982 (GBl. I S. 293; im folgenden: VertragsG) zu beurteilen (hierzu 2. a). Es könne schon nicht festgestellt werden, daß die KWV H. Investitionsauftraggeberin der streitbefangenen Wohnblöcke geworden sei. Die Klägerin habe den entsprechenden schriftlichen Vertrag nicht vorgelegt und dies auch nicht plausibel begründet. Das verhindere ungeachtet des Vorliegens einer "großen Anzahl von Indizien" eine Überzeugungsbildung zugunsten der Klägerin (hierzu 2. b). Auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstelle, daß die KWV H. Investitionsauftraggeberin gewesen sei, so könne ein Übergang der Garantieansprüche auf sie nicht festgestellt werden. § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG vom 25. März 1982 (GBl. I S. 329) regele keinen Vollrechtsübergang vom Hauptauftraggeber auf den Investitionsauftraggeber und aus den Abnahmeprotokollen ergebe sich auch keine rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung (hierzu 2. c). Auch wenn man einen Vollrechtsübergang auf die KWV H. unterstelle, so lasse sich doch nicht feststellen, daß die Ansprüche vor dem 9./31. Januar 1991 auf die Klägerin oder auf eine vom Land Berlin rechtlich verselbständigte Vor-GmbH übergegangen seien. Die Umwandlung der KWV H. in die Klägerin sei erst mit deren Eintragung in das Handelsregister am 23. März 1992 wirksam geworden. Ob die Garantieansprüche zuvor auf eine etwaige Vor-GmbH übergegangen seien, lasse sich nicht sicher beurteilen, da die Klägerin eine Übersicht gem. § 52 Abs. 4 UmwandlungsG a.F. nicht vorgelegt habe und da auch der Wortlaut der Umwandlungserklärung vom 28. Juni 1990 nicht eindeutig sei. Ein etwaiger Rechtsübergang auf eine Vor-GmbH sei allenfalls treuhänderisch erfolgt. Demnach sei die Verfügungsmacht über die Garantieansprüche beim Land Berlin verblieben, auf welches das Vermögen der KWV H. entweder aufgrund der Umwandlungserklärung oder gemäß Art. 22 Abs. 4 EV übergegangen sei. Demnach kämen als Grundlage eines endgültigen Rechtsübergangs auf die Klägerin allein die Abtretungsvereinbarungen zwischen dem Land Berlin und der Klägerin vom 7./13. Januar 1992 und vom 20. Januar/12. Februar 1994 in Betracht (hierzu 2. d).

2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diejenigen Garantieansprüche, die noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, jedenfalls aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 20. Januar/12. Februar 1994 auf die Klägerin übergegangen.

a) Hinsichtlich dieser Garantieansprüche geht das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht von einer Anwendbarkeit des VertragsG und der dazu ergangenen Verordnungen aus (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, BauR 1998, 391 = ZfBR 1998, 150, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, unter I. 1.; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, BauR 1998, 620 = ZfBR 1998, 196, unter I. 2. b). Das Berufungsgericht gelangt dann aber an späterer Stelle zu dem Ergebnis, die Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 erfasse rückwirkend auch die zum damaligen Zeitpunkt bereits abgenommenen Wohngebäude. Dann hätte es im Rahmen seiner kollisionsrechtlichen Überlegungen berücksichtigen müssen, daß diese Vereinbarung eine Rechtswahl zugunsten des Rechts der Bundesrepublik Deutschland zum Inhalt hat. Da die Auffassung des Berufungsgerichts, die Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 erfasse auch die bereits abgenommenen Wohngebäude, nicht zutrifft (vgl. unten II. 2. b), wirkt sich dieses Versäumnis des Berufungsgerichts nicht mehr aus.

b) Die KWV H. war, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, als Rechtsträger des Wohnkomplexes 1 Berlin-H. vorgesehen.

Sie hat die fertiggestellten Gebäude in Rechtsträgerschaft übernommen und ist dabei als Investitionsauftraggeberin aufgetreten. Demnach ist zwischen ihr und dem HAG Berlin spätestens mit Abnahme der ersten Objekte ein konkludenter Aufgabenwahrnehmungsvertrag zustande gekommen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter II. 2.; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. c). Die vom Berufungsgericht angeführten weiteren "Indizien" bestätigen diese Rechtslage. Auf den vom Berufungsgericht vermißten schriftlichen Vertrag kommt es nicht an.

c) Gemäß § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG gehen die Garantieforderungen wegen solcher Mängel, die erst nach der Abnahme der Leistung festgestellt werden, auf den Investitionsauftraggeber über (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter II. 1.; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. d; zum Zeitpunkt des Rechtsübergangs vgl. unten III. 3. b (1)). Diejenigen Mängel, wegen derer die Klägerin Garantieforderungen geltend macht, wurden nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erstmals im Jahr 1993 festgestellt. Demnach sind diese Garantieforderungen auf die KWV H. als Investitionsauftraggeberin übergegangen.

d) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, daß ohne die Anlagen der Umwandlungserklärung, welche die Klägerin nicht vorgelegt hat, nicht verläßlich geprüft werden kann, ob diese Garantieforderungen aufgrund der Umwandlung der KWV H. in die Klägerin auf diese übergegangen sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. a (1.)). Die Frage, ob die Klägerin aufgrund der Umwandlung Inhaberin der Garantieansprüche geworden ist und ob diese Ansprüche zuvor auf eine vom Land Berlin rechtlich verselbständigte Vor-GmbH übergegangen sind, kann dahinstehen. Die Garantieansprüche sind jedenfalls aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 20. Januar/12. Februar 1994, die das Land Berlin mit der Klägerin geschlossen hat, auf die Klägerin übergegangen. Falls die Klägerin nicht bereits aufgrund der Umwandlung mit ihrer Eintragung in das Handelsregister Inhaberin der Forderungen geworden sein sollte, dann hätten diese Ansprüche dem Land Berlin zugestanden. In diesem Fall ist das Land Berlin aufgrund des Art. 22 Abs. 4 EV Inhaber der Garantieansprüche geworden, die auf die KWV H. infolge der Übernahmen von Bauinvestitionen vor dem 3. Oktober 1990 gemäß Art. 232 § 1 EGBGB i.V.m. § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG übergegangen sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. a (2.)).

II.

1. Das Berufungsgericht meint, die Ansprüche, die das Land Berlin der Klägerin abgetreten habe, seien verjährt. Maßgeblich sei die in § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vorgesehene zweijährige Gewährleistungsfrist für Bauwerke, welche bei Klageerhebung bereits abgelaufen sei. Auf § 93 Abs. 1 VertragsG könne sich die Klägerin nicht berufen, weil das Land Berlin als Zedent auf eine zeitlich unbefristete Inanspruchnahme der Beklagten nach dieser Vorschrift im Ergebnis verzichtet habe. Die nach Berliner Landesrecht zuständige Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen habe in der Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 die Anwendung der VOB/B mit Wirkung auch für bereits abgenommene Gebäude vereinbart. Anwendbar sei demnach anstelle des Gewährleistungsrechts des VertragsG dasjenige der VOB/B einschließlich der in diesem Regelungswerk enthaltenen zweijährigen Gewährleistungsfrist für Bauwerke (§ 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B). Nach dem erkennbaren Willen der vertragschließenden Parteien habe das Gewährleistungs- und Haftungsrecht der VOB/B nicht etwa nur für künftige Ansprüche gelten sollen; der Komplexvertrag vom 22./29. April 1986 habe vielmehr umfassend den Regelungen der VOB unterstellt werden sollen. Wolle man die Vereinbarung nur auf noch nicht abgenommene Gebäude anwenden, so laufe sie praktisch leer. Auch sei in diesem Fall die Vereinbarung der Anwendung der HOAI sinnlos.

2. Diese Auffassung des Berufungsgerichts beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991. Die Vereinbarung erfaßt keine Gebäude, die zum damaligen Zeitpunkt bereits abgenommen waren und die allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, denn das Berufungsgericht hat die dazu erforderlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1975 - VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107, 112).

a) Mit der Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 haben die vertragschließenden Parteien für die noch fertigzustellenden Gebäude (vgl. unten b) eine nachträgliche Rechtswahl zugunsten des Rechts der Bundesrepublik Deutschland getroffen. Das ist durch den kollisionsrechtlichen Grundsatz der freien Rechtswahl (Art. 27 Abs. 2 EGBGB) gedeckt.

b) Das Berufungsgericht verkennt, daß in der Vertragsurkunde vom 9./31. Januar 1991 davon die Rede ist, die Anwendung der VOB gelte "nunmehr" als vereinbart. Diese Formulierung spricht gegen eine rückwirkende Vereinbarung. Für einen gegenteiligen "erkennbaren Willen der vertragschließenden Parteien" ist nichts ersichtlich. Ebensowenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die vertragschließenden Parteien am 9./31. Januar 1991 Anlaß gehabt hätten, die Gewährleistungsansprüche für die noch vor der Währungs- und Wirtschaftsunion fertiggestellten und übernommenen Gebäude neu zu regeln. Noch weniger bestand für das Land Berlin Veranlassung, auf etwaige Gewährleistungsansprüche zu "verzichten". Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht auch die gleichzeitige Vereinbarung der HOAI gegen die Annahme, die Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 erfasse auch die bereits abgenommenen Gebäude. Andernfalls könnten die Architekten- und Ingenieurleistungen für die noch vor der Währungs- und Wirtschaftsunion errichteten und übergebenen Wohngebäude im nachhinein nach der HOAI abgerechnet werden. Daß das gewollt gewesen sein könnte, ist fernliegend und wurde von den Beklagten auch nicht behauptet. Das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis läßt die Vereinbarung vom 9./31. Januar 1991 auch nicht leerlaufen. Die Vereinbarung bleibt jedenfalls auf die am 31. Juli 1991 und am 22. Januar 1992 abgenommenen Gebäude anwendbar. Diese Gebäude sind nicht bzw. nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).

1. Das Berufungsgericht läßt offen, ob den Beklagten oder ihren Rechtsvorgängern eine grobe Verletzung der Pflicht zur qualitätsgerechten Leistung im Sinne von § 93 Abs. 1 VertragsG nachgewiesen werden kann. Hiervon ist zugunsten der Klägerin in der Revisionsinstanz auszugehen. Gegen die weitere Anwendbarkeit des § 93 Abs. 1 VertragsG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter V. 1. b; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter V. 2. b). Der Senat weist wegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 VertragsG und des insoweit erforderlichen Sachvortrages auf die Ausführungen in den Urteilen vom 22. Januar 1998 (VII ZR 307/95, aaO, unter V. 1. a) und vom 26. März 1998 (VII ZR 41/97, aaO, unter V. 2. a) sowie auf das Urteil vom heutigen Tag im Verfahren VII ZR 402/97 hin.

2. Garantieansprüche können der Klägerin selbst dann zustehen, wenn sie die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 VertragsG nicht nachweisen kann. Art. 231 § 6 EGBGB, wonach die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung auf die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung finden, ist auf Garantieforderungen nach dem VertragsG anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter V. 2.; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter VI. 2.). Damit unterfallen die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht mehr der Garantiefrist des Vertragsgesetzes, sofern sie am 3. Oktober 1990 noch nicht ausgeschlossen waren.

3. Nach den derzeitigen Feststellungen des Berufungsgerichts haftet die Beklagte zu 1 der Klägerin für die Mängel an den Gebäuden mit Abnahmedatum vor und die Beklagte zu 2 mit Abnahmedatum nach dem 10. Juli 1989.

a) Das Berufungsgericht hat sich nicht mit der Frage befaßt, welche Auswirkungen der Überleitungsvertrag vom 10. Juli 1989 auf die Gewährleistungspflicht der beiden Beklagten hatte. Das Landgericht hat hierzu die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1 hafte nicht, weil die Beklagte zu 2 durch diesen Vertrag sämtliche Rechte und Pflichten der Beklagten zu 1 aus dem Wirtschaftsvertrag vom 22./29. April 1986 übernommen habe (§ 81 Abs. 3 Satz 1 VertragsG). Ein Fall des § 81 Abs. 3 Satz 2 VertragsG liege nicht vor, weil die Garantieforderungen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht entstanden gewesen seien. Entstanden seien sie erst mit ihrer Geltendmachung durch die Klägerin.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Vertrags vom 10. Juli 1989 nach § 81 VertragsG zu beurteilen sind. Dieser Vertrag hat einen Partnerwechsel im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand, denn die Rechtsvorgänger der Beklagten waren, obgleich sie dem gleichen Kombinat angehörten, als Kombinatsbetriebe rechtsfähig (§ 6 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979, GBl. I, 355). Das Landgericht hat aber übersehen, daß die Garantieforderungen betreffend die bereits abgenommenen Gebäude zum Zeitpunkt des Eintritts des Rechtsvorgängers der Beklagten zu 2 in den Wirtschaftsvertrag vom 22./29. April 1986 bereits auf die KWV H. übergegangen waren. Da nur der HAG Berlin und nicht auch die KWV H. an dem Überleitungsvertrag vom 10. Juli 1989 beteiligt war, bleibt es hinsichtlich der bereits abgenommenen Gebäude bei der Gewährleistungspflicht der Beklagten zu 1.

(1) Gemäß § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG gehen Garantieansprüche hinsichtlich von Mängeln, die erst nach der Abnahme festgestellt werden, auf den Investitionsauftraggeber über. Von diesem Rechtsübergang sind nur solche Garantieansprüche ausgenommen, die Mängel betreffen, die bis zur Abnahme festgestellt wurden und damit im Sinne von § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG zum Zeitpunkt der Abnahme bereits entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter III. 2. a; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. d). Diejenigen Garantieansprüche, die von diesem Rechtsübergang erfaßt sind, können demnach zum Zeitpunkt der Abnahme noch nicht im Sinne von § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG entstanden sein. Das bedeutet aber nicht, daß diese Ansprüche erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa mit der Feststellung der Mängel, auf den Investitionsauftraggeber übergehen. Der Rechtsübergang auf den Investitionsauftraggeber findet vielmehr bereits mit der Abnahme, die mit der Übergabe der Investition erfolgt (§ 20 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG), statt.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 der 2. DVO zum VertragsG setzt das Verlangen des Auftragnehmers auf Abnahme die Nutzungsfähigkeit der Investition oder Teilinvestition voraus (vgl. auch Kommentar zum VertragsG, herausgegeben vom staatlichen Vertragsgericht, 2. Aufl. 1989, § 64 Anm. 2.10.). Demnach muß die Verletzung der Pflicht zur qualitätsgerechten Leistung, die Grundlage des Garantieanspruchs ist (§ 88 Abs. 1 VertragsG), zum Zeitpunkt der Abnahme bereits vorgelegen haben, der Garantieanspruch also bereits im Entstehen begriffen gewesen sein (vgl. hierzu auch Maskow, NJ 1998, 534). Es würde keinen Sinn ergeben, wenn dieser im Entstehen begriffene Anspruch bis zur Feststellung des Mangels noch beim Hauptauftraggeber verbliebe. Denn mit der Übergabe der Investition ist der Vertrag zwischen Investitionsauftraggeber und Hauptauftraggeber von seiten des Hauptauftraggebers grundsätzlich erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - VII ZR 307/95, aaO, unter III. 2. a; Urteil vom 26. März 1998 - VII ZR 41/97, aaO, unter I. 2. d (1.)). Die Durchsetzung von Ansprüchen nach Übergabe der Investition ist deshalb vom Investitionsauftraggeber selbst wahrzunehmen (vgl. Knaust/Walter, Wirtschaftsrecht 1/73, S. 28, 30). Demnach bildet die Übergabe der Investition und nicht erst die Entdeckung des Mangels die entscheidende Zäsur hinsichtlich der Aufgabenverteilung zwischen Investitionsauftraggeber und Hauptauftraggeber. Der in § 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG vorgesehene Rechtsübergang ist lediglich eine konstruktive Folge dieses Übergangs der Aufgabenstellung, die deshalb notwendig war, weil nach dem VertragsG die Geltendmachung fremder vertraglicher Ansprüche grundsätzlich nicht möglich war (vgl. Knaust/Walter, aaO). Für einen Rechtsübergang zum Zeitpunkt der Abnahme spricht auch der Wortlaut der Vertragsformulare, die die Beteiligten bei der Abnahme der Leistungen und der Übergabe der Investitionen verwendet haben. In diesen ist jeweils der Passus enthalten, daß mit der Übergabe die Garantierechte aus dem Investitionsleistungsvertrag übergehen, soweit sie Mängel berühren, die zur Zeit der Übergabe noch nicht bekannt sind.

(2) Gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 VertragsG bedarf der Vertragseintritt der Zustimmung des verbleibenden Partners oder seines Kombinats oder übergeordneten Organs. Verbleibender Partner im Sinne dieser Vorschrift ist, soweit Garantieansprüche bereits auf ihn übergegangen sind, der Investitionsauftraggeber. Denn ihm obliegt nunmehr die Durchsetzung der Ansprüche aus dem Aufgabenwahrnehmungsvertrag des Hauptauftraggebers mit dem Auftragnehmer (§ 22 Abs. 3 der 2. DVO zum VertragsG). Er tritt also, was die Durchsetzung der auf ihn übergegangenen Ansprüche anbelangt, an die Stelle des Hauptauftraggebers und wird damit zum unmittelbaren Partner des Auftragnehmers. Ein Eintritt eines anderen Auftragnehmers in die auf den Investitionsauftraggeber übergegangenen Garantieansprüche bedarf deshalb gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 VertragsG der Zustimmung des Investitionsauftraggebers und nicht etwa des Hauptauftraggebers, welcher insoweit aus der Kooperationskette ausgeschieden ist.

(3) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat dem zwischen den Rechtsvorgängern der beiden Beklagten geschlossenen Überleitungsvertrag vom 10. Juli 1989 nur der HAG Berlin und nicht auch die KWV H. als Investitionsauftraggeberin oder das ihr übergeordnete Organ zugestimmt. Ein Vertragseintritt des Rechtsvorgängers der Beklagten zu 2 auch hinsichtlich der bereits abgenommenen Gebäude hätte wirksam nur mit Zustimmung des Investitionsauftraggebers erfolgen können (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - VII ZR 266/95, BauR 1997, 298 = ZfBR 1997, 150, 151 = NJW-RR 1997, 690). Daran fehlt es. Im übrigen läßt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht entnehmen, daß die Rechtsvorgänger der Beklagten insoweit einen Schuldnerwechsel überhaupt beabsichtigt hatten. Aus dem Wortlaut der Abnahmeprotokolle ergibt sich, daß jedenfalls dem Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1 der mit der Abnahme verbundene Übergang der Garantierechte auf den Investitionsauftraggeber bekannt war. Wenn ein Vertragseintritt des Rechtsvorgängers der Beklagten zu 2 auch insoweit beabsichtigt gewesen sein sollte, so hätte es nahegelegen, dies in dem Überleitungsvertrag vom 10. Juli 1989 zu vermerken und diesen Vertrag auch der KWV H. zur Zustimmung vorzulegen. Hierzu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt.

c) Dagegen haftet für die Mängel an denjenigen Gebäuden, die erst nach dem 10. Juli 1989 abgenommen wurden, die Beklagte zu 2. Insoweit hatte noch kein Übergang der Garantieansprüche auf die KWV H. stattgefunden. Deshalb bedurfte es zur Wirksamkeit des Vertragseintritts der Beklagten zu 2 allein der Zustimmung des HAG Berlin. Diese lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor. Unerheblich ist, ob und inwieweit Mängel an den nach den 10. Juli 1989 abgenommenen Gebäuden vom Rechtsvorgänger der Beklagten zu 1 verursacht wurden. Diese Frage wäre gemäß § 81 Abs. 3 Satz 4 VertragsG nur für einen etwaigen Aufwendungsersatz zwischen den Beklagten von Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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