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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.04.1998
Aktenzeichen: VIII ZR 129/97
Rechtsgebiete: DDR/KomVerf, BrbgLKreisO, BGB
Vorschriften:
DDR/KomVerf § 84 | |
DDR/KomVerf § 85 | |
DDR/KomVerf § 91 | |
BrbgLKreisO § 56 | |
BGB § 326 Da |
a) Nach der DDR-Kommunalverfassung waren rechtsgeschäftliche Erklärungen, die der Landrat als Vertreter des Landkreises abgab, regelmäßig auch dann für den Landkreis verbindlich, wenn entsprechende Beschlüsse des Kreistages nicht vorlagen (im Anschluß an BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - VII ZR 155/96 -).
b) Die Auslegung des § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung ist nicht revisibel. Auch der Umstand, daß Gesetze anderer Bundesländer vergleichbare Vorschriften enthalten, vermag eine Nachprüfbarkeit nicht zu begründen (im Anschluß an BGHZ 118, 295).
c) Die Nachfristsetzung gem. § 326 Abs. 1 BGB durch einen Nichtberechtigten kann nach Fristablauf nicht in nach § 184 BGB rückwirkender Weise genehmigt werden (im Anschluß an BGHZ 114, 361).
BGH, Urteil vom 15. April 1998 - VIII ZR 129/97 - Brandenburgisches Oberlandesgericht LG Potsdam
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 15. April 1998
Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 1998 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball und Dr. Leimert
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 11. März 1997 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Gesellschafter der H. mbH, die am 22. Juni 1993 ins Handelsregister des Amtsgerichts P. eingetragen wurde. Die H. mbH ist durch Ausgliederung aus dem ehemaligen Treuhandunternehmen K. R. GmbH, dem Nachfolger des VEB K. R. , hervorgegangen. Der VEB K. R. betrieb Güterverkehr und Personenverkehr im Kreise R. . Als Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs ging die K. R. nach Art. 21 Abs. 2 des Einigungsvertrages als Verwaltungsvermögen auf den damaligen Landkreis R. , den Rechtsvorgänger des Klägers, über. Der Beklagte erwarb von der Treuhandanstalt die mehrheitlichen Gesellschaftsanteile an der K. R. GmbH zum 1. November 1991.
Am 2. Dezember 1991 beschloß der Kreistag R. die Privatisierung des Öffentlichen Personennahverkehrs im Landkreis. Zur Umsetzung dieses Beschlusses gründete die K. R. GmbH am 8. April 1992 die H. mbH und brachte das zum Betrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs gehörende Vermögen in diese Gesellschaft ein. Danach schrieb der damalige Landkreis R. zum Zwecke der angestrebten Teilprivatisierung einen 80 %igen Geschäftsanteil an der H. mbH aus. Auf die wiederholte Ausschreibung gingen mehrere Angebote ein, darunter das des Beklagten. Der damalige Landrat des Landkreises R. , D. Do. , traf zusammen mit einer Verwaltungskommission ohne nochmalige Befassung des Kreistages die abschließende Auswahlentscheidung zugunsten des Beklagten.
Am 11. Dezember 1992 wurde ein notarieller Kauf- und Abtretungsvertrag über die 80 %ige Beteiligung des Beklagten an der H. mbH geschlossen. Vertragspartner waren der damalige Landkreis R. , vertreten durch einen Mitarbeiter der Verwaltung, als Verkäufer und der Beklagte als Käufer. In dem Vertrag heißt es unter anderem:
"§ 3 Verkauf
Der Verkäufer verkauft sodann mit Wirkung zum 01. Januar 1993 seinen zukünftigen Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 40.000 DM an den Käufer und tritt diesen Anteil an den Käufer ab. Der Käufer nimmt den Verkauf und die Abtretung dieses Anteils an.
Die Abtretung des zukünftigen Teilgeschäftsanteils wird erst wirksam, wenn die H. mbH im Handelsregister eingetragen ist."
"§ 4 Kaufpreis
Der Kaufpreis für den im § 3 genannten Anteil beträgt vorläufig
776.000,-DM ...
Der Kaufpreis ist fällig und unverzüglich zahlbar, wenn die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen und die vorliegende Abtretung damit wirksam geworden ist.
Die vorläufige Kaufpreisberechnung beruht auf dem Gutachten der U. Beratungsgesellschaft mbH & Co. in Ha. vom 01. Oktober 1992 zur Bewertung des Unternehmenswertes der Gesellschaft. Der vorläufige Unternehmenswert per 31. August 1992 beträgt 970.000,-DM basierend auf der vorläufigen Bilanz zum 31. Dezember 1991.
Den Vertragsparteien ist das vorgenannte Gutachten bekannt. Sie erklären ausdrücklich, daß sie das Gutachten grundsätzlich anerkennen. Die Beratungsgesellschaft soll in einem Anschlußgutachten nach Vorliegen der endgültigen Buchhaltungs- und Bilanzwerte den endgültigen Unternehmenswert der Gesellschaft per 31. Dezember 1992 bewerten. Die Vertragsparteien erklären schon jetzt, daß sie diese Bewertung anerkennen werden. Der ordentliche Rechtsweg wird durch diese Vereinbarung jedoch nicht ausgeschlossen."
Anfang Januar 1994 bewertete die Beratungsgesellschaft U. gemäß § 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages das Unternehmen zum 31. Dezember 1992, woraus sich ein Kaufpreis von 722.160 DM errechnete.
Der Beklagte zahlte am 10. Januar 1994 einen Teilbetrag von 150.000 DM. Mit Schreiben vom 21. Februar 1994 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung der noch ausstehenden 572.160 DM bis 15. März 1994 auf. Der nunmehrige Landrat des Landkreises H. , Dr. B. S. , setzte dem Beklagten zur Begleichung des Restkaufpreises mit einem von ihm persönlich gezeichneten Schreiben vom 25. Januar 1995 eine letzte Frist bis zum 10. Februar 1995 und drohte darin die endgültige Ablehnung der Leistung nach erfolglosem Fristablauf an. Auch daraufhin leistete der Beklagte keine Zahlung.
Am 20. Februar 1995 beschloß der Kreistag des Klägers, es abzulehnen, die Auswahl- und Vergabeentscheidung, die der damalige Landrat D. Do. des Rechtsvorgängers des Klägers herbeigeführt hatte, sowie den beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11. Dezember 1992 zu genehmigen. Der Beklagte wurde zugleich aufgefordert, die Unwirksamkeit der Abtretung vom 11. Dezember 1992 anzuerkennen.
Am 22. Februar 1995 ging beim Kläger ein Scheck des Beklagten in Höhe des Restkaufpreises von 572.160 DM ein. Dieser Scheck wurde dem Konto des Beklagten am 28. Februar 1995 belastet. Der Kläger veranlaßte eine Rücküberweisung, die mit Buchungstag vom 6. März 1995 erfolgte.
Der Kläger hat in erster Instanz die Nichtigkeit des notariellen Kauf- und Abtretungsvertrages geltend gemacht und hilfsweise die Rückabwicklung des Vertrages nach § 326 BGB verlangt. Das Landgericht hat dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten auf den ursprünglichen Hilfsantrag zur Rückabtretung der Geschäftsanteile Zug um Zug gegen Zahlung von 129.338,67 DM verurteilt, nachdem der Kläger den Hauptantrag zurückgenommen hat. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Rückabtretung der Geschäftsanteile gemäß §§ 326 Abs. 1 Satz 2, 346, 348 BGB.
Der am 11. Dezember 1992 zwischen den Parteien geschlossene Kauf- und Abtretungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Kommunalverfassung der DDR vom 17. Mai 1990 (GBl.-DDR 1990, 255) sei der Landrat als gesetzlicher Vertreter des Landkreises zu dessen rechtsgeschäftlicher Vertretung befugt gewesen. Auch wenn es sich bei der Übertragung der Geschäftsanteile um ein Rechtsgeschäft gehandelt habe, für das - weil jedenfalls nicht Geschäft der laufenden Verwaltung - ausschließlich der Kreistag zuständig gewesen sei, und eine Entscheidung des Kreistages nicht vorgelegen haben sollte, habe der wirksamen Vertretung des Landkreises durch den Landrat im Außenverhältnis nichts entgegengestanden. Den Kompetenznormen des Kommunalrechts seien ein Regelungsgehalt nur für die Geschäftsführungsbefugnis des vertretungsberechtigten Organs und damit für dessen Innenverhältnis zur öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaft beizumessen. Dies entspreche dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung sowie dem Bedürfnis der Rechtssicherheit.
Der Kläger habe nach ordnungsgemäßer Nachfristsetzung bis zum 10. Februar 1995 mit der gleichzeitigen Androhung, nach deren ergebnislosem Verstreichen eine eventuelle Leistung des Beklagten nicht mehr anzunehmen, in der Folgezeit wirksam von seinem Rücktrittsrecht gemäß §§ 326 Abs. 1 Satz 1, 325 Abs. 1 Satz 2, 346 ff BGB Gebrauch gemacht.
Die Voraussetzungen für die Geltendmachung des aus § 326 Abs. 1 BGB folgenden Rücktrittsrechts, nämlich Verzug des Beklagten mit einer Hauptleistungspflicht, eigene Vertragstreue, wirksame Setzung einer angemessenen Nachfrist mit Ablehnungsandrohung und Versäumung dieser Frist, lägen vor.
Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung durch den Landrat sei wirksam. Sie stelle zwar ein einseitiges Rechtsgeschäft bzw. eine geschäftsähnliche Handlung dar, der nach fruchtlosem Fristablauf Gestaltungswirkung zukomme, und bedürfe deshalb der Schriftform des § 56 Abs. 2 Brandenburgische Landkreisordnung vom 15. Oktober 1993 (GVBl. I S. 433), die am 5. Dezember 1993 in Kraft getreten sei, und hätte nach dieser Vorschrift auch vom Landrat und dem Vorsitzenden des Kreistages unterzeichnet werden müssen, da es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung gehandelt habe. Da der Beklagte aber die Ermächtigung des Landrats zur Nachfristsetzung nicht beanstandet und der Kreistag dessen Handlung am 20. Februar genehmigt habe, sei die Nachfristsetzung nach § 180 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 177 BGB aufgrund § 184 BGB rückwirkend voll wirksam.
Die Hingabe und Einlösung des Schecks über den Restkaufpreis bewirke weder ein Wiederaufleben des alten Vertrages, noch könne darin ein Neuabschluß des Anteilübertragungsvertrages gesehen werden. Die Hingabe des Schecks habe lediglich ein konkludentes Angebot des Beklagten auf Neuabschluß des ursprünglichen Vertrages vom 11. Dezember 1992 dargestellt. Da der Beklagte aber gewußt habe, daß der Kreistag endgültig die Veräußerung der Geschäftsanteile habe rückgängig machen wollen, habe er die Scheckeinreichung nicht als konkludente Annahme eines erneuten Vertragsangebotes werten können.
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten derzeit keinen Anspruch auf Rückabtretung der Geschäftsanteile gemäß §§ 326 Abs. 1 Satz 2, 346, 348 BGB.
1. Das Berufungsgericht geht, von der Revision insoweit nicht beanstandet, zu Recht davon aus, daß der zwischen den Parteien am 11. Dezember 1992 geschlossene notarielle Vertrag wirksam zustande gekommen ist, weil der damalige Landrat Do. als gesetzlicher Vertreter des Landkreises gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Kommunalverfassung der DDR vom 17. Mai 1990 (GBl.-DDR 1990, 255 f) zu dessen rechtsgeschäftlicher Vertretung befugt gewesen ist. Obwohl es sich bei der Übertragung der Geschäftsanteile um ein Rechtsgeschäft handelte, für das - weil jedenfalls nicht Geschäft der laufenden Verwaltung - ausschließlich der Kreistag zuständig war, steht es der wirksamen Vertretung des Landkreises durch den Landrat im Außenverhältnis nicht entgegen, daß eine Entscheidung des Kreistages möglicherweise nicht vorgelegen hat.
a) Für den notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11. Dezember 1992 war der Kreistag ausschließlich zuständig. Nach § 85 Abs. 3 lit. i. der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 entscheidet der Kreistag ausschließlich über den Erwerb von Vermögensgegenständen und die Verfügung über Vermögen des Landkreises, soweit es sich nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt, die der Landrat gemäß § 91 Abs. 4 Satz 1 der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 in eigener Zuständigkeit erledigt. Geschäfte der laufenden Verwaltung sind die regelmäßig wiederkehrenden und für den Landkreis weniger bedeutsamen Geschäfte (BGH, Urteil vom 16. November 1978 - III ZR 81/77 = NJW 1980, 117 unter I 2). Daß es um solche Geschäfte hier nicht ging, ist außer Streit.
b) Daß eine Entscheidung des Kreistages nicht vorgelegen hat, hat das Berufungsgericht zwar nicht festgestellt, kann aber dahinstehen, da das Fehlen der Mitwirkung des beschließenden Organs nicht auch die Vertretungsmacht des zur Außenvertretung berufenen Organs, sondern nur dessen von der Außenvertretung zu trennende interne Pflichtenbindung berührt (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1966 - V ZR 50/65 = MDR 1966, 669 für Baden-Württemberg; BGH, Urteil vom 16. November 1978, aaO, unter I 3 b für Rheinland-Pfalz).
Der damalige Landrat des Landkreises H. , des Rechtsvorgängers des Klägers, konnte nach der seinerzeit geltenden Rechtslage aufgrund seiner allgemeinen Vertretungsmacht gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 der Kommunalverfassung der DDR vom 17. Mai 1990, wonach er der "gesetzliche Vertreter" des Landkreises war, den Landkreis durch seine Erklärungen auch dann verpflichten, wenn er dabei ohne einen Beschluß des Kreistages, der sein Vorgehen deckt, handelte. Als Organ des Landkreises gemäß § 84 der Kommunalverfassung vertrat der Landrat den Landkreis unmittelbar.
Zu der Stellung des Landrats nach der Vorschrift des § 37 Baden- Württembergische Landkreisordnung hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (NJW 1986, 2271, 2272), daß dem Landrat damit für den Bereich des privaten Rechtsverkehrs die umfassende und alleinige Vertretungsmacht eingeräumt wird. Es hat ausgeführt, für das Kommunalrecht Baden-Württembergs wie aller anderen Bundesländer, von der Sonderregelung der Bayerischen Gemeindeordnung abgesehen, sei mit der herrschenden Meinung anzunehmen, daß das Fehlen der Mitwirkung des beschließenden Organs nicht auch die Vertretungsmacht des zur Außenvertretung berufenen Organs, sondern nur dessen von der Außenvertretung zu trennende interne Pflichtenbindung berühre. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach baden-württembergischen Gemeinderecht und nach der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung 1964 (Urteile vom 20. April 1966 - V ZR 50/65 = WM 1966, 642 und vom 16. November 1978 - III ZR 81/77, aaO unter I 3 b). Den Entscheidungen liegt der Rechtsstandpunkt zugrunde, daß im Kommunalrecht strikt zwischen interner Willensbildung und externer Vertretungsbefugnis zu unterscheiden ist (vgl. Schmidt/Aßmann in Badura u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl., Rdnr. 78 m.w.Nachw.). An diesem Grundsatz hat der Bundesgerichtshof für den Anwendungsbereich der - inzwischen außer Kraft getretenen - DDR-Kommunalverfassung festgehalten. Er hat zu der Vertretungsmacht des Bürgermeisters entschieden, daß dessen rechtsgeschäftliche Erklärungen als Vertreter der Gemeinde regelmäßig auch dann für die Gemeinde verbindlich waren, wenn sie der internen gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Gemeindevertretung und Bürgermeister oder der innergemeindlichen Willensbildung widersprachen (BGH, Urteil vom 17. April 1997 - III ZR 98/96 = WM 1997, 2410; ebenso: Urteile vom 4. November 1997 - VI ZR 348/96 = NJW 1998, 377 und vom 18. Dezember 1997 - VII ZR 155/96 -). Diese Grundsätze gelten auch für die Stellung des Landrats als des gesetzlichen Vertreters des Landkreises (vgl. auch Hirte/Hasselbach, Anmerkung zum Urteil des Oberlandesgerichts Rostock vom 7. Dezember 1994, OLG-NL 1995, 217 f; dieselben, Unerwartete Risiken bei Verträgen mit Gemeinden in den neuen Ländern, DB 1996, 1611, 1612). Daß seinerzeit noch eine gesetzliche Vorschrift über die Wahrung bestimmter Förmlichkeiten bei Verpflichtungserklärungen der Gemeinden zu deren Schutze - wie § 56 Abs. 2 der ab 5. Dezember 1993 geltenden Brandenburgischen Landkreisordnung - fehlte, kann nicht zu einer Gesetzesauslegung führen, die die gesetzliche Vertretungsmacht des Landrats zu Lasten der Sicherheit des Rechtsverkehrs generell begrenzt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1997, aaO unter 2 b).
2. Erfolgreich rügt aber die Revision die Annahme des Berufungsgerichts, der Landrat des Landkreises H. , Dr . B . S . , habe mit Schreiben vom 25 . Januar 1995 wirksam eine Nachfrist bis zum 10. Februar 1995 gesetzt und dadurch diese Voraussetzung des § 326 Abs. 1 BGB erfüllt.
a) Zutreffend hält das Berufungsgericht die Nachfristsetzung für eine geschäftsähnliche Handlung, der jedenfalls nach fruchtlosem Fristablauf Gestaltungswirkung zukommt, weil dann die beiderseitigen Erfüllungsansprüche erlöschen (vgl. Senat, BGHZ 114, 360, 366). Ob die Nachfristsetzung gemäß § 326 Abs. 1 BGB auch eine Verpflichtungserklärung im Sinne des § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung ist, wie das Berufungsgericht meint, und deshalb, soweit es sich dabei nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelte, der Schriftform bedurft hätte, mag fraglich sein (vgl. zur vergleichbaren Regelung in § 58 Abs. 2 der Niedersächsischen Landkreisordnung in der Fassung vom 22. August 1996 - Nds. GVBl. S. 365 -: Engel-Fey, Niedersächsische Landkreisordnung, Kommentar, § 58 Rdnr. 12 f; vgl. auch Schlempp, Kommentar zur Hessischen Gemeindeordnung, § 71 Anm. VI 1 und 2, S. 363 ff). Die Auslegung des § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung durch das Berufungsgericht, wonach die Nachfristsetzung dieser Vorschrift unterfällt und daher vom Landrat und dem Vorsitzenden des Kreistages zu unterzeichnen gewesen wäre, hat das Revisionsgericht aber hinzunehmen. Die Brandenburgische Landkreisordnung ist nicht revisibel, da sie nur im Bezirk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gilt (§ 549 Abs. 1 ZPO). Auch der Umstand, daß Gesetze anderer Bundesländer § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung vergleichbare Vorschriften enthalten (vgl. z.B. § 45 Abs. 2 der Hessischen Landkreisordnung in der ab 1. April 1993 geltenden Fassung - GVBl. 1992 I. S. 569 -, § 58 Abs. 2 der Niedersächsischen Landkreisordnung in der Fassung vom 22. August 1996 - Nds. GVBl. S. 365 -, § 43 Abs. 1 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 - GVNW 1994, S. 646 -), vermag eine Nachprüfbarkeit der Bestimmung des § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung nicht zu begründen. Die Übereinstimmung müßte bewußt und gewollt zum Zwecke der Vereinheitlichung herbeigeführt worden sein (vgl. BGHZ 118, 295, 298 m.w.Nachw.). Dies ist nicht der Fall. Eine nur tatsächliche Übereinstimmung der in mehreren Bezirken geltenden Gesetze genügt hingegen nicht, um die nach § 549 ZPO erforderliche Identität der Rechtsnorm herzustellen (vgl. BGHZ 118, 298), selbst wenn der Landesgesetzgeber aus der Gesetzgebung eines anderen Landes Rechtssätze oder Rechtsgedanken übernommen hat, wie dies in den neuen Bundesländern häufig geschehen ist.
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht die Nachfristsetzung zu Recht nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne des § 56 Abs. 3 der Brandenburgischen Landkreisordnung gewertet. Eine Erklärung, die bei ergebnislosem Fristablauf den Kaufpreisanspruch des Landkreises in Höhe von 722.160 DM für einen Geschäftsanteil zum Erlöschen bringt, ist nicht als alltägliches und weniger bedeutsames Geschäft des Landkreises anzusehen.
Das Berufungsgericht verkennt aber, daß die Nichtbeachtung der durch § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung für Verpflichtungserklärungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten im gegebenen Fall zur endgültigen Unwirksamkeit der Nachfristsetzung führte. Bei den Formvorschriften der Gemeinde- und Landkreisordnungen geht es um die Frage, ob das zur Vertretung berufene Organ innerhalb seiner Vertretungsmacht gehandelt hat und die Willenserklärung für die öffentlich-rechtliche Körperschaft - hier den Landkreis - verbindlich ist (vgl. BGHZ 32, 375, 380; BGH, Urteil vom 16. November 1978, aaO unter I 3 b; BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - VII ZR 174/92 = NJW 1994, 1528). Die von dem seinerzeit nichtberechtigt Handelnden, dem Landrat, erklärte Nachfristsetzung konnte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch den Beschluß des Kreistages vom 20. Februar 1995 in nach § 184 BGB rückwirkender Weise genehmigt werden, nachdem die Nachfrist bereits am 10. Februar 1995 verstrichen war. Wie dargetan, wäre der Nachfristsetzung nach fruchtlosem Fristablauf Gestaltungswirkung zugekommen, weil dann die beiderseitigen Erfüllungsansprüche erloschen wären. Für die Nachfristsetzung gilt daher nichts anderes als für einseitige Gestaltungserklärungen im engeren Sinne, bei denen im Interesse der Rechtsklarheit eine Rückwirkung nach §§ 185 Abs. 2, 184 Abs. 1 BGB entfällt (Senat, BGHZ 114, 361, 366 vgl. auch BGHZ 32, 375, 382, 383).
c) Die Berücksichtigung des dargelegten Mangels verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar ist der das ganze Rechtsleben beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben auch bei der Nichtbeachtung einer Vorschrift wie § 56 Abs. 2 Brandenburgische Landkreisordnung in ähnlicher Weise wie bei einer eigentlichen Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1978, aaO S. 118 zu der vergleichbaren Regelung in § 56 Abs. 1 der Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 1954 - GVBl. S. 117 - in der damals geltenden Fassung des Landesgesetzes vom 25. September 1964 - GVBl. S. 145 - m.w.Nachw.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf aber eine aus der Verletzung gesetzlicher Formvorschriften. folgende Nichtigkeit eines Vertrages im Interesse der Rechtssicherheit in aller Regel nicht aus Billigkeitserwägungen außer acht gelassen werden. Es reicht nicht aus, daß die Nichtigkeit den einen Vertragsteil hart trifft; sie muß vielmehr für ihn zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1978, aaO unter II 1). Das Vorliegen derartiger Voraussetzungen wird im Streitfall von den Parteien nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, im Falle der Nichteinhaltung bloßer Förmlichkeiten des Gemeinderechts - etwa bei Fehlen des Dienstsiegels - bei einem sonst vertretungsbefugten Handeln des Gemeindeorgans sei es dem Geschäftspartner der Körperschaft wegen des einseitig internen Schutzzweckes solcher formaler Bestimmungen regelmäßig verwehrt, sich gegen den Willen der Körperschaft auf die Unwirksamkeit des Geschäfts zu berufen, wenn die vorgesehenen Förmlichkeiten nicht beachtet worden seien (so Förschler, in: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 125 Rdnr. 17 a.E.). Ob dem zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben (offengelassen: BGH, Urteil vom 4. Dezember 1981 - V ZR 241/80 = NJW 1982, 1036 unter II 2 a.E.). Nach der das Revisionsgericht bindenden Auslegung der Brandenburgischen Landkreisordnung durch das Berufungsgericht fehlte es bereits an einer Ermächtigung des Landrats zur Nachfristsetzung, da der Vorsitzende des Kreistages hätte mitwirken müssen.
d) Auf die Rüge der Revision, der Anspruch des Klägers gemäß § 326 Abs. 1 BGB entfalle schon deshalb, weil der Beklagte sich mit der Leistung nicht in Verzug befunden habe, kommt es im Hinblick auf die unwirksame Nachfristsetzung in dem Schreiben vom 25. Januar 1995 nicht mehr an. Insoweit ist allerdings die Auslegung des Vertrages vom 11. Dezember 1992 durch das Berufungsgericht dahingehend, daß gemäß § 4 dieses Vertrages die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister die einzige Voraussetzung für die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung sei, naheliegend. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen der im Februar 1995 noch nicht erfolgten Grundstücksübertragung auf die H. dürfte im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 4 des Vertrages vom 11. Dezember 1992 nicht in Betracht kommen.
III. Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, waren das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Einer Abänderung des landgerichtlichen Urteils bedurfte es nicht, da dieses mit der Rücknahme des Hauptantrages gegenstandslos geworden ist.
Ende der Entscheidung
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