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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.01.1999
Aktenzeichen: VII ZR 93/97
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 566 | |
BGB § 126 |
VII ZR 93/97
Verkündet am: 21. Januar 1999
Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
BGB §§ 566, 126
Die Schriftform des § 126 BGB erfordert keine körperliche Verbindung der Vertragsurkunde mit der ihr beigefügten Anlage, auf die in der Urkunde verwiesen wird, wenn sich die Einheit von Urkunde und Anlage aus der Verweisung sowie den Unterschriften der Vertragspartner auch auf jedem Blatt der Anlage zweifelsfrei ergibt (im Anschluß an BGH, Urteil vom 24. September 1997 - XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357).
BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 93/97 - OLG Köln LG Köln
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann und Dr. Wiebel
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Januar 1997 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der beklagten, in Großbritannien ansässigen Investmentgesellschaft Schadensersatz. Sie legt der Beklagten die fehlerhafte Gestaltung eines Mietvertrages und daraus folgende Mietausfälle zur Last.
Die Klägerin hat 1992 von der Beklagten einige zusammenhängende City-Grundstücke in K. für 126 Mio. DM erworben. Der als Kaufvertrag bezeichnete notarielle Vertrag vom 28. April 1992 sah die Übertragung des Grundstückskomplexes mit den "noch zu errichtenden bzw. umzubauenden Bauwerken" vor. Die Beklagte hat die Gebäude nach den Wünschen der Klägerin hergestellt. Einzelheiten des Ausbaus hat sie mit der Firma B. abgestimmt, welche mit der Beklagten am 4./6. März 1992 einen Mietvertrag über das vorgesehene Warenhaus abgeschlossen hatte. Die Klägerin hat das fertigbebaute Anwesen wie vereinbart in vermietetem Zustand übernommen. Beanstandungen werden insoweit nicht vorgebracht, vor allem auch nicht zur Bauausführung.
Die Mieterin war alsbald daran interessiert, sich von dem Mietvertrag vorzeitig zu lösen. Sie stellte sich auf den Standpunkt, nicht an die im Mietvertrag vorgesehene feste Mietdauer bis 2013 gebunden zu sein und kündigte zum Ende 1995. Die Klägerin hat diese Kündigung hingenommen. Sie hat das Anwesen erst nach einigen Monaten und auch dann nur für ein deutlich geringeres Entgelt vermieten können. Ein erster Teil der Differenz zu den Einnahmen aus dem gekündigten Mietvertrag wird eingeklagt.
Das Landgericht hat die Sache kaufrechtlich eingeordnet und die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das Oberlandesgericht ist von Werkvertragsrecht ausgegangen. Es hat unter Zurückweisung des weitergehenden Berufungsantrages dem Zahlungsantrag dem Grunde nach stattgegeben und außerdem festgestellt, die Beklagte habe für weitergehende Mietausfallschäden einzustehen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht führt aus, für die Verpflichtungen der Parteien sei Werkvertragsrecht maßgeblich. Der Umfang der Baumaßnahmen sei in weiten Bereichen einem Neubau gleichgekommen. Der Vertrag der Parteien weise wesentliche Züge eines Bauträgervertrages auf. Die werkvertraglichen Gewährleistungsregeln seien nicht auf bauliche Ausführungsmängel beschränkt, sondern würden auch für die wirtschaftlichen Betreuungspflichten der Beklagten gelten.
Die Beklagte hafte aus § 635 BGB. Sie habe ihre zur wirtschaftlichen Betreuung gehörenden Pflichten nicht erfüllt. Teil der "wirtschaftlichen Betreuung in ihrer Gesamtheit" sei die langfristige Sicherung des Mietertrages. Diese aus dem notariellen Vertrag vom 28. April 1992 geschuldete Leistung sei mit einem Mangel behaftet. Der Mietvertrag der Beklagten mit der Firma B. sei nicht, wie von den Parteien vorausgesetzt, bis Ende 2013 fest abgeschlossen worden, sondern vorher kündbar gewesen. Die Mieterin habe ohne Bindung an eine Vertragslaufzeit wirksam kündigen können, da die Schriftform nicht eingehalten worden sei. Im Vertragstext sei das Mietobjekt nicht ausreichend klar bezeichnet. Die Bauantragspläne vom 24. Mai 1991, aus denen sich die nötigen Einzelheiten ergäben, seien mit dem Vertragstext nicht fest verbunden worden. Dadurch fehle die erforderliche Einheit der Vertragsurkunde.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Es gelte die fünfjährige Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken. Die Gesamtleistung der Beklagten müsse einheitlich beurteilt und dürfe nicht in einen technischen und einen wirtschaftlichen Leistungsbereich zerlegt werden.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Auf der Grundlage der Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag nimmt das Berufungsgericht zu Recht die Zuständigkeit deutscher Gerichte und die Anwendbarkeit deutschen Rechts an.
2. Es ist im Ergebnis unschädlich, daß das Berufungsgericht nicht abschließend geklärt hat, welche Leistungspflichten genau die Beklagte übernommen hat. Ferner kann offenbleiben, wie der Vertrag der Parteien rechtlich einzuordnen ist und welche Verjährungsfrist gegebenenfalls maßgeblich wäre. Die Klägerin hat davon unabhängig keinen Schadensersatzanspruch, weil der vom Berufungsgericht beanstandete Mangel nicht besteht. Der von der Beklagten mit der Firma B. geschlossene Mietvertrag war nicht wegen fehlender Schriftform vorzeitig kündbar.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend von den §§ 566, 580 BGB aus, wonach die Schriftform eingehalten werden muß, wenn ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden soll. Wird die Form nicht eingehalten, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit zustande gekommen und ist dann für den Schluß des ersten Jahres oder später ordentlich kündbar (§ 566 Satz 2 BGB). Zur Schriftform gehört, daß die Urkunde von den Vertragsparteien eigenhändig unterzeichnet wird (§ 126 Abs. 1 und 2 BGB).
b) Der Mietvertrag zwischen der Beklagten und der Firma B. genügt diesen gesetzlichen Anforderungen. Der schriftliche Vertragstext ist eigenhändig unterschrieben. Außerdem ist jede Seite der mehrere Seiten umfassenden Urkunde abgezeichnet. Der Vertragstext verweist zur näheren Bestimmung des Mietobjektes auf die Bauantragspläne vom 24. Mai 1991. Jedes Blatt dieser als Anlage I bezeichneten Pläne ist seinerseits mit den vollen Unterschriften versehen. Zweifel über Inhalt und Reichweite des Mietvertrages sind dadurch ausgeschlossen.
c) Das Berufungsgericht verlangt zu Unrecht, daß darüber hinaus der Vertragstext mit den Bauantragsplänen fest hätte verbunden sein müssen, um erst dadurch eine der Schriftform genügende und das Mietobjekt ausreichend klar bezeichnende Urkunde zu bilden. Die feste Verbindung war zur Wahrung der Schriftform nicht nötig.
Das Berufungsgericht kann seine abweichende Auffassung nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen belegen im Gegenteil, daß eine feste Verbindung des Vertragstextes mit den Bauantragsplänen nicht verlangt werden darf.
Nach der Rechtsprechung zur Schriftform müssen mehrere Blätter einer Urkunde oder mehrere Urkunden, die zusammen einen langfristigen Mietvertrag ergeben sollen, fest zu einer Einheit verbunden sein. Dieses Erfordernis hat seinen Grund darin, daß Urkunden gewöhnlich nur am Ende unterschrieben werden und daß unmißverständlich feststehen muß, was alles genau zu der dergestalt unterschriebenen Erklärung gehört. Insbesondere bei Mietverträgen kommt hinzu, daß spätere Grundstückserwerber mit Hinblick auf § 571 BGB zuverlässig über Inhalt und Umfang bestehender Mietverträge unterrichtet sein müssen. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil, auf welches das Berufungsgericht sich hauptsächlich bezieht, entschieden, die Schriftform sei nur gewahrt, wenn ein schriftlicher und unterschriebener Mietvertrag, der auf weitere, jedoch nicht unterzeichnete Urkunden Bezug nimmt, mit jenen weiteren Urkunden fest verbunden ist (BGH Urteil vom 13. November 1963 - V ZR 8/62 = BGHZ 40, 255, 261). Diese Entscheidung trifft den Streitfall nicht, in dem alle zum Mietvertrag einschließlich seiner Anlage I gehörenden Blätter unterschrieben sind; sie läßt diese Fallgestaltung ausdrücklich offen (aaO S. 264).
Sind trotz fehlender fester Verbindung Unsicherheiten ausgeschlossen, so ist es nicht gerechtfertigt, stets an dem Erfordernis einer solchen Verbindung festzuhalten. In der weiteren, vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof dementsprechend bestätigt, daß die Schriftform für einen längerfristigen Mietvertrag auch dann gewahrt ist, wenn er in einer mit dem Vertrag nicht fest verbundenen, von beiden Vertragspartnern unterzeichneten Nachtragsurkunde, die auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt, geändert wird (BGH Urteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 129/90 = NJW 1992, 2283, 2284).
Der Bundesgerichtshof hat nach Erlaß des Berufungsurteils seine Rechtsprechung dahin weiterentwickelt, daß die für längerfristige Mietverträge erforderliche Schriftform keine körperliche Verbindung der einzelnen Blätter der Urkunde erfordert, wenn sich deren Einheit aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Numerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher grafischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt (BGH Urteil vom 24. September 1997 - XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357). Nichts anderes hat für einen Mietvertrag und seine Anlagen zu gelten. Auch hier ist eine feste Verbindung der verschiedenen Blätter zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich, wenn und soweit die Einheit der Vertragsurkunde aus anderen Gründen außer Zweifel steht. Diese Voraussetzung ist im Streitfall durch die eindeutige Verweisung sowie die Unterschriften auch auf den Bauantragsplänen gegeben.
III.
Die Revision führt zur Bestätigung der Klageabweisung durch das Landgericht, wenn auch aus anderen Gründen.
Ende der Entscheidung
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