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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.07.2000
Aktenzeichen: VII ZR 73/00
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 8
AGBG § 9 Bf
AGBG § 9 Cb Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 8

Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bauverträge enthaltene Klausel:

"Der Auftraggeber schließt eine Bauwesenversicherung ab. Die anteilige Prämie wird mit 2,5 Promille von der Schlußsumme in Abzug gebracht. ..." unterliegt gemäß § 8 AGB-Gesetz nicht der richterlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 9-11 AGB-Gesetz.

AGBG § 8, § 9 Bf, Cb Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1

Die folgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauvertrages benachteiligt den Klauselgegner unangemessen und ist daher wegen eines Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam:

"Für anteilige Baureinigung werden dem Auftragnehmer 0,5 % von der Schlußsumme in Abzug gebracht."

BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - VII ZR 73/00 - OLG München LG Passau


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 73/00

Verkündet am: 6. Juli 2000

Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Wiebel und Wendt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. März 1998 im Kostenpunkt sowie teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 18. Juni 1997 dahingehend geändert, daß der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 44.074,39 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Februar 1997 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 33,33 % und der Beklagte 66,67 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R. GmbH (Schuldnerin) restlichen Werklohn von insgesamt 66.111,58 DM, den der Beklagte für anteilige Baureinigung (44.074,39 DM) und für eine anteilige Prämie für eine Bauwesenversicherung (22.037,19 DM) einbehalten hat.

II.

Der Beklagte beauftragte nach einer Ausschreibung die Schuldnerin mit Bauarbeiten für das Bauvorhaben des Kurmittelhaus Bad G.. Die Schlußforderung der Schuldnerin beglich der Beklagte abzüglich eines Betrages von 66.111,58 DM. Die Zahlungsverweigerung begründet der Beklagte mit folgenden in den Vorbemerkungen im Leistungsverzeichnis enthaltenen beiden Klauseln:

"Der Auftraggeber schließt eine Bauwesenversicherung ab. Die anteilige Prämie wird mit 2,5 Promille von der Schlußsumme in Bezug gebracht. ..."

"Für anteilige Baureinigung werden dem Auftragnehmer 0,5 % von der Schlußsumme in Abzug gebracht."

III.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung mit der Begründung stattgegeben, die beiden Klauseln seien unwirksam. Der Beklagte begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision des Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.

II.

1. Das Berufungsgericht meint, der Inhalt der beiden Klauseln sei gemäß § 8 AGB-Gesetz anhand der §§ 9 ff. des AGB-Gesetzes zu kontrollieren. Eine Inhaltskontrolle sei nur für derartige Leistungsbeschreibungen ausgeschlossen, ohne die ein wirksamer Vertrag nicht zustande komme, weil es an der erforderlichen Bestimmbarkeit der Leistung fehle.

2. Die Erwägung des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand:

a) Leistungsbeschreibungen, die dazu dienen, die Art und den Umfang der vertraglichen Leistungspflicht unmittelbar zu regeln, sind nach § 8 AGB-Gesetz der Inhaltskontrolle entzogen (st. Rspr. des BGH, vgl. Urteil vom 10. Juni 1999 - VII ZR 365/98, BGHZ 142, 46 m.w.N.). Der Inhaltskontrolle unterliegen hingegen Preisnebenabreden, die mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle dispositives Gesetzesrecht tritt, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen unterliegt die Klausel über die Bauwesenversicherung nicht der Inhaltskontrolle, weil sie keine Preisnebenabrede regelt.

(1) Die Klausel enthält eine vom vereinbarten Werklohn unabhängige Entgeltabrede für das selbständige Angebot des Auftraggebers, die Bauleistung des Auftragnehmers zu versichern. Die Vereinbarung, die vertragsrechtlich als entgeltliche Geschäftsbesorgung einzuordnen ist, unterliegt nicht der Regelung durch das Gesetz oder durch andere Rechtsvorschriften. Mit der Entgeltabrede wird ausschließlich eine pauschale Vergütung für die Geschäftsbesorgung festgelegt. Würde eine wirksame vertragliche Vereinbarung über das Entgelt fehlen, könnte an die Stelle der fehlenden Vereinbarung kein dispositives Gesetzesrecht treten.

(2) Die Klausel ist nicht deshalb eine Preisnebenabrede, weil die Vergütung pauschal mit 2,5 Promille des Werklohnes von der Schlußrechnung des Unternehmers abgesetzt wird. Diese Regelung führt nicht zu einer verdeckten Erhöhung oder Verbilligung der eigentlichen Vergütung für die Werkleistung. Sie ermöglicht lediglich eine Verrechnung der rechtlich voneinander unabhängigen Forderung des Unternehmers auf Werklohn und des Bestellers auf Vergütung der Geschäftsbesorgung.

(3) Der Umstand, daß der Auftragnehmer aufgrund der Klausel nicht die Möglichkeit hat, seine Bauleistungen selbst zu versichern, rechtfertigt es nicht, die Klausel als Preisnebenabrede einzuordnen. Ob der Auftraggeber bereit ist, mit dem Auftragnehmer auch ohne die Klausel einen Vertrag über die Bauleistung abzuschließen und ob der Auftragnehmer sich entschließt, den Werkvertrag mit der Klausel abzuschließen, sind Entscheidungen im Rahmen der Vertragsfreiheit.

c) Die Klausel über die pauschale Vergütung für Baureinigung unterliegt als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle. Die Klausel ist eine Preisnebenabrede, weil sie die Erstattung von Mängelbeseitigungskosten im Sinne des § 633 Abs. 3 BGB oder einen Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten nach § 635 BGB regelt. Würde eine wirksame vertragliche Regelung über diese Kosten der Baureinigung fehlen, würden die genannten gesetzlichen Vorschriften an deren Stelle treten.

III.

1. Das Berufungsgericht meint, die Klausel über die Bauwesenversicherung sei unklar und damit intransparent, weil unter Bauwesenversicherung die Versicherung von Unternehmerleistung oder die Versicherung von Gebäudeneubauten durch den Auftraggeber verstanden werden könne.

2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Frage, ob die Verletzung des Transparenzgebotes die Inhaltskontrolle einer Klausel eröffnen kann (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB 8. Aufl. § 8 Rdn. 8 a m.w.N.), ist nicht entscheidungserheblich. Die Bezeichnung Bauwesenversicherung für eine Bauleistungsversicherung, die der Auftraggeber abschließt, ist jedenfalls gegenüber einem Bauunternehmer nicht unklar. Der Unterschied zwischen einer Bauleistungsversicherung, die der Auftragnehmer abschließt, und einer entsprechenden Versicherung, die der Auftraggeber abschließt, ist in der Baubranche geläufig.

IV.

1. Das Berufungsgericht meint, die Baureinigungsklausel sei unwirksam, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteilige. Nach der DIN 18299 NR. 4.1.11 gehöre die Beseitigung des Abfalls zu den Nebenpflichten des Auftragnehmers. Durch die Klausel werde dem Auftragnehmer die Möglichkeit genommen, den Abfall selbst kostengünstig zu beseitigen. Der Beklagte habe sich mit der Klausel die Beseitigung des Abfalls gegen eine pauschale Kürzung des Werklohnes vorbehalten, ohne dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, den Nachweis niedrigerer Kosten zu erbringen. Das berechtigte Interesse des Beklagten an einer Konzentration der Zuständigkeit für die Reinigung wäre durch eine entsprechende Vereinbarung nicht wesentlich beeinträchtigt worden.

2. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Sie weicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz).

a) Die Beseitigung des mit der Werkleistung verbundenen Abfalls gehört vorbehaltlich abweichender vertraglicher Vereinbarung zu dem geschuldeten Werkerfolg des Auftragnehmers. Danach ist die Werkleistung des Auftragnehmers mangelhaft, wenn er den von ihm verursachten Abfall nicht beseitigt. Die Einordnung als Nebenpflicht in der DIN 18299 NR. 4.1.11 ist nur von Bedeutung für die Frage der Vergütung. Soweit die Vertragsparteien keine gesonderte Vergütung für die Baureinigung vereinbart haben, schuldet der Auftragnehmer die Baureinigung, ohne daß er dafür eine besondere Vergütung verlangen kann.

b) Die Klausel weicht in mehrfacher Hinsicht von dem gesetzlichen Leitbild ab:

(1) Nach der gesetzlichen Regelung ist der Auftragnehmer verpflichtet, sein Werk mangelfrei zu errichten. Weist das Werk einen Mangel auf, ist der Auftragnehmer grundsätzlich berechtigt, den Mangel zu beseitigen. Der Auftraggeber ist gemäß § 633 Abs. 3 BGB erst berechtigt, den Mangel selbst zu beseitigen und Ersatz der Kosten oder einen Kostenvorschuß zu verlangen, wenn der Auftragnehmer mit der Beseitigung des Mangels in Verzug geraten ist.

(2) Die Klausel belastet den Auftragnehmer in Höhe des pauschalen Abzugs mit der Verantwortlichkeit für Abfall, unabhängig davon, ob er Abfall verursacht und nicht beseitigt hat. Soweit der Auftragnehmer Abfall und damit die Mangelhaftigkeit seines Werks verursacht hat, benachteiligt ihn die Klausel im Vergleich zu den gesetzlichen Regelungen in zweifacher Hinsicht. Der Auftraggeber kann den Mangel selbst beseitigen, ohne daß er vorher den Auftragnehmer unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert und ihm damit die Möglichkeit eingeräumt hat, den Mangel selbst zu beseitigen. Für den Fall, daß der Auftragnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen zur Beseitigung des Abfalls nachgekommen und den Mangel seines Werks beseitigt hat, bleibt er nach der Klausel dazu verpflichtet, die pauschalierten Beseitigungskosten zu bezahlen.

Wenn der Auftragnehmer keinen Abfall verursacht hat, wird er durch die Klausel mit den pauschalen Beseitigungskosten belastet, obwohl Kosten für die Beseitigung von Abfall, für den er verantwortlich ist, nicht entstehen können.

Ende der Entscheidung

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