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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: VII ZR 394/02
Rechtsgebiete: VOB/B


Vorschriften:

VOB/B § 14 Nr. 1
Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrages nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, daß er die gesamte Leistung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 394/02

Verkündet am: 25. November 2004

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Oktober 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Der Beklagte beauftragte im Januar 2000 die Klägerin mit Heizungs-, Sanitär-, Lüftungs- und Klimaarbeiten an einem Hotel zu einem Pauschalpreis von 1.100.000 DM. Die VOB/B wurde vereinbart.

Nachdem die Klägerin einen geringfügigen Teil der Arbeiten ausgeführt hatte, haben die Parteien das Vertragsverhältnis einvernehmlich aufgehoben.

Die Klägerin verlangt Zahlung des vereinbarten Werklohns abzüglich ersparter Aufwendungen, die sie mit 770.000 DM berechnet.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die Arbeiten an zwei Subunternehmer jeweils zu einem Pauschalpreis in Höhe von 490.000 DM und 280.000 DM vergeben. Weitere Kosten wären ihr bei Durchführung des Bauvorhabens nicht entstanden, weil sie die Planungsleistungen schon vor der Auftragsvergabe erbracht habe und weil ihr Geschäftsführer die Koordination zwischen dem Beklagten und den beiden Subunternehmern geleistet habe, so daß keine weiteren Lohnkosten entstanden wären.

Der Beklagte hat beanstandet, daß die Klägerin keine prüfbare Abrechnung vorgelegt und sie ihren Anspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Hilfsweise hat der Beklagte mit einer angeblichen Forderung aus einem anderen Bauvorhaben in Höhe von 893.688 DM aufgerechnet.

II.

Das Landgericht hat unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 330.000 DM nebst Zinsen zu zahlen.

In der zweiten Instanz hat die Klägerin nach wie vor behauptet, daß eine Abrechnung nicht erforderlich sei, hilfsweise hat sie eine Schlußrechnung vorgelegt.

Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe eine Vergütung zu, diese sei nicht fällig, weil die Klägerin keine prüfbare Abrechnung vorgelegt habe.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 BGB).

II.

1. Das Berufungsgericht meint, die vorgelegte Abrechnung der Klägerin sei nicht prüfbar. Sie genüge nicht den für die Abrechnung vorzeitig beendeter Pauschalpreisverträge vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen. Nach diesen Grundsätzen könne die Klägerin den Werklohn nicht dergestalt geltend machen, daß sie von dem Pauschalpreis ihre ersparten Aufwendungen, die vereinbarte Vergütung für die Subunternehmer, abziehe, die tatsächlich erbrachten Leistungen nach Einheitspreisen abrechne und den Differenzbetrag zuschlage. Dadurch gelange sie zu einem Gesamtbetrag, der die vereinbarte Pauschale übersteige. Die Ausführung einer vertraglich geschuldeten Teilleistung könne nicht dazu führen, daß die Werklohnforderung überschritten werde. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß die Klägerin diesen überschießenden Betrag nicht geltend mache.

2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, daß der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Zugang der Schlußrechnung erhoben worden ist. Ist das nicht der Fall, kann die Klage nicht mit der Begründung als derzeit unbegründet abgewiesen werden, eine prüfbare Schlußrechnung sei nicht erstellt (BGH, Urteil vom 23. September 2004 - VII ZR 173/03, zur Veröffentlichung bestimmt; Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02, BauR 2004, 316 = ZfBR 2004, 262 = NZBau 2004, 216).

Eine weitere Aufklärung ist nicht notwendig. Die Prüfbarkeit der Schlußrechnung scheitert nicht daran, daß die Klägerin die gesamte Vertragsleistung als nicht erbrachte Leistung abgerechnet und den ausgeführten Teil von dem nicht erbrachten Teil nicht abgegrenzt und den Preisansatz für die erbrachte und nicht erbrachte Leistung nicht dargelegt hat.

a) Zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hat der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muß auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen (Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 103/01, BauR 2003, 1588 = NZBau 2002, 614 = ZfBR 2002, 787; Urteil vom 25. Juli 2002 - VII ZR 263/01, BauR 2002, 1695 = NZBau 2002, 613 = ZfBR 2002, 789; Urteil vom 13. Mai 2004 - VII ZR 424/02, BauR 2004, 1441 = NZBau 2004, 549 = ZfBR 2004, 687).

b) Die Abrechnung der Klägerin genügt diesen Anforderungen, obwohl sie die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nicht abgegrenzt und die Preisansätze für die Teilleistungen nicht dargelegt hat.

(1) Die Klägerin hat den geringfügigen Teil der von ihr erbrachten Leistung in ihrer Schlußrechnung als nicht erbracht zugrunde gelegt und auch von diesem Teil die ersparten Aufwendungen hinsichtlich der Gesamtleistung abgezogen. Damit hat die Klägerin den Vertrag so abgerechnet, als hätte sie bis zur Beendigung des Vertrages keine Leistung erbracht. Eine solche Abrechnung ist jedenfalls dann zulässig, wenn nur ein kleiner Teil der geschuldeten Leistung erbracht worden ist.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin lediglich die Differenz zwischen dem vereinbarten Pauschalpreis und den Auftragssummen aus den beiden Subunternehmerverträgen und keine gesonderte Vergütung für die durchgeführten Arbeiten verlangt. Die Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine Vergütung für die erbrachte Leistung, die sie nach Einheitspreisen abgerechnet habe, geltend gemacht, widerspricht der Feststellung, daß die Klägerin diesen Betrag nicht gefordert hat.

Mit dieser Abrechnung hat die Klägerin lediglich die ihr zustehende Mindestvergütung verlangt. Sie hat hinsichtlich der von ihr erbrachten Leistung zu ihren Ungunsten ersparte Aufwendungen berücksichtigt.

(2) Im Hinblick auf die Berechnung der von ihr verlangten Vergütung ist die Abrechnung prüfbar, weil sie auf der Grundlage des Vertrages erfolgt ist und weil sie den Beklagten in die Lage versetzt, sich gegen die geltend gemachte Forderung sachgerecht zu verteidigen.

III.

Der Rechtsstreit wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit das Berufungsgericht über die sachliche Richtigkeit der Schlußrechnung und die Begründetheit der Klagforderung entscheiden kann. Die Klägerin ist materiell-rechtlich nicht gehindert, die ihr nach der Beendigung des Vertrages zustehende Mindestvergütung geltend zu machen und in der Weise zu berechnen, daß sie die Vertragsleistung insgesamt ihrer Rechnung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die ersparten Aufwendungen hinsichtlich der gesamten Vertragsleistung absetzt.

Ende der Entscheidung

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