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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: VII ZR 68/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 648a
BGB § 643
BGB § 645 Abs. 1
a) § 648a Abs. 1 BGB gibt dem Unternehmer auch nach der Abnahme das Recht, eine Sicherheit zu verlangen, wenn der Besteller noch Erfüllung des Vertrages (Mängelbeseitigung) fordert.

b) Leistet der Besteller auf ein berechtigtes Sicherungsverlangen nach der Abnahme die Sicherheit nicht, ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern.

c) Der Unternehmer kann dem Besteller in sinngemäßer Anwendung des § 648a Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 643 Satz 1 BGB eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Erklärung setzen, daß er die Mängelbeseitigung ablehne, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist wird er von der Pflicht zur Mängelbeseitigung frei. Ihm steht in weiterer sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 und § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB der Anspruch auf die um den mängelbedingten Minderwert gekürzte Vergütung und der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu.

d) Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann der Besteller dem Verlangen auf Zahlung des vollen Werklohns das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht auch dann entgegenhalten, wenn er die Sicherheit nicht gestellt hat.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 68/03

Verkündet am: 22. Januar 2004

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 21. Februar 2003 insoweit aufgehoben, als die Minderung des Werklohns wegen etwaiger Mängel nicht berücksichtigt worden ist.

Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision verworfen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte beauftragte die Klägerin am 2. August 2000 mit Bauarbeiten am Vorhaben "Altenwohnzentrum H. ". Die VOB/B wurde vereinbart. Nach der Abnahme durch ein für den Beklagten tätiges Ingenieurbüro stellte die Klägerin die Schlußrechnung. Mit der im Juli 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt Zahlung von 63.278,76 € (123.762,50 DM) nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte verteidigte sich unter anderem mit Mängelrügen. Mit Schreiben vom 12. Februar 2002 forderte die Klägerin den Beklagten auf, bis zum 26. Februar 2002 eine Sicherheit in Höhe von 63.278,76 € zu stellen. Mit Schreiben vom 8. März 2002 setzte die Klägerin dem Beklagten unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen eine Nachfrist bis zum 13. März 2002. Der Beklagte übersandte unter dem 21. März 2002 eine Bürgschaft, die die Klägerin als verspätet zurückwies und zurückgab.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 63.278,76 € nebst Zinsen zu zahlen. Es hat die Auffassung vertreten, dem Beklagten stehe kein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln zu. Die Aufrechnung mit einer Vertragsstrafe sei unbegründet. Ein Preisanpassungsanspruch nach § 2 Nr. 3 VOB/B stehe dem Beklagten nicht zu. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat zum Teil Erfolg. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im übrigen ist sie zu verwerfen.

I.

Das Berufungsgericht nimmt Bezug auf die Ausführungen des Landgerichts. Zur Problematik des § 648a BGB führt es ergänzend aus, die Anwendbarkeit dieser Regelung nach der Abnahme sei nicht ausgeschlossen. Mit Ablauf der Frist aus dem Schreiben vom 12. Februar 2002 habe dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht nicht mehr zugestanden. Die Klägerin habe ihren Vergütungsanspruch einredefrei geltend machen können. Das Ergebnis sei nicht unbillig. Sei der Besteller wirtschaftlich nicht in der Lage, eine Sicherheit auf Kosten des Werkunternehmers beizubringen, so müsse der Verzögerung durch eine Beweisaufnahme nach der Intention des Gesetzes entgegengewirkt werden. Bringe der Besteller die Sicherheit bei, lebe sein Leistungsverweigerungsrecht wieder auf.

Der Werkvertrag sei nach Ablauf der Frist aus dem Schreiben vom 8. März 2002 gekündigt worden. Es könne dahinstehen, ob es sich tatsächlich um eine Kündigung handele oder nur um eine Beendigungsform des Werkvertrages, auf die die Kündigungsvorschriften analog anzuwenden seien. Nach der gesetzlichen Regelung scheine sich die Höhe der Vergütung nach dem Umfang der Vorleistung zu richten. Nach der vom Berufungsgericht geteilten Auffassung des Bundesgerichtshofs erfolge die Abrechnung jedoch nach den Grundsätzen des § 649 BGB. Es bleibe bei einem Anspruch des Bestellers auf eine mangelfreie Leistung, wie auch bei dem Nachbesserungsanspruch des Werkunternehmers. In welcher Form die behaupteten Mängel im Rahmen des Abrechnungsverhältnisses Berücksichtigung fänden, könne offen bleiben. Die Klägerin habe die Mängel bestritten. Der Beklagte sei deshalb auf den Weg des § 633 BGB a.F. zu verweisen und müsse die Klägerin zunächst in Verzug setzen. Sodann stehe es ihm frei, die Mängel beseitigen zu lassen und den Ersatz der Aufwendungen zu verlangen. Die Gegenansprüche des Beklagten in Geld könnten dann dem Anspruch der Klägerin im Wege der Aufrechnung entgegengehalten werden.

Die Frage der Anwendbarkeit des § 648a BGB nach der Abnahme sei streitig. Dies gelte ebenso für die Fragen des Zurückbehaltungsrechts in einfacher Höhe der behaupteten Mängelbeseitigungskosten trotz Unterlassens der Beibringung einer Sicherheit und der Berücksichtigung der behaupteten Mängel bei einer Abrechung nach den Grundsätzen des § 649 BGB. Die Revision sei deshalb zuzulassen.

II.

Die Revision verfolgt ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten wegen der behaupteten Mängel. Ferner bekämpft sie das Berufungsurteil, soweit der Vertragsstrafenanspruch und ein Anspruch auf Preisanpassung nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B verneint worden sind.

III.

Die Revision ist unzulässig, soweit sich der Beklagte dagegen wendet, daß der Anspruch auf Preisanpassung und der zur Aufrechnung gestellte Vertragsstrafenanspruch verneint worden sind. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen, welche Rechte sich daraus ergeben, daß der Besteller eine nach Abnahme geforderte Sicherheit nach § 648a BGB nicht stellt, sich aber gegenüber dem Werklohnanspruch wegen Mängeln auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft. Damit ist die Zulassung beschränkt auf den davon betroffenen selbständig abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes. Es handelt sich um einen Teil des Streitgegenstandes, auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276, 278), indem er mit ihr lediglich sein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln verfolgt. Einwendungen gegen die Werklohnforderung, die sich nicht aus den behaupteten Mängeln ergeben, sind der Überprüfung in der Revision entzogen. Zur Überprüfung steht deshalb auch nicht mehr, ob die Abnahme tatsächlich erfolgt ist.

IV.

Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, daß die Klägerin den Werklohnanspruch ungeachtet der Mängelrügen durchsetzen kann. Die Klägerin hat lediglich einen Werklohnanspruch, der um den Minderwert zu kürzen ist, der sich aus etwa vorhandenen Mängeln ergibt.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Unternehmer eines Bauwerks kann grundsätzlich auch nach der Abnahme vom Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringende Vorleistung einschließlich der dazugehörigen Nebenforderungen in der Weise verlangen, daß er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, daß er nach dem Ablauf der Frist seine Leistung verweigere. Er darf nach fruchtlosem Fristablauf die Leistung verweigern. Das folgt aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Nach dieser gesetzlichen Regelung ist der Unternehmer berechtigt, die weitere Leistung zu verweigern, wenn er zu Recht eine Sicherheit binnen angemessener Frist unter Androhung der Leistungsverweigerung gefordert hat und die Frist fruchtlos abgelaufen ist. Die Regelung differenziert nicht zwischen dem Verlangen nach Sicherheit vor oder nach der Abnahme. Sie gilt auch für die Zeit nach der Abnahme, wenn der Besteller noch Erfüllung des Vertrages verlangt. Denn auch insoweit hat der Unternehmer noch eine Vorleistung im Sinne des Gesetzes zu erbringen. Dem steht nicht entgegen, daß die Vorleistungspflicht des Unternehmers mit der Abnahme endet und er dann grundsätzlich Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung verlangen kann (BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BGHZ 61, 42, 44). Denn § 648a Abs. 1 BGB stellt nicht auf die Vorleistungspflicht in diesem Sinne ab, sondern auf vertraglich geschuldete Vorleistungen im wirtschaftlichen Sinne. Das hat der Senat bereits dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er Vorleistungen im Sinne des Gesetzes auch dann als gegeben angenommen hat, wenn die Leistungen bereits erbracht, jedoch noch nicht bezahlt sind (Urteil vom 9. November 2000 - VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24, 32).

b) Der Unternehmer ist nach der Abnahme genötigt, wirtschaftlich die Vorleistung in Form der Mängelbeseitigung zu erbringen, weil er ohne sie den Zahlungsanspruch nicht durchsetzen kann (BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BGHZ 61, 42, 46; Urteil vom 22. März 1984 - VII ZR 50/82, BauR 1984, 395, 398 f.). Der Schutzzweck des § 648a Abs. 1 BGB gebietet es, dem Unternehmer das Leistungsverweigerungsrecht auch für den Fall einzuräumen, daß der Besteller nach der Abnahme noch Erfüllung des Vertrages verlangt. § 648a BGB bezweckt, dem Unternehmer eine möglichst einfache und flexible Möglichkeit zu verschaffen, sich vor dem Risiko einer ungesicherten Werkleistung zu schützen (vgl. BR-Drucks. 12/1836, S. 6). Dieses Risiko besteht darin, daß der Unternehmer eine Vergütung für die erbrachten Leistungen nicht erhält und seinen Anspruch möglicherweise infolge einer Insolvenz des Bestellers auch nicht mehr durchsetzen kann. Es besteht auch dann, wenn der Besteller nach der Abnahme den Werklohn noch nicht voll bezahlt hat und die Bezahlung von der Nacherfüllung des Vertrages abhängig macht (Schulze-Hagen, BauR 1999, 210, 215 ff.; Thierau, NZBau 2000, 14 ff., jeweils m.w.N.).

c) Etwas anderes kann entgegen einer Meinung in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. Rathjen, BauR 2002, 242 ff.; Frank, Jahrbuch Baurecht 2002, 143, 147 ff., jeweils m.w.N.; OLG Rostock, NZBau 2002, 97; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 806) nicht daraus hergeleitet werden, daß der Unternehmer nach § 648a Abs. 5 BGB das Recht hat, den Vertrag aufzuheben. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck gebracht, daß der Unternehmer nur vor der Abnahme eine Sicherheit verlangen kann. Richtig ist, daß eine Aufhebung des Vertrages nicht mehr in Betracht kommt, wenn die Abnahme erklärt worden ist (BGH, Urteil vom 6. Februar 1975 - VII ZR 244/73, BauR 1975, 280, 281). Gleichwohl kann dem Gesetzgeber mit der Formulierung des § 648a Abs. 5 BGB nicht unterstellt werden, daß er nur das Sicherungsverlangen vor der Abnahme regeln wollte. Das durch § 648a Abs. 1 BGB eingeräumte Leistungsverweigerungsrecht hat auch nach Abnahme Bedeutung. Im übrigen ist § 648a Abs. 5 BGB nach der Abnahme sinngemäß anzuwenden, vgl. dazu unten 2. b).

2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne den Werklohn uneingeschränkt verlangen, weil die Beklagte keine Sicherheit gestellt habe. Diese Auffassung läßt sich mit § 648a BGB nicht vereinbaren.

a) Der Gesetzgeber hat dem Unternehmer keinen Anspruch auf Sicherheit verschafft (BGH, Urteil vom 9. November 2000 - VII ZR 82/99, BGHZ 146, 24, 28). Vielmehr hat er ihm lediglich die Möglichkeit eingeräumt, die Leistung zu verweigern, wenn die zu Recht beanspruchte Sicherheit nicht gestellt wird. Außerdem hat der Unternehmer das Recht, dem Besteller zur Nachholung der Sicherheitsleistung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige, wenn die Sicherheit nicht bis zum Ablauf der Frist gestellt werde, § 648a Abs. 5 Satz 1, § 643 Satz 1 BGB. Nach Ablauf der Frist gilt der Vertrag als aufgehoben, § 643 Satz 2 BGB. Damit hat der Gesetzgeber dem Unternehmer eine Möglichkeit verschafft, sich von dem Vertrag mit der Wirkung zu lösen, daß er die bis zur Aufhebung des Vertrages noch nicht erbrachten Leistungen nicht mehr erbringen muß. Auf diese Weise erhält der Unternehmer auch die Berechtigung, die Werkleistung abschließend abzurechnen. So wird der Schwebezustand (vgl. BT-Drucks. 12/1836, S. 11) aufgelöst, der dadurch entsteht, daß der Unternehmer einerseits die weitere Leistung mangels Sicherheit nicht erbringen muß, andererseits dann aber auch die Voraussetzungen für die Abnahme des Werkes und damit für die Fälligkeit der Schlußvergütung nicht schafft. Der Gesetzgeber hat für den Fall, daß der Besteller die Vertragsaufhebung wählt, die Rechtsfolgen dahin geregelt, daß dem Unternehmer nur der Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 645 Abs. 1 BGB zusteht und der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648a Abs. 5 BGB. Ein auf Vertragserfüllung gerichteter Anspruch auf Zahlung der gesamten vertraglich vereinbarten Vergütung steht dem Unternehmer im Falle der Vertragsaufhebung demnach grundsätzlich nicht zu.

b) An dieser gesetzlichen Systematik ändert sich nichts, wenn der Besteller die Leistung des Unternehmers abgenommen hat. In diesem Fall wird der Vergütungsanspruch des Unternehmers allerdings fällig, § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Besteller hat jedoch auch nach der Abnahme noch den Anspruch auf mangelfreie Erfüllung des Vertrages. Wegen dieses Anspruchs steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe des mindestens Dreifachen der für die Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten zu, § 641 Abs. 3 BGB. Der fällige Anspruch des Unternehmers auf Zahlung der Vergütung ist grundsätzlich nur durchsetzbar, wenn die Nacherfüllung erfolgt ist. Verlangt der Unternehmer vor der Mängelbeseitigung Sicherheit nach § 648a BGB, entsteht der gleiche Schwebezustand wie bei einem Sicherungsverlangen vor der Abnahme. Er ist in gleicher Weise aufzulösen.

Dem Unternehmer steht in sinngemäßer Anwendung des § 648a Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 643 Satz 1 BGB das Recht zu, sich von seiner Mängelbeseitigungspflicht nach der Abnahme dadurch zu befreien, daß er eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung setzt, verbunden mit der Ankündigung, die Vertragserfüllung (Mängelbeseitigung) danach zu verweigern. Mit fruchtlosem Fristablauf ist er von der Pflicht, den Vertrag zu erfüllen, befreit (vgl. Schulze-Hagen, BauR 1999, 210, 220). Er kann auf diese Weise die endgültige Abrechnung herbeiführen, auch soweit die Leistung mangelhaft ist. In weiterer sinngemäßer Anwendung des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB und des § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB steht ihm nach fruchtlosem Fristablauf nicht die volle vertraglich vereinbarte Vergütung zu. Vielmehr hat er lediglich Anspruch auf Vergütung, soweit die Leistung erfüllt, das heißt mangelfrei erbracht ist, und Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe des § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB. Das bedeutet, daß der Vergütungsanspruch des Unternehmers um den infolge eines Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen ist. Sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann, ist die Vergütung regelmäßig um die Kosten zu kürzen, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 - VII ZR 181/00, BauR 2003, 533 = IBR 2003, 186, 187 = NZBau 2003, 214 = ZfBR 2003, 356).

Zu Unrecht begründet das Berufungsgericht seine abweichende Auffassung mit der Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat entschieden, daß die Abrechnung der Vergütung gemäß § 645 Abs. 1 BGB nach den zu § 649 Satz 2 BGB entwickelten Grundsätzen zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999, VII ZR 91/98, BauR 1999, 631 = IBR 1999, 202 = NJW 1999, 2036 = ZfBR 1999, 194). Daraus ergibt sich nichts dazu, wie abzurechnen ist, wenn der Besteller eine Sicherheit nach § 648a BGB nicht stellt. Soweit das Berufungsgericht den Besteller auf die Möglichkeit verweisen will, die Voraussetzungen für auf Geldzahlung gerichtete Mängelansprüche schaffen zu können, übersieht es im übrigen, daß der Besteller den Unternehmer nicht in Verzug setzen kann, solange dieser die Mängelbeseitigung zu Recht deshalb verweigert, weil ihm keine Sicherheit gestellt worden ist.

Im Ergebnis erhält der Unternehmer damit die Möglichkeit, selbst eine Minderung herbeizuführen. Will er hingegen diese Minderung nicht, sondern die volle Vergütung, muß er es hinnehmen, daß der Besteller das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht geltend macht.

c) Der Senat kann nicht anderen Lösungsvorschlägen folgen, die ein Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers verneinen oder ihm ein Leistungsverweigerungsrecht teils in mindestens dreifacher Höhe, teils in einfacher Höhe der Mängelbeseitigungskosten einräumen. Sie entfernen sich von der dargestellten Systematik des Gesetzes und benachteiligen entweder den Unternehmer oder den Besteller unangemessen.

aa) Würde dem Unternehmer der uneingeschränkte Anspruch auf Vergütung eingeräumt (so Schulze-Hagen, BauR 1999, 210, 215 ff.; Thierau, NZBau 2000, 14, 17 f.; OLG Naumburg, OLGR 2002, 218), führte das dazu, daß er die volle Vergütung erhielte, obwohl seine Leistung mangelhaft ist. Dieses Ergebnis ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unangemessen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Besteller habe es in der Hand, die Sicherheit zu stellen, um dieses Ergebnis zu vermeiden. Denn das ist nicht zwingend. Der Besteller kann aus unterschiedlichsten Gründen gehindert sein, eine Sicherheit zu stellen, z.B. wenn seine Kreditlinie überzogen ist (vgl. Frank, Jahrbuch BauR 2002, 143, 155; Ullrich, MDR 1999, 1233, 1235) oder wenn er insolvent geworden ist. In diesen Fällen könnte er eine Nacherfüllung nicht mehr herbeiführen, so daß letztlich die volle Vergütung für ein dauerhaft mangelhaftes Werk bezahlt werden müßte. Dem Interesse des Unternehmers wird vielmehr in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Systematik ausreichend Rechnung getragen, wenn er sich von seiner Verpflichtung lösen und die geminderte Vergütung verlangen kann.

bb) Würde es dem Unternehmer lediglich gestattet sein, die Vergütung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung zu verlangen (so Ullrich, MDR 1999, 1233, 1234 ff. m.w.N.; OLG Brandenburg, BauR 2002, 1859), so wäre er gezwungen, eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen, um seine Vergütung durchsetzen zu können. Das soll nach der Wertung des Gesetzes aus guten Gründen nicht möglich sein. Vielmehr muß der Unternehmer die Möglichkeit erhalten, den reduzierten Werklohn ohne Mängelbeseitigung durchzusetzen, wie sich ebenfalls an dem Beispiel belegen läßt, daß der Besteller insolvent geworden ist. Denn dann stünde jedenfalls im Regelfall fest, daß der Unternehmer auch nach vollständiger Erfüllung des Vertrages nicht die volle Vergütung erhält. Dieses Ergebnis wäre gleichfalls untragbar. Das bedeutet, daß die Lösungen, wonach dem Besteller ein Leistungsverweigerungsrecht in Höhe des mindestens Dreifachen oder des Einfachen der Mängelbeseitigungskosten zusteht (vgl. Ullrich, MDR 1999, 1233, 1235; OLGR Oldenburg 2003, 19; KG KG-Report 2002, 128; OLG Dresden BauR 2002, 1274; OLG Stuttgart, BauR 2001, 421), nicht in Betracht kommen, wenn der Unternehmer das nicht akzeptiert. Ihm muß die Wahl bleiben, ob er den vollen Werklohn durchzusetzen will oder ob er die geminderte Vergütung in Anspruch nimmt. Hat er eine angemessene Nachfrist gesetzt und ist diese fruchtlos abgelaufen, kann er allerdings nur noch die geminderte Vergütung geltend machen.

cc) Die Lösung, wonach dem Unternehmer die volle Vergütung zusteht, er diese jedoch nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung, diese wiederum Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung durch den Besteller durchsetzen kann (vgl. Sohn/Kandel, BauR 2003, 1633, 1634 ff.; OLG Brandenburg, BauR 2002, 1859), wird aus den dargestellten Gründen ebenfalls der Regelung des § 648a BGB nicht gerecht. Mit einem entsprechenden Urteil wäre der Weg dahin eröffnet, daß der Unternehmer den vollen Werklohn ungeachtet der Mängel erhält. Denn er könnte unter den Voraussetzungen der §§ 294 ff. BGB den Annahmeverzug des Bestellers feststellen lassen und dann den vollen Werklohn vollstrecken, § 274 Abs. 2 BGB. In gleicher Weise könnte er vollstrecken, wenn er nach einem Urteil fruchtlos zur Sicherheitsleistung aufgefordert hat (OLG Brandenburg, BauR 2002, 1859).

3. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsurteil keinen Bestand.

a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe durch Ablauf der Nachfrist aus dem Schreiben vom 8. März 2002 den Vertrag auch insoweit aufgehoben, als sie von der Verpflichtung zur Beseitigung der Mängel frei geworden ist. Zu Unrecht meint die Revision, es sei einhellige Auffassung, daß der Besteller jederzeit die Sicherheit stellen und damit die Voraussetzungen für sein Leistungsverweigerungsrecht schaffen könne. Diese Möglichkeit hat der Besteller nur, soweit sein Erfüllungsanspruch in Folge einer Vertragsaufhebung nach § 643 BGB nicht untergegangen ist.

b) Damit kann die Klägerin nur noch den sich aus § 645 Abs. 1 BGB ergebenden Anspruch geltend machen. Der von den Vorinstanzen mit 63.278,76 € errechnete Anspruch ist um den infolge eines Mangels entstandenen Minderwert zu kürzen. Da jegliche Feststellungen zu einem Minderwert fehlen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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