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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.05.2000
Aktenzeichen: VII ZR 69/99
Rechtsgebiete: HOAI
Vorschriften:
HOAI § 8 | |
HOAI § 10 |
Zu den Anforderungen an die Prüfbarkeit der Architektenschlußrechnung, wenn der Auftraggeber selbst Architekt ist.
BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - VII ZR 69/99 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 18. Mai 2000
Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt vom Beklagten Honorar für erbrachte Architektenleistungen aus einem beendeten Vertrag.
Die Parteien sind Architekten. Der Beklagte ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt D., für das bisher kein Bebauungsplan bestand. Er kam mit der Stadt überein, als privater Investor die Erschließung durchzuführen. Am 22. Oktober 1993 beauftragte er den Kläger mit der Planung der äußeren Erschließung, d.h. der Anbindung des Baugebietes an das Verkehrsnetz. Die Leistungen dafür sind erbracht und bezahlt.
Der Kläger plante anschließend die innere und äußere Erschließung weiter. Er behauptet, damit zu einem Pauschalpreis von 290.000 DM beauftragt worden zu sein. Ferner sei ihm die Planung für die provisorische Anbindung eines Grundstücks des Beklagten an die St. Franziskusstraße zu einem Pauschalbetrag von 28.000 DM übertragen worden. Der Kläger stellte seine Arbeiten Mitte August 1996 ein, als der Beklagte eine am 29. Juli 1996 geforderte Abschlagszahlung für die Planung der inneren und äußeren Erschließung sowie der provisorischen Anbindung nicht bezahlt hatte. Der Beklagte beauftragte 1997 ein anderes Ingenieurbüro mit der inneren Erschließung.
Der Kläger verlangt für die geleisteten Arbeiten insgesamt 243.086,24 DM. Der Beklagte bestreitet die Auftragserteilung, hält die erstellten Rechnungen für nicht prüffähig und wendet Mängel ein.
Das Landgericht hat der Klage unter Einschränkung des Zinsbegehrens stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt seine zuletzt vor dem Berufungsgericht gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, das geltend gemachte Honorar von 19.723,19 DM für die provisorische Anbindung sei nicht fällig. Der Beklagte habe den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 1996 beauftragt, eine Planung zu fertigen. Die insoweit mit netto 17.150,60 DM in Rechnung gestellten Arbeiten des unstreitig beendeten Vertrages seien nicht prüffähig abgerechnet. Die Grundleistungen der Phase 3 (des § 55 HOAI) seien pauschal mit 20 % angesetzt. Dies sei angesichts der Vielfalt der Leistungen in dieser Phase nicht ausreichend. Auch die anrechenbaren Kosten seien nicht prüffähig, weil nur eine Kostenschätzung und nicht eine Kostenberechnung vorliege.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht stellt verfehlte Anforderungen an die Prüfbarkeit der Schlußrechnung (a). Es verlangt zu Unrecht, daß die Leistung nach der Kostenberechnung abgerechnet werden mußte (b).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergeben sich die Anforderungen an die Prüfbarkeit einer Architektenschlußrechnung aus den Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers. Diese bestimmen und begrenzen die Anforderungen an die Prüfbarkeit. Die Prüfbarkeit ist somit kein Selbstzweck (BGH, Urteil vom 18. September 1997 - VII ZR 300/96, BGHZ 136, 342 = BauR 1997, 1055 = ZfBR 1998, 25; BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - VII ZR 189/97, BGHZ 139, 111 = ZfBR 1998, 229 = BauR 1998, 1108; BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - VII ZR 296/97 = BauR 1999, 63 = ZfBR 1999, 37). Unter welchen Voraussetzungen eine Schlußrechnung als prüfbar angesehen werden kann, kann nicht abstrakt bestimmt werden. Die Anforderungen hängen vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH, Urteil vom 9. Juni 1994 - VII ZR 87/93 = NJW-RR 1994, 1238 = BauR 1994, 655 = ZfBR 1994, 219; BGH, Urteil vom 27. Oktober 1994 - VII ZR 217/93 = BGHZ 127, 254 = NJW 1995, 399 = BauR 1995, 126 = ZfBR 1995, 73). Dabei ist unter anderem der beiderseitige Kenntnisstand über die tatsächlichen und rechtlichen Umstände von Bedeutung, auf dem die Berechnung des Honorars beruht (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - VII ZR 189/97 aaO).
Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze war es zulässig, die erbrachten Leistungen der Phase 2 des § 55 HOAI mit 15 % und der Phase 3 des § 55 HOAI mit 20 % anzusetzen. Dies bedeutet nichts anderes als die Erklärung, die Vorplanung (Phase 2), die nach der HOAI mit 15 % bewertet wird, sei vollständig erbracht worden und die Entwurfsplanung (Phase 3), die mit 30 vom Hundert bewertet wird, sei zu zwei Drittel erbracht worden. Dagegen konnte sich der Beklagte, der selbst Architekt ist und dem die Pläne nach Vertragsbeendigung übergeben wurden, nicht mit der pauschalen Erklärung verteidigen, die Rechnung sei nicht prüfbar. Ihm lagen die Pläne vor. Er konnte als Architekt selbst die Leistung prozentual beurteilen. Soweit er vorträgt, die Pläne seien unbrauchbar oder wertlos, handelt es sich nicht um eine Frage der Prüfbarkeit der Rechnung.
b) Verfehlt ist ferner die Ansicht des Berufungsgerichts, die Rechnung sei deswegen nicht prüffähig, weil ihr nicht eine Kostenberechnung, sondern eine Kostenschätzung zugrunde lag.
Maßgebend für die Berechnung des Honorars sind jeweils die Kostenermittlungsarten, die in der jeweiligen Leistungsphase der HOAI dem Leistungsumfang entsprechen, der vertraglich vereinbart ist (BGH, Urteil vom 16. April 1998 - VII ZR 176/96, BauR 1998, 813 = ZfBR 1998, 239; Urteil vom 8. Juli 1999 - VII ZR 194/98, NJW 1999, 3493 = ZfBR 2000, 33 = BauR 1999, 1467). Dies gilt auch, wenn der Leistungsumfang durch eine Kündigung verkürzt oder der Vertrag vorzeitig beendet wird. Da die Kostenberechnung für die geltend gemachten Leistungen der Phasen 2 und 3 des § 55 HOAI bei Vertragsbeendigung noch nicht vorlag und wegen der Vertragsbeendigung nicht mehr geschuldet war, war der Kläger berechtigt, nach der Kostenschätzung abzurechnen.
II.
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, für die Planung der "inneren Erschließung" könne der Kläger nur Honorar für die Überarbeitung der bisherigen Planung verlangen. Dieses habe er jedoch nicht prüffähig abgerechnet.
Der Kläger habe nicht konkret dargelegt, im Anschluß an den Auftrag zum 22. Oktober 1993 (äußere Erschließung) zusätzlich den Auftrag zur Erstellung der Entwurfsplanung der inneren Erschließung erhalten zu haben. Die Behauptung, mündlich mit der Phase 1 bis 4 des § 55 HOAI beauftragt worden zu sein, sei zu unbestimmt, da weder eine konkrete Besprechung noch ein sonstiger Anlaß genannt sei. Allerdings habe der Kläger den Auftrag erhalten, die bisherige Planung zu überprüfen. Diese Leistung sei nicht prüfbar abgerechnet.
2. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht insofern eine beantragte Zeugenvernehmung verfahrensfehlerhaft unterlassen hat.
Die Beweisaufnahme über eine beweiserhebliche Tatsache darf abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung so ungenau ist, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue", aufgestellt und deshalb rechtsmißbräuchlich ist (st. Rspr., BGH, Urteil vom 8. November 1995 - VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394 = BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1 Prozeßvortrag 1; Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 186/94, NJW 1996 , 1541 = BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 16, jeweils m.w.N.).
Das ist nicht der Fall. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 7. Oktober 1998 die Zeugen K. und T. zum Beweis dafür angeboten, daß ihm der Beklagte die Zusatzleistungen ausdrücklich in Auftrag gegeben und verlangt habe, diese Leistungen zu erbringen. Auch wenn damit die Tatsache der Beauftragung zeitlich und örtlich nicht weiter eingegrenzt ist, handelt es sich um eine erhebliche Tatsachenbehauptung. Daß sie gleichsam "ins Blaue" aufgestellt ist, wird vom Berufungsgericht nicht angenommen. Unstreitig haben zwischen den Parteien mehrfach Gespräche stattgefunden, die vom Kläger auch zeitlich konkretisiert sind.
Ende der Entscheidung
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