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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: VII ZR 452/00
Rechtsgebiete: VOB/B
Vorschriften:
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 6. Dezember 2001
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Die Beklagte übertrug ihr 1994 die Putz- und Stuckarbeiten an ihrem Alten- und Pflegeheim. Die VOB/B war vereinbart. Die Auftragssumme betrug 153.143,78 DM. Nach Kündigung des Vertrages erstellte die Klägerin eine Schlußrechnung über 855.393,31 DM. Von diesem Betrag ordnete sie 173.270,90 DM dem ursprünglichen Leistungsverzeichnis zu. Der Restbetrag entfiel auf Nachträge und die Abrechnung von Tagelohnarbeiten, die nach der Behauptung der Klägerin vom Bauleiter der Beklagten in Abstimmung mit deren Sachbearbeiter in Auftrag gegeben worden sein sollen. Die Beklagte ließ die Schlußrechnung durch einen mit dem Bauvorhaben bisher nicht befaßten Sachverständigen überprüfen. Dieser bewertete die Werkleistungen der Klägerin ohne Tagelohnarbeiten mit 246.047,96 DM.
Die Beklagte zahlte daraufhin zusätzlich zu bereits gezahlten 143.924,67 DM einen weiteren Abschlag von 90.000 DM. Dies teilte sie der Klägerin unter Hinweis darauf mit, diese sei mit 14.208,54 DM überzahlt, weil von dem vom Gutachter ermittelten Betrag noch weitere vertragliche Abzüge vorzunehmen seien und Gegenforderungen bestünden.
Die Klägerin hat Klage auf Zahlung von 589.039,57 DM erhoben und diese in der Berufung auf 573.505,23 DM reduziert. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin ist die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen worden. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, die Beklagte habe durch ihr Verhalten die Nachtragsleistungen der Klägerin dem Grunde nach im Sinne von § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B anerkannt. Mit der Beauftragung und Prüfung der Schlußrechnung durch den mit dem Bauvorhaben bis dahin nicht vertrauten Sachverständigen und der anschließenden Behandlung der Sache durch die Beklagte habe sie sich mit der Klägerin auf eine Auseinandersetzung auf der Ebene der Schlußrechnung eingelassen. Ihre gesamte Verteidigung beruhe auf den Ausführungen des Sachverständigen. Damit habe sie zu erkennen gegeben, daß der Klägerin weitere, allerdings bestrittene Forderungen über den ursprünglichen Leistungsumfang hinaus zustünden. Hätte die Beklagte von Anfang an die Auffassung vertreten, sie sei auf Grund fehlender Vertretung bei der Vergabe zusätzlicher oder geänderter Aufträge zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet, wäre die Prüfung durch den Sachverständigen nicht erforderlich gewesen. Daß die Beklagte eine außen stehende Person mit der Prüfung beauftragt habe, unterscheide den Fall von einem solchen, in dem der Architekt des Auftraggebers die Schlußrechnung prüfe und sie mit einem Vermerk versehe. Die Prüfung durch den Sachverständigen habe dazu geführt, daß seine Ausführungen Gegenstand der Klageerwiderung gewesen seien und die Beklagte im Vorfeld nach einer gemeinsamen Besprechung der Parteien noch 90.000,00 DM gezahlt habe.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, die Beklagte habe alle von der Klägerin berechneten Nachtragsleistungen anerkannt, so daß die Vergütungspflicht für diese Leistungen dem Grunde nach feststehe. Zum Anerkenntnis einzelner Nachtragsleistungen fehlen Feststellungen und auch dazu, daß die Klageforderung in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99 = NJW-RR 2001, 383, 384). 1. Nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B steht dem Auftragnehmer eine Vergütung zu, wenn der Auftraggeber Leistungen nachträglich anerkennt, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausgeführt hat. Das Anerkenntnis bedarf entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung nicht der Schriftform (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 2 Rdn. 332; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 8. Aufl., B § 2 Rdn. 165 a; BeckŽscher VOB-Komm./Jagenburg § 2 Nr. 8 Rdn. 57), sondern kann auch konkludent erteilt werden. Es kann sich deshalb auch aus dem Verhalten des Auftraggebers während oder nach der Vertragsdurchführung ergeben.
2. Davon geht das Berufungsgericht aus. Die von ihm angeführten Gesichtspunkte tragen jedoch ein konkludentes Anerkenntnis der behaupteten Nachtragsleistungen nicht. Das Berufungsgericht hat nahe liegende Umstände, die zu einer gegenteiligen Auslegung führen, nicht berücksichtigt.
a) Allein die Prüfung der Schlußrechnung eines Auftragnehmers durch den Auftraggeber stellt kein Anerkenntnis der in die Schlußrechnung eingestellten Nachtragsleistungen dar. Die Prüfung der Schlußrechnung dient der Klärung, inwieweit der geforderte Schlußrechnungsbetrag auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung geschuldet ist. Läßt der Auftraggeber eine sachliche Prüfung durch seinen Architekten vornehmen, läßt das allein keinerlei Rückschlüsse auf seinen Willen zu, eventuell in diese Rechnung eingestellte Nachtragsleistungen anzuerkennen. Die vom Architekten vorgenommene sachliche Prüfung kann Grundlage für die vom Auftraggeber zu fällende Entscheidung sein, ob eine nicht geschuldete Leistung nachträglich im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B anerkannt werden kann, stellt aber keine rechtsgeschäftliche Erklärung dar und ist kein Anerkenntnis im Sinne dieser Regelung.
Daran ändert sich nichts, wenn der Auftraggeber die Rechnung nicht durch seinen Architekten, sondern durch einen mit dem Bauvorhaben bisher nicht befaßten Sachverständigen prüfen läßt. Auch damit gibt er keine Erklärung zu den in die Rechnung eingestellten Leistungen ab. Die Vergabe des Prüfungsauftrages an einen mit dem Bauvorhaben bisher nicht befaßten Sachverständigen gewährleistet insbesondere Objektivität bei der Beurteilung der Nachträge. Das kann dann wichtig sein, wenn der mit der Durchführung des Bauvorhabens befaßte Architekt zunächst nicht geschuldete Leistungen beauftragt haben soll, die die ursprüngliche Vertragssumme in außergewöhnlichem Umfang übersteigen.
b) Aus dem Umstand, daß die Beklagte nach Erstellung des Gutachtens eine Abschlagszahlung von 90.000 DM an die Klägerin leistete, läßt sich kein Anerkenntnis aller Nachtragsleistungen dem Grunde nach herleiten. Nach Zahlung der 90.000 DM hat die Klägerin nicht einmal die von dem Sachverständigen ermittelte Gesamtsumme von 246.740,96 DM, sondern lediglich 233.694,67 DM erhalten. Die Beklagte hat eine weitere Zahlungspflicht bestritten und kurze Zeit nach Erstellung des Gutachtens ohne Berücksichtigung der Tagelohnarbeiten eine Überzahlung von 14.208,54 DM reklamiert.
Es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte gleichwohl diejenigen Leistungen anerkannt haben sollte, die von der Zahlung überhaupt nicht erfaßt waren. Ein Anerkenntnis aller Nachtragsforderungen durch die Abschlagszahlung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil sich aus dem vom Berufungsgericht im einzelnen nicht erörterten Gutachten deutlich ergibt, daß ein Großteil der Nachtragsforderungen ausdrücklich nicht anerkannt wird. Darüber hinaus enthielt das Gutachten keine Feststellungen zu den Tagelohnarbeiten.
c) Verfehlt ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Anerkenntnis der Beklagten ergebe sich unter Berücksichtigung ihres Vorverhaltens dadurch, daß sie sich in der Klageerwiderung und auch weiterhin hinsichtlich der Höhe der Forderung in großen Teilen mit der wörtlichen Wiedergabe aus dem Gutachten bedient habe. Die Beklagte hat im Prozeß von Anfang an ihre Zahlungspflicht unter Hinweis darauf verneint, eine eventuelle Beauftragung von Nachtragsleistungen sei nicht wirksam erfolgt. Aus ihrem Vortrag zur Höhe ergab sich keine weitere Zahlungspflicht. Wenn sie diesen Umstand durch die Vorlage des Gutachtens untermauerte, folgte daraus kein Anerkenntnis der Leistungen, sondern das Gegenteil.
3. Denkbar ist lediglich ein Anerkenntnis einzelner Nachtragsleistungen im Hinblick darauf, daß der Sachverständige die Nachträge teilweise für begründet gehalten, insoweit lediglich Korrekturen am Aufmaß oder Preis vorgenommen hat und die Beklagte auf dieser Grundlage noch eine weitere Zahlung von 90.000 DM geleistet hat.
Zu der Frage, ob und ggfls. welche Nachtragsleistungen unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen anerkannt worden sein könnten, fehlen jegliche Feststellungen. Ebenso fehlen Feststellungen dazu, daß der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit für solche Nachträge eine über die geleistete Zahlung hinausgehende Restforderung zusteht. Nach der Berechnung der Beklagten war die Klägerin überzahlt. Mit dieser Auffassung setzt sich das Berufungsgericht sachlich nicht auseinander. Sein Hinweis, es verhehle nicht, daß die von der Klägerin vorgetragenen Gründe eine Berücksichtigung der von der Beklagten aus dem Vertrag abgeleiteten Gegenforderung eher unwahrscheinlich erscheinen ließen, ist rechtlich nicht ergiebig.
Ende der Entscheidung
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