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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: VIII ZB 50/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 238 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VIII ZB 50/07

vom 13. November 2007

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. April 2007 aufgehoben.

Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Beschwerdewert: 5.528,40 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Das Urteil des Amtsgerichts vom 22. Februar 2007 ist der Beklagten am 1. März 2007 zugestellt worden.

Die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. März 2007 eingelegte und zugleich begründete Berufung der Beklagten ist am 11. April 2007 beim Berufungsgericht eingegangen. Sie wurde zusammen mit einem handschriftlichen Schreiben vom 10. April 2007 in den Nachtbriefkasten des Landgerichts eingeworfen, in dem der Absender mitteilt, dass er das beigefügte Schriftstück nach seinem Urlaub zusammen mit anderer Post in seinem Briefkasten vorgefunden habe.

Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass das Rechtsmittel erst am 11. April 2007 eingegangen und deshalb nicht fristgemäß eingelegt worden sei, hat die Beklagte am 20. April 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beantragt. Zur Begründung hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten vorgetragen und anwaltlich versichert, dass der Berufungsschriftsatz nach dem in der Handakte befindlichen Ausgangsvermerk und dem geführten Ausgangsbuch am 21. März 2007 durch die dafür zuständige Sekretärin in den Briefkasten vor dem Bürogebäude am Martin-Luther-Platz eingeworfen worden sei; dieser Briefkasten werde täglich um 17.00 Uhr geleert.

Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Berufung nicht innerhalb der am 2. April 2007 endenden Frist eingegangen sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei unbegründet, weil die Beklagte nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Berufungsfrist verhindert gewesen sei. Die anwaltliche Versicherung ihrer Prozessbevollmächtigten könne nur den Freibeweis dafür erbringen, dass diese einen Ausgangsvermerk in der Akte gelesen habe. Diese Glaubhaftmachung sei allenfalls mit dem Beweiswert eines Zeugen vom Hörensagen vergleichbar. Im Übrigen sei auch nicht dargelegt, wie das Büro der Prozessbevollmächtigten der Beklagten organisiert sei, welche generellen und speziellen Anweisungen den Mitarbeitern für die Behandlung fristgebundener Post erteilt und wie diese ausgewählt und überwacht worden seien.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Das Berufungsgericht hat der Beklagten rechtsfehlerhaft Wiedereinsetzung versagt. Die Beklagte war ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Berufung verhindert (§ 233 ZPO).

Bereits aus dem vom Berufungsgericht offenbar übersehenen handschriftlichen Schreiben vom 10. April 2007 ergibt sich, dass es zu einer ungewöhnlichen, nicht der Beklagten anzulastenden Verzögerung auf dem Postweg gekommen ist. Denn der - richtig adressierte - Berufungsschriftsatz wurde augenscheinlich aufgrund eines Fehlers des Briefzustellers der Post in einen falschen Briefkasten eingeworfen, dessen Inhaber sich zu diesem Zeitpunkt im Urlaub befand und das Versehen deshalb erst nach seiner Rückkehr bemerkte. In dieses gewichtige Indiz fügt sich der anwaltlich versicherte Vortrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein, der Berufungsschriftsatz sei nach dem Postausgangsbuch und dem Ausgangsvermerk in der Akte bereits am 21. März 2007 (bzw., wie jetzt von der Beklagten richtig gestellt, am 20. März 2007) in den täglich geleerten Briefkasten vor der Kanzlei eingeworfen worden. Damit hat die Beklagte glaubhaft gemacht, dass die Berufungsschrift vom Büro ihrer Prozessbevollmächtigten so rechtzeitig abgesendet worden ist, dass nach den üblichen Postlaufzeiten der fristgerechte Eingang innerhalb der Berufungsfrist sichergestellt war. Der anschließende Fehler des Postzustellers ist der Beklagten nicht zuzurechnen.

Ende der Entscheidung

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