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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: VII ZR 434/99
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB
Vorschriften:
BGB § 313 Satz 1 | |
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 28. Februar 2002
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Oktober 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
I.
Die Kläger verlangen gezahlte Abschlagszahlungen, die sie aufgrund eines Bauvertrages an die Beklagten geleistet haben. Die Parteien streiten darüber, ob der Bauvertrag deshalb nichtig ist, weil er notariell hätte beurkundet werden müssen.
II.
Die Kläger, Eigentümer eines Baugrundstücks, beabsichtigten auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus zu errichten. Sie konnten das geplante Bauvorhaben nur dadurch finanzieren, daß sie zwei Teilflächen von dem Grundstück abtrennten und als Bauplätze veräußerten.
Im Juli 1996 schlossen die Parteien einen schriftlichen Bauvertrag. Die Beklagten verpflichteten sich, auf der den Klägern verbleibenden Teilfläche ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus zu bauen.
In § 2 Nr. 3 des Vertrages sind für den Baubeginn folgende Voraussetzungen geregelt:
"- Vorliegen einer Baugenehmigung,
- Vorliegen der vom Besteller beizubringenden Finanzierungsbestätigung ...,
- Verkauf der Doppelhaushälften von der Firma Laiss und genehmigte Bauvoranfrage."
Nach der Veräußerung der ersten Teilfläche begannen die Beklagten mit der Planung für das Bauvorhaben der Kläger. Die Kläger zahlten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 108.744,20 DM an die Beklagten.
Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 14. April 1997 kündigten die Kläger den Bauvertrag und baten um Endabrechnung. Zu diesem Zeitpunkt war das Bauvorhaben der Kläger genehmigt.
Die Kläger haben ihre Klagforderung auf Rückzahlung von 92.483,31 DM ursprünglich auf die Kündigung des Bauvertrages gestützt. Im Prozeß beriefen sie sich auf die Unwirksamkeit des Bauvertrages aufgrund der fehlenden notariellen Beurkundung.
III.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 80.504,44 DM mit der Begründung stattgegeben, der Bauvertrag sei mangels notwendiger Beurkundung unwirksam. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision erstreben sie die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
I.
Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
II.
1. Das Berufungsgericht hat die Formnichtigkeit des Vertrages wie folgt begründet:
Die Regelung des § 2 Nr. 3 des Bauvertrages habe zu einer mittelbaren Verpflichtung geführt, die beiden Teilflächen zu veräußern. Für die Formbedürftigkeit nach § 313 Satz 1 BGB sei es unerheblich, daß § 2 Nr. 3 des Bauvertrages keine Verpflichtung der Kläger regele, das Eigentum der Teilflächen an Dritte zu übertragen. Es sei ausreichend, daß die Kläger aufgrund des Bauvertrages für den Fall, daß sie die Grundstücke nicht veräußern würden, mit gravierenden Nachteilen haben rechnen müssen.
Die Vorschrift des § 313 Satz 1 BGB bezwecke unter anderem, die Veräußerer vor übereilten Verträgen zu bewahren und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung zu eröffnen. Um diesen Schutzzweck durchzusetzen, sei § 313 Satz 1 BGB auch dann anwendbar, wenn der Vertrag keine Verpflichtung zur Übertragung der Grundstücke vorsehe, den Grundstückseigentümer jedoch in einer Weise binde, daß ihm erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen würden, wenn er die Grundstücke nicht veräußere.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand:
a) Verträge, die keine unmittelbare Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb eines Grundstücks zum Inhalt haben, sind in entsprechender Anwendung des § 313 Satz 1 BGB formbedürftig, wenn die Veräußerung oder der Erwerb eines Grundstücks mittelbar durch die Vereinbarung von Nachteilen erzwungen wird (vgl. st.Rspr.: BGH, Urteil vom 1. Juli 1970 - IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915; Urteil vom 18. Dezember 1970 - IV ZR 1155/68, NJW 1971, 557; Urteil vom 19. September 1989 - XI ZR 10/89, NJW 1990, 390 = DNotZ 1990, 651; Urteil vom 18. März 1993 - VII ZR 176/92, BauR 1993, 490).
b) Schließt eine Partei einen Bau- oder Erwerbervertrag und handelt sie dabei in der Erwartung, daß sie die erforderlichen Geldmittel durch den Verkauf eines Grundstücks erzielen wird, dann begründet sie durch ihre eigenverantwortliche Entscheidung lediglich das Risiko, zur Finanzierung auf die Veräußerung einer Immobilie zurückgreifen zu müssen. Einem ihre Entscheidungsfreiheit einschränkenden Zwang, die Immobilie zu veräußern, um den Bauvertrag zu erfüllen, setzt sie sich nicht aus.
c) Nach dem Inhalt des Bauvertrags bleibt es im Belieben der Klägerin, auf welche Weise sie sich die Geldmittel für den Hausbau verschafft. Mit der im Bauvertrag getroffenen Vereinbarung, daß der Bau nicht vor der Veräußerung der abgetrennten Teile des Grundstücks der Klägerin beginnen sollte, haben die Parteien die Vorstellung der Klägerin von der Finanzierung des Bauvorhabens in den Vertrag einfließen lassen, ohne indessen die Klägerin auf diese Art der Geldbeschaffung zu beschränken. Eine mittelbare Veräußerungspflicht der Klägerin, welche die Wahrung der Form für den Bauvertrag erforderlich machte, ist damit nicht verbunden. Sie steht in der wirtschaftlichen Gebundenheit nicht schützenswerter da, als hätte sie über die Art der Finanzierung keine Abrede getroffen. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit hinsichtlich der Veräußerung des Grundstücksteiles beruht nicht auf dieser besonderen
Vereinbarung, sondern auf der Entscheidung der Kläger, den Bauvertrag abzuschließen, bevor sie sich die Geldmittel durch die Veräußerung des Grundstücksteiles beschafft haben.
Ende der Entscheidung
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