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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.10.2009
Aktenzeichen: VIII ZB 97/08
Rechtsgebiete: GG, ZPO


Vorschriften:

GG Art. 2
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 130
ZPO § 234
ZPO § 236 Abs. 2
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 1
Erteilt ein Rechtsanwalt einer bis dahin sorgfältig arbeitenden Büroangestellten die konkrete Einzelanweisung, einen von ihm unterzeichneten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vorab an das Berufungsgericht zu faxen, ist es ihm nicht als Organisationsverschulden anzurechnen, wenn die Angestellte dieser Weisung zwar nachkommt, dabei aber die zusätzlich bestehende, durch die Einzelanweisung nicht außer Kraft gesetzte allgemeine Anweisung missachtet, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den Sendebericht auf die gelungene Übermittlung des Schriftsatzes zu überprüfen.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 20. Oktober 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Ball,

die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel,

den Richter Dr. Schneider sowie

die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. November 2008 aufgehoben.

Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München vom 23. Juni 2008 gewährt.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.881,78 EUR

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung rückständiger Leasingraten, auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Rückgabe des geleasten Fahrzeugs und auf Ersatz von Abholungskosten in Höhe von insgesamt 8.178,70 EUR in Anspruch genommen. Das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts ist dem Beklagten am 1. Juli 2008 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist am 1. August 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen. Mit Schriftsatz vom 28. August 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um drei Wochen bis zum 22. September 2008 beantragt. Das Fristverlängerungsgesuch ist allerdings erst am 2. September 2008 per Telefax und als Einwurf- oder Postsendung am 3. September 2008 beim Oberlandesgericht eingegangen.

Der Vorsitzende des zuständigen Senats hat mit Verfügung vom 2. September 2008 die Frist zur Begründung der Berufung um drei Wochen verlängert. Auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 22. September 2008, per Telefax am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen, hat der Vorsitzende eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 30. September 2008 bewilligt. Die Berufungsbegründung des Beklagten ist am 30. September zum Oberlandesgericht gelangt.

Mit Verfügung vom 1. Oktober 2008 hat der Vorsitzende den Hinweis erteilt, der Antrag auf Verlängerung dieser Frist sei erst am 2. September und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist per Fax beim Oberlandesgericht eingegangen, weswegen die Fristverlängerungen ins Leere gingen und die Frist zur Berufungsbegründung versäumt sei. Daraufhin hat der Beklagtenvertreter den ursprünglichen Fristverlängerungsantrag wiederholt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und der Frist zur Stellung eines Verlängerungsantrags begehrt.

Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, eine seit über zwei Jahren in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige, äußerst sorgfältig und gründlich arbeitende Anwaltsgehilfin habe den Auftrag erhalten, das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 vorab an das Oberlandesgericht zu faxen. Sie habe den vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten und in der Unterschriftenmappe an sie zurückgeleiteten Schriftsatz am Abend des 1. September 2008 auf das Faxgerät gelegt. Zuvor habe sie sich im Fristenbuch vergewissert, dass eine Faxsendung an diesem Tag noch rechtzeitig gewesen sei. Wie sich im Nachhinein herausgestellt habe - das zerrissene Sendeprotokoll sei später im zum Schreddern vorgesehenen Altpapier aufgefunden worden -, habe die Mitarbeiterin den Schriftsatz am 1. September 2008 um 16.59 Uhr an die richtige Faxnummer gesendet. Sie habe aber wegen des anstehenden Dienstschlusses ausnahmsweise den Ausdruck des Sendejournals nicht abgewartet und daher nicht erkannt, dass die Faxsendung nicht erfolgreich übermittelt worden sei. Am darauf folgenden Tag sei der Schriftsatz ordnungsgemäß an das Oberlandesgericht gefaxt worden.

Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Dabei hat es ausgeführt, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Sorgfalt eines ordentlichen Anwalts eingehalten habe und der Fristverstoß ausschließlich auf ein - dem Beklagten nicht zuzurechnendes - Verschulden des Büropersonals zurückzuführen sei. Eine Glaubhaftmachung setze voraus, dass die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich seien. Hieran fehle es, wenn der Sachvortrag - wie hier - widersprüchlich und damit nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das Fristverlängerungsgesuch vom 28. August 2008 nicht bis zum Ablauf des 1. September 2008 übermittelt worden sei. Daher sei eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für ein fehlendes Verschulden des Beklagtenvertreters nicht vorhanden.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Der Beklagte macht in erster Linie geltend, die gewährte Fristverlängerung sei trotz ihrer Fehlerhaftigkeit wirksam, so dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt sei. Falls gleichwohl eine Fristversäumung bejaht werde, sei jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn die verspätete Übermittlung des Fristverlängerungsgesuchs beruhe ausschließlich auf einem - dem Beklagten nicht anzulastenden - Fehlverhalten der Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten. Das Oberlandesgericht habe unter Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Grundsätze auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf Einhaltung eines fairen Verfahrens davon abgesehen, den Beklagten auf eine erforderliche Ergänzung seines Vorbringens hinzuweisen. Die vom Gericht geäußerten Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Wahrscheinlichkeit des geschilderten Geschehensablaufs hätten - soweit überhaupt erheblich - durch einfache Erläuterungen ausgeräumt werden können. Da das Oberlandesgericht die gebotenen Hinweise unterlassen habe, könne der Beklagte ergänzende Angaben nachholen.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1.

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung ist unter Missachtung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ergangen und verletzt zudem den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Denn sie überspannt in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Senatsbeschluss vom 16. November 2004 - VIII ZB 32/04, NJW-RR 2005, 1006, unter III 2 m.w.N.).

2.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zwar hat der Beklagte die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Ihm ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne Verschulden daran gehindert war, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Nach dem glaubhaft gemachten und im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzten Vorbringen des Beklagten beruht das Fristversäumnis ausschließlich auf einem - weder dem Prozessbevollmächtigten noch der von ihm vertretenen Partei anzulastenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - Fehlverhalten der mit der Versendung des Fristverlängerungsantrags vom 28. August 2008 beauftragten Büroangestellten.

a)

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat der Beklagte die Frist zur Begründung seiner am 1. August 2008 eingelegten Berufung versäumt. Dem am 2. September 2008, also einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungfrist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO), eingegangenen Fristverlängerungsgesuch hätte der Vorsitzende des zuständigen Berufungssenats nicht stattgeben dürfen. Denn eine abgelaufene Frist kann - was letztlich auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - nicht verlängert werden. Die gleichwohl gewährte Fristverlängerung blieb damit - wie auch das Berufungsgericht nachträglich erkannt hat - ohne Wirkung. Dies hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1991 unter ausdrücklicher Aufgabe der von der Rechtsbeschwerde angeführten gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden (BGHZ 116, 377, 378 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. Januar 1996 - XII ZB 184/95, NJW-RR 1996, 513, unter II 2). Dem hat sich das Schrifttum überwiegend angeschlossen (Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdnr. 16a; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 520 Rdnr. 12; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rdnr. 15; a.A. MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 520 Rdnr. 19).

b)

Dem Beklagten ist aber auf sein rechtzeitig angebrachtes Gesuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Die Fristversäumung beruht nach den glaubhaft gemachten Angaben des Beklagten nicht auf einem - ihm zuzurechnenden - Eigenverschulden seines Prozessbevollmächtigten, sondern allein auf einer fehlerhaften Erledigung der dessen Büropersonal übertragenen Aufgaben.

aa)

Ein Rechtsanwalt hat zwar durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Er muss aber nicht jeden zur Fristwahrung erforderlichen Arbeitsschritt persönlich ausführen, sondern ist grundsätzlich befugt, einfachere Verrichtungen zur selbständigen Erledigung seinem geschulten Personal zu übertragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576, Tz. 15; vom 4. April 2007 - III ZB 109/06, NJW-RR 2007, 1429, Tz. 7; vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, unter 1; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes mittels eines Telefaxgerätes (BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, a.a.O.; vom 4. April 2007, a.a.O.; vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521, Tz. 12; vom 11. Februar 2003, a.a.O.; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007 - VIII ZB 107/06, [...], Tz. 4; jeweils m.w.N.).

bb)

Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten genügt. Er hat seiner seit zwei Jahren in seinem Büro tätigen Angestellten, die sich bis dahin als sorgfältig und zuverlässig erwiesen hatte, die konkrete Einzelanweisung erteilt, das ihr rechtzeitig zum 1. September 2008 in einer Unterschriftenmappe zugeleitete, vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch vorab per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Bei ordnungsgemäßer Befolgung dieser Weisung und bei Beachtung der - sie ergänzenden - allgemeinen Anweisungen über die bei Faxsendungen einzuhaltende Verfahrensweise wäre der rechtzeitige Eingang eines formgerechten Fristverlängerungsantrags (§ 130 Nr. 6 ZPO) beim Berufungsgericht gewährleistet gewesen. Der Beklagte hat im Rechtsbeschwerdeverfahren unter Bezugnahme auf die bereits dem Berufungsgericht vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten ergänzend vorgetragen, im Büro seines Prozessbevollmächtigten bestehe die allgemeine Anweisung, bei Faxsendungen - insbesondere bei fristgebundenen Schriftsätzen - den Versand des Schriftstücks abzuwarten und den Sendebericht auf die gelungene Übermittelung des Schriftsatzes (Aufdruck "OK") zu überprüfen. Damit hat er nach seinem glaubhaft gemachten Vorbringen ausreichende organisatorische Maßnahmen für eine rechtzeitige Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen getroffen.

cc)

Das Berufungsgericht hat gleichwohl ausreichenden Vortrag zu der Handhabung von Sendeprotokollen und zur Gewährleistung der Ausgangskontrolle vermisst. Es hat letztlich aus dem der Angestellten unterlaufenen Fehler und dem Umstand, dass der ursprüngliche Sendebericht zum Altpapier gelangt ist, den Schluss auf eine unzureichende Büroorganisation bei der Versendung von Telefaxen gezogen. Dem ist nicht zu folgen.

Zunächst hätte das Berufungsgericht seine Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch nicht auf die vom ihm beanstandete Lückenhaftigkeit des Beklagtenvorbringens stützen dürfen, ohne vorher auf bestehende Bedenken hinzuweisen und dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, Unklarheiten auch nach Ablauf der in § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO geregelten Frist auszuräumen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06, NJW 2007, 3212, Tz. 5, 8; vom 19. Juni 2006 - II ZB 25/05, NJW-RR 2006, 1501, Tz. 9, 13; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03, FamRZ 2004, 1552, unter [II 2] b, jeweils m.w.N.). Auf einen solchen Hinweis hätte der Beklagte dem Berufungsgericht - wie nun in der Rechtsbeschwerde geschehen - nachvollziehbar erläutern können, dass das Faxjournal vom 1. September 2008 deswegen in den Altpapierbehälter gelangt ist, weil sich die Anweisung, die Journale zu den Akten zu nehmen, nur auf Sendeberichte bezog, die eine erfolgreiche Übermittlung dokumentierten. Angesichts der klaren Weisung, die erfolgreiche Versendung eines Schriftstücks per Fax abzuwarten, besteht und bestand für den Beklagtenvertreter keine Veranlassung, auch Sendeprotokolle über fehlgeschlagene Sendungen aufzubewahren. Soweit das Berufungsgericht Vortrag des Beklagten dazu vermisst hat, wer und aus welchen Gründen die fehlgeschlagene Faxübermittlung erneut am Folgetag in die Wege geleitet hat, hat der Beklagte im Rechtsbeschwerdeverfahren ergänzend vorgetragen, eine seiner zwei weiteren Mitarbeiterinnen habe die Versendung erfolgreich vorgenommen. Dieses Vorbringen steht nicht in Widerspruch zu der eidesstattlichen Versicherung der ursprünglich mit der Angelegenheit betrauten Bürokraft. Diese hat lediglich erklärt, sich nach dem 1. September 2008 nicht mehr persönlich mit der Sache befasst zu haben.

Soweit das Berufungsgericht eine lückenlose Darlegung aller weiteren im konkreten Fall angefallenen Arbeitsschritte und ergriffenen Maßnahmen verlangt, überspannt es die Anforderungen an die Darlegung eines ordnungsgemäßen Bürobetriebs. Es ist unerheblich, wann der Kanzleikraft das vom Beklagtenvertreter unterzeichnete Schriftstück zugegangen ist. Der Beklagtenvertreter war auch nicht gehalten, die Bürokraft anzuweisen, den Schriftsatz sofort nach Erhalt an das Gericht zu faxen. Laufende Fristen dürfen grundsätzlich ausgeschöpft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, [...], unter 2). Auch sonstige Maßnahmen waren vom Beklagtenvertreter nicht zu fordern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die mit der Erledigung der Aufgabe betraute Angestellte bereits in der Vergangenheit die Versendung fristgebundener Schriftstücke bis kurz vor Dienstschluss zurückstellte und die übertragene Aufgabe dann aus Zeitgründen nicht mehr ordnungsgemäß ausführte. Ob der Beklagtenvertreter seiner Angestellten die Anweisung erteilt hat, sich zu vergewissern, dass das Fristverlängerungsgesuch unterzeichnet war, ist im Streitfall ohne Bedeutung. Denn das Schriftstück war nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten ordnungsgemäß unterschrieben. Unerheblich ist schließlich auch, ob und welche Anweisung über die Notierung erledigter Fristen bestand. Die Fristversäumung beruhte ausschließlich auf anderen Gründen.

dd)

Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten kann auch nicht angelastet werden, dass er die Ausführung der ausgegebenen Anweisungen nicht überwacht hat. Die seiner Mitarbeiterin erteilte Anweisung, das unterzeichnete Fristverlängerungsgesuch - aus Gründen der Fristwahrung - per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln, hatte - ebenso wie die daneben bestehende grundsätzliche Weisung, den Sendebericht abzuwarten und darauf zu überprüfen, ob die Übermittlung erfolgreich durchgeführt wurde - einfache Aufgaben zum Gegenstand. Bei solchen Tätigkeiten darf ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen, eine ansonsten zuverlässig und sorgfältig arbeitende Bürokraft werde sie fehlerfrei erledigen (Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007, a.a.O.; BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2007, a.a.O.; vom 4. April 2007, a.a.O.; vom 11. Februar 2003, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Ihn trifft keine Verpflichtung, sich anschließend zu vergewissern, ob die Weisung ordnungsgemäß ausgeführt wurde (Senatsbeschluss vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02, FamRZ 2003, 1650; BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08, NJW 2009, 296, Tz. 10; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03, NJW-RR 2004, 711, unter II; jeweils m.w.N.). Dies gilt in gleicher Weise für allgemeine Weisungen und für konkrete Anweisungen im Einzelfall (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003, a.a.O., m.w.N.; vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98, VersR 1999, 1170, unter [II] 2 b bb; jeweils m.w.N.). Dass der Beklagtenvertreter am Tag des Fristablaufs aufgrund eines auswärtigen Gerichtstermins daran gehindert war, die Ausführung der seiner Kanzleimitarbeiterin übertragenen Aufgabe zu überwachen, begründet damit kein eigenes Verschulden des Anwalts.

ee)

Der verspätete Zugang des Fristverlängerungsgesuchs beruht damit ausschließlich auf einem dem Beklagten nicht zuzurechnenden Fehlverhalten der Büroangestellten seines Prozessbevollmächtigten. Dem Beklagten ist auch nicht als Verschulden anzulasten, dass sein Prozessvertreter von der Möglichkeit einer Fristverlängerung Gebrauch gemacht hat. Denn dieser durfte darauf vertrauen, dass den - unter Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gestellten und nicht von der Zustimmung des Gegners abhängigen - Verlängerungsanträgen stattgegeben wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. März 2009, VIII ZB 55/06, NJW-RR 2009, 933, Tz. 12; vom 11. September 2007 - VIII ZB 73/05, [...], Tz. 7; BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2006 - VI ZB 14/06, [...], Tz. 6; vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742, unter 2; jeweils m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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