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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: VIII ZR 105/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 242 | |
BGB § 556 Abs. 3 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 13. September 2006
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 3. März 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten waren Mieter einer - nicht preisgebundenen - Wohnung der Kläger in W. . Im Mietvertrag ist vereinbart, dass die Beklagten unter anderem für die Kosten der Heizungs- und Warmwasserversorgung sowie des Wasserverbrauchs Vorauszahlungen zu leisten haben. Das Mietverhältnis endete am 31. August 2002. Die den Beklagten übermittelte Abrechnung vom 9. Dezember 2002 über die Heiz- und Warmwasserkosten sowie über "Hausnebenkosten" (Kalt- und Abwasser) für das Jahr 2001 ergab eine Nachforderung der Kläger in Höhe von 1.115,95 €. Mit Schreiben vom 20. Februar 2003 bat der Mieterverein W. e.V. im Auftrag der Beklagten um Übersendung von Kopien verschiedener Abrechnungsunterlagen gegen Kostenerstattung und machte für die Beklagten bis dahin ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Nachforderung geltend. Die Kläger lehnten die Übersendung von Kopien ab, boten aber den Beklagten die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in H. oder in W. an. Die Beklagten gingen darauf nicht ein.
Die Kläger verrechneten einen Teilbetrag von 693,15 € aus dem Kautionsguthaben der Beklagten mit der von ihnen geltend gemachten Nachforderung und haben mit ihrer Klage Zahlung des danach noch offenen Restbetrags von 422,80 € nebst Zinsen verlangt. Die Beklagten haben von den Klägern im Wege der Widerklage die Auszahlung ihres gesamten Kautionsguthabens in Höhe von 929,64 € nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage - bis auf einen Teil der Zinsforderung - stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Klagebegehren sowie ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Kläger hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen auf die seiner Auffassung nach zutreffende Entscheidung des Amtsgerichts Bezug genommen, wonach die geltend gemachte Nachforderung der Kläger aus der Heizkosten- und Wasserabrechnung für das Jahr 2001 nicht fällig sei, weil der Fälligkeit der Anspruch der Beklagten auf Überlassung von Belegkopien zur Abrechnung vom 9. Dezember 2002 entgegenstehe; das Angebot der Kläger auf Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen am Ort der Verwaltung in H. oder am Ort der Mietwohnung in W. sei demgegenüber nicht ausreichend. Die Widerklage auf Rückzahlung des Kautionsguthabens sei begründet. Eine weitere Zurückhaltung der Kaution seitens der Kläger sei nicht mehr gerechtfertigt, nachdem es die Kläger durch die verweigerte Übersendung von Belegkopien vereitelt hätten, dass die Berechtigung ihrer Nachforderung in angemessener Zeit habe geklärt werden können.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder den Klägern ein Anspruch auf Zahlung restlicher 422,80 € aus der Betriebskostenabrechnung vom 9. Dezember 2002 (§ 556 Abs. 3 BGB) versagt werden noch den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung ihres Kautionsguthabens in Höhe des von den Klägern mit der Betriebskostennachforderung verrechneten Teilbetrages von 693,15 € zugebilligt werden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es der Nachforderung der Kläger aus der Abrechnung vom 9. Dezember 2002 nicht deshalb an der Fälligkeit, weil die Kläger dem Verlangen der Beklagten nach Übersendung von Kopien der Abrechnungsbelege nicht nachgekommen sind. Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, hat der Mieter preisfreien Wohnraums grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung (Urteil vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419, unter II A 1 a bb). Dem berechtigten Interesse des Mieters an einer Überprüfung der Abrechnung wird vielmehr im Regelfall bereits dadurch Rechnung getragen, dass der Mieter vom Vermieter Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verlangen und sich hierbei, soweit erforderlich, fachkundiger Hilfe bedienen kann; ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien von Rechnungsbelegen kommt deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn dem Mieter die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann (Senatsurteil vom 8. März 2006, aaO unter II A 1 a bb (2) (b)). Dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt und den Beklagten die - unter anderem am Ort der Mietwohnung in W. angebotene - Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen nicht zumutbar wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
III.
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit in den Vorinstanzen die Klage mangels Fälligkeit abgewiesen und der auf Auszahlung des Kautionsguthabens gerichteten Widerklage in Höhe des Teilbetrages von 693,15 €, den die Kläger mit der ihnen möglicherweise zustehenden Betriebskostennachforderung von 1.115,95 € verrechnet haben, stattgegeben worden ist. Insoweit ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, weil es dazu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Zuge der neuerlichen Verhandlung und Entscheidung wird ferner zu klären sein, ob die Beklagten den nach Verrechnung des Teilbetrages von 693,15 € verbleibenden Restbetrag ihres Kautionsguthabens, das sich - auch nach der Berechnung der Kläger - auf 929,64 € beläuft, in Höhe von 236,49 € noch beanspruchen können oder ob dieser Differenzbetrag, wie aus dem von den Klägern vorgelegten Konto-Auszug vom 16. April 2003 (Anlage K 2, GA 33) ersichtlich, bereits anderweit mit Forderungen der Kläger verrechnet worden ist.
Ende der Entscheidung
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