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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: VII ZR 380/00
Rechtsgebiete: HOAI
Vorschriften:
HOAI § 4 |
b) Der Architekt oder Ingenieur ist deshalb nicht gehalten, zur Begründung seines vertraglich vereinbarten Pauschalhonoraranspruchs darzulegen, daß die Vereinbarung nicht gegen zwingendes Preisrecht verstößt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 13. September 2001
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. Haß, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. August 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen das die Klage in Höhe von 58.100 DM nebst Zinsen abweisende Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Oktober 1999 zurückgewiesen worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Vergütung für Leistungen, die sie für den Beklagten erbracht hat. Der Beklagte trat als Projektsteuerer für die Bauvorhaben Biogasanlage "Tränkeweg F. " und Holzhackschnitzelkraftwerk "F. " auf. Er schloß mit der Klägerin am 3. Februar 1997 jeweils gleichlautende Verträge über Leistungen für diese Bauvorhaben mit u.a. folgenden Inhalt:
"1. Vertragsgegenstand
1.1. Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer den Auftrag, .... an der Vorbereitung und Durchführung mitzuwirken.
1.2. Dies trifft insbesondere zu für:
- Einbeziehung der Träger öffentlicher Belange in Vorbereitung auf das Bauantragsverfahren
- Unterstützung bei der Erarbeitung des Bauantrags und Förderung des Bauantragsverfahrens zur schnellstmöglichen Erlangung der Baugenehmigung
- Koordinierung des Bauablaufs durch die Einbindung regionaler Subunternehmer, die dem GU und dem Projektsteuerer empfohlen werden
- Mitwirkung bei der Kontrolle der vertragsgerechten Leistungsausführung
- Vorbereitung der behördlichen Abnahmen, insbesondere Einfluß auf die termingerechte Vertragserfüllung bis hin zur Freigabe der Nutzung."
Die Parteien vereinbarten Nettopauschalpreise von 90.000 DM (Biogasanlage) und 40.000 DM (Holzhackschnitzelkraftwerk). Die Klägerin hat nach Beendigung ihrer Tätigkeit eine Restvergütung von 58.100 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Sie hat behauptet, sie habe die vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Vergütungsanspruch sei nicht schlüssig dargelegt, weil Einzelheiten der erbrachten Leistungen nicht vorgetragen seien. Mit der Berufung hat die Klägerin ihren Vortrag ergänzt und zusätzlich einen Anspruch auf Erstattung von Vermessungskosten in Höhe von 3.301,20 DM geltend gemacht. Die Berufung ist zurückgewiesen worden. In der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 58.100 DM nebst Zinsen weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung des Berufungsurteils zu dessen Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht meint, der Zahlungsanspruch sei auch in der Berufungsinstanz nicht schlüssig dargelegt worden. Die Klägerin habe sich unter Nr. 1.2. des Vertrages zur Übernahme typischer Architektenleistungen gemäß § 15 HOAI verpflichtet. Projektsteuerungsverträge seien nicht geschlossen worden. Für die Vergütungsvereinbarungen der Parteien gelte deshalb das Preisrecht der HOAI. Die Klägerin sei gehalten, zur Begründung ihrer Honoraransprüche durch eine Vergleichsrechnung darzulegen, daß das Pauschalhonorar wirksam vereinbart worden sei. Erst die Vergleichsrechnung ermögliche die Überprüfung der Einhaltung der jeweiligen Höchst- und Mindestsätze. Es sei nicht festzustellen, ob die von der Klägerin behaupteten durchgeführten Leistungen und Aufträge bei einer Einzelberechnung nach der HOAI die vereinbarten Pauschalhonorare rechtfertigen würden. Das von der Klägerin überreichte Anlagenkonvolut ermögliche nicht die Überprüfung, ob die Leistungen innerhalb des Kostenrahmens lägen. Die Einwendung des Beklagten, die Leistungen seien nicht erbracht, sei erheblich. Aus dem Anlagenkonvolut lasse sich nicht entnehmen, in welchem konkreten Zusammenhang die vorgelegten Schriftsätze, Quittungen und Einzelnachweise mit den beiden Bauvorhaben gestanden hätten und welcher Leistungsphase gemäß den vertraglichen Pflichten diese im Einzelnen zuzuordnen seien. Darüber hinaus beziehe sich ein Teil der Belege auf Leistungen, die den Phasen 6 und 7 der HOAI zuzuordnen seien und möglicherweise von dem Ehemann der Klägerin als Baubeteiligten erbracht worden seien.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Substantiierung eines Vergütungsanspruches für Architektenleistungen überspannt.
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten keine Leistungen der Projektsteuerung vereinbart, sondern typische Architektenleistungen. Sie macht vielmehr geltend, die Klägerin habe diese Leistungen aufgrund eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses erbracht. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sei deshalb nicht anwendbar (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 6. Mai 1985 - VII ZR 320/84, BauR 1985, 582, 583 = ZfBR 1985, 222).
Ob das zutrifft, kann der Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Darauf kommt es in der Revision auch nicht an, denn das Berufungsurteil muß auch dann aufgehoben werden, wenn die HOAI anzuwenden ist.
2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die Klägerin habe den Vergütungsanspruch nicht schlüssig dargelegt, weil sie durch eine Vergleichsrechnung nicht belegt habe, daß ein Verstoß gegen das Preisrecht der HOAI nicht vorliege. Eine derartige Vergleichsrechnung mußte sie nicht vorlegen.
a) Macht der Gläubiger einen Vergütungsanspruch für Architektenleistungen geltend, genügt er seiner Darlegungslast, wenn er neben den anderen anspruchsbegründenden Elementen die vereinbarte Vergütung schlüssig vorträgt. Daran ändert sich nichts, wenn die HOAI anwendbar ist. Allerdings ist ein Verstoß gegen das zwingende Preisrecht der HOAI von den Gerichten von Amts wegen zu beachten, sofern er sich aus dem Vortrag der Parteien ergibt. Der Auftragnehmer ist jedoch nicht gehalten, zur Begründung seines vertraglich vereinbarten Honoraranspruchs darzulegen, daß die Vereinbarung nicht gegen zwingendes Preisrecht verstößt. Die Darlegungslast für einen Verstoß gegen das Preisrecht trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der aus diesem Verstoß günstige Rechtsfolgen ableitet (OLG Köln, BauR 1986, 467, 469, Locher/Koeble/Frik, HOAI, 7. Aufl., § 4 Rdn. 63; Hesse/Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 5. Aufl., § 4 Rdn. 116; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rdn. 841; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl., § 4 HOAI Rdn. 3). Denn die Unwirksamkeit einer Vereinbarung wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot muß derjenige darlegen, der sich darauf beruft. Die Gegenseite ist nicht gehalten, von sich aus zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen vorzutragen (BGH, Urteil vom 13. Januar 1983 - III ZR 88/81, NJW 1983, 2019).
b) Danach muß derjenige die Unwirksamkeit der Pauschalvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI darlegen, der sich darauf beruft. Ist das nicht geschehen und ergeben sich auch aus dem Vortrag der Gegenseite oder sonstigen Umständen keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Preisrecht, muß das Gericht von der Wirksamkeit der Honorarvereinbarung ausgehen. Im übrigen ist ein Architekt oder Ingenieur selbst dann nicht gehindert, ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar zu fordern, wenn die Preisvereinbarung unwirksam ist und er den Mindestsatz fordern könnte. Das Gericht darf dann zur Substantiierung der Klage nicht eine Abrechnung nach Mindestsätzen fordern.
3. Der Sachvortrag der Parteien gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Pauschalpreisvereinbarungen vom 3. Februar 1997 gegen das Preisrecht der HOAI verstoßen. Die Pauschalpreisvereinbarungen sind schriftlich bei Auftragserteilung getroffen worden. Von ihrer Wirksamkeit ist deshalb auszugehen, § 4 Abs. 1 HOAI.
III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses muß die notwendigen Feststellungen zu dem geltend gemachten Anspruch treffen.
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kommt es nicht darauf an, ob die Parteien einen Dienst- oder Werkvertrag vereinbart haben. Die Forderung der Klägerin dürfte auch dann fällig sein, wenn ein Werkvertrag vorliegt. Es ist nicht ersichtlich, daß der Beklagte noch Leistungen von der Klägerin fordert oder solche Leistungen erfüllbar wären, nachdem die Bauvorhaben beendet und die Anlagen in Betrieb genommen worden sind. Die von ihm erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages geht deshalb ins Leere. Es findet eine Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche statt (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1480 = NZBau 2000, 421 = ZfBR 2000, 479).
Zur Darlegungslast der Klägerin hinsichtlich der erbrachten Leistungen ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin nach der vertraglichen Vereinbarung lediglich die Mitwirkung an der Vorbereitung und Durchführung der Bauvorhaben schuldete. Die Klägerin hat behauptet, die von ihr in der Berufungsschrift im Einzelnen unter Bezugnahme auf die beigelegten Aktenordner vorgetragenen Tätigkeiten belegten die geschuldeten Leistungen. Die Klägerin habe die praktische Umsetzung der von dem Beklagten geforderten Maßnahmen bewirkt. Ihre Mitarbeiter seien fast täglich auf der Baustelle und ständiger Ansprechpartner der Unternehmer gewesen. Die Schlüssigkeit dieses Vortrags kann nicht mit den Erwägungen zurückgewiesen werden, die das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der fehlenden Möglichkeit darstellt, die Vereinbarkeit der Pauschalvereinbarungen mit dem Preisrecht zu überprüfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der konkrete Zusammenhang der vorgelegten Unterlagen mit den beiden Bauvorhaben in der Berufungsschrift ausreichend hergestellt. Die Klägerin hat behauptet, die Firma G. & B. sei für sie tätig gewesen. Die durch Schreiben dieser Firma belegten Tätigkeiten seien deshalb in Erfüllung des Vertrages mit dem Beklagten vorgenommen worden. Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin neben den geschuldeten auch noch eventuell nicht vereinbarte Leistungen aufführt. Ebensowenig kann darauf abgestellt werden, daß die einzelnen Tätigkeiten nicht den Leistungsphasen des § 15 Abs. 2 HOAI zugeordnet sind. Es ist deshalb nunmehr Sache des Beklagten darzulegen, inwieweit geschuldete Mitwirkungsleistungen fehlen oder erbrachte Leistungen unvollständig sind und welche durchsetzbaren Gegenansprüche er daraus ableitet.
Ende der Entscheidung
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