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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: VII ZR 437/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 125
BGB § 313
BGB § 313 Satz 1
BGB § 125 Satz 1
ZPO § 545
ZPO § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
ZPO § 546 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 437/01

Verkündet am: 11. Juli 2002

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandsgerichts Düsseldorf vom 16. November 2001 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien verlangen mit Klage und Widerklage gegenseitig Schadensersatz.

Die Kläger wollten ein von der Beklagten zu erstellendes Einfamilienhaus erwerben. Die Garage sollte auf neun Meter verlängert und unterkellert werden, da der Keller als Wohn- und Arbeitsraum genutzt werden sollte. Der Bereich der unterkellerten Garage sollte eine Höhe von 2,30 m haben. Diese Sonderwünsche, für deren Ausführung die Kläger 71.700 DM zahlen sollten, wurden von der Beklagten im Notartermin aufgelistet, jedoch nicht beurkundet.

Die Beklagte beantragte eine Genehmigung nur für eine auf sieben Meter verlängerte Garage, eine Kellergeschoßhöhe von 2,10 m und nur teilweise Unterkellerung, weil das Bauordnungsamt in Vorgesprächen mitgeteilt hatte, daß weitere Ausführungsänderungen nicht bewilligt würden. Die Kläger erklärten die "Liquidation" des Vertrages, weil die Beklagte nicht in der Lage sei, ihre Sonderwünsche zu erfüllen.

Die Kläger verlangen Schadensersatz, weil die Beklagte gewußt habe, daß sie das Haus nur bei Realisierung der Sonderwünsche erwerben würden. Die Beklagte hätte erkennen können, daß die Ausführung nicht genehmigungsfähig war, wenn sie sich rechtzeitig informiert hätte. Sie behauptet, sie habe auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vertraut. Sie verlangt ihrerseits Schadensersatz und Herausgabe einer zur Sicherung etwaiger Schadensersatzansprüche der Kläger gestellten Bürgschaft.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten in Höhe von 19.576,49 DM und die Abweisung der Widerklage bestätigt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Klage wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen durch die Beklagte für begründet, die Widerklage für unbegründet erachtet.

Das maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB; § 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Kläger hätten Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 19.576,49 DM wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen für die ihnen entstandenen Eintragungs-, Beurkundungs-, Darlehens- und Zinskosten sowie den anteiligen Zinsverlust der verauslagten Grunderwerbsteuer.

Der Vertrag sei wegen Formmangels gemäß §§ 125, 313 BGB nichtig, weil die wesentlichen Sonderwünsche nicht beurkundet worden seien. Der Beklagten könne zwar nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie hätte die Wirksamkeit des Vertrages treuwidrig vereitelt oder sonst eine besondere Treuepflicht hinsichtlich der Beurkundung des Vertrages verletzt. Sie habe aber die Kläger durch falsche bzw. unvollständige Angaben zum Vertragsschluß verleitet. Sie wäre verpflichtet gewesen, auf die Notwendigkeit der Genehmigung und auf Bedenken vor Abschluß des Vertrages hinzuweisen. Wäre sie ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen, hätten die Kläger angesichts der Bedeutung, welche die Sonderwünsche für sie hatten, den Vertrag nicht geschlossen. Dies werde schon dadurch deutlich, daß sie vorhergehende Vertragsangebote, bei denen die Beklagte erklärt habe, die Sonderwünsche nicht realisieren zu können, abgelehnt hätten. Die Beklagte habe den Klägern als Schaden die Aufwendungen zu ersetzen, die sie im Vertrauen auf die Erfüllbarkeit der Sonderwünsche gehabt hätten. Daran ändere die Formnichtigkeit des Vertrages nichts.

II.

Dagegen wendet sich die zulässige Revision ohne Erfolg.

1. Die Revision ist gemäß §§ 545, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 ZPO statthaft. Es ist zwar nicht erkennbar, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat ist jedoch an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

2. Das Berufungsgericht erkennt unbeschadet der Formunwirksamkeit des Vertrages (§ 313 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB) den Klägern zu Recht den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu. Der Beklagten stehen folglich die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Die Beklagte hat die Kläger unter Verstoß gegen ihre Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1976 - VII ZR 119/71, BGHZ 60, 221; vom 6. April 2001 - VII ZR 402/99, NJW 2001, 2021) zum Abschluß eines, wenn auch unwirksamen Vertrages veranlaßt, den diese bei der gebotenen Aufklärung nicht geschlossen hätten. Die Beklagte hat gewußt, daß die Kläger an der Errichtung des Einfamilienhauses nur dann Interesse hatten, wenn ihre erheblichen Sonderwünsche realisiert werden konnten. Die Beklagte bot das Haus entsprechend den Sonderwünschen an und erklärte noch drei Tage vor dem Notartermin, daß eine Raumhöhe von 2,30 m für den Keller möglich sei. Da das Haus mit diesen Sonderwünschen nicht erstellt werden konnte und die Beklagte dies bei Beachtung der gebotenen Sorgfaltspflichten hätte erkennen können, hat sie gegenüber den Klägern ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Sie ist deswegen zum Ersatz des den Klägern dadurch entstandenen Schadens verpflichtet.

Diese hätten den Vertrag bei Kenntnis der Nichtrealisierbarkeit der Sonderwünsche nicht abgeschlossen. Die ihnen vom Berufungsgericht zuerkannten Schäden, gegen deren Feststellung sich die Revision nicht wendet, wären bei gebotener Aufklärung nicht entstanden, unabhängig davon, daß der spätere Vertragsschluß wegen Verstoßes gegen § 313 Satz 1 BGB gemäß § 125 Satz 1 BGB unwirksam ist.



Ende der Entscheidung

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