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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 24.07.2003
Aktenzeichen: VII ZR 360/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 639 Abs. 1 a.F. | |
BGB § 477 Abs. 2 a.F. |
b) Ein Beschluß der Wohnungseigentümer, wonach der Verwalter ermächtigt wird, alle rechtlich notwendigen Schritte zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens in die Wege zu leiten, kann dahin ausgelegt werden, daß der Verwalter das Beweisverfahren in gewillkürter Prozeßstandschaft durchführen darf.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 24. Juli 2003
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Grundurteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 18. September 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen Vorschuß zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum einer Eigentumswohnungsanlage.
Die Beklagte errichtete die Eigentumswohnungsanlage und veräußerte das Wohnungs- und Teileigentum an die Kläger und deren Rechtsvorgänger. Die Wohnungseigentümer rügten Mängel am Gemeinschaftseigentum. Sie faßten am 4. Dezember 1991 den Beschluß, ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen und ermächtigten die Verwaltung aus diesem Grund, alle rechtlich notwendigen Schritte in die Wege zu leiten und einen Rechtsanwalt mit der Durchführung der Maßnahmen zu beauftragen. Alle Maßnahmen sollten in Absprache mit dem Beirat erfolgen.
Die Abnahme erfolgte spätestens im August 1992.
Der Verwalter beantragte im eigenen Namen im August 1993 ein selbständiges Beweisverfahren für die Wohnungseigentümer. In seinem Gutachten vom 22. Februar 1996 stellte der Sachverständige zahlreiche Mängel fest. Mit der am 2. Dezember 1997 erhobenen Klage verlangte zunächst der Verwalter Vorschuß auf die Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 442.000 DM. Die Kläger sind im Mai 2001 an die Stelle des Verwalters in den Prozeß eingetreten, nachdem sie bereits am 15. September 1998 den Verwalter zur Prozeßführung im eigenen Namen ausdrücklich ermächtigt hatten.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Der Verwalter sei nicht ermächtigt gewesen, das selbständige Beweisverfahren in eigenem Namen durchzuführen, so daß dieses die Verjährung nicht unterbrochen habe.
Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben, die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie den Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht führt aus, den Klägern stehe dem Grunde nach ein Anspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB zu. Die fünfjährige Gewährleistungsfrist sei nicht abgelaufen. Denn der Antrag des Verwalters auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens habe die Verjährung unterbrochen. Er sei mit dem Beschluß der Wohnungseigentümer vom 4. Dezember 1991 ermächtigt worden, den Antrag im eigenen Namen als deren Prozeßstandschafter zu stellen. Eine Ermächtigung der Wohnungseigentümer, Gewährleistungsansprüche zu verfolgen, sei in diesem Sinne zu verstehen, wenn nichts anderes gesagt werde. Das sei hier nicht der Fall und ergebe sich auch nicht aus den weiteren Formulierungen des Beschlusses.
Zur Höhe sei der Anspruch noch nicht entscheidungsreif. Die Beklagte habe behauptet, daß die Mängel zum Teil erledigt seien, zum Teil entgegen den Feststellungen des Sachverständigen nicht vorlägen. Sie habe auch die Mängelbeseitigungskosten bestritten. Da eine Klärung nicht erfolgt sei, sei die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß das selbständige Beweisverfahren die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Kläger gemäß § 639 Abs. 1, § 477 Abs. 2 BGB unterbrochen hat, wenn der Verwalter es in Prozeßstandschaft für die Kläger mit deren Ermächtigung durchgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1999 - VII ZR 385/98, BauR 1999, 1489 = NZBau 2000, 24 = ZfBR 2000, 39).
Der Verwalter hat das selbständige Beweisverfahren in offener Prozeßstandschaft für die Kläger beantragt. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Beschluß der Wohnungseigentümer vom 4. Dezember 1991 dahin ausgelegt, daß der Verwalter dazu ermächtigt worden ist. Diese Auslegung ist in der Revision nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Derartige Fehler werden von der Revision nicht dargetan.
a) Das Berufungsgericht stellt den Auslegungsgrundsatz auf, daß die Ermächtigung des Verwalters, Gewährleistungsansprüche geltend machen zu dürfen, regelmäßig dahin verstanden werden kann, der Verwalter sei zur gewillkürten Prozeßführung im eigenen Namen befugt. Ob dieser Auslegungsgrundsatz richtig ist, ist nicht zu entscheiden. Die Kläger haben den Verwalter mit dem Beschluß vom 4. Dezember 1991 lediglich dazu ermächtigt, die rechtlich notwendigen Schritte für ein Beweissicherungsverfahren in die Wege zu leiten. Jedenfalls insoweit kann unbedenklich eine Ermächtigung zur gewillkürten Prozeßstandschaft bejaht werden. Das selbständige Beweisverfahren dient allein zur Vorbereitung der Durchsetzung der Ansprüche, die den Erwerbern wegen der Mängel gegen den Veräußerer des Wohnungseigentums zustehen. Es ist kein Interesse erkennbar, das die Wohnungseigentümer daran hätten, das Beweisverfahren in eigenem Namen zu führen. Die Prozeßführung durch den Verwalter vereinfacht das Verfahren. Die allgemeinen Risiken einer Prozeßstandschaft, die darin bestehen, daß der Prozeßstandschafter das alleinige Prozeßführungsrecht hat, stehen der Annahme einer Ermächtigung zur gewillkürten Prozeßstandschaft nicht entgegen. Die von der Beklagten vorgebrachten weiteren Gründe, die gegen die Auslegung des Berufungsgerichts sprechen sollen, beziehen sich auf die Durchsetzung der Forderung. Ob insoweit etwas anderes gilt, kann dahinstehen.
b) Mit den übrigen Angriffen setzt die Revision ihre Auslegung des Beschlusses lediglich an die Stelle des Verständnisses, wie es im Berufungsurteil zum Ausdruck gebracht worden ist. Ohne Rechtsfehler konnte dabei das Berufungsgericht von einem Verständnis ausgehen, wie es allgemein für Beschlüsse nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG zugrunde gelegt wird (vgl. Weitnauer, WEG, 7. Aufl., § 27 Rdn. 11a).
2. Unbegründet ist die Rüge, das Berufungsurteil habe den Anspruch nicht dem Grunde nach bestätigen dürfen, ohne festzustellen, inwieweit noch Mängel vorhanden sind. Ein Grundurteil darf ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99, BauR 2001, 667 = IBR 2001, 126 = NZBau 2001, 211 = ZfBR 2001, 177, 178).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Berufungsgericht hat zwar keine Feststellungen getroffen, daß überhaupt noch Mängel an dem Gebäude vorhanden sind. Es ist jedoch ersichtlich davon ausgegangen, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht. Dazu bestand eine ausreichende Grundlage. Denn die Kläger haben sich, wie sich aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Sachvortrag der Parteien ergibt, hinsichtlich der Mängelrügen auf ein im selbständigen Beweisverfahren erstelltes Sachverständigengutachten berufen. Dieses hat eine Vielzahl von Mängeln bestätigt. Die Kläger haben sich zudem auf eine Begehung durch den Verwalter in Begleitung des Architekten gestützt, in der die nach ihrer Behauptung nicht beseitigten Mängel protokollarisch festgehalten worden sind. Die Beklagte hat sich gegenüber diesen Feststellungen mit dem nicht weiter belegten Einwand verteidigt, die Mängel seien erledigt oder mit der Darstellung, das Gutachten sei falsch. Im Hinblick auf diese Verteidigung durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, daß sich jedenfalls ein Teil der Mängel bestätigen werde, so daß die Klageforderung in irgendeiner Höhe besteht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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